Anfrage: Einführung des Anwohner- und Bewohnerparkens im Waldstraßenviertel

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 4. September 2019

Ab 30. Oktober dieses Jahres wird im Bereich oberhalb der Jahnallee zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Rosental das Bewohnerparken eingeführt, welches zu einer seit vielen Jahren von vielen Bewohnerinnen des Stadtquartiers geforderten Entlastung vom Parkraumsuchverkehr führen soll und wird, was auch von uns sehr begrüßt wird.

Das Waldstraßenviertel als eines der Gründerzeitviertel Leipzig mit stark erhöhten Parkdruck und weiter zunehmenden Besucherinnenaufkommen aufgrund der vielen Veranstaltungen in Arena und Stadion ist damit das erste größere Gebiet, indem aufgrund des letztjährigen Grundsatzbeschlusses vom 22. August 2018 die Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden soll.

Der Zwischenbericht des Verkehrs- und Tiefbauamtes (VTA) vom 4. März 2019 zum Stand der Umsetzung des Stadtratsbeschlusses vom 22. August 2018 („Bewohnerparken und Bewohnerschutzzone Waldstraßenviertel“), den unsere Fraktion aufgrund technischer Fehler im Ratsinformationssystem ALLRIS erst vor wenigen Tagen zur Kenntnis bekommen hat, beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Prüfaufträgen unserer Fraktion, die der Stadtrat im August 2018 beschlossen hatte. Diese werden allesamt abschlägig beschieden.

Ausnahmeregelungen für ansässige Gewerbetreibende in Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung und Anwohnerbevorrechtigung gibt es bundesweit. Alle beziehen sich auf dieselbe rechtliche Grundlage: §46 Absatz 1 Nr. 4a StVO. Diese Regelung scheint offensichtlich unumstritten zu sein und wird in Städten verschiedenster Bundesländern angewendet.

Auch für darüber hinaus gehende Regelungen gibt es bundesweit Beispiele, u.a. für Betriebsvignetten und Handwerkerparkausweise (Berlin), Ausnahmen in Parklizenzgebieten (München) oder auch günstige Tagestickets (Dresden). Im Waldstraßenviertel sollen all diese Beispiele und Erfahrungen nicht zur Anwendung kommen.

Sowohl Gästevignette als auch Parkraum für Gewerbetreibende und Freischaffende waren auch mehrfach Themen in den Bürgerforen und im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau. Die geplante Vorgehensweise der Verwaltung, beiden Interessengruppen keine Parkmöglichkeiten einzuräumen, deckt sich weder mit den kritischen Gedanken aus den Bürgerforen als auch mit denen des Fachausschusses.

Wir fragen dazu an:

  1. Auf welche bereits in frühen Phasen der Bürgerbeteiligung seit etwa 2010 diskutierte Themen der Umsetzung des Anwohner- und Bewohnerparken hatten und haben Bürgerinnen und Bürger wie auch der Stadtrat erfolgreich Einfluss nehmen können und welche strittigen Themen wurden in den Bürgerforen diskutiert, blieben jedoch ungelöst?
  2. Wem wurden wann und wie die Ergebnisse und inhaltlichen Abwägungen der beauftragten Prüfungen, die Grundlage für die Art und Weise der Einführung des Anwohner- und Bewohnerparken sind, vorgestellt, um die Möglichkeit zu eröffnen, die Prüfergebnisse bewerten und auch öffentlich diskutieren und gegebenenfalls auch weitere politische Entscheidungen treffen zu können?
  3. An welchen bundesweiten Positiv- und Negativbeispielen der Parkraumbewirtschaftung hat sich die Verwaltung in welcher Weise orientiert?
  4. Wird §46 Absatz 1 Nr. 4a StVO von anderen Städten fasch verstanden, indem den in Leipzig bestimmten Betroffenengruppen (Gewerbetreibende, Freischaffende und Gäste) zu großzügige Ausnahmegenehmigungen eingeräumt werden?
  5. Handelt es sich bei den beiden Themenkomplexen um Ermessensentscheidungen und ist die Verwaltung bereit ihre Auffassung, nicht anders handeln zu können, zu revidieren?
  6. Welche Empfehlung will die Stadt diesbezüglich den Gewerbetreibenden und Freischaffenden geben – auch im Hinblick auf die künftige Schaffung weiterer Parkraumbewirtschaftungszonen - um mit der beabsichtigten Vorgehensweise eine breite Akzeptanz zu erreichen?
  7. Welche Bedeutung kommt der “nutzungsgemischten Stadt” bzw. “nutzungsgemischten Stadtquartieren” und dem INSEK zu, wenn dieses wichtige Ziel ausgeblendet wird?


Schriftliche Antwort der Verwaltung vom 9. September 2019

Zu 1. und 2.)
Die mit Ratsbeschluss vom Juni 2014 umzusetzenden Maßnahmen des Verkehrskonzeptes Sportforum enthalten als wesentlichen Kernpunkt die Entlastung der an das Sportforum angrenzenden Wohnquartiere vom Veranstaltungsverkehr. 2014/2015 erfolgten dazu detaillierte Untersuchungen zum Parkraumkonzept Waldstraßenviertel. Während der Erarbeitung des Konzeptes fanden unter Einbeziehung des Bürgervereins Waldstraßenviertel intensive Abstimmungen und Arbeitstreffen statt. Hier bestand die Möglichkeit die Ideen, konkrete Hinweise und Forderungen der Arbeitsgruppe Verkehr des Vereins und damit auch einer Vielzahl der Bewohner zeitnah in die Projektbearbeitung einzubringen, und auf kurzem Wege aktuelle Informationen zurück zu geben.
Öffentliche Bürgerinformationsveranstaltungen mit Vorstellung der Untersuchungsergebnisse und Diskussion der Maßnahmenempfehlungen fanden zudem im Juni 2014 und September 2016 statt. Im Nachgang der Veranstaltungen wurde jeweils die Präsentation auf die städtische Internetseite hochgeladen, um allen Interessierten die Möglichkeit zu geben sich im Detail mit der Thematik zu beschäftigen und Rückfragen zu stellen.
Nach intensivem Abstimmungs- und Diskussionsprozess sowohl auf Verwaltungsebene als auch in den zuständigen Fachausschüssen hat die Ratsversammlung dann im August 2018 den Beschluss zur Vorlage Bewohnerparken und Bewohnerschutzzone Waldstraßenviertel gefasst.

Zu 3.)
Die Untersuchung für die Bestandserhebung/Analyse und Maßnahmenvorschläge wurde an ein Büro vergeben, dass bundesweit tätig ist und sich schwerpunktmäßig mit integrierte Mobilitätsplanung beschäftigt.
Teil der Untersuchung war auch eine Befragung mehrerer Städte im Hinblick auf Anwohnerschutzzonen und Veranstaltungen. Hierzu gehören die Städte Frankfurt, Köln, Bremen, Leverkusen und Mönchengladbach.

Zu 4.)
Die Genehmigungspraxis anderer Städte und Kreise wird, auch in ihrer ggf. Unterschiedlichkeit spezifischer Verkehrssituation vor Ort sowie  landes- bzw. kommunalrechtlicher Rahmen, mit herangezogen. Vor diesem Hintergrund wird auch eine noch zu konkretisierende Erleichterung für Gewerbetreibende aktuell geprüft.

Zu 5.)
Die Anordnung der Bewohnerparkregelung nach § 45 Abs. 1b Nr. 2a. Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist, wie jede andere Verkehrsregelung nach StVO, eine Ermessensentscheidung. Um den Parksuchverkehren bei Veranstaltungen wirkungsvoll entgegenzutreten, ist in den mit Parkschein bewirtschafteten Straßen eine Höchstparkdauer von 2 Stunden vorzusehen. Jede Erhöhung dieser Dauer verringert die Schutzwirkung. Im Interesse der gewerblichen Anlieger des Waldstraßenviertels wurde jedoch inzwischen entschieden, die Höchstparkdauer auf 3h zu erhöhen.
Des Weiteren wird geprüft, auch die  Möglichkeiten für Gewerbetreibende selbst zu verbessern. Die konkrete Ausgestaltung wird zur Zeit noch festgelegt.
Für die Vorlage VI-DS-03681 Bewohnerparken und Bewohnerschutzzone Waldstraßenviertel wurde von der Ratsversammlung beschlossen, dass das Bewohnerparken zwei Jahre nach Einführung evaluiert wird und dann ggf. anzupassen ist. Dieser Zeitraum wird seitens der Verwaltung auch als sinnvoll erachtet, um eventuellen grundsätzlichen Änderungsbedarf festzustellen. Kleinere Anpassungen, die nicht den grundsätzlichen Ansätzen widersprechen, sind unabhängig davon jederzeit möglich.

Zu 6.)
Wie zu Frage 5 dargestellt, wird aktuell noch die konkrete Ausgestaltung einer Erleichterung für Gewerbetreibende geprüft.
Grundsätzlich muss ansonsten für jedes Stadtgebiet im Einzelfall entschieden werden, welche Form der Parkraumbewirtschaftung geeignet ist. Neben dem Bewohnerparken wie im Waldstraßenviertel sind auch andere Formen, wie zeitliche Begrenzungen, Bewirtschaftungen mit Parkschein etc., möglich. Während sich Bewohnerparken gemäß rechtlicher Vorgaben ausschließlich auf den Schutz der Bewohner vor Fremdparkern konzentriert, können mit anderen Bewirtschaftungsformen auch andere Schwerpunkte gesetzt werden.
Mit diesen Fragen setzt sich die Verwaltung derzeit auch im Rahmen des Handlungsfeldes Ruhender Verkehr für den Zeit- und Maßnahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie auseinander.
Im Gegensatz zum Bewohnerparken können z.B. auch Parkraumbewirtschaftungszonen nach § 13 StVO angeordnet werden. Diese kommen nach Verwaltungsvorschrift vor allem dort in Betracht, wo kein ausreichender Parkraum vorhanden ist und deshalb erreicht werden muss, dass möglichst viele Fahrzeuge nacheinander für möglichst kurze und genau begrenzte Zeit parken können. Das ist in der Regel nur in der Innenstadt oder in Geschäftsstraßen der Fall. Für Wohngebiete ist eine reine Parkraumbewirtschaftung nach § 13 StVO nicht möglich und nicht sinnvoll.
Für alle Personengruppen, für die die Regelungen zum Bewohnerparken mit Einschränkungen verbunden sind, wird empfohlen zu prüfen, ob für sie alternative umweltfreundliche Verkehrsmittel, wie z. B. Fahrrad, ÖPNV und Car-Sharing oder ggf. private Parkmöglichkeiten in Frage kommen.
 
Zu 7.)
Nutzungsgemischte Stadtquartiere sind ein nicht in Frage stehendes Ziel der Leipziger Stadtentwicklung und die bereits vorgesehene Erhöhung der Maximalparkdauer auf 3 Stunden sowie die noch konkret auszugestaltende Erleichterung für Gewerbetreibende selbst, dienen diesem Ziel.

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