Anfrage: Einrichtung eines Willkommenszentrums für Geflüchtete und Migranten und Migrantinnen

Anfrage vom 28. Juni 2016 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. August 2016

Im November beschloss der Stadtrat nach gründlicher Beratung die Einrichtung eines Willkommenzentrums mit Zieltermin Mitte 2016 (VI-A-01381).

Die Initiative war im September 2015 in die Diskussion der Gremien gegeben worden. Den Unterstützer*innen und Beteiligten war es sehr wichtig, dass für die ankommenden Geflüchteten  die Unterstützungsstrukturen bald, also innerhalb eines halben Jahres ausgebaut würden. Im Beschluss wurde auch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe aller objektiv bedeutenden Akteure und Gruppen beschlossen, die unserer Kenntnis nach bisher nicht zusammengerufen wurde.

Seitens der Stadtverwaltung wurden viele Probleme im Zusammenhang mit Geflüchteten bewältigt, daran hegen wir keinen Zweifel und anerkennen dies ausdrücklich. Das Willkommenszentrum soll ein zusätzliches Angebot werden, welches unbedingt entlastend wirkend wäre und Unterstützungen koordinieren würde. Deswegen drängt die Zeit und wir verstehen nicht, wieso die Umsetzung so verzögert kommt. Falls dies alles so sein sollte wie wir meinen, kritisieren wir ausdrücklich den lässigen Umgang der Verwaltung mit politischen Beschlüssen und Willenbekundungen, die für die Herausforderungen der Stadtgesellschaft und deren Bearbeitung wichtig sind.

Da wir annehmen müssen, dass wir keine Informationen zum Arbeitsstand bekommen haben, weil es keinen nennenswerten Sachstand gibt, fragen wir im Interesse einer umgehenden Umsetzung des Beschlusses nach:

  1. Wie ist der aktuelle konkrete Arbeitsstand zum Willkommenszentrum in Leipzig zu beschreiben? Welche Initiativen wurden zur Konzepterarbeitung bereits mit eingebunden?
  2. Welche offenen Fragen sind noch klärungsbedürftig und mit welchen nächsten Arbeitsschritten wird der Stadtratsbeschluss zur Umsetzung gebracht?
  3. Welchen Standort bereitet die Stadtverwaltung vor, ist das Bürgeramt Mitte - oder welches andere Innenstadt-Gebäude - in der Vorbereitung?
  4. Mit welchem Zeitplan wird die Beschlussumsetzung untersetzt?
  5. Welche Kosten werden für das Willkommenszentrum geplant, sind diese im Haushalt für 2016 und im Haushaltsplanentwurf 2017/18 eingestellt?

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 24. August:

Bürgermeister Hörning: Ich möchte mich für die Fragen zur Einrichtung eines Willkommenszentrums bedanken. Das ist ein wichtiges Thema; denn es spiegelt die Leipziger Grundhaltung von Weltoffenheit. Die Themen Migration und Internationalität verändern sich im Monatstakt. Fragen des Zustroms, der Sicherheit, der Integration beschäftigen uns alle in der politischen Debatte. Aufgabe der Verwaltung ist es, aus den dynamisch steigenden Anforderungen, die sich aus dem Thema „Willkommen, Migration und Ankommen“ ergeben, ein tragfähiges Modell zu entwickeln und dieses dann auch umzusetzen. Dabei ist die Grundhaltung des Dezernats Allgemeine Verwaltung ganz klar: Die Koordination des einen darf nicht zur Komplexität des anderen werden.

In Frage 1 fragen Sie nach dem aktuellen Arbeitsstand unter Einbindung von Initiativen. - Aktueller Arbeitsstand ist die konkrete räumliche und betriebsmodellseitige Konkretisierung, die entlang der nachfolgenden Leitlinien erfolgt: Keine Sonderstrukturen. Die Integration in Standardprozesse und das Ankommen, das Willkommen und die Integration finden nicht in separaten Strukturen, sondern in räumlicher Nähe dort statt, wo hoher Besucherstrom ist, wo Verwaltungsdienstleistungen erfolgen und wo Ankommen in Regeldienstleistungen organisiert wird. Regeldienstleistungen wollen wir sichern über einen Bürgeramtsarbeitsplatz, der fester Bestandteil eines Willkommenszentrums sein wird und den ankommenden Menschen, der Wirtschaft, der Wissenschaft und internationalen Gästen den Standardservice des Bürgeramtes - an festgelegten Servicetagen auch auf Englisch - anbieten wird.

Wir wollen Sichtbarkeit für das Angebot eines Welcome-Centers, also keine irgendwo verfügbare Ladenfläche, sondern klare Sichtbarkeit im Stadtraum. Wir wollen einen Orientierungs- und Willkommensort für alle Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen, kein reines Refugee-Center. Wenn möglich - das ist sehr wichtig für den konkreten verwaltungspraktischen Betrieb einer solchen Einrichtung - möchten wir Strukturen gemeinsam nutzen, zum Beispiel das Zugangsmanagement, den Wartebereich, die Sicherheitsschleusen, aber auch die Erstorientierung. Also auch hier: keine Sonderstruktur, sondern Integration in bestehende räumliche Infrastrukturen. Die Struktur muss offen sein für Partner der Stadtverwaltung. Es soll also nicht nur diesen einen Bürgeramtsarbeitsplatz mit Service in englischer Sprache geben, sondern es muss auch einen Raum geben zum Beispiel für Vereine, Migrationsberatungen, Migrationslotsen der IHK, Wissenschaftspartner oder andere Verbände. Das Referat Migration mit seiner Fachkenntnis und seinem Kundenverkehr - Menschen, die zu Migration Fragen oder Orientierungsbedarf haben - ist in räumlicher Nähe eines solchen Willkommenszentrums anzusiedeln.
Nicht zuletzt sind auch andere Angebote der Stadtverwaltung, sei es aus den Bereichen Ausländerrecht, Ordnungsrecht, Bildung oder Sport, in den flexiblen Teil des Willkommenszentrums hineinzudefinieren. Diese Leitlinien, diese Anforderungen deuten für uns auf die Einrichtung eines Leipzig-Welcome-Center in einer zusätzlichen Ladenfläche im neuen zentralen Bürgeramt an der Otto-Schill-Straße 2 hin. Welche Ausprägung es entlang der von uns aufgestellten Leitlinien erfährt, die wir fachlich für geboten halten, werden wir in den nächsten Wochen besprechen. So findet kommenden Montag ein Werkstattgespräch mit dem Migrantenbeirat dazu statt. Wir sind mit dem Migrantenbeirat, den Migrationsberatungsstellen, der IHK, Wissenschaftseinrichtungen, der Ausländerbehörde und anderen Ämtern der Stadtverwaltung im Gespräch, um diese Einrichtungen in der Otto-Schill-Straße 2 und im neuen Bürgeramt Mitte zum Leben zu erwecken.

Zu Ihrer zweiten Frage: Welche offenen Fragen sind noch klärungsbedürftig? Aus Sicht der Verwaltung sind konzeptionell keine Fragen mehr klärungsbedürftig. Jedoch befinden wir uns insbesondere mit dem Migrantenbeirat, aber auch mit anderen Akteuren in einem Dialog, wie wir die verschiedenen Anforderungen und die Leitlinien, die wir definiert haben und die Sie über Ihren Antrag eingebracht haben, in ein Betriebsmodell einbinden können, das ausbalanciert und am Ende auch tragfähig ist.

Zu Ihrer Frage nach dem Standort. Wie schon gesagt, Otto-Schill-Straße 2. Für das Bürgeramt Mitte - das ist das heutige Bürgeramt am Burgplatz - planen wir eine generelle Verwendung im Bereich Bürgerdialog, Planverfahren und Beteiligungen der Zivilgesellschaft. Es kann dann auch für Veranstaltungen rund um das Thema Willkommen genutzt werden.

Zum Zeitplan. Die Eröffnung des Bürgeramts Mitte und damit auch des Leipzig-Welcome-Bereichs ist für den Januar 2017 geplant. Die mit der baulichen Umsetzung im Gebäude Otto-Schill-Straße 2 verbundenen Kosten werden entsprechend eingeplant.

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Vielen Dank für diesen sehr erfreulichen Sachstand. Da geht es jetzt voran. Das ist wunderbar. Wir haben allerdings nicht richtig verstanden, ob das Willkommenszentrum am neuen oder am alten Standort des Bürgeramtes angesiedelt werden soll. Es klang zunächst nach Otto-Schill-Straße, zuletzt aber haben Sie stärker auf das Bürgeramt am Burgplatz abgehoben. Wo soll es hinkommen?

Bürgermeister Hörning: Danke für die Nachfrage. - Zur Präzisierung: Der Servicebereich „Leipzig Welcome“, den Sie als Willkommenszentrum bezeichnen, wird im neuen Bürgeramt in der Otto-Schill-Straße angesiedelt. Nach außen wird es ein sichtbares Schaufenster zum Ring geben, mit dem wir unter dem einheitlichen Signet des Bürgeramtes das Serviceversprechen der Stadt Leipzig für „Leipzig Welcome“ in den Straßenraum senden werden. Im Innenbereich wird es eine einheitliche Bearbeitungsfläche von Bürgeramt und „Leipzig Welcome“-Bereich geben, abgetrennt nur durch eine Glasscheibe, sodass man auch dort parallel arbeiten kann. Das ist der aktuelle bauliche Planungsstand. Mein Hinweis auf die Nachverwendung des heutigen Bürgeramts am Burgplatz zielte darauf, dass wir dort die Einrichtung eines Büros für Planung, Beteiligung und Demokratie beabsichtigen und es dann auch für Veranstaltungen und zivilgesellschaftliche Beteiligungsprozesse, die unter anderem auch Migration und Integration thematisieren, genutzt werden kann.
Was ich damit sagen möchte, ist: Wir haben Räume an mehreren Orten, die unterschiedliche Nutzungsarten - sowohl das vertrauliche Beratungsgespräch als auch das Kleingruppengespräch als auch eine Öffnung in größere Gruppen hinein - ermöglichen. Wie wir das dann benennen und belabeln, werden die Erfahrungen ergeben, nämlich: Was wird angenommen? Was wird nachgefragt? Ehrlich gesagt, ich fände es gut, wir fangen erst einmal an, testen das ab Januar 2017 und sammeln Erfahrungen. Dann können wir darauf aufbauen.

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Das wird ja immer großartiger. Ich will hier daran erinnern, dass wir immer noch auf einen Verwaltungsstandpunkt zum Internationalen Haus warten. Die von Ihnen eben beschriebene Nachnutzung des Bürgeramts am Burgplatz würde dem schon sehr nahekommen. Es wäre natürlich toll, wenn wir dann auch zu einer Beschlussfassung hier im Rat kämen. Wir haben Ihnen genug Zeit gelassen, um zu einem Verwaltungspunkt zu kommen. Das, was wir gehört haben, klingt schon wunderbar. Wenn man das in eine Form gießen könnte und wir das hier beschließen würden, wären wir hochzufrieden.

Oberbürgermeister Jung: Das nehmen wir einmal so zur Kenntnis.

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