Anfrage: Ausnahmegenehmigungen für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 28. Februar 2024
Immer wieder kommt es vor, dass in Gebäuden abweichend vom ihrem regulären Nutzungszweck Einzelveranstaltungen zu einem anderen Nutzungszweck durchgeführt werden sollen. Als Beispiel ist hier die ausnahmsweise Nutzung eines Gebäudes, das normalerweise als Lagerfläche dient, für eine kulturelle Veranstaltung zu nennen.
Für eine solche abweichende Nutzung ist eine Einzelfallgenehmigung notwendig, die für einen einmaligen Gebrauch die Nutzung eines umschlossenen Raumes erweitert, ohne dies sofort durch eine Nutzungsänderung nach Sächsischer Bauordnung zu unterlegen.
Es handelt sich daher nur um eine temporäre Nutzungsänderung. Dies erfolgt in der Regel auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welche bei einer abweichenden Nutzung nicht sofort einen neuen Bauantrag fordert, da die hauptsächliche Nutzung des Gebäudes entscheidend ist. So geht man davon aus, dass bei bis zu 10 vom Nutzungszweck abweichenden Nutzungen jährlich noch keine Änderung der Nutzungsart vorliegt.
Entsprechend arbeitet in Deutschland eine Vielzahl an Städten mit dieser Art Einzelfallgenehmigung für eine abweichende Nutzung eines Gebäudes.
In Leipzig wiederum gibt es offenbar seit 2013 eine Arbeitsanweisung innerhalb der Verwaltung, die diese Praxis der Einzelfallgenehmigung unterbindet und bei beabsichtigter Änderung der Nutzung bereits ab der ersten vom regulären Nutzungszweck abweichenden Veranstaltung einen neuen Bauantrag fordert. In Anbetracht des Aufwands, der mit einem Bauantrag verbunden ist sowie der erheblichen Zeit, ist diese Art des Umgangs mit temporären Nutzungsänderungen gegenüber möglichen Antragsteller*innen wenig benutzerfreundlich, verhindert ein niedrigschwelliges Veranstaltungsgeschehen für Leipziger Bürger*innen und Besucher*innen im legalen Rahmen und befördert die Überlastung der Genehmigungs- und Ordnungsbehörden.
Wir fragen daher:
- Ist es zutreffend, dass es diese Arbeitsanweisung gibt und was ist der vollständige Inhalt der Arbeitsanweisung? Was war der Grund, diese zu erlassen?
- Warum gibt es in Leipzig keine Einzelfallgenehmigungen für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, die nicht die Nutzungsart generell ändern sollen und erachtet die Stadtverwaltung dieses Vorgehen immer noch als zweckmäßig?
- Wie viele Anfragen zur Durchführung von Einzelveranstaltungen in geschlossenen Räumen abweichend vom in der Baugenehmigung festgelegten Nutzungszweck gab es in den vergangenen Jahren?
- Steht die Stadtverwaltung zum Umgang mit Einzelfallgenehmigungen im Austausch mit anderen Städten, die dort eine andere Praxis haben?
Antwort der Stadtverwaltung vom 21. Februar 2024
- Ist es zutreffend, dass es diese Arbeitsanweisung gibt und was ist der vollständige Inhalt der Arbeitsanweisung? Was war der Grund der Anweisung.
Im Amt für Bauordnung und Denkmalpflege (ABD) gibt es eine Arbeitsanweisung zum „Umgang mit Veranstaltungen und Zuständigkeiten des ABD“ (Nr. 2013/01).
Sie wurde erforderlich, weil bis dahin eine von den rechtlichen Regelungen ungedeckte Genehmigungspraxis vollzogen wurde. So kam es zu befristeten Genehmigungen von Einzelveranstaltungen in dafür nicht geeigneten Objekten und Räumen oder auf Freiflächen. Für diese Praxis gab und gibt es keine Legitimation durch die SächsBO. Anzufügen ist, dass diese Handhabung mit erheblichem Personaleinsatz in der Behörde einherging.
Die Arbeitsanweisung regelt keine Rechtsnorm, sondern sichert das einheitliche Verwaltungshandeln bei der Umsetzung der Rechtsnormen und der Regelungen bzw. Erlasse der Obersten Bauaufsichtsbehörde ab. Weiterhin stellt sie, entsprechend der o.g. Vorgaben, die Zuständigkeiten des ABD als Untere Bauaufsichtsbehörde bei der Durchführung von Veranstaltungen klar.
Der wesentliche Inhalt der Arbeitsanweisung besteht darin, dass eine Zuständigkeit der Unteren Bauaufsichtsbehörde für einmalige Veranstaltungen im Freien i.d.R nicht gegeben ist. Nutzungsänderungen von baulichen Anlage für Veranstaltungen jedoch bedürfen einer Baugenehmigung, da eine Erweiterung der genehmigten Nutzung vorliegt.
- Warum gibt es in Leipzig keine Einzelfallgenehmigung für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, die die Nutzungsart generell ändern sollen und erachtet die Stadtverwaltung dieses Vorgehen immer noch als Zweckmäßig?
Die Frage, ob eine Veranstaltung eine Nutzungsämderung bzw. Nutzungserweiterung darstellt und einer Baugenehmigung bedarf, ist in der SächsBO geregelt. Welche Anforderungen für die Sicherheit bei Veranstaltungen an bauliche Anlagen gestellt werden, ist der SächsVStättVO zu entnehmen.
Die Sicherheit der Personen sowie der Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbaren Lärmbelästigungen muss auch bei seltenen Veranstaltungen gegeben sein.
Soweit eine Anfrage zu einer Veranstaltung vorliegt, wird geprüft, ob nach Maßgabe der SächsBO ein Bauantrag gestellt werden muss. Dies ist der Fall, wenn die Veranstaltung nicht der genehmigten Nutzung gedeckt ist und eine baurechtliche Relevanz besteht.
Die Besucher einer Veranstaltung müssen sich darauf verlassen können, dass von Seiten der Stadt Leipzig das erforderliche Sicherheitsniveau der baulichen Anlage geprüft worden ist. Weiterhin müssen auch die Nachbarn einer solchen Veranstaltung vor unzumutbaren Belästigungen geschützt werden. Diese Prüfungen sind nur im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens möglich.
Sollte in einem Gebäude z.B. jährlich wiederkehrend Veranstaltungen stattfinden, welche die generelle Nutzung nicht ändern sollen, kann auch dies mittels Baugenehmigung geregelt werden (z.B. DHfK Fasching in der Ernst-Grube-Halle, Familienfeste von Firmen, Technoparty im Autohaus).
Die Handhabe entspricht der SächsBO, ist rechtskonform, zweckmäßig und praxisbewährt.
- Wie viele Anfragen zur Durchführung von Einzelveranstaltungen in geschlossenen Räumen abweichend vom in der Baugenehmigung festgelegten Nutzungszweck gab es in den vergangenen Jahren.
Eine solche statistische Erhebung liegt dem ABD nicht vor.
Das ABD hat gemeinsam mit anderen städtischen Ämtern in den letzten Jahren mit großen Engagement auch kurzfristige Baugenehmigungen für zeitliche begrenzte Projekte/ Veranstaltungen erteilt (z.B. Die ganze Stadt als Bühne – Kunstprojekt IBUG e.V., Werkstättenstaße). Für die Antragsteller steht das ABD als Beratungs- und Koordinationsstelle zur Verfügung, so dass für alle Beteiligten gute Lösungen gefunden werden können.
- Steht die Stadtverwaltung zum Umgang mit Einzelfallgenehmigungen im Austausch mit anderen Städten, die dort eine andere Praxis haben.
Das von der Stadt Leipzig praktizierte Verfahren entspricht den Handlungsanweisungen der Obersten Bauaufsichtsbehörde. Die Landeshauptstadt Dresden verfährt ebenso und erteilt nach Einzelfallprüfung eine Genehmigung für die jeweilige Veranstaltungsstätte gem. SächsBO.
In diesem Zusammenhang sei auf das Informationsblatt Nr. 22 „Veranstaltungen, Baugenehmigungspflicht“ hingewiesen. Diese ist in der Homepage der Stadt Dresden einsehbar.
Das Verfahren findet auch in anderen Bundesländern Anwendung (Bsp. Niedersachsen). Auch hier werden keine pauschalen oder allgemeingültigen Genehmigungen für Veranstaltungen erteilt. In Nordrhein- Westfalen bedarf es zudem für Veranstaltungen auf Freiflächen einer Baugenehmigung.
Eine Ausnahme bildet der Freistaat Bayern, der in seiner Bauordnung eine Regelung zur Anzeigepflicht von vorübergehenden Nutzungsänderungen von Räumen eingeführt hat.