Anfrage: Baumschutzengagement
Link zur Anfrage VIII-F-01051 im Ratsinformationssystem
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 16. April 2025
In Zeiten des Klimawandels mit immer länger werdenen Hitzeperioden im Sommer muss sich Leipzig noch mehr für den Schutz und das Pflanzen von Straßen- und Stadtbäumen einsetzen. Nichts kühlt so angenehm und effektiv wie Bäume: durch Schatten und Verdunstung. Auch die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum wird mit Bäumen erhalten oder verbessert. Und Vögel und andere Tiere finden Lebens- und Rückzugsraum in der wachsenden Stadt.
Es gibt nach wie vor sehr viele Menschen, die sich für Leipzigs Grün einsetzen und zum Beispiel Baumpatenschaften übernehmen, Baumscheiben liebevoll gestalten, Sträucher und Bäume pflanzen oder Stadtbäume gießen.
Die Wasserverfügbarkeit für Straßen- und Stadtbäume ist zunehmend eine Herausforderung. Die Stadt hat begonnen, an einigen Standorten, Baumrigolen anzulegen, um Regenwasser für Bäume besser zu speichern. Auch private Initiativen benötigen Gießwasser, um ihrem ehrenamtlichen Engagement nachzugehen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir an:
- Wie schätzt die Stadt Leipzig die Wirkungen privaten Engagements, wie des Projekts „Leipzig blüht auf“ (Pflegepatenschaften für Baumscheiben), des Projekts „Leipzig gießt“ und der Aktion Baumstarke Stadt, hinsichtlich der Pflege von Baumscheiben und Bewässerung von Straßenbäumen ein? Wie viele Straßenbäume werden durch privates Engagement in Leipzig gegossen (soweit bekannt)?
- Die Initiative „Leipzig pflanzt“ pflanzt Bäume und Sträucher in Leipzig, zum Teil auch auf städtischen Flächen. Inwiefern zählen diese Bäume in die städtische Baumstatistik hinein? Wie viele Bäume/Sträucher auf städtischen Flächen wurden durch die Initiative „Leipzig pflanzt“ seit 2020 gepflanzt? (Bitte aufschlüsseln nach Straßenbaum/Parkbaum/Grünanlagenbaum)
- Wie unterstützt die Stadt Leipzig die genannten Initiativen sowohl finanziell als auch materiell?
- Im aktuellen Stand des Bewässerungskonzeptes der Stadtverwaltung wird als Ziel ein „engmaschiges Netz an ober- und unterirdischen Gießwasserentnahmestellen“ angegeben. Welche Schritte unternimmt die Verwaltung, um dieses Wasserquellennetz weiterzuentwickeln und wie bewertet die Verwaltung in diesem Zusammenhang das Aufstellen von beispielsweise IBC-Containern als Gießwasserentnahmestelle im öffentlichen Raum? Besteht die Möglichkeit seitens der Verwaltung bzw. der Kommunalen Wasserwerke, diese Container regelmäßig unbürokratisch mit Wasser zu befüllen?
- Welche finanziellen Mittel wurden in den vergangenen fünf Jahren für den Bau und die Pflege von Baumrigolen, Muldenrigolen und anderen wasserspeichernden Baumstandorten in Leipzig bereitgestellt?
- An welchen Standorten wurden Baumrigolen bereits umgesetzt, und welche Erfahrungen wurden dabei gemacht?
- In welchen Straßen oder Quartieren der Stadt wäre die Anlage von Baumrigolen besonders sinnvoll oder möglich?
- Wie bewertet die Stadtverwaltung die langfristigen ökologischen und klimatischen Vorteile solcher Systeme im Vergleich zu herkömmlichen Baumpflanzungen im Straßenraum (Zwickauer Modell)?
Antwort vom 15. April 2025
1. Wie schätzt die Stadt Leipzig die Wirkungen privaten Engagements, wie des Projekts „Leipzig blüht auf“ (Pflegepatenschaften für Baumscheiben), des Projekts „Leipzig gießt“ und der Aktion Baumstarke Stadt, hinsichtlich der Pflege von Baumscheiben und Bewässerung von Straßenbäumen ein? Wie viele Straßenbäume werden durch privates Engagement in Leipzig gegossen (soweit bekannt)?
Bürgerschaftliches Engagement für die Leipziger Stadtbäume unterstützt die städtischen Maßnahmen für Pflanzung, Pflege und Bewässerung sehr. Diese Initiativen setzen wertvolle Impulse für die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Weiterhin fördern sie die Verbundenheit der Stadtbevölkerung mit unserem Stadtgrün und sensibilisieren für aktuelle und zukünftige Herausforderungen.
Bei insgesamt rund 200.000 Stadtbäumen (davon über 58.000 Straßenbäume) werden jährlich rund 8.000 Jungbäume zusätzlich vom 4. bis 10. Standjahr im Auftrag der Stadt Leipzig bewässert. Die Bewässerung der Bäume bis zum 3. Standjahr erfolgt im Rahmen der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege durch die mit der Pflanzung beauftragten Firmen.
Diese Grundversorgung wird durch „LEIPZIG GIESST“ mit der seit April 2021 verfügbaren „Gieß-App“ ergänzt. Laut einer Auswertung der Initiative zum Abschluss der Gieß-Saison 2024 wurden in 2.615 Bewässerungen 144.624 Liter an die Bäume gebracht. Dabei wurden 502 Stadtbäume von 110 Personen versorgt (https://stiftung-ecken-wecken.de/projekte/leipzig-giesst/blog/giess-auswertung-2024-so-engagiert-ist-leipzigs-giesscommunity). 2023 wurden über 830 Bäume regelmäßig bewässert und mehr als 170.00 Liter Wasser als Wässerungen in die App eingetragen.
Aber auch ohne Nutzung der „Gieß-App“ werden Bäume von der baumfreundlichen Bürgerschaft in Trockenzeiten mit Wasser versorgt.
Privates Engagement bei der Bepflanzung von Baumscheiben kann zur Verschönerung unserer Stadt und zur Förderung der Biodiversität beitragen und ist willkommen. Hierfür sind einige Hinweise zu beachten, um die Bäume nicht zu behindern und die Verkehrssicherheit nicht zu gefährden. Diese fachlichen Hinweise stellt die Stadt Leipzig unter https://www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/umwelt-und-naturschutz/baeume-und-baumschutz/baumscheiben zur Verfügung.
2. Die Initiative „Leipzig pflanzt“ pflanzt Bäume und Sträucher in Leipzig, zum Teil auch auf städtischen Flächen. Inwiefern zählen diese Bäume in die städtische
Baumstatistik hinein? Wie viele Bäume/Sträucher auf städtischen Flächen wurden durch die Initiative „Leipzig pflanzt“ seit 2020 gepflanzt? (Bitte aufschlüsseln nach Straßenbaum/Parkbaum/Grünanlagenbaum)
Die durch „Leipzig pflanzt“ gepflanzten Bäume zählen nicht in die städtische Baumstatistik hinein. Auf den Fachliegenschaften des Amtes für Stadtgrün und Gewässer wurden durch „Leipzig pflanzt“ seit 2021 ca. 450 Bäume und ca. 1.000 Sträucher gepflanzt.
Im Rahmen der „Baumstarken Stadt“ wurde 2022 öffentlichkeitswirksam gemeinsam mit dem Oberbürgermeister und der Initiative ein Patenbaum (Straßenbaum) gepflanzt.
3. Wie unterstützt die Stadt Leipzig die genannten Initiativen sowohl finanziell als auch materiell?
Das Amt für Stadtgrün und Gewässer unterstützt die Initiative „LEIPZIG GIESST“ durch Datenbereitstellung aus dem Baumkataster für die Gieß-App, Öffentlichkeitsarbeit sowie gemeinsame Aktionen.
Es beteiligt sich zudem an der bundesweiten „DEUTSCHLAND GIESST“-Konferenz, die von LEIPZIG GIESST organisiert wird.
Für „Leipzig pflanzt“ stellte die Stadt 2022 rund 400 Gehölze für eine Pflanzaktion auf dem Gleisgrünzug Plagwitz bereit.
4. Im aktuellen Stand des Bewässerungskonzeptes der Stadtverwaltung wird als Ziel ein „engmaschiges Netz an ober- und unterirdischen Gießwasserentnahmestellen“ angegeben. Welche Schritte unternimmt die Verwaltung, um dieses Wasserquellennetz weiterzuentwickeln und wie bewertet die Verwaltung in diesem Zusammenhang das Aufstellen von beispielsweise IBC-Containern als Gießwasserentnahmestelle im öffentlichen Raum? Besteht die Möglichkeit seitens der Verwaltung bzw. der Kommunalen Wasserwerke, diese Container regelmäßig unbürokratisch mit Wasser zu befüllen?
Der Einsatz von IBC-Containern wird grundsätzlich als mögliche Ergänzung zum bestehenden Gießwassernetz betrachtet. Eine Umsetzung erfordert jedoch eine sorgfältige Abstimmung, insbesondere in Bezug auf Standortsicherung, Befüllung, Betrieb, Verkehrssicherheit. Darüber hinaus ist eine Kosten-Nutzen-Abwägung erforderlich.
Ob und in welcher Form eine regelmäßige Befüllung erfolgen kann, ist derzeit offen und bedarf einer näheren Prüfung. Im ersten Schritt wird die Notwendigkeit möglicher Standorte gemeinsam mit den Initiativen bewertet.
5. Welche finanziellen Mittel wurden in den vergangenen fünf Jahren für den Bau und die Pflege von Baumrigolen, Muldenrigolen und anderen wasserspeichernden Baumstandorten in Leipzig bereitgestellt?
Eine differenzierte Bewirtschaftung bzw. Budgetierung zur Planung und dem Bau für die explizit genannten dezentralen Entwässerungselemente besteht nicht. Diese Bausteine sind stets als Bestandteile von Bauvorhaben zu sehen. Am Beispiel der Kasseler Straße betrugen die Kosten bisher ca. 100.000 EUR.
Aktuell wird darüber hinaus eine Maßnahme im Sinne der Schwammstadtidee in der Riesaer Straße umgesetzt. Für diese ist ein Finanzvolumen von 160.000 EUR gemäß Vorlage VII-HP-08897 „Coole Straßen - mehr Lebensqualität in Leipzigs Straßen“ angesetzt.
6. An welchen Standorten wurden Baumrigolen bereits umgesetzt, und welche Erfahrungen wurden dabei gemacht?
In der Kasseler Straße in Leipzig-Gohlis wurden drei Baumrigolen in unterschiedlichen Bauweisen errichtet und mit Messtechnik des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) ausgestattet. Zwei Rigolen verfügen über eine Bodenwanne zur Wasserspeicherung, eine ist versickerungsoptimiert ohne Abdichtung.
Die begleitende wissenschaftliche Untersuchung umfasst u. a. Bodenfeuchte, Baumvitalität und Schadstoffanalysen. Aufgrund teils schwankender Ergebnisse sind weitere Untersuchungen geplant.
Weiterhin wurde bei dem im Juni 2024 fertiggestellten Gymnasium Hauptbahnhof Westseite ein anspruchsvolles Entwässerungskonzept umgesetzt, dass auch die Baumscheiben auf dem Schulhof mit einbezieht.
7. In welchen Straßen oder Quartieren der Stadt wäre die Anlage von Baumrigolen besonders sinnvoll oder möglich?
Die Anlage von Baumrigolen ist im Rahmen integrierter Maßnahmen sinnvoll, etwa bei grundhaftem Straßenausbau, Komplexmaßnahmen des Mobilitäts- und Tiefbauamtes oder in der Entwicklung neuer Baugebiete möglich.
Sie tragen zur Entlastung des Kanalsystems bei, ermöglichen die Abkopplung im Rahmen des Regenwassermanagements wenig belasteter Verkehrsflächen und unterstützen die Zielstellung einer wassersensiblen Stadtgestaltung. Im Zuge von Fernwärmeausbauprojekten ergeben sich Synergien durch gemeinsames Bauen.
Vorzugsweise sollen Baumrigolen in dicht bebauten Quartieren mit hoher Hitzebelastung und heterogenem Baugrund umgesetzt werden. Dort können Baumrigolen durch verbesserte Wasserversorgung der Bäume und höhere Verdunstungsraten zur lokalen Klimaanpassung beitragen.
Zukünftige Bauweisen sollen möglichst naturnah, ressourcenschonend und wartungsarm ausgestaltet werden. Erkenntnisse aus dem Monitoring des Umweltforschungszentrums in der Kasseler Straße fließen dabei in die Weiterentwicklung ein.
8. Wie bewertet die Stadtverwaltung die langfristigen ökologischen und klimatischen Vorteile solcher Systeme im Vergleich zu herkömmlichen Baumpflanzungen im Straßenraum (Zwickauer Modell)?
Eine abschließende Bewertung der langfristigen ökologischen und klimatischen Vorteile von Baumrigolen im Vergleich zu herkömmlichen Pflanzgruben (z. B. dem Zwickauer Modell) ist derzeit noch nicht möglich. Die Baumrigolen in Leipzig bestehen erst seit 2020. Seitdem traten keine vergleichbar ausgeprägten Trockenperioden wie in den Jahren zuvor auf, sodass eine belastbare Aussage zur Leistungsfähigkeit unter extremen Bedingungen noch aussteht.
Das Zwickauer Modell wird weiterhin angewendet und kommt, abhängig von den jeweiligen Standortbedingungen, im Leipziger Stadtgebiet zum Einsatz.
Insbesondere an engen Straßenräumen oder bei fehlender Möglichkeit zur Versickerung bietet es eine praxisbewährte Lösung für die Pflanzung von Straßenbäumen.