Anfrage: Bilanz und Zukunft des Projektes „Neustart“ als Rückführungsmanagement im ASD

Anfrage vom 29. Februar 2024 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 13. März 2024

Im April 2021 beschloss der Stadtrat auf Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bestehende Prozesse, Verfahrensabläufe sowie Fachstandards im Allgemeinen Sozialdienst, für den Bereich Hilfen zur Erziehung sowie angrenzende Leistungen im Amt für Jugend und Familie zu begutachten und notwendige Veränderungsprozesse einzuleiten. Zudem wurde beschlossen, die Fachstandards für Hilfen zur Erziehung zu überarbeiten. Eines der formulierten Ziele waren zudem, dass ein Rückführungsmanagement etabliert werden soll, welches mit sehr viel stärkerem sozialpädagogischen Bezug darauf abzielt, die Voraussetzungen zu schaffen, um Kinder aus einer stationären Heimunterbringung wieder in ihre Familie zurückzuführen. Mit dem Stellenplanbeschluss wurden dann auch im ASD drei Stellen für ein ‚Projekt Rückführung‘ im ASD vom Stadtrat beschlossen, eine Umsetzung ließ jedoch bis Mitte 2023 auf sich warten. Eine erste Teilevaluation wurde im Dezember 2023 dem Jugendhilfeausschuss vorgestellt.

Das Projekt ‚NeuStart‘ steht dabei symbolisch für einen längst überfälligen Veränderungsprozess in der sozialen Arbeit des ASD. Über viele Jahre hinweg wurden Kinder aus unterschiedlichsten Gründen aus ihren Familien in Obhut genommen und teils über Jahre in Heimunterbringung belassen. Ein häufig auf Dauer angelegter Zustand, der billigend in Kauf genommen wurde, um keine Doppelhilfen zuzulassen, statt sich um die Ursachen und deren Behebung zu bemühen. Defizite in den Herkunftsfamilien wurden über Jahre außer Acht gelassen, statt eine Hilfestellung zur Wiederherstellung der Erziehungsgrundlage zu bieten. Das Projekt NeuStart steht exemplarisch für den Kulturwandel in der Arbeit des ASD, den der Jugendhilfeausschuss über Jahre eingefordert und der durch den Wechsel in der Amts- und Abteilungsleitung eingeleitet werden konnte.

Mit sozialpädagogischer Kinder- und Familiendiagnostik, einer gemeinsam mit der Familie erarbeiteten Strategie zur gelingenden Kindesrückführung unter Einbeziehung und Aktivierung sozialer und institutioneller Netzwerke und der gemeinsamen Erarbeitung von Lösungsideen und -strategien und im Zuge der Rückführung installierten Unterstützungsangeboten zur Nachsorge und Stabilisierung gelingen so immer mehr Zusammenführungen von Familien und ihren teils über Jahre in stationären Hilfen lebenden Kindern.

Auf Nachfrage wurde erklärt, dass das Projekt über die eigentlich geplante Projektlaufzeit von zwei Jahren hinaus nicht verlängert werden, sondern die Erkenntnisse und Erfahrungen in die alltägliche Arbeit des ASD einfließen und etabliert werden soll. Hierzu sind u.a. verpflichtende Weiterbildungen geplant.   

Wir fragen an:

  1. Wie viele Fälle wurden seit Projektbeginn am 1.6.2023 bis heute an das Projekt gemeldet, an wie vielen Fällen wurde aktiv an einer Rückführung bzw. an einer Stabilisierung gearbeitet und wie viele Kinder wurden inzwischen erfolgreich nach Hause entlassen?
  2. Wie viele Menschen haben sich proaktiv von außerhalb des ASD an das Projekt gewandt, um eine Unterstützung zu bekommen?
  3. Wie war die durchschnittliche Verweildauer der erfolgreich rückgeführten Fälle in zuvor stationärer Hilfe?
  4. In wie vielen Fällen konnte eine erfolgte Rückführung nicht auf Dauer gewährleistet werden?
  5. Welche finanziellen Auswirkungen haben diese erfolgten Rückführungen und die damit verbundenen veränderten Hilfeangebote für das Budget der Hilfen zur Erziehung?
  6. Inwiefern unterscheiden sich diese Ergebnisse der Arbeit des Projektteams „Neustart“ von den Fallzahlentwicklungen der Regelbetreuung des ASD?
  7. Wie viele der für das Projekt geplanten drei Stellen sind aktuell und seit wann besetzt?
  8. Wie lange plant die Verwaltung das ursprünglich für mindestens zwei Jahre angelegte Pilotprojekt aufrecht zu erhalten und welche Maßnahmen zur Überführung in die Regelarbeit des ASD werden bis wann unternommen?

 

Antwort der Stadtverwaltung vom 12.03.2024

1. Wie viele Fälle wurden seit Projektbeginn am 01.06.2023 bis heute an das Projekt gemeldet, an wie vielen Fällen wurde aktiv an einer Rückführung bzw. an einer Stabilisierung gearbeitet und wie viele Kinder wurden inzwischen erfolgreich nach Hause entlassen?

Seit Projektbeginn wurden 183 Kinder durch die ASD-Mitarbeitenden an das Projektteam gemeldet. Bisher sind 31 Kinder zurückgeführt wurden. Davon befanden sich 20 Kinder in stationären Wohnformen (§§ 34, 33 SGB VIII). 11 Kinder konnten nach erfolgter Inobhutnahme in den familiären Kontext zurückgeführt werden. Für 71 Kinder gelang es den Projektmitarbeitenden nicht, eine Rückführungsperspektive zu erarbeiten. Aktuell befinden sich 16 Fälle in der Aktivierungsphase, 14 Fälle in der Phase der Stabilisierung und 5 Fälle in der Umsetzungsphase.

2. Wie viele Menschen haben sich proaktiv von außerhalb des ASD an das Projekt gewandt, um eine Unterstützung zu bekommen?

Es haben sich proaktiv 2 Menschen an das Projektteam gewandt. Die Fälle befanden sich zum Zeitpunkt der Anfrage bereits in der Zuständigkeit der ASD-Mitarbeitenden. Die Fallsteuerung und Perspektivplanung erfolgt durch die ASD-Mitarbeitenden.

3. Wie war die durchschnittliche Verweildauer der erfolgreich rückgeführten Fälle in zuvor stationärer Hilfe?

Die durchschnittliche Verweildauer der Kinder in stationären Wohnformen im Vorfeld der Rückführungen betrug 15 Monate (437 Tage).

4. In wie vielen Fällen konnte eine erfolgte Rückführung nicht auf Dauer gewährleistet werden?

Die bisher zurückgeführten Kinder befinden sich teilweise erst seit wenigen Wochen im familiären Umfeld und erhalten überwiegend noch unterstützende ambulante Leistungen gemäß § 31 SGB VIII im Rahmen der Stabilisierungsphase. Insofern kann zum aktuellen Zeitpunkt nur eingeschränkt auf die Frage nach einer erfolgreichen Rückführung auf Dauer geantwortet werden. Bisher musste ein Kind nach erfolgter Rückführung zurück in eine stationäre Wohnform gemäß § 34 SGB VIII wechseln.

5. Welche finanziellen Auswirkungen haben diese erfolgten Rückführungen und die damit verbundenen veränderten Hilfeangebote für das Budget der Hilfen zur Erziehung?

Stationäre Leistungsangebote weisen in der Regel höhere Entgeltsätze als ambulante bzw. teilstationäre Leistungsangebote auf.

Anmerkung: Die bisher zurückgeführten Kinder befinden sich teilweise erst seit wenigen Wochen im familiären Umfeld. Welche finanziellen Auswirkungen die Rückführungen auf das Budget der Hilfen zur Erziehung haben, werden die kommenden Monate im Hinblick auf die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit dieser Einzelfallentscheidungen zeigen.

6. Inwiefern unterscheiden sich diese Ergebnisse der Arbeit des Projektteams „Neustart“ von den Fallzahlentwicklungen der Regelbetreuung des ASD?

Für das Jahr 2022 sind in der ASD-Statistik für die stationäre Wohnform gemäß § 34 SGB VIII 66 Fälle mit der Perspektive Rückführung und dem Beendigungsgrund Ziel erreicht gelistet. Für das Jahr 2023 weist die ASD-Statistik 43 Fälle und die Statistik des Projektes Rückführung 9 Fälle aus. So ergeben sich für das Jahr 2023 52 Rückführungen aus stationären Leistungen gemäß § 34 SGB VIII. Unabhängig davon führen sowohl die ASD-Mitarbeitende, als auch die Projektmitarbeitenden in Obhut genommene Kinder und Jugendliche zurück und vermeiden damit eine kostenpflichtige stationäre Leistung.

7. Wie viele der für das Projekt geplanten drei Stellen sind aktuell und seit wann besetzt?

Beantwortung siehe nichtöffentliche Anlage

8. Wie lange plant die Verwaltung das ursprünglich für mindestens zwei Jahre angelegte Pilotprojekt aufrecht zu erhalten und welche Maßnahmen zur Überführung in die Regelarbeit des ASD werden bis wann unternommen?

Beantwortung siehe nichtöffentliche Anlage

 

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