Anfrage: Ökobilanz der Dienstfahrzeuge der Leipziger Wahlbeamt*innen und künftiger Bedarf

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung in der Ratsversammlung am 16. Dezember 2020

In der Beschlussvorlage VI-A-07961-DS-14 „Ausnahmegenehmigung zum Klimanotstand - Beschaffung von Dienstfahrzeugen für die kommunalen Wahlbeamten und die Bauhöfe" beantragt die Stadtspitze die Beschaffung von Plug-In-Hybriden statt reinen Elektroautos als Dienstfahrzeuge und begründet dies mit der Termindichte und mehr als 10 auswärtigen Terminen über 300km pro Jahr. Außerdem würden Fahrzeuge mit Plug-In-Technik „eine klimafreundliche Lösung“ und „innerstädtisch klimabewusste Übergangslösung“ darstellen.

Deutschlandweit kann gesagt werden, dass rein elektrische Fahrzeuge überwiegend von Privatpersonen erworben und genutzt werden, während für Dienstfahrzeuge neben reinen Verbrennern hauptsächlich Plug-In-Hybride zur Anwendung kommen. In der Realität zeigt sich, dass ein Großteil der Fahrer*innen von Plug-In-Hybriden das Dienstfahrzeug gar nicht oder nur selten lädt. Laut einer Studie des Fraunhofer ISI werden Dienstwagen im Mittel nur an jedem zweiten Fahrtag geladen. Die geringe Ladehäufigkeit reduziert den elektrischen Fahranteil und erhöht damit den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von Plug-In-Hybridfahrzeugen im Alltagsbetrieb. In Deutschland erbringen rein privat genutzte Plug-In-Hybridfahrzeuge im Durchschnitt etwa 43% ihrer Fahrleistung im elektrischen Modus, bei Dienstwagen sind es lediglich 18%. Der Realverbrauch liegt im Mittel damit drei bis viermal höher im Vergleich zum Normverbrauch dieser Fahrzeuge. Damit schaden diese Fahrzeuge dem Klima, der Gesundheit der Bürger*innen und der Stadtkasse.

Zudem muss in Frage gestellt werden, ob lediglich eine auswärtige Dienstreise mit >300 km pro Monat einen ausreichenden Grund darstellt, um Abstand von einem rein elektrisch betriebenem Fahrzeug zu nehmen. Vielmehr sollte eine mögliche Anzahl solcher Termine wesentlich höher liegen, um die Notwendigkeit diesel- oder benzinbetriebener Dienstwagen zu rechtfertigen. Die Erwartungshaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen besteht durchaus darin, dass für solch vereinzelte Dienstreisen durchaus andere Verkehrsträger (Zug), alternative Lösungen der An- und Abreise oder auch der Reiseorganisation gefunden werden können.

Denkbar wäre auch, dass die Leipziger Wahlbeamt*innen bei Bedarf generell reine Elektroautos als Dienstwagen gestellt bekommen, in Einzelfällen aber auch auf einen kleinen Pool an zur Verfügung stehenden und wie in der Beschlussvorlage VI-A-07961-DS-14 beantragte Plug-In-Hybride zurückgreifen können.

Wir fragen daher nach:

  1. Welchen Anteil an der bislang zurückgelegten Strecke weist der Elektroantrieb im Dienstahrzeug des Oberbürgermeisters im Vergleich zum Verbrennungsmotor auf?
  2. Wie hoch ist die jährliche Fahrleistung des Dienstfahrzeuges des Oberbürgermeisters in km? Wieviel Liter Benzin wurden an Hand der Tankrechnungen verbraucht? Wie hoch ist der tatsächliche Durchschnittsverbrauch in Litern/100km?
  3. Wo und wie oft wird das geladen?
  4. Wie hoch ist die rein elektrische Normreichweite des Fahrzeuges?
  5. Wie viele Dienstreisen >300km wurden von den Wahlbeamt*innen inkl. Oberbürgermeister in diesem Jahr bzw. in 2019 (Vor-Corona) zurückgelegt und fallen entsprechend in das in der Vorlage skizzierte Schema, welches gegen rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge spricht? (bitte nach Personen und Fahrzeugen aufschlüsseln)
  6. Wie viele dieser Reisen wurden mithilfe eines Fahrers durchgeführt, (der während der Terminwahrnahme die Nachladung eines reinen E-Fahrzeugs gewährleisten könnte)?
  7. Was spricht gegen die in der Anfrage erwähnte Pool-Lösung?
  8. Wie unterscheiden sich die Leasing-Kosten in Fragen kommender rein elektrisch betriebener Dienstfahrzeuge (Audi/Tesla) im Vergleich zu den in der Vorlage VI-A-07961-DS-14 gewünschten Autos? (Zitat aus Vorlage: „Leasing von reinen E-Fahrzeugen oder gar der Kauf aus Mitteln des Finanzhaushaltes kam aufgrund der enorm hohen Kosten in dieser Kategorie derzeit nicht in Betracht.“)

Antwort der Verwaltung vom 16. Dezember 2020

Zu 1.)

Der Anteil der innerstädtischen Fahrten beträgt ca. 52 %, durchschnittlich 40-50 km am Tag. Unter Beachtung der Antwort auf Frage 4 wird angenommen, dass diese Fahrten rein elektrisch erfolgen.

Zu 2.)

Die jährliche Fahrleistung beträgt zwischen 20.000 und 25.000 km (beide Antriebstechnologien).
Im Jahr 2019 wurden anhand der Tankrechnungen 1.430 l getankt.
Der tatsächliche Durchschnittsverbrauch liegt, nach unseren Aufzeichnungen, bei 7,3 l.

Zu 3.)

Das Fahrzeug wird täglich mehrfach am Serviceplatz des OBM-Fahrzeugs im Neuen Rathaus geladen.

Zu 4.)

Laut Aussage des Herstellers BMW ca. 41 km.

Zu 5.)

Insgesamt wurden von den Wahlbeamt*innen 218 Dienstreisen durchgeführt, davon wurden 54 Dienstreisen mit dem Dienst-PKW durchgeführt. Private Fahrten sind nicht anzeigepflichtig, daher unbekannt.

Eine Aufschlüsselung nach Einzelpersonen ist aufgrund der nicht systematischen Erfassung nicht möglich.

Zu 6.)

Ca. 30 Fernfahrten der in Antwort 5 benannten Dienstreisen mit Dienst-PKW wurden mit Fahrer durchgeführt.

Zu 7.)

Das Mobilitätsmanagementkonzept der Stadtverwaltung fordert eine Mindestauslastung/Mindestlaufleistung von 9.000 km im Jahr. Durch die Vorhaltung werden diese Fahrzeuge sicherlich die Vorgabe nicht erreichen, da es sich ja um die Vorhaltung der Fahrzeuge für die Wahlbeamten handelt. Anderen Nutzern können diese Dienst-PKW kaum zur Verfügung stehen, da Termine und damit der Einsatz durch Wahlbeamte regelmäßig auch spontan erfolgen (z. B. in Vertretungsangelegenheiten. Die Vorhaltung müsste – wie in der Anfrage dargestellt – zudem zusätzlich erfolgen.

Es wird ferner darauf hingewiesen, dass Anschaffungskosten bzw. Leasingraten für zusätzliche Fahrzeuge in der aktuellen Haushaltsplanung bislang nicht enthalten sind.

Zu 8.)

Leasingraten für reine eFahrzeuge sind z.Zt. noch 5x, wenn nicht 7x höher als Leasingraten für Hybridfahrzeuge oder Verbrenner. Der Kauf eines reinen eFahrzeugs in der gehobenen Mittelklasse könnte frühestens in die Haushaltsplanung 2023/2024 aufgenommen werden und auch dann sicherlich nur, wenn Fördermittel verfügbar sind.

Die Plug-in-Hybride sind als Brückentechnologie bis zur Verfügbarkeit verbesserter E-Fahrzeuge zu betrachten. Nach unserem Kenntnisstand soll dies 2022/2023 der Fall sein.

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