Anfrage: Chance für dezentrales, modulares Regenwassersammelsystem in Leipzig
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 8. Dezember 2021
Derzeit wird eine sehr große Menge ehemaliger Biotonnen (Gefäßfarbe braun) aufgrund der Ausstattung neuer Biotonnen (Gefäßfarbe schwarz) mit Transpondern außer Dienst gestellt. Die alten Tonnen sollten nicht - wie zzt. praktiziert - vernichtet werden, sondern als Regenwassersammelspeicher auch für den privaten Gebrauch zum Einsatz kommen können.
Wir fragen an:
- Warum werden 'alte' Biotonnen außer Dienst gestellt und nicht mit Transpondern nachgerüstet?
- Wie viele der 'alten' Biotonnen wurden bereits und werden noch bis zum Abschluss der Austauschaktion außer Dienst gestellt - unterschieden nach Gefäßgrößen 120 und 240 Liter?
- Wie viele der unter 2. genannten Tonnen wurden bereits vernichtet - unterschieden nach Gefäßgrößen 120 und 240 Liter?
- Welche Pläne verfolgt die Stadtverwaltung zur Nachnutzung der 'alten' Biotonnen als Regenwassersammelspeicher auch für den rein privaten Gebrauch?
- Welche Förderungen könnten bereitgestellt werden, um die 'alten' Biotonnen entsprechend dem neuen Nutzungszweck vorzubereiten und um sie den Nutzenden bereitzustellen?
Zum Hintergrund:
Mit seinem Beschluss zum Bewässerungskonzept hat der Leipziger Stadtrat im vergangenen Jahr die Grundlage dafür geschaffen, die Stadt auf künftig durch die Klimakrise zu erwartende Extremwetterereignisse wie Dürren und Starkregen vorzubereiten. Die Speicherung von Regenwasser bildet dabei ein zentrales Element.
Eine Nachnutzung der 'alten' Biotonnen für die Bewässerung von Stadtbäumen unter einschränkenden Bedingungen wurde bereits mit dem EBSR vereinbart und wird im Rahmen des Projektes LEIPZIG GIESST durchgeführt. Darüber allein kann das Schwammstadt-Potential der 'alten' Biotonnen aber nicht ausgeschöpft werden.
Die Akteure des Projektes LEIPZIG GIESST und die Stiftung "Ecken wecken" wären aber auch bereit, die oben unter 'Anfrage', 4. genannte Nachnutzung zu unterstützen.
Antwort der Stadtverwaltung vom 8. Dezember 2021
1. Warum werden 'alte' Biotonnen außer Dienst gestellt und nicht mit Transpondern nachgerüstet?
Durch den Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig (EB SRL) werden keine alten, sondern nur defekte bzw. verschlissene, mithin nicht mehr gebrauchsfähige Biotonnen ausgesondert.
Wiederverwendbare Behälter werden gereinigt, mit Transponder ausgestattet und im Zuge der Biocodierung wieder ausgestellt. Überschüssige Behälter werden ebenfalls gereinigt, eingelagert und für den Behälterdienst verwendet (Neuanschlüsse, Erweiterungen, Defekt- bzw. Waschaufträge usw.).
2. Wie viele der 'alten' Biotonnen wurden bereits und werden noch bis zum Abschluss der Austauschaktion außer Dienst gestellt - unterschieden nach Gefäßgrößen 120 und 240 Liter?
Von den bisher ca. 15.000 ausgetauschten Biobehältern wurden ca. 1.200 Stück ausgesondert (ca. 800 x 120 Liter und ca. 400 x 240 Liter). Bis zum Abschluss des Projekts geht der EB SRL nach jetzigem Stand von ca. 3.500 – 4.000 auszusondernden Behältern aus (davon entfallen zwei Drittel auf 120 Liter und ein Drittel auf 240 Liter).
3. Wie viele der unter 2. genannten Tonnen wurden bereits vernichtet - unterschieden nach Gefäßgrößen 120 und 240 Liter?
Durch den EB SRL werden die nicht mehr gebrauchsfähigen Biotonnen einer Fremdfirma zum Recyceln übergeben.
Für die Aktion „Leipzig Gießt“ wurden im Sommer 2021 durch den EB SRL einmalig noch intakte Biotonnen (15 x 240 Liter und 10 x 120 Liter) für die Nutzung im öffentlichen Raum zur Verfügung gestellt.
4. Welche Pläne verfolgt die Stadtverwaltung zur Nachnutzung der 'alten' Biotonnen als Regenwassersammelspeicher auch für den rein privaten Gebrauch?
Die Stadtverwaltung unterstützt die Beteiligung der Bürgerschaft beim Thema Bewässerung und begrüßt eine Bewässerung mit aufgefangenem Niederschlagswasser.
Grundsätzlich ist das Sammeln von Niederschlagswasser für die Bewässerung eine sinnvolle und umweltfreundliche Maßnahme, insbesondere wenn hierdurch die Verwendung von Grundwasser (Tiefbrunnen) oder Trinkwasser vermieden werden kann.
Neben privatem Grün kann durch Anwohnerinitiativen auch das Bewässern von Straßenbäumen unterstützt werden und die Wiederverwendung der Biotonnen könnte eine Möglichkeit darstellen. Maßnahmen zur Bewässerung von Stadtbäumen stellen aus Sicht der Stadtverwaltung wichtige Bausteine der Anpassung an die Folgen des Klimawandels dar und könnten beispielsweise die Maßnahme 4 "Entwicklung des Straßenbaumbestandes" aus dem Sofortmaßnahmenprogramm zum Klimanotstand 2020 indirekt unterstützen.
Der Standort für die Sammelbehälter ist dabei bevorzugt auf privaten Grundstücken vorzusehen und nicht im öffentlichen Straßenraum.
Insgesamt bedarf das Verfahren einer längeren Testphase, um den Umfang und die Praxistauglichkeit genauer zu ermitteln. Mit den ersten Ansätzen in diesem Jahr könnte im kommenden Jahr über die die Initiative "Leipzig gießt" der Impuls für weitere Einzelvorhaben gegeben werden, sofern sich diese auf den Straßenbaumbestand beziehen. Eine Unterstützung von "Leipzig gießt" im kommenden Jahr als bürgerschaftliches Engagement ist angesprochen und wird nach Auswertung der diesjährigen Ergebnisse derzeit geprüft.
Eine Nachnutzung der ausrangierten Sammelbehälter ist allerdings in einem größeren Zusammenhang im Sinne einer Schwammstadt zu betrachten, der hier nicht angesprochen ist. Das Thema Bewässerung muss als Bestandteil eines dezentralen Regenwassermanagements und somit als ein ganzheitlicher Ansatz zum Thema Stadtklima und städtisches Wassermanagement im Klimawandel betrachtet werden und betrifft beispielsweise auch die Versickerung von Niederschlagswasser auf privaten Grundstücksflächen.
Die Zurverfügungstellung von Biotonnen für den rein privaten Gebrauch ist unter dem Blickwinkel von möglichen Eingriffen in das Marktgeschehen gleichwohl kritisch zu betrachten.
5. Welche Förderungen könnten bereitgestellt werden, um die 'alten' Biotonnen entsprechend dem neuen Nutzungszweck vorzubereiten und um sie den Nutzenden bereitzustellen?
Eine direkte Förderung zur Nachnutzung der "alten" Biotonnen kann nicht zur Verfügung gestellt werden. Bei Gewinnung zivilgesellschaftlicher Projektakteure wäre eine Beantragung im Rahmen der Fachförderrichtlinie des Amtes für Umweltschutz möglich.