Anfrage: Einleitung ungeklärter Abwässer in das Leipziger Gewässersystem

Ausweislich eines Artikels in der LVZ und nach Berichten des Anglerverbandes kommt es immer wieder zur Einleitung von ungeklärten Abwässern in die Gewässer. Aufgrund der weiteren Zunahme von Starkregenereignissen in Zukunft als Folge des Klimawandels ist damit zu rechnen, dass temporäre Überläufe zunehmen werden, was sich wohl negativ auf die Umweltbilanz der Gewässer auswirken wird. Wir fragen an: 

  1. Wie oft in den letzten 5 Jahren wurden ungeklärte Abwässer in das Leipziger Gewässersystem abgelassen und in welcher Menge?

  2. Gibt es seitens der Stadt vor dem Hintergrund der Zunahme von temporären Starkregenereignissen eine Strategie damit umzugehen und wie sieht diese aus?

  3. Was planen die Wasserwerke um ein Überlauf und das ungeklärte Ablassen von nicht geklärten Abwässern zu verhindern bzw. auf ein Minimum zu beschränken?


Antwort der Verwaltung:

Antwort zu Frage 1:

Im Entsorgungsgebiet der Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL) wird im Starkregenfall Regenwasser oder stark verdünntes Abwasser aus Mischwassernetzen in die Leipziger Gewässer geleitet.

Es handelt sich dabei in der Regel um vorbehandeltes Abwasser. Ein Ablassen von ungeklärtem Abwasser in die Leipziger Gewässer erfolgt nicht. Bei den Entlastungen aus dem Kanalnetz handelt es sich um wasserrechtlich genehmigte Entlastungen von verdünntem, i. d. R. vorbehandeltem Abwasser aus der Mischwasserkanalisation bzw. von Regenwasser aus der Trennkanalisation.

Die Vorbehandlung findet statt in Form von mechanischer Vorreinigung (Rechen, Tauchwände), Sedimentation (Absetzung der Schwebstoffe aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit in Staukanälen oder Becken), Zwischenspeicherung bis zum Erreichen eines bestimmten zulässigen Verdünnungsgrades sowie verschiedenen betrieblichen Maßnahmen (Spülungen, Kontrollen nach Regenereignissen und Optimierung des Kanalnetzbetriebes entsprechend den Erfahrungen). Die Entlastungsstellen werden qualitativ und quantitativ nach den in Deutschland geltenden Technischen Regelwerken bemessen, wobei bestimmte Grenzwerte (z.B. Verdünnungsgrad) einzuhalten sind.

Grundlage für die Bemessung bildet ein wirklichkeitsabbildendes Simulationsprogramm, mit welchem für jede Entlastungsstelle die jährlichen Entlastungsparameter berechnet werden. Die Hauptentlastungsstellen der KWL sind mit Mess- und Steuerungstechnik ausgestattet und untergeordnete Entlastungsstellen besitzen in der Regel keine Messeinrichtungen.

Die Summe aller Entlastungen kann daher nicht zu 100 % über die gemessenen Werte gebildet werden und wird über ein wirklichkeitsabbildendes Simulationsprogramm ermittelt. An den Entlastungsstellen im Mischsystem der Stadt, die mit Messtechnik ausgerüstet sind, wurden in den letzten 5 Jahren in Summe je einzelne Stelle zwischen 18 und 240 Entlastungen aufgezeichnet. Mit dem Simulationsprogramm wurden für die Jahre 2014 bis 2018 in Summe 13,13 Mio. m3 Entlastungsmenge ermittelt, dass entspricht ca. 6 % der Jahresabwassermenge, ca. 94 % werden auf der Kläranlage behandelt.

Antwort zu Frage 2:

Die Idealvorstellung wäre, dass das Regenwasser direkt vor Ort versickert. Dies ist nicht immer möglich, deshalb arbeitet die Stadtverwaltung gemeinsam mit der KWL und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur am Projekt „KAWI-L – Kommunale Anpassungsstrategien für wassersensible Infrastrukturen in Leipzig“ (VI-DS-02303). Als erstes Ergebnis wurde z. B. im Mai 2018 die Broschüre „Leitfaden zur Starkregenvorsorge für Bauherren, Hauseigentümer, Planer und Architekten“ gemeinsam mit den KWL herausgebracht und im Internet zugänglich veröffentlicht. Darüber hinaus wird derzeit für das Stadtgebiet eine Starkregengefahrenkarte erarbeitet, welche im 2. Quartal 2020 veröffentlicht werden soll.

Als weiteren Baustein zur Unterstützung eines naturnahen Regenwassermanagements arbeitet die Stadt Leipzig an einer Gründachstrategie, die bei der Planung neuer Wohngebiete und Quartiere Berücksichtigung findet und fordert im Rahmen des Aufstellungsverfahren zu Bebauungsplänen die Erstellung von Regenwasserkonzeptionen, in welchen Möglichkeiten zu untersuchen sind, wie das Regenwasser vor Ort belassen werden kann.

Weiterhin ist die Stadtverwaltung Partner des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ) bei der Umsetzung des Forschungsprojektes „Leipziger BlauGrün“. Hier soll am Beispiel des B-Plan Nr.: 416 „Freiladebahnhof Eutritzscher Straße/Delitzscher Straße“ untersucht werden, wie ein abflussloses, ressourceneffizientes und (klima-)resilientes Innenstadtquartier entstehen kann. Das Regenwasser soll vor Ort verbleiben. Dabei sollen auch Lösungswege für die Regenwassernutzung in anderen bebauten innerstädtischen Bereichen abgeleitet werden.

All diese Maßnahmen und Vorhaben setzen sich mit der veränderten Klimasituation und der Zunahme von Starkregenereignissen auseinander und werden die Gewässerbelastung weiter minimieren, um den natürlichen Wasserhaushalt trotz Flächenversieglung zu gewährleisten.

Antwort zu Frage 3:
Wie bereits zu Frage 1 erläutert, erfolgt kein Ablassen von ungeklärtem Abwasser in die Leipziger Gewässer.

Verhinderung von Entlastungen

Die Kanalisation wird für ein bestimmtes, für das Einzugsgebiet maßgebliches Regenereignis einer bestimmten Intensität und Häufigkeit ausgelegt. Diese Festlegung ist notwendig, um die Entwässerungs­systeme nicht unnötig über zu dimensionieren, aber auch nicht unter zu dimensionieren.

Die Netzauslegung ist in technischen Regelwerken festgeschrieben.  Diese sind bundesweit Stand der Technik.

Zu große Dimensionen führen zu Ablagerungen, Verstopfungen, Geruchsbildung und zu sehr hohem betrieblichen Aufwand. Außerdem ist der unterirdische Bauraum meist beschränkt, da in der Regel aufgrund der Grundstücksverfügbarkeiten alle Medienerschließungen im öffentlichen Straßenbereich angeordnet werden. Selbst bei überdimensionierten Kanälen gibt es keinen 100 %-igen Schutz vor Überflutungen infolge von Starkniederschlägen. Entlastungen in die Gewässer sind somit auch bei einer theoretischen Überdimensionierung entgegen den Regeln der Technik nicht ausgeschlossen (höhere Gewalt).

Die Kläranlagen werden für bestimmte Zuflussmengen und Frachten ausgelegt, um die Abbauprozesse durch die Mikroorganismen nicht zu gefährden und Betriebssicherheit rund um die Uhr zu gewährleisten.

Beschränkung/Minimierung von Entlastungen vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen

Im Zeitraum von 2004 bis 2018 wurde der Schmutzfrachteintrag in die Gewässer durch Baumaßnahmen der KWL um 52 % gesenkt.

Um die Entlastungsmengen weiter zu reduzieren bzw. die Funktion der Entlastungsbauwerke zu optimieren sind bei der KWL eine Vielzahl von Projekten bereits in der Umsetzung bzw. befindet sich in der Planung und werden zeitnah umgesetzt.

Hierzu gehört die Kanalnetzsteuerung der Leipziger Wasserwerke, die mit ca. 40.000 m³ Stauvolumen eine vorzeitige Entlastung in die Gewässer verhindert.

Die Steuerung wird fortlaufend in Ihrer Funktion optimiert. Weitere Stauräume wurden in den letzten Jahren gebaut bzw. werden geplant (z.B. Mischwasserbecken in Leutzsch, Stauraumkanal in der Richard-Lehmann-Straße, Stauraumkanäle in Wahren Friedrich-Bosse-Str., Erneuerung der Regenüberläufe in Leutzsch – Grabaustr. und Gustav-Esche-Str. sowie in Böhlitz-Ehrenberg – Ludwig-Jahnstr.). Diese Maßnahmen haben wesentlich und nachweisbar zur Minimierung der Entlastungen beigetragen.

Durch den geplanten Ausbau der Kläranlage Rosental wird die Kapazität der Abwasserbehandlung deutlich erhöht, so dass dadurch mehr Abwasser (vor allem im Regenwetterfall) aus dem Kanalnetz behandelt und somit weniger entlastet wird.

Angedacht ist außerdem ein Mischwasserbecken auf dem Gelände der Kläranlage, welches ebenfalls die Abflussspitzen infolge Niederschlag puffern soll. Bei Neu- bzw. Umbaumaßnahmen an Entlastungsbauwerken ist stets der Einbau von Grobstoffrückhaltung vorgesehen. Somit wird während Entlastungen der Austrag an Hygieneartikeln, die fälschlicherweise durch die Toilette entsorgt werden, stark reduziert.

In diesem Zusammenhang führt die KWL eine aktive Kommunikation zur Sensibilisierung der Bevölkerung im Umgang mit Hygieneartikeln.

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