Anfrage: Digitalstrategie des Bundes auf dem Rücken der Kommunen?

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. April 2024

Mit dem PIN-Rücksetzdienst des Bundesministeriums des Innern und für Heimat konnten Inhaber*innen eines deutschen Personalausweises oder einer eID-Karte für Unionsbürger*innen einen sogenannten PIN-Rücksetzbrief bestellen. Mit diesem konnten Bürger*innen ihren Ausweis auch ohne PUK-Nummer entsperren, eine neue Ausweis-PIN vergeben und die Online-Ausweisfunktion (eID-Funktion) aktivieren. Konnten, denn dieser Service des Bundesministeriums wurde zum 29. Dezember 2023 ohne Vorankündigung aufgrund von Sparmaßnahmen eingestellt.

Die Website, über die bislang PIN-Rücksetzbriefe beantragt werden konnten, informiert knapp: „Bürgerinnen und Bürger können ihren Online-Ausweis nach wie vor bei dem für sie zuständigen Bürgerservice ihrer Kommunen kostenfrei aktivieren lassen und ihre neue PIN setzen.“[1]

Damit fällt die Verantwortung, ein zentrales deutsches Digitalisierungsprojekt zum Erfolg zu führen, nun zu einem nicht geringen Teil auf die Kommunen zurück.

Dazu fragen wir:

  1. Wie viele Anfragen gingen im Schnitt im Jahr 2023 pro Monat bei der Stadtverwaltung zur PIN-Rücksetzung ein, und wie viele im monatlichen Schnitt im ersten Quartal 2024 seit Einstellung des Bundesservice?
  2. Wie hoch bemisst sich diesbezüglich der zusätzliche Aufwand derzeit in den Bürgerbüros der Stadt Leipzig?
  3. Mit welchem zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand rechnet die Stadtverwaltung in den kommenden Jahren vor dem Hintergrund, dass immer mehr Verwaltungsdienstleistungen (u.a. in Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes 2.0), aber auch Finanz- und Unternehmensdienstleistungen digitalisiert werden und die Online-Ausweisfunktion damit an Bedeutung gewinnen wird?
  4. Werden derzeit zusätzliche personelle Kapazitäten geplant, um diese Leistung abdecken zu können?
  5. Aktuell weist die Stadt Leipzig auf ihrer Website noch auf den Service des Bundesministeriums hin, den es mittlerweile nicht mehr gibt (Stand: 11.04.2024).[2] Wann und wie werden die Bürger*innen der Stadt über das neue Verfahren informiert?
  6. Wird eine Aktivierung der Online-Ausweisfunktion wie auch das Zurücksetzen in Leipzig ohne Gang aufs Amt zeitnah möglich gemacht? Laut Website der Stadt Leipzig ist aktuell eine persönliche Vorsprache notwendig.
  7. Wie wird sich der Oberbürgermeister über kommunalpolitische Gremien im Bund dafür einsetzen, die Leistung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat wieder einzuführen?

Antwort der Stadtverwaltung in der Ratsversammlung am 24. April 2024

1. Wie viele Anfragen gingen im Schnitt im Jahr 2023 pro Monat bei der Stadtverwaltung zur PIN-Rücksetzung ein, und wie viele im monatlichen Schnitt im ersten Quartal 2024 seit Einstellung des Bundesservice?

1. Quartal 2023: 1.216 (ungefähr 420/Monat)

2. Quartal 2023: 1.195 (ungefähr 398/Monat)

3. Quartal 2023: 1.090 (ungefähr 363/Monat)

4. Quartal 2023: 1.253 (ungefähr 418/Monat)

1. Quartal 2024: 2.527 (ungefähr 842/Monat)

2. Wie hoch bemisst sich diesbezüglich der zusätzliche Aufwand derzeit in den Bürgerbüros der Stadt Leipzig?

Die Dienstleistung „Verwaltung der eID-Funktion“ benötigt etwa 5 min pro Vorgang. Bei ca. 420 zusätzlichen Vorgängen à 5 min pro Monat errechnet sich ein zusätzlicher Zeitaufwand von 35 Stunden pro Monat.

3. Mit welchem zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand rechnet die Stadtverwaltung in den kommenden Jahren vor dem Hintergrund, dass immer mehr Verwaltungsdienstleistungen (u.a. in Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes 2.0), aber auch Finanz- und Unternehmensdienstleistungen digitalisiert werden und die Online-Ausweisfunktion damit an Bedeutung gewinnen wird?

Aktuell findet eine Organisationsuntersuchung in den Bürgerbüros zur Stellenbedarfsermittlung und zur Identifikation eines Fallzahlenschlüssels statt. Die Ergebnisse liegen im 4. Quartal 2024 vor.

4. Werden derzeit zusätzliche personelle Kapazitäten geplant, um diese Leistung abdecken zu können?

Siehe 3.

5. Aktuell weist die Stadt Leipzig auf ihrer Website noch auf den Service des Bundesministeriums hin, den es mittlerweile nicht mehr gibt (Stand: 11.04.2024). Wann und wie werden die Bürger*innen der Stadt über das neue Verfahren informiert?

Bei dem angegebenen Link handelt es sich um eine sogenannte News auf leipzig.de. News informieren, analog einer Pressemitteilung, über aktuelle Neuerungen und werden nicht fortgeschrieben. Die News werden auf leipzig.de archiviert und sind einsehbar. Alle anderen Seiten auf leipzig.de sind hinsichtlich der Informationen zum PIN-Rücksetzdienst aktuell.

6. Wird eine Aktivierung der Online-Ausweisfunktion wie auch das Zurücksetzen in Leipzig ohne Gang aufs Amt zeitnah möglich gemacht? Laut Website der Stadt Leipzig ist aktuell eine persönliche Vorsprache notwendig.

Die Stadt Leipzig kann diesen Dienst nicht online zur Verfügung stellen, die Umsetzung muss auf Bundesebene erfolgen. Auf Bundesebene gibt es Überlegungen, die Aktivierung der Online-Funktion sowie das Zurücksetzen des PINs digital anzubieten. Konkretere Informationen liegen der Stadt Leipzig bisher nicht vor. Solange ist eine persönliche Vorsprache in den Bürgerbüros notwendig.

7. Wie wird sich der Oberbürgermeister über kommunalpolitische Gremien im Bund dafür einsetzen, die Leistung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat wieder einzuführen?

Nach der Einstellung des PIN-Rücksetz- und Aktivierungsdienstes für die Onlinefunktion des Personalausweises wandte sich der Deutsche Städtetag umgehend mit einem Schreiben an den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren und für Heimat. Dem Antwortschreiben aus dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat ist zu entnehmen, dass aktuell Alternativen zur Wiedereinführung des Rücksetzdienstes geprüft werden.

 

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