Anfrage: Entsiegelung im Stadtgebiet strategisch planen und vorantreiben

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 18. Oktober 2023

Mit dem Beschluss von Haushaltsantrag A 0055 24-01 Neufassung wurde die Verwaltung beauftragt, ein Förderprogramm für Maßnahmen zur Entsiegelung und ökologischen Aufwertung von (Innen-)Höfen, Vorgärten und sonstigen versiegelten Flächen in hitzebelasteten Stadtquartieren zu erarbeiten und dem Stadtrat bis Ende 2023 zum Beschluss vorzulegen. Darüber hinaus wurde die Verwaltung mit dem Beschluss VII-A-02929-NF-02 beauftragt, die bestehenden und derzeit in Bearbeitung befindlichen Strategien, Konzepte und Maßnahmen zur Reduzierung des Flächenverbrauches und der damit einhergehenden Neuversiegelungen konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln und dabei eine Netto-Null-Versiegelung bis 2030 anzustreben. Im Rahmen des Masterplan Grün und der Biotoverbundplanung sollen zudem Tabuflächen ausgewiesen werden, die vor Versiegelung zu schützen sind.

Zu dem Gesamtkomplex fragen wir:

  1. Wann ist mit der Vorlage des Förderprogramms zum Haushaltsantrag A 0055 24-01 zu rechnen?
  2. Laut Antwort der Verwaltung VII-F-08283-AW-01 ist ein Monitoring zu Flächenverbrauch- und -entsiegelung durch das Fernerkundungsforschungsprojekt „Urban Green Eye“ zukünftig leistbar. Derzeit werde ein Modell zur automatisierten Berechnung der Daten aufgebaut, ab Mitte 2023 seien Satellitendaten verfügbar. Wann kann mit dem ersten Monitoringbericht zu Versiegelung mit einer ortsteilscharfen Auswertung gerechnet werden, die ab 2023 zweijährlich vorgelegt werden soll?
  3. Ist geplant, die ermittelten Flächenverbrauchs-, Ver- und Entsiegelungsdaten als Open Data zur Verfügung zu stellen? Wenn nein, warum nicht?
  4. Wie ist der aktuelle Stand bei der Entwicklung von Zielvorgaben für Flächenverbrauch, Neuversiegelung und Entsiegelung für die relevanten Strategien, Konzepte und Planungen?
  5. Ab wann wird bei Verwaltungsvorlagen die mit der Umsetzung verbundene Flächenversiegelung ermittelt und festgelegt, wann, wo und mit welchem finanziellen Aufwand die entsprechende Entsiegelung vorgenommen wird?
  6. Welche Tabuflächen – z.B. aufgrund der Grundwasserneubildung, der Frisch- und Kaltluftentstehung, der Minderung des Aufheizeffektes in Überwärmungsgebieten, ihrer hohen klimatischen Entlastungsfunktion oder ihrer Bedeutung für den Biotopverbund – hat die Stadtverwaltung bereits identifiziert und in einen Status der besonderen Schutzbedürftigkeit vor Versiegelung überführt?
  7. Wann werden dem Stadtrat eine Übersicht über entsprechende Tabuflächen sowie eine Strategie zur Festlegung von Tabuflächen vorgelegt?

 

Antwort vom 18. Oktober 2023

  1. Wann ist mit der Vorlage des Förderprogramms zum Haushaltsantrag A 0055 24-01 zu rechnen?

Derzeit befinden sich das Amt für Stadtgrün und Gewässer und das Amt für Umweltschutz in Abstimmung zur Erarbeitung eines Förderprogramms für Maßnahmen zur Entsiegelung und ökologischen Aufwertung von Flächen. Das Förderprogramm soll dabei mit der existierenden Gründach-Förderrichtlinie und den bestehenden Fördermaßnahmen zur Fassadenbegrünung verknüpft werden. Die Umsetzung des Entsiegelungs-Förderprogramms, ist für das Jahr 2024 geplant. Die erforderliche Fachförderrichtlinie wird dem Stadtrat im II. Quartal 2024 zur Beschlussfassung vorgelegt.

  1. Laut Antwort der Verwaltung VII-F-08283-AW-01 ist ein Monitoring zu Flächenverbrauch- und -entsiegelung durch das Fernerkundungsforschungsprojekt „Urban Green Eye“ zukünftig leistbar. Derzeit werde ein Modell zur automatisierten Berechnung der Daten aufgebaut, ab Mitte 2023 seien Satellitendaten verfügbar. Wann kann mit dem ersten Monitoringbericht zu Versiegelung mit einer ortsteilscharfen Auswertung gerechnet werden, die ab 2023 zweijährlich vorgelegt werden soll?

Im Rahmen des Fernerkundungsforschungsprojekts „UrbanGreenEye“ erarbeitet die Stadt Leipzig ein KI-gestütztes Monitoring-Modell, um zukünftig regelmäßig Daten zur Entwicklung von versiegelten Flächen bereitstellen und auswerten zu können. Das erforderliche Training des Modells findet auf Basis hochaufgelöster in-situ-Daten aus Luftbildbefliegungen statt, mit dem Ziel, die Auswertung von Satellitenbilddaten zu optimieren. Das Modell wird bis spätestens Ende 2024 fertiggestellt.

Die nächste Versiegelungsauswertung für das Gebiet der Stadt Leipzig wird derzeit auf Grundlage des Digitalen Orthophotos aus der Frühjahrsbefliegung 2022 erstellt. Da aufgrund der Witterungsbedingungen im Frühjahr 2023 keine Befliegung stattfinden konnte, wurde auf die im Rahmen einer Befliegung erfassten Daten aus dem Frühjahr 2022 zurückgegriffen. Die Ergebnisse der Auswertung der Versiegelungsdaten werden im 1. Quartal 2024 zur Verfügung stehen.

Damit ist es möglich, die aktuelle Versiegelungssituation im Stadtgebiet gegenüber dem Zeitpunkt der letzten Befliegung im Jahr 2017 zu vergleichen, z. B. mit Blick auf die Entwicklung von Flächenneuversiegelung sowie der Entsiegelung von Flächen.

  1. Ist geplant, die ermittelten Flächenverbrauchs-, Ver- und Entsiegelungsdaten als Open Data zur Verfügung zu stellen? Wenn nein, warum nicht?

Die Bereitstellung der erhobenen Daten zum Flächenverbrauch bzw. zur Ver- und Entsiegelung von Flächen im Gebiet der Stadt Leipzig als Open Data wird im Rahmen der Datenauswertung durch die beteiligten Akteure geklärt.

  1. Wie ist der aktuelle Stand bei der Entwicklung von Zielvorgaben für Flächenverbrauch, Neuversiegelung und Entsiegelung für die relevanten Strategien, Konzepte und Planungen?

Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen auf unter 30 ha/ Tag für das Bundesgebiet zu reduzieren. Im Freistaat Sachsen wurde ein mit dem Ziel des Bundes korrespondierendes „Flächensparziel“ formuliert, die Neuinanspruchnahme bis 2020 auf 2 Hektar pro Tag zu reduzieren.

Für das Leipziger Stadtgebiet besteht bisher kein derartiges Ziel. Mit der Vorlage VII-A-02929 Flächenverbrauch reduzieren – Strategie für Netto-Null-Versiegelung bis 2030 entwickeln“ verpflichtet sich die Stadt jedoch zu Maßnahmen, um den Flächenverbrauch und die Neuversiegelung zu minimieren, mit dem Ziel, bis zum Jahr 2030 eine ausgeglichene Bilanz aus neuversiegelten und entsiegelten Flächen zu erreichen.

Dementsprechend hat sich die Stadt Leipzig im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (INSEK) das strategische Ziel gesetzt, eine „Balance zwischen Verdichtung und Freiraum“ zu verfolgen. Das bedeutet, dass das städtische Wachstum flächensparend gestaltet und die Grün- und Freiraumqualitäten erhalten werden sollen, beispielsweise durch die Mehrfachnutzung von Gebäuden und Freiräumen. Diesbezüglich erarbeitet die Stadtverwaltung derzeit ein Konzept zur sogenannten Doppelten Innenentwicklung anhand welcher bauplanungsrechtliche Möglichkeiten für eine maßvolle Nachverdichtung sowie für die Reduktion des Flächenverbrauchs und eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Grünflächen untersucht und angewendet werden sollen. Dabei ist zu beachten, dass die Entwicklung und die Umsetzung von Zielvorgaben im unbeplanten Innenbereich stets im Einklang mit dem vorhandenen Baurecht stehen und durchsetzbar sein mus

Die Reduzierung der Neuinanspruchnahme von Flächen stellt damit bereits bestehendes Verwaltungshandeln dar, sodass etwa bei Neuversiegelungen im Rahmen der Bauleitplanung vorangehend geprüft wird, ob verhältnismäßige Entsiegelungsmaßnahmen als Kompensationsmaßnahmen bestimmt werden können.

Die Ausweisung von kompensierenden Entsiegelungsmaßnahmen innerhalb des Stadtgebiets ist jedoch, aufgrund einer begrenzten Verfügbarkeit entsprechender Ausgleichsflächen, nur in beschränktem Maße möglich. Deshalb arbeitet die Stadt Leipzig bereits eng mit den Umlandkommunen zusammen, so dass für Versiegelungen durch Baumaßnahmen in der Stadt Leipzig auch Entsiegelungsmaßnahmen im Umland der Stadt Leipzig zugeordnet und umgesetzt werden können. Darüber hinaus werden durch die Stadt Leipzig strategisch Flächen im Stadtgebiet erworben und im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen entsiegelt und aufgewertet.

  1. Ab wann wird bei Verwaltungsvorlagen die mit der Umsetzung verbundene Flächenversiegelung ermittelt und festgelegt, wann, wo und mit welchem finanziellen Aufwand die entsprechende Entsiegelung vorgenommen wird?

Im Rahmen der Bauleitplanung werden bei Bebauungsplänen die Versiegelungsflächen ermittelt und im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsregelung konkrete Entsiegelungsmaßnahmen festgelegt.

  1. Welche Tabuflächen – z.B. aufgrund der Grundwasserneubildung, der Frisch- und Kaltluftentstehung, der Minderung des Aufheizeffektes in Überwärmungsgebieten, ihrer hohen klimatischen Entlastungsfunktion oder ihrer Bedeutung für den Biotopverbund – hat die Stadtverwaltung bereits identifiziert und in einen Status der besonderen Schutzbedürftigkeit vor Versiegelung überführt?

Siehe Frage 7.

  1. Wann werden dem Stadtrat eine Übersicht über entsprechende Tabuflächen sowie eine Strategie zur Festlegung von Tabuflächen vorgelegt?

Frage 6 und 7 werden zusammen wie folgt beantwortet:

Derzeit wird im Stadtplanungsamt gemeinsam mit dem Amt für Stadtgrün und Gewässer sowie dem Amt für Umweltschutz eine Biotopverbundplanung erarbeitet. Im Rahmen der Biotopverbundplanung werden Flächen ausgewiesen, die in den einzelnen Verbundarten gesichert werden sollen. Die Vorlage zur Biotopverbundplanung soll dem Stadtrat in der 2. Jahreshälfte 2024 vorgelegt werden. Auch zu dieser Frage wird auf den Abgleich mit dem bestehenden Baurecht im unbeplanten Innenbereich hingewiesen.

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