Anfrage: Anfrage zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement

Link zur Anfrage VIII-F-00918 im Ratsinformationssystem

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 19. März 2025

In den vergangenen Wochen konnte in der Leipziger Volkszeitung von besorgniserregend hohen Krankenständen und Überlastungen in der Verwaltung gelesen werden. Personalrat Baumgart kritisiert in dem Artikel vom 22./23. Februar 2025 das Betriebliche Gesundheitsmanagement: „[…] aber die qualitative Verbesserung der Hilfen für unsere Kolleginnen und Kollegen läuft eher schleppend an.”

Aufgrund dessen fragen wir an:

  1. In welchen Ämtern bzw. Referaten gab es in den letzten Jahren die meisten Kündigungen und sind Zusammenhänge mit Krankenstand und Anzahl der Überlastungsanzeigen erkennbar?
  2. Welche konkreten Maßnahmen wurden in den jeweils betroffenen Organisationseinheiten ergriffen, um übermäßigen Krankheitsfällen entgegenzuwirken und diese zu reduzieren?
  3. Welche Unterstützungsangebote stehen für Mitarbeiter*innen der Stadt zur Verfügung, die von Überlastung betroffen sind?
  4. Gibt es bereits evaluiertes Datenmaterial, das die Effektivität des Gesundheitsmanagements in Bezug auf die Reduzierung von Krankheitsfällen und Überlastungsanzeigen aufzeigt?
  5. Welche Maßnahmen sind geplant, um zukünftigen Krankheitswellen oder Überlastungssituationen proaktiv entgegenzuwirken?
  6. In welchen Ämtern bzw. Referaten ist der Krankenstand besonders hoch und besonders niedrig und was sind Erklärungsansätze?
  7. Wie ist der Krankenstand und die Quote nach Ämtern, Stadtverwaltung gesamt und Eigenbetrieben in 2024?
  8. Wie viele Stellen (absolut und relativ) sind nach Ämtern und Organisationseinheiten derzeit nicht besetzt und liegen in Bereichen mit mehr als 5 Prozent offener Stellen Überlastungsanzeigen vor? Wie ist in den Bereichen der Krankenstand?
  9. In der LVZ vom 22./23. Februar 2025 steht: “Seit Corona, betont Hörning, sei das gesellschaftliche Klima insgesamt rauer geworden. Das bekommen auch unsere Beschäftigten zu spüren; vor allem die, die im unmittelbaren Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern stehen. Die dabei oft erlebte Aggressivität belaste und schade der psychischen Gesundheit.” Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen, um die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen und um Krankheitssituationen zu vermeiden?

Antwort vom 19. März 2025

Zu Frage 1, 6, 7 und 8:

Über die Häufung von (arbeitnehmerseitigen) Kündigungen in Verbindung mit Krankenständen und Überlastungsanzeigen in konkreten Organisationseinheiten (OE) können keine Aussagen getroffen werden. Zum einen werden die Gründe für Kündigungen weder erfasst noch ausgewertet, zum anderen bedingen vielfältige Faktoren die Kündigungsabsichten von Beschäftigten. 

Anzahl der arbeitnehmerseitigen (Probezeit-)Kündigungen im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigtenzahl

 

Dezernat

2022

2023

2024 (vorl.)

Geschäftsbereich des OBM

2,1%

3,5%

0,7%

Dezernat Allgemeine Verwaltung

3,5%

2,8%

2,9%

Dezernat Finanzen

4,2%

1,7%

0,0%

Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung, Sport

2,3%

2,4%

3,0%

Dezernat Kultur

3,1%

1,9%

2,8%

Dezernat Soziales, Gesundheit und Vielfalt

2,8%

4,3%

2,3%

Dezernat Stadtentwicklung und Bau

2,6%

2,3%

2,1%

Dezernat Jugend, Schule und Demokratie

5,6%

5,5%

4,3%

Dezernat für Wirtschaft, Arbeit und Digitales

3,9%

2,2%

5,2%

Gesamtergebnis

3,8%

3,8%

3,1%

 

Die Daten für das Jahr 2024 sind noch als vorläufig zu betrachten. Die abschließenden Daten werden im Sommer 2025 im Personalbericht veröffentlicht. Der Personalbericht soll im Sommer 2025 finalisiert sein. Der genannte Zeitpunkt entspricht dem der Vorjahre (vgl. z. B. VII-Ifo-07264, VII-Ifo-08680, VII-Ifo-10421).

Krankenstand

Es wird auf die aktuelle Vorlage „VIII-F-00902-AW-01 - Krankenstand in der Stadtverwaltung und den Eigenbetrieben – Nachfrage zu VIII-F-00526 und VIII-F-00725“ (11.03.2025) und die benannten Verweisvorlagen verwiesen.

Überlastungsanzeigen

Bisher gibt es in der Stadtverwaltung Leipzig keinen einheitlichen Prozess. Überlastungsanzeigen werden in der Regel an die direkten Führungskräfte gerichtet und in Verantwortung der betreffenden Fachbereiche bearbeitet. Teilweise erhalten die Personalstellen (Abteilung Personalbetreuung) Überlastungsanzeigen zur Kenntnis zugeleitet; mitunter wird auch das Team des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (ehemals ASiD) informiert. Darüber hinaus werden Überlastungsanzeigen durch die Beschäftigten auch teilweise an den Personalrat weitergeleitet.

Eine zentrale Erfassung und Auswertung erfolgt nicht; insofern kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob ein Zusammenhang zwischen Krankenstand und der Anzahl der Überlastungsanzeigen besteht.

Es wird korrespondierend auf die aktuelle Vorlage „VIII-F-00522-AW-01 – Überlastungsanzeigen – Erfassung und Umgang“ (18.12.2024) hingewiesen.

Offene Stellen

Es wird auf die aktuelle Vorlage „VIII-F-00726-AW-01 - Offene Stellen – Nachfrage zur Antwort VIII-F-00521-AW-02, VIII-F-00408-AW-01 und zur Antwort VIII-F-00113-AW-01“ (10.02.2025) und die benannten Verweisvorlagen verwiesen.

Zu Frage 2:

Die Stadtverwaltung Leipzig bietet ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein aktives, ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement. Basis der Aktivitäten ist eine mit dem Gesamtpersonalrat abgestimmte Rahmendienstvereinbarung Betriebliches Gesundheitsmanagement und eine Dienstvereinbarung Betriebliche Gesundheitsförderung.

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) arbeitet sowohl präventiv an der Optimierung der gesundheitlichen Rahmenbedingungen bietet zur betrieblichen Gesundheitsförderung konkrete Maßnahmen und Angebote, die die physische als auch die psychische Gesundheit unterstützen. Durch präventive Maßnahmen können Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vermieden und gesundheitliche Probleme frühzeitig erkannt werden.

Neben Angeboten zur Verbesserung der Lebensqualität, wie Sport- und Bewegungsprogramme, Ernährungsberatung oder Stressbewältigung geht es auch um Arbeitsplatzgestaltung, um ergonomische und psychische Belastungen zu reduzieren.

Das BGM arbeitet sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventiv an der Optimierung der gesundheitlichen Rahmenbedingungen und zielt darauf ab, integrierte, betriebliche gesundheitsfördernde Strukturen und Prozesse zu gestalten, um die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zu erhalten, krankheitsbedingte Ausfallzeiten und Fluktuation zu reduzieren und ein positives Betriebsklima zu unterstützen.

Diese Maßnahmen umfassen Ziel- und berufsgruppenbezogene Angebote, aus denen die Ämter/Referate und individuell die Mitarbeitenden selbst wählen können. Die Auswahl erfolgt auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung, Ergebnisse der MAB, hoher Krankenstand, bzw. spezifische Belastungslagen. Themen sind bspw. die Stärkung der mentalen Gesundheit, arbeitsmedizinische Vorsorge, Ergonomieberatung und gesundes Muskel-Skelett-System, Gesundheitstraining für Erzieherinnen und Erzieher in den Horten und Kitas. Des Weiteren erhalten alle Beschäftigten die Möglichkeit die Angebote der Aktionstage zu nutzen, wie z. B. zu Gesunde Ernährung, bewegte Pause und Yoga, geschlechterspezifische Gesundheitsthemen und Angebote zur Stärkung der mentalen Gesundheit.

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen konkrete Maßnahmen, Ausrichtungen und Planungen des BGM für 2024 bzw. einen Ausblick auf 2025.

Im unlängst beschlossenen Doppelhaushalt 2025/2026 ist eine Verdopplung der BGM-Mittel von 150.000 € auf 300.000€ jährlich vorgesehen. In diesem Betrag noch nicht enthalten sind die unter der Antwort zu Frage 9 für das Fürstenberg-Institut aufgewendeten Mittel noch nicht enthalten.

Es wird korrespondierend auf die Vorlage „VII-F-10727-AW-01 - Nachfragen zur Vorlage VII-Ifo-10421 “Personalbericht der Stadtverwaltung Leipzig 2023” (18.09.2024) verwiesen.

Zu Frage 3:

Es wird auf die aktuelle Vorlage „VIII-F-00522-AW-01 – Überlastungsanzeigen – Erfassung und Umgang“ (18.12.2024) hingewiesen.

Zu Frage 4:

Derzeit wird ein Konzept zur gesundheitsökonomischen Evaluation des BGM erarbeitet, das Aussagen zur Effektivität der gesundheitsfördernden Maßnahmen geben, als Steuerungsinstrument dienen sowie gesundheitsbedingten Wirkungszusammenhänge sichtbar machen soll.

Die gesundheitsökonomische Evaluation des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) ist ein wichtiger Schritt, um die Effektivität und Wirksamkeit aller Maßnahmen des BGM der Stadtverwaltung zu messen.

Die Erarbeitung erfolgt unter Beteiligung der Interessenvertretungen und Einbindung des „Lenkungsausschusses für Betriebliches Gesundheitsmanagement“ entsprechend der o. g. Dienstvereinbarungen. Der Lenkungsausschuss für BGM setzt sich unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters paritätisch aus Vertretern/-innen der Gesamtdienststelle und Vertretern/-innen der Interessenvertretungen zusammen.

Zu Frage 5:

Die gesundheitlichen Herausforderungen für die Stadtverwaltung und das BGM für 2025 ff. sind bereits im „Lenkungsausschuss für Betriebliches Gesundheitsmanagement“ unter Vorsitz des OBM und des Bürgermeisters und Beigeordneten für Allgemeine Verwaltung festgestellt worden und werden demzufolge schrittweise mit geeigneten Maßnahmen vorbereitet und begleitet

Dazu zählen:

  •           Umgang mit hoher Arbeitsbelastung
  •           Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz
  •           alternde Belegschaft (Anteil von 58+: 17,14 %)
  •           die Entwicklung des Anteils psychischer Erkrankungen im Krankenstand der
    Stadtverwaltung
  •           gesundheitsökonomische Evaluation des Betrieblichen Gesundheitsmanagements
  •           neue Arbeitswelten, kontinuierliche Veränderungsprozesse und Digitalisierung
  •           Klimawandel (lt. DAK Report 2024 fühlen sich 23% der Beschäftigten bei Hitze stark belastet und 19% haben Gesundheitsprobleme)

Die Rahmenbedingen in der Arbeitswelt werden sich weiter verändern aber auch die gesellschaftlichen, familiären und persönlichen Herausforderungen prägen die Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeitenden. Deshalb werden Angebote und Maßnahmen für die Mitarbeitenden fortgeschrieben und weiterentwickelt.

Zu Frage 9:

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement bietet eine Vielzahl an psychosozialen Unterstützungsangeboten für die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung Leipzig an.

Mit dem Mental Health Coaching des Fürstenberg Instituts stehen den Mitarbeitenden kurzfristige individuelle Beratungsgespräche bei belastenden Situationen, aber auch präventiv zu privaten oder beruflichen Fragestellungen zur Verfügung. Die Beratung ist streng vertraulich und rund um die Uhr nutzbar

Seit Anfang 2024 ergänzt ein Betriebspsychologe das Team des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Mit der Betriebspsychologischen Sprechstunde besteht die Möglichkeit für ein persönliches Beratungsgespräch, in dem die individuelle Belastungssituation reflektiert und gemeinsam Lösungsansätze erarbeitet werden können. Die Beratungsgespräche unterliegen der Schweigepflicht; alle Gesprächsinhalte werden streng vertraulich behandelt

Zur Bewältigung von Extremsituationen am Arbeitsplatz unterstützt die psychotherapeutische Krisenintervention. Dabei erhalten Mitarbeitende, die nach einer plötzlichen Extremsituation oder Bedrohungslage im Arbeitskontext akute psychische Belastungsreaktionen erleben einen zeitnahen Termin bei einer kooperierenden Psychotherapiepraxis

Als ergänzendes Angebot zur Nachsorge von akuten Belastungsreaktionen durch kritische Ereignisse am Arbeitsplatz stehen in Bereichen mit hohem Anteil an Bürgerkontakt die Betrieblichen psychologischen Ersthelfenden (BPE) zur Verfügung. Diese Mitarbeitenden können im Bedarfsfall kurzfristig und ereignisnah psychosoziale Hilfe für betroffenen Kolleginnen und Kollegen sichern und bieten somit Unterstützung nach akuten Krisen und Bedrohungssituationen. Im Zentrum steht hierbei das Auffangen der Schockreaktion, die Wiederherstellung von Sicherheit und die soziale Unterstützung nach einer solchen Ausnahmesituation.

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