Anfrage: Baumfällungen außerhalb der Einschlagsaison

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 13. April 2022

An der Astrid-Lindgren-Schule in Leipzig/Schönefeld wurden im Zuge der Vorbereitung der Modernisierung des Schulstandortes Volksgartenstraße / Löbauer Straße und der Errichtung eines verbindenden Mehrzweckgebäudes Baumfällungen außerhalb der Fällsaison vorgenommen und damit entgegen der Bestimmungen des Bundes-Naturschutzgesetzes. So unbestritten wichtig unserer Fraktion die Sanierung und Entwicklung des Schulstandortes ist: Die Fällsaison ist seit 1.3. beendet. Auch in §5 (4) der seit 1.3.2021 gültigen Leipziger Baumschutzsatzung steht geschrieben "Vom 01.03. bis 30.09. können genehmigte Beseitigungen sowie weitere Eingriffe nur im Ausnahmefall (z.B. Verkehrssicherungspflicht) erfolgen, um die Habitatfunktion der Gehölze vor allem während der Vegetationsperiode zu garantieren." Dennoch wurde seitens desAmtes für Stadtgrün und Gewässer / SG Stadtbäume – Baumschutz eine Genehmigung mit dem Aktenzeichen: 63-2021-006099-SB-02.61-CBU sowie auch eine Befreiung vom Verbot des § 39 (5) Nr. 2 BNatSchG für die Fällung / Kronenschnitt und Beseitigung von Bewuchs in der Zeit vom 01. März bis 29.04.2022 mit dem Aktenzeichen: 36.11-36.45.13.06-2022/004013 des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig erteilt.

Erfahrungsgemäß gibt es bei städtischen Bauvorhaben regelmäßig viele Einflussfaktoren wie die Bereitstellung finanzieller Mittel, Abstimmungsverfahren bis hin zu den Beschlussfassungen und dem Vergabeprozess, die zu zeitlichen Verzögerung im baulichen Ablauf führen. Dennoch gelten für kommunale Bauvorhaben die gleichen gesetzlichen Grundlagen des Umwelt- und Naturschutzes und Verpflichtungen wie für private Vorhabenträger.

Wir fragen deshalb an:

  1. Wie viele Ausnahmegenehmigungen zur Fällung von Bäumen außerhalb der jeweiligen Einschlagsaison erteilt die Stadt und mit welchen Begründungen?
  2. Wie viele Ausnahmegenehmigungen erteilt die Stadt sich bei Bauvorhaben selbst und warum ist es der Stadt offenbar nicht möglich, erforderliche Zeitabläufe einzuhalten?
  3. Wie viele Fälle von Einschlägen ohne ausreichende Genehmigung nach Baumschutzsatzung oder innerhalb der Brutsaison registriert die Stadt und wie überwacht die Stadt den Schutz der Natur vor Einschlägen?
  4. Welche Sanktionen ergeben sich für Bauherren bei Verstößen gegen die Baumschutzsatzung und Verstößen gegen das Naturschutzgesetz, § 49 SächsNatSchG und in welcher Höhe setzt die Stadt Leipzig Bußgelder bei illegalen Baumfällungen an?
  5. Hält die Stadt die Konsequenzen bei illegalen Baumfällungen und die Kontrolle für ausreichend, um den Schutz der Natur und Umwelt effektiv sicherzustellen?

Antwort vom 13. April 2022

  1. Wie viele Ausnahmegenehmigungen zur Fällung von Bäumen außerhalb der jeweiligen Einschlagsaison erteilt die Stadt und mit welchen Begründungen?

 

Ein Zeitraum für die begehrte Auskunft wurde nicht mitgeteilt. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit war eine auf die Jahre 2022 und 2021 begrenzte Recherche (wie bei Frage 3) leider nicht möglich.

 

Es wird davon ausgegangen, dass mit dem Begriff „Einschlagsaison“ die Brutsaison gemäß § 39 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gemeint ist. Es wird darauf hingewiesen, dass für die Durchführung von Maßnahmen gemäß § 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG auch während der Brutsaison keine Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig erforderlich ist bzw. auch nicht eingefordert werden kann. Unter § 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG fallen beispielsweise sämtliche Verkehrssicherungsmaßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können.

 

 

  1. Wie viele Ausnahmegenehmigungen erteilt die Stadt sich bei Bauvorhaben selbst und warum ist es der Stadt offenbar nicht möglich, erforderliche Zeitabläufe einzuhalten?

 

Ein Zeitraum für die begehrte Auskunft wurde nicht mitgeteilt. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit war eine auf die Jahre 2022 und 2021 begrenzte Recherche (wie bei Frage 3) leider nicht möglich.

 

Grundsätzlich gilt, dass sämtliche Eingriffe im Zusammenhang mit städtischen Bauvorhaben möglichst außerhalb der Brutsaison umzusetzen sind. Den gesetzlichen Rahmen für die Verwirklichung städtischer Bauvorhaben während der Brutsaison setzt § 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG. In den aufgeführten Fällen ist für die Durchführung von Bauvorhaben während der Brutsaison keine Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig erforderlich bzw. kann eine solche auch nicht eingefordert werden (z. B. bei allen behördlich durchgeführten oder behördlich zugelassenen Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können). Zudem kann auf Antrag eine naturschutzrechtliche Befreiung gem. § 67 BNatSchG von den Verboten aus § 39 Abs. 5 S. 1 BNatSchG erteilt werden. Liegen die Voraussetzungen aus § 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG bzw. § 67 BNatSchG nicht vor, werden Eingriffe im Zusammenhang mit städtischen Bauvorhaben während der Brutsaison von der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig auch nicht genehmigt.

 

 

  1. Wie viele Fälle von Einschlägen ohne ausreichende Genehmigung nach Baumschutzsatzung oder innerhalb der Brutsaison registriert die Stadt und wie überwacht die Stadt den Schutz der Natur vor Einschlägen?

 

Bei nicht genehmigten Eingriffen in den geschützten Gehölzbestand werden Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnet. Im Jahr 2021 waren es 19 Verfahren. Im Jahr 2022 sind es bisher 8 Verfahren. Dabei wurden im Jahr 2021 neun Fälle von Einschlägen innerhalb der Brutsaison ohne Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde registriert, im Jahr 2022 bislang vierzehn Fälle (wobei einige Fälle mehrfach angezeigt wurden).

 

Genehmigte Baumpflegemaßnahmen und Fällungen sowie Auflagen, die auf Grundlage der Baumschutzsatzung der Stadt Leipzig beziehungsweise des allgemeinen Artenschutzrechtes im Rahmen der Beteiligung in Baugenehmigungsverfahren festgelegt werden, werden anlassbezogen auf Einhaltung und Durchführung überprüft.

Hinweisen aus der Bürgerschaft wird regelmäßig durch Mitarbeiter des Amtes für Umweltschutz, des Amtes für Stadtgrün und Gewässer und des Stadtordnungsdienstes nachgegangen.

Eine flächendeckende und vollumfängliche Überwachung des privaten Baumbestandes ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich.

 

 

  1. Welche Sanktionen ergeben sich für Bauherren bei Verstößen gegen die Baumschutzsatzung und Verstößen gegen das Naturschutzgesetz, § 49 SächsNatSchG und in welcher Höhe setzt die Stadt Leipzig Bußgelder bei illegalen Baumfällungen an?

 

Liegen Verstöße gegen das Naturschutzrecht vor, so wird durch die untere Naturschutzbehörde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Ungenehmigte Baumfällungen können gemäß § 69 BNatSchG i. V. m. § 49 SächsNatSchG mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro bzw. bei damit einhergehenden Verstößen gegen das besondere Artenschutzrecht mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Je nach Fallkonstellation erfolgen neben dem Bußgeldverfahren zusätzliche Sanktionen wie z. B. die Anordnung von Wiederherstellungs- oder Kompensationsmaßnahmen.

 

Bei Verstößen gegen die Baumschutzsatzung der Stadt Leipzig werden Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnet. Ordnungswidrigkeiten können gemäß § 14 Baumschutzsatzung der Stadt Leipzig, Abs. 1 Buchstaben a - f mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 € geahndet werden. Die Zahlung der Geldbuße befreit nicht von der Verpflichtung zur Ersatzpflanzung oder Ausgleichszahlung gemäß §§ 10, 11 oder 12 der Baumschutzsatzung der Stadt Leipzig.

 

 

  1. Hält die Stadt die Konsequenzen bei illegalen Baumfällungen und die Kontrolle für ausreichend, um den Schutz der Natur und Umwelt effektiv sicherzustellen?

 

Die Konsequenzen illegaler Baumfällungen sind vor allem finanzieller Art. Für Bauherren oder Grundstückseigentümer, die auf Erlöse spekulieren, sind die im Verhältnis zu heutigen Baukosten relativ geringen Bußgelder nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Die Kontrolltätigkeiten können aufgrund der personellen Kapazitäten nur anlassbezogen erfolgen.

 

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