Anfrage: Auf welcher Grundlage erteilt die Stadt Leipzig Bootsverleihbetrieben Genehmigungen?

Anfrage vom 9. März zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 20. April 2016:

Paddelboote, Kanus und Kajaks sind positive Beispiele für sanften und naturnahen Gewässertourismus. Die weiter steigende Beliebtheit des Wassersports quasi vor der Haustür und die sehr guten Bedingungen dafür, lassen fragen, ob es irgendwann der Regulierung zum Schutz der Natur bedarf.

Das Sächsische Wassergesetz ordnet diesbezüglich die verschiedenen Aufgaben und Zuständigkeiten auch durch Genehmigungen für Bootsverleihe im Freistaat. Die Überprüfungen vor Erteilung einer Sondergenehmigung dienen insbesondere dem Schutz der Gewässer vor Übernutzung, insbesondere dann, wenn es sich um Gewässer in Naturschutzgebieten handelt. Damit wäre eine Begrenzung der möglichen maximalen Befahrungen für besonders sensible Bereiche als Vorgabe, insbesondere auch für die motorbetriebenen Mehrpersonenboote, zu erwarten.

Laut der Antwort des zuständigen Umweltministeriums auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag (Drs.-Nr.:6/4065) wurden in ganz Sachsen seit 2011 30 Sondergenehmigungen nach § 5 Abs. 3 Sächsisches Wassergesetz für Bootsverleihe mit entsprechenden Auflagen zum allgemeinen Betrieb und Naturschutz ausgesprochen. Für die Leipziger Gewässer I. Ordnung, und damit in der Zuständigkeit der Landestalsperrenverwaltung Sachsen, wurden in diesem Zeitraum jedoch keine Genehmigungen erteilt. Das Befahren der Gewässer des Leipziger Auwaldes mit Leihbooten auf u. a. Weiße Elster, Elsterbecken, Elsterhochflutbett, Pleiße und Pleißeflutbett erfolgt demnach in diesem Zeitraum bisher ungenehmigt.

Wir fragen an:

  1. Ist der Stadt Leipzig bekannt, dass Anträge für die Nutzung von Gewässern I. Ordnung auf „Gewässerbezogene Sondergenehmigungen“ von Bootsverleihen bei der Sächsischen Landestalsperrenverwaltung gestellt werden müssen?
  2. Hat die Stadt Leipzig stattdessen auf Antrag „Gewässerbezogene (Sonder-) Genehmigungen“ an Leipziger Bootsverleihe als Untere Wasserbehörde für die Leipziger Flüsse erteilt? Wenn ja, auf welcher Grundlage?
  3. Wie viele Anträge für die kommende Saison liegen der Unteren Wasserbehörde von Bootsverleihern vor? Sind die Bescheide/Genehmigungen schon erteilt worden? Wenn ja, auf welcher Grundlage?
  4. Wie viele Anträge für die Genehmigung von motorbetriebenen Booten für die Befahrung der Gewässer I. Ordnung liegen für 2016 der Unteren Wasserbehörde vor? Welche Ausnahmen wurden für Boote mit Verbrennungsmotoren erteilt?

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 20. April 2016 (Auszug aus dem Verlaufsprotokoll)

Bürgermeister Rosenthal:

Zur ersten Frage. Für die Zulassung von Nutzungen auf Gewässern erster Ordnung ist die Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen nicht zuständig. Die Zuständigkeit für wasserrechtliche Entscheidungen im städtischen Bereich liegt bei der Stadt Leipzig als zuständige untere Wasserbehörde. Anträge auf wasserrechtliche Gestattung der Bootsverleihe sind deshalb bei der Stadt einzureichen. Im Rahmen von wasserrechtlichen Verfahren wird bei Betroffenheit der Gewässer erster Ordnung die Landestalsperrenverwaltung als Grundstückseigentümerin und Unterhaltungspflichtige beteiligt. Diese schließt bei Benutzung von Grundstücken privatrechtliche Gestattungsverträge mit den Antragstellern auf der Grundlage der wasserrechtlichen Genehmigung ab. Für die alleinige Nutzung des Gewässers mit Verleihbooten ohne Eingriffe in die Ufer und ohne Veränderungen der Gewässereigenschaften ist eine Beteiligung der LTV aus Sicht der Stadt jedoch entbehrlich.

Zur zweiten Frage. Die Stadt hat noch keine wasserrechtlichen Gestattungen an Bootsverleihe bezüglich des Betriebs der Verleihboote erteilt, da der Handlungsbedarf und die rechtliche Würdigung der gesetzlichen Grundlage erst zum Jahreswechsel 2015/2016 durch die Landesdirektion Sachsen aufgezeigt wurden. Entsprechende Verfahren sind nunmehr eingeleitet. Die rechtliche Grundlage für die Erteilung ist die benannte Norm § 5 Absatz 3 des Sächsischen Wassergesetzes.

Zur dritten Frage. Der Stadt liegen bisher drei Anträge von Bootsverleihern vor. Mit Schreiben der Stadt vom 17. März dieses Jahres wurden 21 Leipziger Bootsverleiher zur aktuell im Freistaat Sachsen klargestellten Rechtsauffassung informiert. Zum Vollzug der Gestattung wurde die LDS als obere Wasserbehörde angefragt. Diese hat ausgeführt, dass im Einzelfall einer unteren Wasserbehörde die Zuständigkeit übertragen werden soll. Es liegt aber noch keine Entscheidung vor.

Zur vierten Frage. Bei der Stadt wurden 2016 acht Anträge auf Gestattung von Motorbooten für das Befahren von Gewässern erster Ordnung gestellt. In diesem Jahr wurde bisher ein Rettungsboot des DLRG-Bezirks Leipzig mit Verbrennungsmotor zugelassen. Grundsätzlich werden nur Verbrennungsmotoren für Rettungsboote, Trainerboote sowie zur Gewässerunterhaltung zugelassen.

Nachfrage Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Nur noch einmal zum Verständnis. Sie hatten gesagt, es wurden 21 Bootsverleiher angeschrieben, die in den letzten Jahren Boote auf den Leipziger Gewässern hatten und vermutlich auch demnächst wieder haben wollen. Bis jetzt gibt es aber nur Anträge von drei Bootsverleihern. Das bedeutet theoretisch: Wenn die anderen 18 Bootsverleiher nicht noch Anträge stellen, fahren deren Boote illegal auf den Gewässer?

Bürgermeister Rosenthal: Wir haben sie auf die rechtliche Regelung aufmerksam gemacht und ihnen natürlich nahegelegt, dass sie, damit ihre Boote legal fahren können, eine wasserrechtliche Gestattung bei der Stadt beantragen müssen. Ja.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): In dem Wissen, dass es bisher so wenige Anträge gibt: Wird es dann auch entsprechende Kontrollen geben? Die Verleiher könnten ja denken, was die Stadt da geschrieben hat,  interessiert uns nicht.

Bürgermeister Rosenthal: Ich verweise auf meine Antwort zur Frage 3. Wir haben die LDS gebeten, klarzustellen, wer für die Kontrolle dieser sich für Gesamtsachsen verändernden Rechtslage die Verantwortung übernehmen soll. Die LDS will sich hinsichtlich der Zuständigkeit noch erklären, will das aber wohl auf eine untere
Wasserbehörde übertragen.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Okay.  Wenn das jetzt nicht übertragen werden würde, ist nicht geklärt, wer dafür zuständig ist. Dann gibt es zwar eine Rechtsnorm, die vorsieht, dass das beantragt werden muss. Aber da die Verleiher wissen, dass das niemand kontrolliert, weil nicht entschieden wurde, wer das kontrolliert,kann ihnen das egal sein. Habe ich das jetzt richtig verstanden?

Bürgermeister Rosenthal: Wenn es uns zur Anzeige gelangt, dass jemand ohne Gestattung als Bootsverleiher tätig ist, werden wir natürlich prüfen, inwieweit ein Ordnungswidrigkeitentatbestand realisiert ist. Aber eine aktive Prüfung auf den Gewässern durch das Amt für Umweltschutz findet nicht statt.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Das ist sehr skurril, aber danke.

Nachfrage Stadträtin Dr. Heymann (CDU): Sehr geehrter Herr Bürgermeister Rosenthal! Wundert es Sie nicht auch, dass solche Fragen, insbesondere die Fragen 1 bis 3, gestellt werden? Fragen Sie sich nicht auch: Was ist der Hintergrund des Ganzen? Eigentlich möchten wir muskelbetriebenen Bootsverkehr in Leipzig. Hier wird nur nach dem Kontrolldruck gefragt, statt zu überlegen, wie man die Verleiher gegebenenfalls unterstützen kann, damit sie die rechtliche Norm erfüllen können. Sind die zurzeit vielleicht einfach nur ratlos?

Bürgermeister Rosenthal: Ich möchte es anders beantworten. Ich kann die Auffassung, die uns seitens der Landesdirektion mitgeteilt wurde, dass wir jetzt den Bootsverleihern eine wasserrechtliche Gestattung erteilen müssen, ehrlich gesagt, auch nicht ganz nachvollziehen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, welche Wirkung das Verleihen auf das Schutzgut Wasser hat. Insofern wären wir als Stadt Leipzig mit der bisherigen Rechtslage vollkommen d’accord gegangen und hätten es auch weiterhin so behandelt. Allerdings muss ich jetzt mit den rechtlichen Hinweisen der Fachaufsichtsbehörde umgehen. Deshalb der Hinweis an die Verleiher, wie das Verfahren formal zu betrachten ist. Ich kann ihnen das leider derzeit nicht ersparen. Aber die Betonung liegt auf „leider“.

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