Änderungsanträge zum Fachplan Wohnungsnotfallhilfe in Leipzig 2023 bis 2026

Änderungsanträge vom 4. November 2022 zum Fachplan Wohnungsnotfallhilfe in Leipzig 2023 bis 2026

ÄA-02

Neue Stelle Qualitätssicherung in der Wohnungslosenhilfe der Stadt Leipzig

Für die vorgeschlagenen Maßnahmen wie die Qualitätssicherung (Befragung, Standardentwicklung Wohnungslosenunterkünfte), Schreiben an Vermieter*innen zur Vermeidung des Wohnungsverlustes (Maßnahme 5) und das Entlassungsmanagement aus Kliniken und anderen Einrichtungen wird 1 VzÄ im Sozialamt Abteilung Wohnungslosenhilfe eingerichtet und besetzt.

Begründung:

Die beschriebenen Maßnahmen erzeugen Mehrarbeit für die Stadtverwaltung, die mit den bestehenden Stellen nicht auskömmlich abgedeckt sind. Daher ist eine zusätzliche Stelle einzurichten.

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ÄA-03

Zu Maßnahme 4 Faltblatt für Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen der sozialen  Mindestsicherung - Ergänzung

Das Faltblatt im Taschenkartenformat wird erweitert und in allen offiziellen und inoffiziellen Einrichtungen ausgehängt sowie zur Mitnahme ausgelegt.

Dabei wird beachtet:

  • die Publikationen auch barrierefrei zu gestalten (Leichte Sprache, QR-Codes zu Informationen auf der Website der Stadt, Website einfach erreichbar…),
  • dass die Informationen gut verfügbar, breit verteilt und sichtbar sein sollen

Begründung:

Die Informationen müssen allen Menschen leicht zur Verfügung stehen und sie müssen auch aktiv und ortsunabhängig von den betroffenen Personen auffindbar sein können.

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ÄA-04

Neue Maßnahme zu 5.3.3.2 Gemeinschaftsunterkünfte

Es werden 3 Clusterwohneinheiten á 12 Wohneinheiten eingerichtet/gebaut.

Begründung:

Die Versorgung mit kostengünstigem Wohnraum ist anhaltend schwierig. Der Fachplan konstatiert: Sinnvoller wären hier verstärkte kommunale Anstrengungen zur sozialen Wohnraumversorgung, untersetzt sind diese jedoch nicht.

Wir schlagen vor: Mit einem Angebot zur Verstetigung der Hilfe (über eine Notunterbringung hinaus) sollen Wohnungslose ein vorrübergehendes Wohnangebot bekommen, zur Ruhe finden, ihre Angelegenheiten mit Hilfe von Sozialarbeiter*innen regeln und sich selbstständig auf den Auszug in eine eigene Wohnung vorbereiten. Für tagesstrukturierende Angebote, beispielsweise in Form einer Werkstatt und eines Gartens, ist zu sorgen. Mit einem offenen Café kann darüber hinaus die Öffnung in die Nachbarschaft erreicht und ggf. eigene Beschäftigung ermöglicht werden. Vorbild können Angebote in anderen Städte sein, wie zum Beispiel Lebensraum 016 in Frankfurt/Main.

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ÄA-05

Zu 5.3.4 Winternotprogramm

  1. Es wird ein Angebot des Kälteschutzes für Frauen eingerichtet.
  2. Schutzangebot für EU-Bürger*innen ohne Sozialleistungsanspruch:

Im Bereich des Hauptbahnhofes wird ein Schutzangebot für die dort Schutz suchenden Menschen angeboten.

Begründung:

Zu 1.

Mit dem letzten Fachplan wurde der Kälteschutz implementiert – als Angebot in der Rückmarsdorfer Straße (Übernachtungshaus für Männer) ist es Frauen allerdings nicht zugänglich. Daher muss nun ein Angebot für Frauen dringlich eingerichtet werden.

Zu 2.

Der Fachplan führt auf Seite 7 der Anlage 1 explizit aus: Anspruch auf eine Notunterbringung bei Obdachlosigkeit haben auch Bürger*innen aus der EU, solange sie sich nicht selbst helfen können. Wir sehen im Stadtgebiet und besonders an der Unterführung am Astoria-Hotel immer wieder eine Nutzung durch Wohnungslose.

Um diese zu legalisieren schlagen wir vor, die Unterführung von Oktober bis März für den Publikumsverkehr zu schließen und durch Zugangsberechtigung (blauer Ausweis) für eine Nutzung auszustatten mit klappbaren Liegen, mobilen Toiletten (z. B Ökolocus), täglichem Frischwasserangebot und Wintercafé sowie dauerhaft mit abschließbaren Fächern mit Nummernschloss. Die Stadt Frankfurt/Main hat seit 2018 eine bereits durch Wohnungslose genutzte U-Bahn-Unterführung am Eschenheimer Tor winters täglich als Emergency Shelter (Notunterkunft) eingerichtet (250.000 EUR Invest) und mit einem sozialarbeiterisch betreuten Wintercafé ergänzt. Die Notbehausung wird vorrangig von obdachlosen Menschen aus osteuropäischen Ländern genutzt, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Sie erhalten einen blauen Ausweis ohne persönliche Datenspeicherung als Zugang zu dem Angebot. Das Angebot ist ausdrücklich als temporäre Lösung für eine Schutzunterbringung zu verstehen, sie soll einen bereits selbstgenutzten Ort legalisieren, Sicherheit schaffen und wetterfest sein. Dieses Minimalangebot soll damit die furchtbaren Lebensbedingungen helfen zu verbessern und über ein Wintercafé den Zugang zu sozialen Hilfsstrukturen bahnen. Es stellt ein Angebot der Gefahrenabwehr dar.

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ÄA-06

Zu 5.4 Handlungsbedarf und Maßnahmen ab 2023:

Orte mit Schutzangebot

Der East-Park, das Jahrtausendfeld und weitere selbstgenutzte Orte werden geöffnet oder mit Nutzungsvereinbarungen belegt und jeweils um ein wetterfestes Notangebot im Sinne der Gefahrenabwehr ausgestattet. Die Zusammenarbeit mit lokalen Akteur*innen ist zu nutzen.

Begründung:

Orte für Menschen ohne Obdach verschwinden in der wachsenden und sich verdichtenden Stadt Leipzig. Die Einrichtung eines neuen Parks in der Schulze-Delitzsch-Straße wurde beginnend mit der Errichtung eines Zaunes verschlossen. Das in Privateigentum befindliche Jahrtausendfeld wird regelmäßig beräumt. Doch diese Maßnahmen erschweren die Situation für Wohnungslose, und helfen nicht bei der Lösung. Örtlich auffindbare Menschen sind besser für Straßensozialarbeit erreichbar, ihnen kann besser geholfen werden, wenn sie feste Orte haben, wo sie sein dürfen. Daher schlagen wir die Errichtung von einfachen „Wetterhäusern“ mit Sanitärangebot vor.

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ÄA-07

Zu 5 Handlungsfeld Notversorgung und Krisenintervention: Maßnahme 6 des Fachplans Wohnungsnotfallhilfe 2018 bis 2022: Aufsuchende medizinische Versorgung wird ergänzt.

Es werden Honorare für Ärzt*innen bei CABL e.V. für die aufsuchende medizinische Versorgung gezahlt.

Begründung:

Die Maßnahme ist nicht vollständig realisiert. Der CABL e.V. koordiniert zwar den Einsatz von Ärzt*innen, diese arbeiten jedoch ehrenamtlich und ohne Aufwandsentschädigung. Auch ist die Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges für den mobilen Dienst unerlässlich.

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ÄA-08

Zu Maßnahme 12 Mobilität obdachloser Personen

Wohnungslose mit Eintrag „Stadt Leipzig“ im Personalausweis fahren kostenfrei. Mit den LVB wird eine Vereinbarung mit pauschaler Kostenerstattung vereinbart.

Begründung:

Mobilität ist ein Grundrecht. Durch die stark gestiegenen Kosten für Einzelfahrscheine werden Wohnungslose systematisch exkludiert. Dabei liegen die Angebote für Wohnungslose in beträchtlicher Entfernung. Vom Übernachtungshaus Rückmarsdorfer Straße zum Tagestreff OASE beispielsweise ist ein Fußmarsch nicht verhältnismäßig. Da die Freifahrtscheine für Fahrten zu Behörden kalkuliert sind, ist eine Lösung auch durch die vorgeschlagene Budgeterhöhung nicht gegeben.

Fahren ohne gültiges Ticket mit entsprechender Ahndung wegen Erschleichens von Beförderungsleistung nach §265a StGB führten 2021 in Sachsen in 215 Fällen zu Ersatzfreiheitsstrafen, 15% davon waren Wohnungslose. In 2022 war diese Zahl in Folge des 9-€-Tickets geringer. Daher und zur Vermeidung von höchst kostenintensiven Ersatzfreiheitsstrafen schlagen wir die kostenfreie Nutzung vor, bis die Entkriminalisierung des Massendeliktes Beförderungserschleichung auf Bundes- und Länderebene erfolgt ist.

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ÄA-09

Neue Maßnahme zu 5.3.3.2 Gemeinschaftsunterkünfte

An den Übernachtungshäusern wird ein grundständiges Versorgungsangebot aus Essen (Suppe, Brot, Obst) und Getränken (Kaffee/Tee) erlaubt und kostenerstattend finanziert.

Begründung:

Nutzer*innen der Übernachtungshäuser müssen diese ohne Erfüllung eines leiblichen Versorgungsangebotes verlassen. Wir halten dies nicht für menschenwürdig. Ein einfaches Angebot widerspricht nicht den Fachförderrichtlinien (und auch nicht einer etwaigen Doppelversorgung, da es sich um kein vollständiges Speisenangebot handelt. Damit würde vielleicht auch die über die Übernachtungshäuser unterdurchschnittliche Bewertung „Freundlichkeit“ in der Befragung der Nutzer*innen verbessert.

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ÄA-10

Zu Maßnahme 18 Versorgung von obdachlosen Personen mit Pflegebedarf verbessern

Es wird eine zusätzliche, eigene Einrichtung zur Versorgung von obdachlosen Personen mit Pflegebedarf ausgestattet.

Begründung:

Um Pflegeleistungen effektiv organisieren zu können und zur Vermeidung von Einsamkeit durch Ermöglichung von Nachbarschaft wird beispielsweise die Nachnutzung einer Liegenschaft des Klinikums St. Georg, Standort Eutritzsch, vorgesehen. Mit den Neubauten auf dem Gelände werden 7-8 Liegenschaften frei, eine auch soziale Nachnutzung ist gewünscht.

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ÄA-11

Zu Maßnahme 28 Befragung von Nutzerinnen und Nutzern von Angeboten der Wohnungsnotfallhilfe

Die Befragung wird in geeigneter Weise ergänzt um eine Befragung von Wohnungslosen, die die Angebote der Wohnungslosenhilfe nicht nutzen.

Hierzu wird die Stadt Leipzig einen Vorschlag zur Beteiligung machen, beispielsweise zum Tag der Wohnungslosen und unterstützt durch die Straßensozialarbeit, um Angebote mit den Betroffenen gemeinsam zu evaluieren und Bedarfe zu eruieren. Mit den Erkenntnissen soll die weitere Bearbeitung des Fachplanes qualifiziert werden.

Begründung:

Viele Wohnungslose nutzen die Übernachtungsangebote der Stadt nicht. Mit einer Befragung können die Gründe erfasst und so ggf. das bestehende Angebot angepasst werden. Auch hat die Stadt keine Kenntnis über Personen, welche nicht die bestehenden Angebote nutzen und kann diesen aktuell keine Hilfen anbieten.

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ÄA-12

Strategiekonferenz und Fachforum Wohnhilfen

Zur Leipziger Wohnungslosenkonferenz werden die Betroffenen geeignet und niedrigschwellig einbezogen.

Begründung:

Getreu dem Motto „Nicht ohne uns über uns“ werden die Betroffenen eingeladen, gehört und um Beiträge gebeten. Dabei ist auf Niedrigschwelligkeit, einfache Sprache und Wertschätzung zu achten. Die Straßensozialarbeit ist konzeptionell in der Vorbereitung einzubinden.

 

Beschluss vom 10. November 2022

Insgesamt wurden fast alle Änderungen, teils in leicht geänderter Verwaltungsfassung, vom Stadtrat angenommen bzw. vom Einreicher übernommen. Eine kostenlose ÖPNV-Nutzung wurde leider abgelehnt.

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