Änderungsantrag zur Vorlage VII-DS-09247 „Bedarfsplanung Kindertagesbetreuung der Stadt Leipzig für den Planungszeitraum Januar bis Dezember 2024“
Die Bedarfsplanung wird wie folgt geändert beschlossen:
Seite 4:
Unmittelbaren Steuerungseinfluss hat die Stadt Leipzig ausschließlich bei kommunal betriebenen Einrichtungen und bei dauerhaft vertraglich oder eigentumsrechtlich gesicherten Einrichtungen (kommunal und freie Träger). Die strategische Zielsetzung bis 2035, die Anzahl kommunaler Plätze auf gesamtstädtisch 25% 30% (derzeit 23,4%) und vertraglich oder eigentumsrechtlich gesicherter Einrichtungen auf 60% (derzeit 48%) auszubauen, erschwert das Vorhaben und die Notwendigkeit, Kapazitäten zu reduzieren.
Seite 13:
Um die vorhandenen Überkapazitäten kurz- bis mittelfristig zu reduzieren, sind folgende Steuerungsmaßnahmen geplant, die sich im in der Fortschreibung befindlichen Langfristigen Entwicklungskonzept Kindertageseinrichtungen inhaltlich untersetzt wiederfinden werden:
- Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen zur Nutzung der demografischen Rendite (gleichbleibender Personalstamm bei geringerer Platzauslastung)
- Kapazitätsreduzierungen in einzelnen Einrichtungen nach erfolgter Sanierung (gem. Musterraumprogramm)
- Kapazitätsreduzierungen in Einrichtungen zugunsten einer Umwidmung in Integrationsplätze und der Gewinnung von Spiel-/Mehrzweckräumen sowie Rückzugs- und Ruheräumen
- Deutliche Kapazitätsreduzierungen in Einrichtungen von mehr als 150 Kindern alternativer sozialer Nutzungen
- Prüfung der Bedarfslage nach Auslaufen der Mietverträge und ggf. Schließung in überversorgten Stadtteilen Stadtbezirken, sofern es sich nicht um spezifische Einrichtungen und Konzepte mit Alleinstellungsmerkmal und einer überdurchschnittlich hohen Auslastungsquote handelt
- Schließung aufgrund der aktuellen Bedarfslage in überversorgten Stadtteilen Stadtbezirken, sofern es sich nicht um spezifische Einrichtungen und Konzepte mit Alleinstellungsmerkmal und einer überdurchschnittlich hohen Auslastungsquote handelt
- Gespräche mit Freien Trägern führen, welche Einrichtungen vom Netz gehen können (Wirtschaftlichkeitsaspekt)
- Alte Einrichtungen nicht mehr aufwendig sanieren, sondern gezielte Neubauten priorisieren, wo die Bedarfslage dies erfordert, sofern sich dies aus wirtschaftlichen Zwecken, Nachhaltigkeitskriterien sowie möglichen Nachnutzungsoptionen rechtfertigt
- Prüfung der Investorenprojekte im Kontext der Bevölkerungsvorausschätzung 2023 und damit einhergehender Bedarfe und Verzicht auf geplante Investorenmaßnahmen, sofern es sich nicht um Neubauten schon bestehender spezifische Einrichtungen und Konzepte mit Alleinstellungsmerkmal und einer überdurchschnittlich hohen Auslastungsquote handelt
Begründung:
Zu Seite 4:
Wir sind stolz auf unsere Träger- und Konzeptvielfalt und müssen sie auch weiterhin im Sinne des Wunsch- und Wahlrechtes verteidigen. Um diesen Schutz von Einrichtungen Freier Träger zu gewährleisten, müssen wir uns vom Ziel verabschieden, den kommunalen Anteil von Kindertagesstätten von derzeit etwa 23% auf 30% zu erhöhen. Wir müssen hier realistisch bleiben, dass dies nur dann umsetzbar wäre, indem man Freien Trägern reihenweise Kindertagesstätten entzieht. Das kann absolut nicht in unserem Sinne sein, weshalb wir beantragen, diese Zielstellung wieder deutlich zu reduzieren und auf ein realistisches Maß zu stellen. Schon 25% stellen dabei eine ambitionierte Zielstellung dar.
Zu Seite 13:
Bildungsminister Piwarz muss seinen mehrfach geäußerten Ankündigungen endlich Rechnung tragen und die Grundlage zur Nutzung der demografischen Rendite legen. Nach Jahren der mühsamen Personalbindung darf es nicht dazu kommen, dass wir plötzlich die eigens ausgebildeten Erzieher*innen entlassen müssen, weil plötzlich die Zahl der neu geborenen Kinder zurückgeht. Der Freistaat Sachsen verzeichnet einen der schlechtesten Betreuungsschlüssel der Bundesrepublik. Es ist ein Gebot der Vernunft, aus den zurückgehenden Kinderzahlen eine Chance zu machen, einerseits den Betreuungsschlüssel zu erhöhen und andererseits Gruppen zu verkleinern und Räume umzuwidmen, die früher als Spiel-, Ruhe- und pädagogische Mehrzweckräume genutzt wurden und in der Not für zusätzliche Gruppen eingezogen werden mussten. Die Kommunen dürfen hier nicht allein gelassen und finanziell überfordert werden.
Oberstes Ziel muss zudem sein, dass wir das über viele Jahre mühsam zurückerkämpfte Wunsch- und Wahlrecht bei der Suche nach einem Krippen- oder Kindergartenplatz gewährleisten. Dazu gehört, dass wir mehr Kitaplätze zur Verfügung stellen, als der eigentliche Bedarf zeigt. Dass wir aufgrund des jahrelangen massiven Kitaplatzausbaus und den seit zwei Jahren stark und unerwartet rückläufigen Geburtenzahlen plötzlich 4.000 Plätze mehr haben, als der rechnerische Bedarf zeigt, sollte man als Chance begreifen, die über Jahre vollgestopften Kitas wieder deutlich zu entlasten. Schon damals hat unsere Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert, dass aus der Not heraus immer wieder Kitas mit einer Kapazität jenseits von 200 Plätzen gebaut wurden. Gerade bei diesen großen Kitas besteht nun die Chance, Teile davon räumlich abzutrennen und für andere benötigte soziale Belange nutzbar zu machen. So könnten beispielsweise Familienhilfeangebote oder auch Beratungsstellen eine gute Kombination zu den Kitas darstellen. Auch der Bedarf an Integrationsplätzen für eine inklusive Kinderbetreuung kann durch eine Kapazitätsreduzierung und Umwidmung von Plätzen endlich besser erreicht werden. Das zur Verfügung stehende Personal kann so auch bei einer geringeren Anzahl zu betreuender Kinder optimal eingesetzt werden.
Dennoch sollte die Stadtverwaltung die Gesamtanzahl der Kitaplätze auch reduzieren, um das Investitions- und Sanierungsprogramm zu entlasten. Unsere Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält das grundsätzlich für richtig. Unsere Stadt braucht wir auch weiterhin Neubauten, um gerade auch in Stadtteilen Betreuungsplätze zu schaffen, die bislang gar nicht oder deutlich unterversorgt sind. Ein prominentes Beispiel hierfür ist der bereits vom Stadtrat bestätigte Bau der kleinen Kindertagesstätte in Knautnaundorf, wo es bislang keine einzige Kita gibt und die Familien weite Wege bis zum nächsten Betreuungsplatz zurücklegen müssen. Neubau kann aber nicht generell vor Sanierung stehen. Zur Vermeidung unnötiger grauer Energie muss stets im Einzelfall genau geprüft werden, ob ein Neubau nachhaltiger und sinnvoller als eine Sanierung ist. In dem Zusammenhang kommt es auch ganz entscheidend auf die Nachnutzungsoptionen für die ansonsten leerstehenden Gebäude an.
Beschluss der Ratsversammlung am 13. März 2024
Der Änderungsantrag wurde zugunsten eines gemeinsamen Änderungsantrages von Grünen/Linken/SPD zurückgezogen und die Vorlage stattdessen mit folgender Ergänzung beschlossen:
In der „Bedarfplanung Kindertagesbetreuung der Stadt Leipzig für das Jahr 2024“ wird auf Seite 13 die folgende Passage gestrichen:
Zum Umgang bzw. zum Abbau der vorhandenen Überkapazitäten erarbeitet die Stadtverwaltung im Rahmen der Erstellung der mittelfristigen Kita-Bedarfsplanung ein Konzept, das dem Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt wird. Dabei sind Träger und Politik über den bereits einberufenen Runden Tisch in die Erarbeitung einzubeziehen.