Anfrage: Der Verhaltenskodex des Deutschen Bühnenvereins zur Prävention von sexuellen Übergriffen – Wie stehen die Leipziger Theater dazu?

Anfrage vom 11. Oktober zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. Oktober 2018

Ab Mitte Oktober 2017 verbreiteten sich weltweit Nachrichten zu sexueller Belästigung über den Hashtag #MeToo in den sozialen Netzwerken. Die Aktion hat eine nachdrückliche Debatte zu sexuellen Übergriffen, Geschlechterverhältnissen und Machtmissbrauch entfacht, die von zahlreichen Medien begleitet worden ist. Betroffene Frauen nutz(t)en die Möglichkeit erlebte sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe anzuprangern. #MeToo wurde in Deutschland insbesondere durch Schauspielerinnen zum Anlass genommen, auf übergriffige Regisseure und deren Machtmissbrauch öffentlich aufmerksam zu machen.
Durch die Meldung des sexuellen Missbrauchs alleine ändert sich jedoch nichts, weswegen es darauf ankommt sich gesellschaftlich mit der Tatsache zu beschäftigen, dass Frauen auch in aufgeklärten Zeiten sexualisierter männlicher Macht ausgesetzt sind, die nicht vereinbar sind mit Gleichberechtigung und sexueller Selbstbestimmung.
Im Ergebnis der Vorwürfe und internen Befassung mit #MeToo hat der Deutsche Bühnenverein im Juni 2018 einen Kodex „Wertebasierten Verhaltenskodex zur Prävention von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch“ erarbeitet, der die Zusammenarbeit von Kollegen und Kolleginnen in abhängigen Hierarchien festschreibt.

Es gibt diese Empfehlung, deswegen fragen wir an:

  1. Wie stellen sich die Leipziger Bühnen zu #MeToo und zum „Wertebasierten Verhaltenskodex zur Prävention von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch“ des Deutschen Bühnenvereins?
  2. Inwiefern unterstützt die Stadtverwaltung die städtischen Kulturbetriebe bei diesem Bemühen?

Antwort der Verwaltung:

zu 1.
Die Eigenbetriebe Kultur haben sich intensiv mit der Thematik und den daraus resultierenden Auswirkungen auseinandergesetzt und haben sich - wie alle Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins auch - auf der Hauptversammlung am 08.06.29018 zur Beachtung des „Wertebasierten Verhaltenskodex zur Prävention von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch“ verpflichtet. Das Thema wurde auch mehrfach in den Führungsrunden der Eigenbetriebsleiter diskutiert. Die Eigenbetriebe forcieren die Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre mit allen Mitarbeitern, in der die Regelungen des Kodex für alle Führungskräfte, Mitarbeiter und Gäste eine klare Handlungsleitlinie bieten und in der Verstöße nicht, etwa aus Angst vor Konsequenzen oder Nachteilen, unbenannt bleiben. Die Betriebsleitungen der Eigenbetriebe haben den Verhaltenskodex des Deutschen Bühnenvereins zum Anlass genommen, die Führungskräfte und Mitarbeiter für Grenzüberschreitungen sexueller Art und Formen von Machtmissbrauch nochmals besonders zu sensibilisieren und zu befähigen, derartigem Verhalten entgegenzutreten

Lassen Sie mich noch einen kurzen Überblick über die Maßnahmen skizzieren:

Die Oper hat darüber hinaus einen Verhaltenskodex erstellt, der sich mit der Thematik ausführlich auseinandersetzt. Primäres Ziel ist die Prävention sowie die scharfe Ahndung von Vorkommnissen, so sie denn vorkommen. Der Kodex enthält Ansprechpersonen und Adressen bei denen sich Betroffene Rat holen und Schutz finden können.  Der Verhaltenskodex wurde allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch Aushang und Versendung per Email bekanntgegeben; ebenfalls in der letzten Mitarbeiter - Vollversammlung kommuniziert. Der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte der Oper Leipzig waren in den gesamten Prozess einbezogen.

Das Schauspiel hat über die offene Kommunikation im Eigenbetrieb hinausgehend im Rahmen der verbindlichen psychischen Gefährdungsbeurteilung, die das Schauspiel mittels Fragebogen für alle Mitarbeiter durchgeführt haben, eine anonymisierte Möglichkeit geschaffen, um auf Diskriminierung oder Missbrauch hinzuweisen. Sollte sich, wie bislang noch nicht geschehen, aus diesen Fragebögen ein Hinweis ergeben, wird sich mit der betroffenen Abteilung eine Psychologin beschäftigen, die versuchen wird, der Sache auf den Grund zu gehen. Neben der institutionalisierten Arbeit der Frauenbeauftragten stehen den Beschäftigten intern die Kolleginnen und Kollegen des Personalrates als Ansprechpartner zur Verfügung. Auf die seit Oktober 2018 bestehende Möglichkeit, mit „Themis“ eine externe Vertrauensstelle in Anspruch nehmen zu können, wurde allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingewiesen.

Auch das Gewandhaus hat sich mit dem Thema der „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ intensiv befasst. Mit dem ersten Frauenförderplan, der in 2015 in Kraft getreten ist, wird sich dazu verpflichtet, jeder Form diskriminierenden Verhaltens entgegenzutreten. Der Frauenförderplan benennt die Frauenbeauftragte, den Personalrat und die Personalreferentin als Anlaufstellen für Beschwerden über sexuelle Belästigungen. Die Betriebsleitung hat sich im Frauenförderplan verpflichtet, bei einer nachgewiesenen sexuellen Belästigung die gebotenen disziplinarischen bzw. arbeitsrechtlichen Maßnahmen zu ergreifen. So ist das Thema „Wertschätzender und respektvoller Umgang“ stets ein wichtiger inhaltlicher Bestandteil der regelmäßig stattfindenden Schulungen der Führungskräfte und der Kommunikationsseminare. Der im August 2018 im Gewandhaus durchgeführte Mitarbeitertag war ebenfalls diesem Thema gewidmet.

Die kleinere und flexiblere Struktur des Theaters der Jungen Welt ermöglicht einen beständigen Austausch der Mitarbeiter, eine Durchlässigkeit der Aufgabenbereiche und eine hohe Transparenz, die Machtmissbrauch verhindern soll. Es wird auf gendergerechte Sprache und einen wertschätzenden Umgang sowie auf eine hohe Frauenquote geachtet. Auch die Theaterleitung ist paritätisch besetzt. Die ausgewogene Besetzung der Stellen, mit Blick auf weibliche und männliche Mitarbeiter, soll jedem Mitarbeiter Anlaufstellen in Konfliktfällen bieten.

zu 2:
Den Eigenbetrieben sind verschiedene Anlaufstellen in der Stadtverwaltung bekannt – so z. B. das Referat für Gleichstellung von Mann und Frau oder Kollegen im Personalamt. Aktiv wurde das Thema von der Stadtverwaltung noch nicht in den Fokus zentralen Verwaltungshandelns gerückt, da die Kultureigenbetriebe – wie soeben ausgeführt – eigenständig mit dem Thema sehr umfänglich umgehen und jedwede Unterstützung und Anlaufstellen auch in den eigenen Häusern haben.

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