Ökologisch verantwortungsvoller Umgang beim Bau von Kunstrasenplätzen

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 21. März 2018

Immer mehr Kommunen und Vereine setzen auf Kunstrasenplätze, da diese ganzjährig bespielbar sind und wesentlich besser den deutlich gewachsenen Nutzungsanforderungen, insbesondere im Bereich Fußball, entsprechen. So sind Kunstrasenplätze im Schnitt 2.000 Stunden jährlich nutzbar, Naturrasenplätze hingegen nur bis maximal 800 Stunden. Auch Leipzig setzt aufgrund der mit dem Einwohnerwachstum einhergehenden deutlich gestiegenen Mitgliederzahlen in den Vereinen und dem damit erhöhten Nutzerdrucks auf die verfügbaren Plätze zunehmend auf den Ausbau von Kunstrasenplätzen und fördert entsprechende Investitionsmaßnahmen bei den Sportvereinen.

Die Anforderungen im Bereich Fußball erfordern im Gegensatz zu Hockeyplätzen verfüllte Kunstrasenplätze, die allerdings auch wesentlich pflegeintensiver sind. Das Kunstrasengranulat wird heutzutage in Form unterschiedlicher Materialien und in verschiedenen Formen und Farben angeboten. Bei der Neu- oder Nachverfüllung von Kunstrasenplätzen stehen vom vergleichsweise teuren EPDM- und TPE-Granulat bis hin zu dem günstigen, aber auch gesundheitlich nicht unumstrittenen SBR-Recyklat aus alten Gummireifen sowie dem im Gegensatz dazu natürlichen Kunstrasengranulat Kork unterschiedlichste Füllmaterialien zur Auswahl.

Zentrales Problem kunststoffbasierter Granulate sind die mit der Nutzung einhergehenden Einträge von Mikroplastik in das Grundwasser. Ursächlich für die Freisetzung von Mikroplastik aus Kunstrasenspielfeldern sind Füllungen mit RCL-(Recycling-)Granulat, welches zum Teil aus Altreifen gewonnen wird und neben sogenannten polyzyklischen, aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auch weitere Gefahrenstoffe wie Schwermetalle freisetzt, welche  kontinuierlich ins Grundwasser gehen. PAK gilt außerdem als krebserregend.

Alternative und natürliche Verfüllungen mit Kork-Kokosfasern finden sich immer häufiger auf deutschen Sportplätzen. Gerade auch skandinavische Länder setzen zunehmend auf diese nachwachsenden Rohstoffe, ohne dass ein verstärkter Bewuchs mit Pflanzen feststellbar ist. Aufgrund seiner natürlichen Herkunft und dem Aufbau und der Struktur des Korks erhitzt es sich signifikant weniger als andere Granulate und erhöht dadurch vor allem im Sommer den Spielkomfort. Auch wenn aufgrund einer geringeren Lebenszeit des korkgefüllten Sportplatzes unter Umständen einmal neues Korkgranulat nachgestreut werden muss, um die ausgewogene Korngrößenverteilung des Materials sicherzustellen, lohnt sich dessen Einsatz dennoch. Ökologisch, weil es sich um einen nachwachsenden Rohstoff handelt, und wirtschaftlich, weil die Dichte des Korks sehr gering ist und das Material vergleichsweise günstig.

Zudem lässt sich das Material nach seiner Nutzungsdauer problemlos kompostieren, sodass die Kosten für Rückbau und Entsorgung niedriger sind, als bei herkömmlichen Kunstrasenplätzen auf Gummigranulatbasis.

Wir fragen dazu an:

  1. Mit welchen Materialien sind bereits bestehende, bzw. werden in Planung und Bau befindliche Kunstrasenplätze in Leipzig gebaut und wie schätzt die Stadt Leipzig dahingehend die Auswirkungen auf Umwelt und Mensch ein?
  2. Ist den Kommunalen Wasserwerken das Problem der Umweltauswirkungen von Kunstrasenplätzen bekannt und welche Maßnahmen wurden und werden hinsichtlich der Wasserbelastung und damit einhergehender technischer Voraussetzungen eingeleitet?
  3. Welche Vorgaben bestehen für Leipziger Sportvereine beim Bau von Kunstrasenplätzen seitens der Stadt und des Landes, die Investitionsfördermittel bereitstellen?
  4. Wie will die Stadt Leipzig künftig hinsichtlich der bekannten negativen Auswirkungen  bestimmter Baustoffe auf Umwelt und Gesundheit beim Bau von Kunstrasenplätzen steuernd auf die Vereine als Bauherren einwirken, um alternative und ökologische Bauweisen mit Korkgranulat zu

Antwort des Oberbürgermeisters in der Ratsversammlung am 21. März 2018

Zu 1.
Derzeit befinden sich auf dem vom Amt für Sport verpachteten Anlagen 14 Kunstrasenplätze. Die Errichtung weiterer Standorte ist geplant bzw. wurden hierfür bereits Förderbescheide erteilt. Nachdem nicht die Stadt sondern jeweils der Pächter der Anlage Bauherr war und ist, müssten zunächst weitere Informationen eingeholt werden, um Aussagen zu den konkreten Materialien treffen zu können. Erst im Anschluss kann auch eine Einschätzung erfolgen, was die Auswirkungen auf Umwelt und Mensch betrifft.

Zu 2.
Über die Freisetzung von Mikroplastikpartikeln und PAK/Blei aus Kunstrasenplätzen sind in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen und Untersuchungsberichte erschienen, die auch den möglichen Eintrag dieser Stoffe in den Wasserpfad beschreiben und diesen teilweise kritisch bewerten.

Im Bereich der Trinkwasserversorgung gelten für PAK-Verbindungen und Schwermetalle sehr strenge Grenzwerte. Bedingt durch den Schutz unserer Einzugsgebiete und die natürlichen Barrieren im Bereich der Trinkwassergewinnung sind diese für das Leipziger Trinkwasser jedoch nicht relevant. Die Konzentration der PAK liegen unter der analytischen Bestimmungsgrenze und damit weit unter den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Bei den Schwermetallen entsprechen die Nachweise den natürlich bedingten Hintergrundwerten.

Betrachtet man den Bereich der Abwasserreinigung dann ergibt sich folgendes Bild: Durch Niederschlagswasser, welches über Verkehrsflächen (Straßen, Parkplätze etc.) in die Kanalisation abgeleitet wird, gelangen dort befindliche Schadstoffe wie zum Beispiel auch PAK in das Abwasser. Allerdings ist durch die Eigenschaften der PAK die Eliminierung im Rahmen der Abwasserreinigung als sehr gut zu bewerten. Diese Partikel binden sowohl bei der Untergrundpassage sehr gut an Bodenstoffe als auch im Abwasserreinigungsprozess an Flocken, die im Aufbereitungsprozess in der Kläranlage entstehen und anschließend von gereinigten Abwasser abgetrennt werden.

Selbstverständlich sollte der Eintrag von kritischen Stoffen wie PAK oder Schwermetallen in die Umwelt so weit wie möglich an der Quelle vermieden werden.

Zu 3.
Innerhalb des Förderverfahrens nach unseren städtischen Sportförderrichtlinien gibt es folgende Vorgaben:
 

  • „Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts, ist durch die Antragssteller/innen sicherzustellen“ (Punkt 8.2.2 Spezielle Zuwendungsvoraussetzungen, Abs. (5) Sportförderrichtlinie)
  • „Es ist sicherzustellen, dass keine gesundheitsschädlichen Materialien eingebaut werden.“ (Regelung im Zuwendungsbescheid (Nebenbestimmungen) bei investiven Maßnahmen zur Sanierung bzw. Errichtung von Kunststoffrasenplätzen)

Die Stadtverwaltung hat im Vorfeld der Anfrage auch die Sächsische Aufbaubank angefragt. Diese teilt mit:

„Die Sächsische Aufbaubank - Förderbank - (SAB) befindet sich zu diesem Thema mit dem zuständigen Fachministerium (Staatsministerium für Inneres - SMI) noch im Abstimmungsprozess. Das SMI hat uns avisiert sich diesbezüglich kurzfristig zu äußern. Aktuell liegt der SAB noch keine Maßgabe vor, wie bei der zukünftigen Förderung der ggfs. schädlichen Stoffen verfahren werden soll. Aus diesem Grund können wir Ihnen gegenwärtig noch keine belastbare Aussage übermitteln. Sobald der Meinungsbildungsprozess abgeschlossen ist, werden wir Sie unverzüglich informieren.“ -Aussage Hr. Haidan SAB Sachsen vom 15.03.2018.

Zu 4.
Mit den bereits bestehenden Vorgaben aus den städtischen Sportförderrichtlinien haben die Vereine bereits die Pflicht, keine gesundheitsschädlichen Materialien bei Sanierungen bzw. Neuerrichtungen von Kunstrasenplätzen zu verwenden. Weiterhin erfolgt im Zuge der erforderlichen Baugenehmigung für die Errichtung eines Kunstrasenplatzes die Einbindung des Amtes für Umweltschutz, um geltende gesetzliche Vorschriften einzuhalten.

Die Diskussion zu den Materialien wird u. a. auch in den Sportausschuss / Umweltausschuss des Deutschen Städtetages mit eingebracht. Mit Vorlage belastbarer Ergebnisse ist die kommunale Förderpraxis abzugleichen.

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