Änderungsanträge zur Drucksache Fortschreibung der Wohnungsnotfallhilfe 2018 - 2022

Unsere Fraktion bringt sich mit 10 Änderungsanträgen zum Fachplan Wohnungsnotfallhilfe ein, von denen der überwiegende Teil beschlossen worden ist.

ÄA 1
Der Fachplan schreibt die verbindliche Zusammenarbeit und Beteiligung der freien Träger der Wohnungsnotfall- und Wohnungslosenhilfe und der sozialen Arbeit in Leipzig bei der Fortschreibung des Fachplans fest. Die Stadtverwaltung beruft dazu jährlich eine Strategiekonferenz Wohnungsnotfallhilfe ein. Über die dort getroffenen Vereinbarungen wird ein öffentliches Protokoll erstellt. Werden weiterführende Maßnahmen diskutiert und deren Umsetzung empfohlen, wird deren Umsetzung Bestandteil der kommenden Konferenz(en). Außerdem lädt die Stadtverwaltung die Träger zweimal jährlich zum Fachforum Wohnhilfen ein.

Begründung:
Nicht die Fortschreibung und Planung laufender und neuer Angebote nimmt den Schwerpunkt im Fachplan ein, sondern die Beschreibung des Ist-Standes.

Die Expertise der Freien Träger der Wohnungslosenhilfe wurde nicht genügend abgerufen. Wenn Mitte Dezember 2018 die Fortschreibung eines Planes beschlossen werden soll, also am Ende des ersten Jahres seiner Gültigkeit, und im Laufe des Jahre nur ein Angebot zur Zusammenarbeit mit der Fachebene (Träger und MA-Vertreter sowie Nutzer der Angebote) im Prozess der Fortschreibung eingerichtet wurde, muss die regelmäßige Zusammenarbeit und Beteiligung der Fachebene per Beschluss geregelt werden. Die Bezugnahme auf die im Frühjahr stattgefundene Strategiekonferenz, zu der es bis heute kein Protokoll gibt, kann an diesem Befund nichts ändern. Als Ebene der Zusammenarbeit bietet sich an die AG Recht auf Wohnen, das Fachforum Wohnhilfen und regelmäßig jährlich stattfindende Strategiekonferenzen Wohnungsnotfallhilfe.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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ÄA 2:
Die Stadtverwaltung erarbeitet in enger Zusammenarbeit mit den freien Trägern der Wohnungsnotfall- und Wohnungslosenhilfe und der sozialen Arbeit in Leipzig ein Leipziger Housing First-Konzept.

Begründung:
Die von der Stadtverwaltung als „Housing First“ bezeichnete Notunterbringung vorrangig von Familien in Gewährleistungswohnungen entspricht nicht dem Housing-first-Konzept.

Es gibt keine konzeptionellen Aussagen zu Housing First.

Housing First bedeutet: Möglichst schnelle Integration von wohnungslosen Menschen in abgeschlossenen dauerhaften Wohnraum, ohne sich vorher „Wohnfähigkeit“ außerhalb von normalem Wohnraum erwerben (verdienen) zu müssen. Lernen durch eigenes Handeln: Reale Wohnbedingungen im dezentralisierten Individualwohnraum mit den Herausforderungen des individuellen Wohnens. Allerdings erfordert der Ansatz gezielte Strategien und die Überzeugung, dass ein zweiter Wohnungsmarkt mit Sonderwohnformen keine vernünftige Alternative sein kann und zur gezielten Beschaffung von Individualwohnraum für wohnungslose Menschen.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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ÄA 3:

  1. Der Hilfebus ergänzt die Arbeit von Streetworkern und Übernachtungshäusern und wird ab Winter 2018/19 ganzjährig an den Abend- und Nachtstunden sowie an den Wochenenden in der Zeit von 19.00 – 01.00 Uhr mit dem Ziel eingesetzt, auf der Straße lebende Menschen an den bekannten Aufenthaltsplätzen aufzusuchen und sie auf ihren Wunsch zu einem sicheren Übernachtungsplatz zu bringen.
  2. Die Mitarbeiter*innen des Hilfebusses bieten eine Grundversorgung (heiße Getränke, Nahrungsmittel, Kleidung, Schlafsäcke) und eine medizinische Betreuung und Versorgung an. Dazu soll eine Kooperation mit einem Leipziger Krankenhaus aufgebaut werden.
  3. Gegenüber der Landes- und Bundesebene soll die Stadt Leipzig eine gesetzliche Regelung für die Finanzierung einfordern.

Begründung:
Obdachlose Menschen, die im Hilfesystem nicht ankommen, verelenden und sind in Folge des Lebens auf der Straße in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand. Da es etliche ohne Krankenversicherung gibt, ist die Betreuung mit einer medizinischen Notfallversorgung und Beratung zu gesundheitlichen und sozialen Angeboten eine humanitäre Notwendigkeit. Für die Finanzierung von Personal- und Sachkosten sollen Mittel aus dem Wohnungspolitischen Konzept eingesetzt werden.

Entscheidung des Stadtrats: Pkt. 1 und 2 geändert beschlossen, Pkt. 3 abgelehnt
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ÄA 4:
Die Stadt Leipzig richtet ein regelmäßiges, ausfinanziertes Angebot der medizinischen Versorgung für wohnungslose Personen in Notunterbringungseinrichtungen und in Tagestreffs in Zusammenarbeit mit einem Leipziger Krankenhaus ein.

Begründung:
Zur medizinischen Versorgung von wohnungslosen Menschen muss es ein niedrigschwelliges Angebot geben. Dieses soll allen Wohnungslosen zur Verfügung stehen, insbesondere denen, die keine Krankenversicherung haben. Deswegen müssen auch die Tagestreffs mit regelmäßigen Sprechzeiten einbezogen werden.

Entscheidung des Stadtrats: Einführung eines Angebotes der medizinischen Versorgung wird von der Verwaltung geprüft, das Prüfergebnis innerhalb 6 Monaten vorgelegt
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ÄA 5:

  1. Das Angebot Streetwork für Alkohol- oder andere Drogen konsumierende und -kranke Erwachsene wird durch die Stadt Leipzig mit 5 Stellen ausgebaut und durch Regelfinanzierung durch die bisherigen Träger fortgeführt.
  2. Die Streetworker*innen sollen als Tandem (w/m) zum Einsatz kommen und sind als Angebot zur Prävention mit beratendem und vermittelndem Ansatz unterwegs.
  3. Das Einsatzgebiet wird auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt.
  4. Eine Evaluation wird regelmäßig alle zwei Jahre fortgeführt und die Bedarfe sollen in einem Evaluationsbericht dargestellt werden.

Begründung:
In allen Leipziger Stadtteilen gibt es Menschen mit Alkoholproblemen, die im öffentlichen Räum erreichbar und ansprechbar sind. Da die Förderung über den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) nicht verlängert wurde,

ist eine Übernahme in die Regelfinanzierung der Stadt unabdingbar.

Wenn die Stadtverwaltung das Angebot erst abbrechen will, dann evaluieren will und anschließend über eine Wiederauflage des Programms befinden will, sind erfahrene Mitarbeiter*innen ggf. nicht mehr verfügbar und ein bewährtes, erfolgreiches, niedrigschwelliges Hilfeangebot wurde infrage gestellt. Stattdessen soll das Angebot signifikant ausgebaut werden und das gesamte Stadtgebiet bedienen, um unversorgte Menschen zu erreichen und präventiv vor sozialem Abstieg zu bewahren und die Angebote der Stadt Leipzig nahezubringen.
Eine Übernahme der Betreuung von über 27-jährigen Erwachsenen durch Streetworker für die Altersgruppe der unter 27-Jährigen ist nicht rechtens.

Entscheidung des Stadtrats: Pkt. 1 und 2 beschlossen, Pkt. 3 abgelehnt, Pkt. 4 Alternativvorschlag beschlossen
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ÄA 6:
Entsprechend Stadtratsbeschluss soll im Fachplan zur Gebührenordnung auf die Ausnahmetatbestände für die Nutzung der Übernachtungshäuser hingewiesen werden.

Begründung:
Der Stadtrat hat beschlossen, dass für alle Wohnungslosen, die mittellos sind, eine Gebührenbefreiung möglich ist. Kein Mensch darf nachts ohne Schutz auf der Straße bleiben müssen.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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ÄA 7:

  1. Die Öffnungszeiten des Übernachtungshauses für Frauen werden an die des Übernachtungshauses für Männer angeglichen.
  2. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, zu den Standorten der Übernachtungshäuser und für die Tagestreffs ergänzende Angebote insbesondere für Paare und Wohnungslose mit Hunden an neuen Standorten im Stadtgebiet zu erarbeiten.

Begründung:
Es ist nicht darstellbar, wieso Frauen auch am Samstag tagsüber des Übernachtungshauses verwiesen werden und auf die Straße geschickt werden und Männer nicht.

Die Standorte der Übernachtungshäuser und Tagestreffs sind teilweise ungünstig gelegen, die Wegebeziehungen sind schlecht und müssen überdacht werden. Das Angebot für spezielle Gruppen, die bisher vom Angebot der Notübernachtung ausgeschlossen sind, muss im Fachplan dargestellt und untersetzt werden. Wir fordern den Ausbau der Angebote entsprechend des Bedarfs im gesamten Stadtgebiet und für verschiedene Bedürfnisse/Gruppen.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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ÄA 8:
Zur Prävention vor drohendem Wohnungsverlust erstellt die Stadtverwaltung ein interdisziplinäres Präventionskonzept zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit mit definierten Leistungen und beauftragt freie Träger mit deren Erbringung. Entsprechende finanzielle Bedarfe sind aufzuzeigen.

Begründung:
Prävention von Wohnungsverlust und dauerhafter Obdachlosigkeit muss unabhängig von allen vorhandenen guten Hilfeangeboten das oberste Ziel sein. Dazu ist ein eigenes Konzept notwendig, welches mit allen Akteuren (u. a. auch Wohnungswirtschaft) abzustimmen ist, damit es Wirkung entfalten kann.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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ÄA 9:
Die Stadtverwaltung trifft im Fachplan Aussagen zum Umgang und zur Stellung von bestehenden oder zukünftigen freiwilligen, ehrenamtlichen Hilfen und Initiativen im Hilfesystem. Es wird eine Ansprechstelle innerhalb der Stadtverwaltung benannt und öffentlich bekannt gemacht, die ehrenamtliche Initiativen berät.

Begründung:
Häufig sind ehrenamtliche Hilfen ein Indiz für Fehlstellen im Hilfesystem. Zugleich ist die Gesellschaft Stadt zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens in unserer Stadt auf vielfältiges freiwilliges Engagement   wie z. B. Punkwerkskammer oder privater Kältebus angewiesen. Diese Initiativen verdienen Beachtung und Anerkennung/Würdigung, statt Ignoranz oder Ablehnung. Die Stadt sollte darauf nicht verzichten, sondern eine*n Ansprechpartner*in benennen, der/ die diese Angebote kennt und koordiniert.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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ÄA 10:
Die Stadtverwaltung nimmt in die aktuell geführte Statistik auch eine jährliche Stichtagserhebung zu auf der Straße lebenden Menschen ohne regelmäßige Anbindung an das Hilfesystem und ohne Obdach auf.

Begründung:
Die Aussagen zu Zahlen von Obdachlosigkeit sind weiterhin nicht realitätsabbildend. Das Angebot des Kälte-/Hilfebusses ist aber nur zu begründen, wenn die tatsächliche Zahl der bisher ungezählten, auf der Straßen lebender Menschen in etwa bekannt ist, die bisher in der Statistik keine Erwähnung finden.

Entscheidung des Stadtrats: beschlossen
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