Anfrage: Anfrage zum Rahmenpapier der Kommunalen Wärmeplanung Leipzig (VII-DS-07720-Ifo-01) und dem weiteren Prozess der kommunalen Wärmeplanung

Link zur Anfrage VIII-F-00909 im Ratsinformationssystem

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 16. April 2025

Mit dem Antrag VII-A-02889 vom 09.02.2022 beauftragte der Stadtrat den Oberbürgermeister einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. Ziel ist, mit dem Wärmeplan die entscheidenden Weichen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis spätestens 2038 zu stellen. Im Zuge der Erstellung soll auch geprüft werden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine klimaneutrale Wärmeversorgung der Stadt Leipzig bereits 2035 erreicht werden kann. Mit dem Rahmenpapier zur kommunalen Wärmeplanung (VIII-DS-07720-Ifo-01) legt die Stadtverwaltung nun einen Zwischenbericht vor, der die Basis für den strukturierten Beteiligungsprozess der Öffentlichkeit bilden und dann in einen finalen Wärmeplan für Leipzig münden soll [1].

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:

1. Das Rahmenpapier weist keinen für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Transformations- und Dekarbonisierungspfad aus.

a) Welche Emissionen, dargestellt nach Wärmequelle, werden pro Jahr bis zur Erreichung der Klimaneutralität angenommen?

b) Welche neuen Anlagen zur Wärmeerzeugung sollen zu welchem Jahr in Betrieb gehen?

c) Welche Wärmemenge soll in den jeweiligen Jahren in den entsprechenden Anlagen über welche Wärmequelle / Brennstoffe erzeugt werden? Insbesondere wie viel Wasserstoff und Biomasse (in Energieeinheiten) soll wann zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden?

Bitte stellen Sie zugehörige Annahmen inkl. angenommener Emissionsfaktoren dar.

2. Das Rahmenpapier skizziert das Szenario „Leittechnologie Fernwärme“ als bevorzugten Pfad zur klimaneutralen Wärmeversorgung. Öffentliche zugängliche Analysen, unter anderem in [2], sehen im Elektrifizierungspfad das langfristig kostengünstigste Szenario einer zukünftigen Wärmeversorgung.

a) Aus welchen Gründen wird das Szenario „Leittechnologie Fernwärme“ bevorzugt?

b) Welche aktuelle Datengrundlage wurde für diese Entscheidung herangezogen?

3. Die Abwärme aus der Raffinerie TotalEnergies Raffinerie Leuna soll rund 38 % des aktuellen Fernwärmebedarfs decken. In der Antwort zur Anfrage der Ratsversammlung vom 22. Mai 2024 wurde auf die Entwicklung eines „aktualisierten Besicherungskonzeptes“ und die vertragliche Verpflichtung der TotalEnergies zur langfristigen Wärmelieferung verwiesen.

a) Wie sieht das aktualisierte Besicherungskonzept aus? Welche finanziellen Risiken bestehen für die Leipziger Gruppe bei einem Ausfall der Abwärme aus Leuna?

b) Wie lange gilt die vertragliche Lieferverpflichtung der TotalEnergies? Wie soll die Wärme nach Beendigung der Lieferverpflichtung bereitgestellt werden?

c) In der Presse wurden jüngst Forderungen des Leunaer Chemieparkleiters Christof Günther nach russischem Gas laut. Wie wird vor diesem Hintergrund die mittel- und langfristige Dekarbonisierung des Chemiestandortes Leuna eingeschätzt?

4. In der Antwort zur Anfrage bei der Ratsversammlung vom 22. Mai 2024 wurde auf die laufenden Untersuchungen zu dezentralen Nahwärmenetzen verwiesen, welche 2024 abgeschlossen werden sollten.

a) Sind die Ergebnisse der Untersuchung in das Rahmenpapier eingeflossen?

b) Wenn ja, wo finden sich diese wieder?

c) Wurden hierbei auch Potenziale kalter Nahwärmenetze und die Nutzung weiterer lokaler Wärmequellen wie z.B. in [3] aufgeführt berücksichtigt?

5. Das Rahmenpapier verweist auf eine notwendige Beibehaltung der hohen Vorlauftemperaturen im Fernwärmenetz aufgrund von rund 200 Gebäuden mit Einrohrsystemen.

a) Welche spezifischen vertraglichen oder rechtlichen Gegebenheiten verpflichten die Stadtwerke Leipzig zu einer langfristigen Lieferung auf dem hohen Temperaturniveau?

b) Wurden technische Lösungen zur Entkopplung der Gebäude untersucht, wie z.B. Hochtemperaturwärmepumpen, und die dadurch entstehenden Mehrkosten mit den Einsparungen einer niedrigeren Vorlauftemperatur gegenübergestellt?

6. Wie wird der o.g. strukturierte Beteiligungsprozess der Öffentlichkeit aussehen? Welche Formate sind geplant? Geht es um Information oder besteht die Absicht, dass Anregungen der Bürger*innen bei der weiteren Planung berücksichtigt werden? Gibt es hierzu einen Zeitplan bis zur Finalisierung des kommunalen Wärmeplans?

Quellen:

[1] VIII-DS-07720-Ifo-01, Rahmenpapier des kommunalen Wärmeplans für die Stadt Leipzig, Analge 1, Seite 4.

[2] Gerth, W.; Uhlemeyer, B.; Zdrallek, M.: Energieleitplanung: Vorstellung einer Methode zur Erweiterung der kommunalen Wärmeplanung, 3R – Magazin für den Rohrleitungsbau, Ausgabe 3/2024

[3] Plattform für Abwärme des BfEE erreichbar unter: https://www.bfee-online.de/BfEE/DE/Effizienzpolitik/Plattform_fuer_Abwaerme/plattform_fuer_abwaerme_node.html

Antwort vom 15. April 2025

  1. Das Rahmenpapier weist keinen für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Transformations- und Dekarbonisierungspfad aus.

 

  1. Welche Emissionen, dargestellt nach Wärmequelle, werden pro Jahr bis zur Erreichung der Klimaneutralität angenommen?
  2. Welche neuen Anlagen zur Wärmeerzeugung sollen zu welchem Jahr in Betrieb gehen?
  3. Welche Wärmemenge soll in den jeweiligen Jahren in den entsprechenden Anlagen über welche Wärmequelle / Brennstoffe erzeugt werden? Insbesondere wie viel Wasserstoff und Biomasse (in Energieeinheiten) soll wann zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden?

Bitte stellen Sie zugehörige Annahmen inkl. angenommener Emissionsfaktoren dar.

 

Antwort:

Das Rahmenpapier stellt den aktuellen Sachstand der Erarbeitung des kommunalen Wärmeplanes für die Stadt Leipzig dar. Darin enthalten ist eine Ableitung erster Ergebnisse für eine klimaneutrale Wärmeversorgung im Zieljahr 2038. Die Darstellung und Entwicklung der CO2-Emissionen für die Stadt Leipzig und die Fernwärmeversorgung in Leipzig wird entsprechend des Wärmeplanungsgesetzes auf Basis von Stützjahren erst im Wärmeplan enthalten sein. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt ein solcher Gesamtpfad noch nicht vor.

 

 

  1. Das Rahmenpapier skizziert das Szenario „Leittechnologie Fernwärme“ als bevorzugten Pfad zur klimaneutralen Wärmeversorgung. Öffentliche zugängliche Analysen, unter anderem in [2], sehen im Elektrifizierungspfad das langfristig kostengünstigste Szenario einer zukünftigen Wärmeversorgung.

 

  1. Aus welchen Gründen wird das Szenario „Leittechnologie Fernwärme“ bevorzugt?
  2. Welche aktuelle Datengrundlage wurde für diese Entscheidung herangezogen?

 

Antwort:

Die aufgezeigten Leittechnologien waren die Basis für eine „volkswirtschaftliche“ Betrachtung von möglichen technologischen Lösungen und bildeten die Vorüberlegungen, die bei der Erarbeitung des Wärmeplanes für Leipzig durchgeführt wurden.

 

Insbesondere wurde mit den Szenarien eine erste Abschätzung durchgeführt, welche Gesamtsystemkosten mit bestimmten technischen Lösungen verbunden sind. So wurden in diese Überlegungen u. a. auch Sanierungsannahmen im Gebäudebereich und der Ausbau der übergeordneten Stromsysteme mit bewertet. Die Gründe bzw. die Herleitung für ein Szenario “Leittechnologie Fernwärme” sind im Rahmenpapier unter dem Punkt 5.1 ff. beschrieben und durch den Stadtrat zur Kenntnis genommen.

 

Zu beachten ist, dass die Vorteilhaftigkeit einzelner Wärmelösungen unter anderem stark von der zugrundliegenden Bausubstanz abhängig ist. Die Rahmenbedingungen in Leipzig mit einer vor allem gründerzeitlich geprägten Stadtstruktur (größtenteils hochverdichteter Mehrgeschossbau mit Denkmalschutzauflagen) unterscheiden sich zum Teil deutlich von anderen Kommunen, sodass Analysen mit einer nationalen Betrachtung nur eingeschränkt übertragbar sind.

 

Den Ausführungen im Rahmenpapier ist allerdings auch zu entnehmen, dass die Ergebnisse der durchgeführten Bestands- und Potenzialanalyse wie auch das darauf aufbauende aktuelle Zielszenario von diesen Vorbetrachtungen entkoppelt sind und sich in diesen Ergebnissen dennoch das Potenzial für eine großräumige Fernwärmeversorgung widerspiegelt. Insofern bestätigen die aktuellen Ergebnisse die Basisszenarien.

 

 

  1. Die Abwärme aus der Raffinerie TotalEnergies Raffinerie Leuna soll rund 38 % des aktuellen Fernwärmebedarfs decken. In der Antwort zur Anfrage der Ratsversammlung vom 22. Mai 2024 wurde auf die Entwicklung eines „aktualisierten Besicherungskonzeptes“ und die vertragliche Verpflichtung der TotalEnergies zur langfristigen Wärmelieferung verwiesen.

 

  1. Wie sieht das aktualisierte Besicherungskonzept aus? Welche finanziellen Risiken bestehen für die Leipziger Gruppe bei einem Ausfall der Abwärme aus Leuna?
  2. Wie lange gilt die vertragliche Lieferverpflichtung der TotalEnergies? Wie soll die Wärme nach Beendigung der Lieferverpflichtung bereitgestellt werden?
  3. In der Presse wurden jüngst Forderungen des Leunaer Chemieparkleiters Christof Günther nach russischem Gas laut. Wie wird vor diesem Hintergrund die mittel- und langfristige Dekarbonisierung des Chemiestandortes Leuna eingeschätzt?

 

Antwort:

Die Fernwärmelieferung aus Leuna wird am Standort Kulkwitz in das Fernwärmesystem der Leipziger Stadtwerke eingebunden. Dort befinden sich bereits heute konventionelle Fernwärmeerzeuger, die zur Besicherung der Lieferung eingesetzt werden können. Diese zwei Gaskessel wurden gerade modernisiert und stehen zur Besicherung zur Verfügung. Der aktuelle Liefervertrag ist auf 20 Jahres geschlossen und beginnt mit dem Start der Lieferung. Im Rahmen der Verhandlungen zu dem Liefervertrag wurden von TotalEnergies verschiedene Optionen für eine mittel- bis langfristige Dekarbonisierung vorgestellt. Unterstrichen werden diese Bemühungen durch die Meldung vom 12. März 2025, wonach RWE und TotalEnergies ab 2030 und über eine Laufzeit von 15 Jahren, die Lieferung von jährlich 30.000 Tonnen grünen Wasserstoff für die Raffinerie in Leuna vertraglich vereinbart haben. Seitens der Leipziger Stadtwerke sehen wir die Erfüllung des Liefervertrages für klimaneutrale Wärme über die definierte Vertragslaufzeit von 20 Jahren als gesichert an. Ergänzend werden weitere Lieferoptionen erarbeitet.

 

  1. In der Antwort zur Anfrage bei der Ratsversammlung vom 22. Mai 2024 wurde auf die laufenden Untersuchungen zu dezentralen Nahwärmenetzen verwiesen, welche 2024 abgeschlossen werden sollten.

 

  1. Sind die Ergebnisse der Untersuchung in das Rahmenpapier eingeflossen?
  2. Wenn ja, wo finden sich diese wieder?
  3. Wurden hierbei auch Potenziale kalter Nahwärmenetze und die Nutzung weiterer lokaler Wärmequellen wie z.B. in [3] aufgeführt berücksichtigt?

 

Antwort:

Das Rahmenpapier spiegelt den Wissens- und Sachstand vor Abschluss der Untersuchungen zu dezentralen Nahwärmenetzen wider. Im endgültigen Wärmeplan werden auch Gebiete in der Stadt Leipzig ausgewiesen, die technologieoffen für dezentrale Netze bzw. Insellösungen geeignet sind. Aktuell sind ca. 20 Gebiete in der näheren Betrachtung, für die ein Nahwärmenetz eine geeignete Lösung sein könnte. Für die Betrachtungen über die Umsetzbarkeit der Lösungen spielen auch unterschiedliche Temperaturniveaus in den Netzen wie auch verschiedene Erzeugungsoptionen eine Rolle.

 

 

  1. Das Rahmenpapier verweist auf eine notwendige Beibehaltung der hohen Vorlauftemperaturen im Fernwärmenetz aufgrund von rund 200 Gebäuden mit Einrohrsystemen.

 

  1. Welche spezifischen vertraglichen oder rechtlichen Gegebenheiten verpflichten die Stadtwerke Leipzig zu einer langfristigen Lieferung auf dem hohen Temperaturniveau?

 

Antwort:

Die Verträge, die die Leipziger Stadtwerke mit Fernwärmekunden abgeschlossen haben, enthalten im Einzelfall konkrete Regelungen zu der vertraglich zugesicherten Vor und Rücklauftemperatur. Diese Verträge sind für beide Vertragspartner bindend gemäß AVBFernwärmeV. Es ist das Ziel, die Vorlauftemperaturen im gesamten Fernwärmenetz auf unter 100 Grad zu senken, um die nachhaltige Entwicklung der Fernwärme zu stärken, erneuerbare Energien besser in das Fernwärmesystem integrieren zu können und die Transportkapazitäten zu erhöhen, für weitere Fernwärmeanschlüsse an das Bestandsnetz.

 

  1. Wurden technische Lösungen zur Entkopplung der Gebäude untersucht, wie z.B. Hochtemperaturwärmepumpen, und die dadurch entstehenden Mehrkosten mit den Einsparungen einer niedrigeren Vorlauftemperatur gegenübergestellt?

 

Antwort:

Die Leipziger Stadtwerke sind bereits im Kontakt mit Eigentümern von Gebäuden mit Einrohrheizungen und erarbeiten individuelle Lösungen für eine Senkung der Vorlauftemperatur. Hier werden verschiedene technische Lösungen bereits umgesetzt.

Der Gebäudeeigentümer ist laut § 60b GEG grundsätzlich zur Optimierung der Heizkurve im Gebäude verpflichtet. Die erforderliche SollVorlauftemperatur des Heizungssystems im Gebäude bedingt die erforderliche IstTemperatur im Fernwärmenetz. Die Beibehaltung hoher Vorlauftemperaturen (Heizkurve) sowie der technischen Lösung des Einrohrsystems im Heizungssystem der Gebäude ist aus technischer Sicht, insbesondere im Hinblick auf das GEG, nicht sinnvoll. Erfahrungsgemäß können die Heizkurven der Gebäude optimiert, d. h. abgesenkt werden, da die Heizungssysteme in der Regel überdimensioniert sind oder bereits energetische Sanierungsmaßnahmen am Gebäude durchgeführt wurden. Bei den Pilotobjekten konnten die Gebäudeheizkurven schrittweise erfolgreich abgesenkt werden.

Der vorgeschlagene Ansatz von Mehrkosten unterstellt, dass das Versorgungssystem ausschließlich für diese Kunden konzipiert wurde. Das historisch gewachsene Netz ist auf bestimmte Temperaturen im Vor und Rücklauf ausgelegt. Eine Änderung auf niedrige Vorlauftemperaturen unter 100 Grad ist mit Investitionen in die Struktur der Versorgung verbunden. Eine Kostenanalyse in der vorgeschlagenen Art und Weise ist für die Bewertung des Gesamtsystems nur wenig aussagefähig.

 

 

  1. Wie wird der o.g. strukturierte Beteiligungsprozess der Öffentlichkeit aussehen? Welche Formate sind geplant? Geht es um Information oder besteht die Absicht, dass Anregungen der Bürger*innen bei der weiteren Planung berücksichtigt werden? Gibt es hierzu einen Zeitplan bis zur Finalisierung des kommunalen Wärmeplans?

 

Antwort:

Die Stadt Leipzig wird sich in ihrem Beteiligungsprozess an den Vorgaben des Wärmeplanungsgesetzes orientieren. Darin ist unter anderem die Veröffentlichung des Entwurfs zum Wärmeplan mit der Möglichkeit in einem Zeitraum von einem Monat Stellung zu beziehen, festgehalten. Diesen Zeitraum werden wir durch ein öffentliches Forum einleiten, in dem die Inhalte präsentiert werden und das gemeinsame Gespräch über diese erarbeiteten Inhalte im Vordergrund steht. Mit diesem Schritt ist Ende des III. Quartals 2025 zu rechnen. Die zu diesem Zeitpunkt eingehenden Hinweise werden hinsichtlich ihre Übernahme in den finalen Wärmeplan geprüft. Dieser soll anschließend ins Gremienverfahren gehen und zur Beschlussfassung geführt werden. Ziel ist eine Beschlussfassung Anfang des II. Quartals 2026.

 

Zuvor werden die Ergebnisse der Bestands- und Potenzialanalyse entsprechend den Gesetzesanforderungen veröffentlicht. Auch dieser Schritt, der Anfang des III. Quartals 2025 stattfinden soll, wird mit einer öffentlichen Veranstaltung begleitet werden.

 

Der strukturierte Beteiligungsprozess wird durch die Leipziger Stadtwerke und die Netz Leipzig im Rahmen der Fachexpertise begleitet.

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