Anfrage: Energiemanagement und Verbrauchscontrolling kommunaler Liegenschaften

Anfrage vom 6. Juni 2018 zur schriftlichen Beantwortung in der Ratsversammlung am 20. Juni

Im Energie- und Klimaschutzprogramm der Stadt Leipzig 2014 – 2020 sind im Teil B mehrere Maßnahmen benannt worden, die ein modernes Energiemanagement in kommunalen Gebäuden ermöglichen sollen. Der Bericht zum Energiemanagement für das Jahr 2015 beinhaltet die je Energieträger und Kostenträgerschaft verbrauchten Energiemengen und resultierenden Kosten, aber keine Angaben zu eingesetzten Arbeitsmitteln (Software) oder Detaillierungsgrad des Controllings.
Um die Wirkung ergriffener Maßnahmen zu bewerten, ist Verbrauchscontrolling jedoch unerlässlich. Auch im Energiesparprojekt Halbe-Halbe werden in derzeit noch sechs Pilotschulen Möglichkeiten des sparsamen Energie- und Ressourceneinsatzes gesucht und umgesetzt. In gleicher Weise gibt es vermutlich in anderen kommunalen Liegenschaften und Infrastruktur, wertvolle, bisher ungenutzte Einsparpotenziale. In Anbetracht des umfangreichen Gebäudebestandes der Stadt Leipzig – in verschiedenem baulichen Zustand - ist Energiemanagement nur mithilfe einer Energiemanagement-Software (EMS) effizient zu bewerkstelligen. Das Ziel dieser Anfrage ist herauszufinden, ob ein EMS Teil des Energiemanagements der Stadt Leipzig ist und wie umfassend es über den Gesamtbestand der Stadt Leipzig eingebunden ist. Daran soll abgeleitet werden, inwieweit die Stadt Leipzig die vielzähligen Vorteile von EMS bereits nutzt oder weitere ökologische und wirtschaftliche Potenziale bestehen.

Wir fragen an:

  1. Welcher technischen Unterstützung bedient sich die Stadtverwaltung bei der Erfassung von Verbrauchsdaten?
  2. Welche Methodik und EMS kommt zum Einsatz?
  3. Gibt es eine einheitliche Parameterabfrage und welche werden erfasst? (bspw. Stammda-ten, Verbräuche, Zählernummern, alle erfassten Medien (Strom, Wärme, Wasser), zuge-hörige Energielieferverträge)
  4. Wer wird über die Ergebnisse des Energieverbrauchs- und Kostencontrollings unterrichtet und welche Parameter sind in diesen Berichten abgebildet (z.B. Größe und Nutzung der einbezogenen Gebäude, Auflistung der enthaltenen Angaben, eingesetzte Software)?
  5. Wie ist das Verhältnis der durch die EMS vollständig bzw. nahezu vollständig erfassten Gebäude zum Gesamtbestand kommunaler Liegenschaften bzw. kommunaler Nicht-wohngebäude? (Bitte in absoluten Zahlen)
  6. Welche Bedeutung haben Energieverbräuche bei der Prioritätensetzung für eine Sanie-rung

 

schriftliche Antwort der Verwaltung:

zu 1.
Bereits seit 1994 werden die von den Hausmeistern monatlich abgelesenen Zählerstände der Schulgebäude excelbasiert erfasst. Ab dem Jahr 1997 erfolgte dies vollständig für alle Schulobjekte. Im Laufe der Jahre kamen weitere Ämter bei der Erfassung durch das SG Energiemanagement im Amt für Gebäudemanagement (AGM) (ehemals Hochbauamt) hinzu – 1998 Gesundheitsamt, 1999 Volkshochschule, 2001 Verwaltungsgebäude des Verkehrs- und Tiefbauamtes, 2006 Amt für Sport (zuvor wurden die Daten durch das Amt für Sport selbstständig erfasst). Mit Einrichtung des AGM kamen die Kindertagesstätten und die Verwaltungsgebäude hinzu.

Unabhängig davon werden im SG Energiemanagement die Rechnungen gebucht. In diesem Prozess werden die vom Versorger angegebenen Energieverbräuche durch das AGM oder die Bauherrenämter validiert. Es erfolgt eine Speicherung der Zählerstände und Verbräuche zu allen Abnahmestellen für die das SG Energiemanagement die Rechnungsbuchung übernimmt (siehe hierzu Anlage 1: Dienstanweisung 15/2013 „Energiemanagement - Aufgaben und Zuständigkeiten“).

Zum Ende des Jahres 2017 erfolgte eine Umstellung der excelbasierten Erfassung auf eine CAFM-gestützte Erfassung im System FAMOS-LE. Die Nutzung der neuen Software befindet sich unter Beteiligung des Personalrates derzeit noch in der Testphase. Diese Testphase soll zeitnah abgeschlossen werden, um in die Produktivnutzung übergehen zu können. Mit der Softwareumstellung sollen die von den Hausmeistern erfassten und die aus den Energieversorgerrechnungen entnommenen Zählerstände zusammengefasst werden.

Einzelne Bauherrenämter wie z. B. die Branddirektion, das Sozialamt oder das Marktamt erfassen die abgelesenen Zählerstände noch selbstständig und prüfen damit die Rechnungszählerstände eigenständig (siehe hierzu ebenfalls Anlage 1).

zu 2.
Die Erfassung der Zählerstände erfolgt über die Hausmeister und Hallenwarte mit Meldung an das AGM und Plausibilisierung durch das SG Energiemanagement. Die Erfassung und Speicherung erfolgt mittels der Software FAMOS-LE (Testphase).

Hierzu eine Aufschlüsselung über die Erfassungshäufigkeit:

 

Bauherrenamt

Gebäude monatliche Ablesung

Gebäude jährliche Ablesung

Ablese-rhythmus nicht bekannt

37 - Branddirektion

23%

77%

0%

41 - Kulturamt und 43 - MdbK

36%

0%

64%

42 - Volkshochschule

100%

0%

0%

45 - Bibliotheken

100%

0%

0%

50 - Sozialamt

17%

0%

83%

51 - Amt für Jugend, Familie und Bildung

100%

0%

0%

52 - Amt für Sport

100%

0%

0%

53 - Gesundheitsamt

100%

0%

0%

65 - Amt für Gebäudemanagement (Verwaltungsgebäude)

100%

0%

0%

66 - Verkehrs- und Tiefbauamt

0%

0%

100%

67 - Amt für Stadtgrün und Gewässer

22%

78%

0%

Summe

85,2%

8,3%

6,5%

 

zu 3.
Folgende Daten werden je Zählpunkt (Abnahmestelle) erfasst: Anschrift, Medium, Messlokations-ID, Marktlokations-ID, Zählernummer, Zählwerkstyp, Zählerstände aller Medien und Erfassungsdatum, Gebäudenutzer, Nutzungsart, Gebäudekategorie, Gebäudeflächen

zu 4.
Die von den Hausmeistern übermittelten Monatsverbräuche werden softwaretechnisch mit dem Vorjahresmonat verglichen. Bei größeren Abweichungen werden die Hausmeister bzw. Nutzer nach möglichen Gründen befragt und im Bedarfsfall Maßnahmen ergriffen. Zum Teil sind jedoch aufwendige Messungen zur Ursachenanalyse notwendig.
Auf Grundlage der gesamten Datenbasis entsteht ein jährlicher Energiebericht, der die aktuellen Daten und die Entwicklung des Energieverbrauchs komprimiert darstellt.

In der Vergangenheit wurden zusätzlich Quartalsberichte an die Bauherrenämter versendet. Hierbei wurden quartalsweise die positiven als auch die negativen Verbrauchsentwicklungen der einzelnen Objekte abgebildet. Infolge der Teilnahme der Stadt am European Energy Award (eea) wurde das Vorgehen zur Datenaufbereitung und Meldung an die Anforderungen angepasst, sodass an Stelle der Quartalsberichte die Erstellung einer umfangreichen Tabelle „Energieverbrauchskennzahlen und Sanierungsplanung“ gerückt ist.

In dieser Tabelle sind alle energetisch relevanten Gebäude (d. h. alle stadteigenen beheizten Gebäude) mit folgenden Daten enthalten: Jahresverbrauch (Strom, Wasser, Wärme witterungsbereinigt), zugehörige Fläche, Energieverbrauchskennzahl, Vergleichskennzahl, Zielerreichung, Sanierungsbedarf energetisch relevanter Bauteile (kurz-, mittel- und langfristig), Erfassungsdatum des Sanierungsbedarfs, Gebäudekategorie, Nutzeramt, geschätzte Energie-, Kosten- und CO2-Einsparung bei Umsetzung der Sanierungsbedarfe

Die Erstellung der Tabelle „Energieverbrauchskennzahlen und Sanierungsplanung“ erfolgt seit 2015 und wird seither den Bauherrenämtern zum internen Controlling bereitgestellt.

Zur Absicherung der Umsetzung dieses Projektes und weiterer Maßnahmen, die sich aus den Anforderungen aus der Teilnahme am European Energy Award ergaben, sind eigens hierfür eingerichtete Personalstellen zuständig.

Ein weiterer Bericht, der sich im späteren aus der Software ableiten lassen wird, ist der sogenannte Liegenschaftsbericht, der die Verbräuche eines einzelnen Objektes in den vergangenen drei Jahren graphisch aufbereitet. Die Weitergabe dieses Berichts an die Nutzer ist zukünftig vorgesehen.

zu 5.
Die folgenden Angaben entsprechen der Datenerfassung für das Jahr 2015. Die Zählweise ergibt sich aus den Anforderungen des European Energy Awards, wonach die Wärmezählpunkte ohne Mietobjekte und Eigenbetriebe berücksichtigt werden.

Demnach wurden 325 energetisch relevante Abnahmestellen erfasst. 15 Gebäude konnten aufgrund von Leerstand oder Sanierungsmaßnahmen nicht einbezogen werden. Bei diesen Objekten war eine sinnvolle Kennzahlbildung nicht möglich.
Es ist darauf hinzuweisen, dass sich diese absoluten Zahlen nicht mit Zahlen in anderen Publikationen vergleichen lassen. Je nach Aufgabe ist es erforderlich, einzelne Gebäude einzubeziehen oder außen vor zu lassen und die Zählerinfrastruktur zu berücksichtigen. Beispielsweise wird zum Teil der Wärmeverbrauch für Schulen und Sporthallen aufgrund der Zählersituation nicht getrennt erfasst, während beim Strom eine getrennte Erfassung möglich ist.

zu 6. 
Gegenwärtig werden die zur Verfügung stehenden Investitionsmittel maßgeblich zur Deckung der dringlichen Bedarfe im Schul- und Kindertagesstättenbau eingesetzt. Dadurch erhöht sich im Durschnitt das energetische Niveau des Gesamtbestandes der städtischen Gebäude, da die Gebäude nach den Anforderungen der EnEV oder ggf. des Passivhausstandards errichtet oder saniert werden.
Den Bauherrenämtern steht die bereits o. g. Tabelle „Energieverbrauchskennzahlen und Sanierungsplanung“ für eine mögliche Prioritätenfestlegung zur Verfügung. Aus dieser Tabelle wird ersichtlich, welche Gebäude mit ihrem spezifischen Jahresenergieverbrauch am stärksten vom Vergleichswert der zugehörigen Gebäudekategorie (z. B. Schulen, Verwaltungsgebäude) abweichen und wo somit das höchste Potenzial zur Betriebskosteneinsparung bei einer möglichen Sanierung vorhanden ist. Zudem können die möglichen Betriebskosteneinsparungen ins Verhältnis zu den Sanierungskosten gesetzt werden, um eine Prioritätenfestlegung anhand der Wirtschaftlichkeit zu ermöglichen.

Anlage: Dienstanweisung Energiemanagement

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