Anfrage: Entwicklung des Bäderleistungsfinanzierungsvertrages vs. Bedarf der Sportbäder GmbH vor dem Hintergrund der anstehenden Herausforderungen
Anfrage vom 19. September 2018 zur schriftlichen Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. Oktober 2018
Die Sportbäder Leipzig GmbH stehen in den kommenden Jahren vor immensen Herausforderungen. Einerseits sollen bis 2030 drei neue Schwimmhallen gebaut werden, zunächst am Otto-Runki-Platz, dann bis 2024 im Leipziger Süden (siehe Beschluss Sportprogramm der Stadt Leipzig 2017-24) und schließlich im Nordwesten Leipzigs (siehe Beschluss zum INSEK). Der damit einhergehende Planungs-, Investitions- und Personalbedarf wird aus dem aktuell zur Verfügung stehenden Budget der GmbH nicht zu finanzieren sein. Außerdem stehen weitere Personalkostensteigerungen durch den neuen Tarifabschluss ebenso an wie auch durch eine Umsetzung des öffentlichen und politischen Wunsches nach verlängerten Öffnungszeiten. Im Haushaltsplanentwurf für 2019/20 ist eine Erhöhung des Bäderleistungsfinanzierungsvertrages von 5,25 Mio. € um 500T € vorgesehen.
Wir fragen an:
- Welche zusätzlichen Aufwendungen werden in den kommenden Jahren auf die SBL aufgrund der zu planenden, zu bauenden und zu betreibenden neuen Schwimmhallen zukommen?
- Welche zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwendungen werden in den kommenden Jahren mit der erweiterten Schwimmfläche in der Schwimmhalle Mitte sowie der Erweiterung der Öffnungszeiten in den Bädern und dem neuen Tarifabschluss einhergehen?
- Mit welchen zusätzlichen finanziellen Risiken ist zudem zu rechnen?
- Da der Bäderleistungsfinanzierungsvertrages um lediglich 500 T € für die Betreibung aller Schwimmhallen und Freibäder erhöht werden soll: Sollen die fehlen Summen durch die Sportbäder selbst erbracht werden? Oder wie sonst?
Antwort der Verwaltung vom 24. Oktober 2018
Zu 1.) Welche zusätzlichen Aufwendungen werden in den kommenden Jahren auf die SBL aufgrund der zu planenden, zu bauenden und zu betreibenden neuen Schwimmhallen zukommen?
Nach Mitteilung der Sportbäder Leipzig GmbH werden im Entwurf der Wirtschaftsplanung 2019 - 2023 gemäß Sportprogramm 2024 für die Stadt Leipzig zwei neue Schwimmhallen berücksichtigt.
a) neue Schwimmhalle am Otto-Runki-Platz
Die Sportbäder Leipzig GmbH hat der Stadt Leipzig mitgeteilt, dass die Gesamtaufwendungen für den Bau der ersten neuen Schwimmhalle am Otto-Runki-Platz mit einem 25 m-Sportschwimmbecken, einem Nichtschwimmerbecken und einem Kleinkinderbecken derzeit auf ca. 10 Mio. EUR netto geschätzt werden.
Die Aufwendungen für den Grundstückserwerb der erforderlichen Fläche wurden dabei nicht berücksichtigt, angenommen wird der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages mit der Stadt Leipzig. Diese Aufwendungen sind dann Bestandteil der laufenden Betriebskosten.
Unter der Voraussetzung, dass ca. 50 % der förderfähigen Gesamtaufwendungen (ca. 4,5 Mio. EUR), über Fördermittel bereitgestellt werden können (z.B. „Investive Sportförderung des Freistaates Sachsen“), sind weitere ca. 5,5 Mio. EUR als Darlehen aufzunehmen.
Bei einer angenommenen Laufzeit des Darlehens von 20 Jahren sind ab 2023 jährliche Tilgungen von ca. 275 TEUR zu berücksichtigen. Bei einer Zinsbindung von 10 Jahren wird der gegenwärtige Zinssatz in 2021 in Abhängigkeit vom Beginn der Laufzeit mit ca. 3,65 % bzw. 3,68 % (Vorgaben der Finanzplanung der LVV) eingeschätzt. Die Gesamtzinsen über die Laufzeit des Darlehens (20 Jahre) werden somit ca. 2,26 Mio. EUR betragen. Auf das Risiko steigender Zinsen nach Ablauf der Zinsbindungsfrist wird hingewiesen. Alternativ ist eine längere Zinsbindung zu prüfen, was sich jedoch in der Regel auf den Zinssatz auswirkt.
Das Defizit aus dem Betrieb der ersten neuen Schwimmhalle am Otto-Runki-Platz wird anfänglich (2023) mit ca. 300 TEUR/Jahr eingeschätzt. Steigerungen der Materialaufwendungen sind mit ca. 3 % und der Personalaufwendungen (Neueinstellung von sechs Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen) mit jährlich ca. 2,5 % zu berücksichtigen. Die Umsatzerlöse (Eintrittspreise) sind entsprechend Festlegungen im Bäderleistungsfinanzierungsvertrag (BLFV) „wirtschaftlich, sozialverträglich und behindertengerecht … im Rahmen des öffentlichen und allgemein zugänglichen Badebetriebs“ zu gestalten und damit bezogen auf die Betriebskosten zu ca. 40 % kostendeckend.
Für die Jahre 2021 und 2022 decken die geplante Darlehensaufnahme und die erwarteten Fördermittel den Liquiditätsbedarf.
b) neue Schwimmhalle im Leipziger Süden
Der Bau einer weiteren neuen Schwimmhalle im Leipziger Süden wird beginnend ab 2023 in der Wirtschaftsplanung der Sportbäder Leipzig GmbH berücksichtigt. Die bei der ersten neuen Schwimmhalle getroffenen Grundannahmen sind unter Berücksichtigung der Entwicklung der Baupreise und Fördermöglichkeiten zu prüfen.
Zu 2.) Welche zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwendungen werden in den kommenden Jahren mit der erweiterten Schwimmfläche in der Schwimmhalle Mitte sowie der Erweiterung der Öffnungszeiten in den Bädern und dem neuen Tarifabschluss einhergehen?
a) Schwimmhalle Mitte mit Flachwasserbecken
Die Erweiterung der Wasserfläche in der Schwimmhalle Mitte wird zu zusätzlichen Umsatzerlösen, jedoch ebenso zu höheren Material- und Personalaufwendungen führen. Nach Eröffnung der Schwimmhalle Mitte Ende Oktober 2018 können dazu konkretere Aussagen getroffen werden. Die Neueinstellung eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin führt zu Personalaufwendungen von ca. 50 TEUR/Jahr entsprechend Mantel- und Entgelttarifvertrag der Sportbäder Leipzig GmbH einschließlich der Sozialabgaben. Hervorzuheben ist, dass den Besuchern der Schwimmhalle Mitte ab Oktober 2018 zusätzliche Öffnungszeiten von 20 Stunden/Woche angeboten werden.
Diese Erweiterung der Kapazitäten und Öffnungszeiten ist mit der vorgesehenen Erhöhung des BLFV in Höhe von 500 TEUR in den Jahren 2019 und 2020 nach Mitteilung der Sportbäder Leipzig GmbH abgedeckt.
b) Erweiterung der Öffnungszeiten in weiteren Schwimmhallen
Um die Erweiterung der Öffnungszeiten für öffentliche Badegäste in weiteren Schwimmhallen zu realisieren wären nach Mitteilung der Sportbäder Leipzig GmbH darüber hinaus ca. 123 TEUR für eine betrachtete Variante ab 2019 und ansteigend in den Folgejahren, erforderlich.
c) Tarifabschluss
Nach Auskunft der Sportbäder Leipzig GmbH wird von ver.di ein Tarifabschluss mit einer Laufzeit von 30 Monaten und 7,34 % Erhöhung (3,19 % ab 1. März 2018, 3,09 % ab 1. April 2019 und 1,06 % ab 1. März 2020) gefordert. Von der Sportbäder Leipzig GmbH werden jeweils zum 1. Juli 2018/2019/2020 Erhöhungen um jeweils 2,5 % angeboten. Ver.di hat die Verhandlungen am 27. September 2018 für gescheitert erklärt.
Die Differenz zwischen dem Angebot der Sportbäder Leipzig GmbH und der Forderung von ver.di (ca. 60 TEUR für 2018 und je 70 TEUR 2019/2020) ist mit der vorgesehenen Erhöhung des BLFV in Höhe von 500 TEUR in den Jahren 2019 und 2020 nicht abgedeckt und derzeit im Entwurf der Wirtschaftsplanung 2019 – 2023 nicht vorgesehen.
Zu 3.) Mit welchen zusätzlichen finanziellen Risiken ist zudem zu rechnen?
Zu den zusätzlichen Risiken zählt ab 1. Januar 2019 der beabsichtigte Widerruf der verbindlichen Auskunft durch das Finanzamt Leipzig II hinsichtlich der Nichtsteuerbarkeit des Zuschusses der Stadt Leipzig an die Sportbäder Leipzig GmbH. Das Risiko wird bei einer allgemeinen Fehlbetragsfinanzierung im BLFV in Höhe von 5.725 TEUR und 7 % Umsatzsteuer mit jeweils 401 TEUR in 2019 und 2020 eingeschätzt. Sollte der Umsatzsteuersatz 19 % sein, beträgt das Risiko jeweils 1.088 TEUR in 2019 und 2020. Auch in den Folgejahren ist von der Zahlung der Umsatzsteuer auszugehen und dies im BLFV zu berücksichtigen.