Anfrage: Experimenteller Einsatz von „CITYTREES“ zur Verbesserung der Leipziger Luftqualität?
Anfrage vom 2. Juni 2016 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 22. Juni 2016
Wie andere Städte, hat auch Leipzig Probleme mit der Luftreinhaltung. Der Hersteller des sogenannten „CITYTREE“ wirbt damit, die Feinstaubbelastung punktuell um bis zu 30% zu verringern. Der „CITYTREE“ ist Sitzmöbel und Luftfilter zugleich. Das zusätzliche Grün und die Sitzgelegenheit könnte dazu beitragen, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum insbesondere in der Innenstadt bzw. am Innenstadtring weiter zu steigern. Derzeit wird das Konzept für mehr Sitzgelegenheiten in der Innenstadt fortgeschrieben.
Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen kann sich vorstellen, „CITYTREES“ zum Beispiel im Umfeld des S-Bahn-Zugangs Wilhelm-Leuschner-Platz / Petersstraße oder im Bereich des Hauptbahnhofes (z.B. Willy-Brandt-Platz) aufzustellen.
Wir fragen an:
- Welche Möglichkeiten sieht die Stadtverwaltung, die Angaben des Herstellers zur Verringerung der Feinstaubbelastung zu überprüfen und gegebenenfalls probeweise einige solcher „CITYTREES“ anzuschaffen, um sie an passenden Orten aufzustellen?
- Welche Argumente sprechen dafür und dagegen, einen experimentellen Einsatz von „CITYTREES“ an einem ausgewählten Ort in Leipzig zu initiieren?
- Welche Erfahrungen zum Einsatz von „CITYTREES“ sind der Verwaltung aus anderen Kommunen innerhalb und außerhalb Deutschlands bekannt?
Antwort der Verwaltung vom 27. Juni 2016
Zu Frage 1:
Seit Beginn des Jahres beschäftigt sich die Stadtverwaltung mit der fachlichen Einschätzung zur möglichen Wirksamkeit der CityTree-Anlagen zur Minderung der Luftschadstoffbelastung in Leipzig. In diesem Zusammenhang wurde durch das Unternehmen eine Zusammenfassung der Untersuchungen zur Eignung des CityTrees für die Luftreinhaltung vorgelegt. Die Ausarbeitung zeigt in knapper Form verschiedene Versuche zum Feinstaubabscheidepotenzial der verschiedenen Pflanzenkulturen, welche für CityTree genutzt werden.
Daraus geht hervor, dass durch den Einsatz der Pflanzenfilter im Laborversuch eine Reduktion der Feinstaub(PM10)-Konzentration von bis zu 30 % erreicht wurde. Nach Einschätzung der Stadtverwaltung lassen sich die Ergebnisse der Laborversuche aber nicht auf den freien Straßenraum übertragen.
Eine externe Einschätzung (Professor Dr. Alfred Wiedensohler Leibniz Institute for Tropospheric Research „Tropos“; Einschätzung vom 12.01.2016) der CityTree-Anlagen ergab, das wenn diese Mooswände nicht aktiv durchströmt werden, wird es keine Partikelabscheidung geben.
Ein passive Filterung ist praktisch unbedeutend Falls eine aktive Durchströmung überhaupt machbar ist, werden eine oder wenige von diesen Wände in einer Straße keinen messbare Minderung ergeben. Im Prinzip gibt es noch keine Messungen über die Effizienz.
Zudem fehlen Erkenntnisse, welchen Wirkungsradius diese Anlagen haben. Um eine Überprüfung des Wirkungspotentials zu gewährleisten, müsste eine unabhängige messtechnische Begleitung gesichert sein. Grundsätzlich schätzt die Stadtverwaltung ein, dass der Effekt der Wirkung der Citytrees im Feldversuch nur äußerst schwierig nachzuweisen ist.
Zu Frage 2:
Gegen den experimentellen Einsatz spricht, dass in den relevanten, d. h. stark belasteten Straßenräumen in der Regel keine ausreichend breiten Seitenräume zur Verfügung stehen. Weiterhin, dass durch unterschiedlichste Funktionen und Stadtmöblierungen bereits ein hoher Nutzungsdruck besteht, wodurch sich die "CITYTREE"-Elemente nur schwerlich einfügen lassen.
Hinzu kommt, dass Verschattungseffekte in angrenzenden Wohnungen zu Konflikten mit der Bewohnerschaft führen können. Darüber hinaus ist die Minderungswirkung im Freiraum aufgrund abweichender Bedingungen nicht in der dargestellten Größenordnung zu erwarten.
Die vorgeschlagene Finanzierung der "CITYTREES" über Werbung stößt auf Schwierigkeiten. Grund hierfür ist, dass sich die Stadt Leipzig derzeit in einem seit längerem laufenden Ausschreibungsverfahren für die Außenwerbekonzessionen der Stadt befindet.
Zu Frage 3:
Der Stadtverwaltung ist bekannt, dass die Städte Jena, Dresden und Oslo probeweise bereits CityTree-Anlagen errichtet haben. Dabei wurde nach aktuellem Kenntnisstand jeweils eine Anlage installiert. Messungen am Objekt, welche den Erfolg der Anlagen belegen, gab es jedoch noch nicht.
Nach eigenen Aussagen des Herstellers ist die Aufstellung einer weiteren Anlage in Reutlingen geplant, wo auch Messungen an der Anlage direkt durchgeführt werden sollen. Wann dies umgesetzt wird, ist aktuell nicht bekannt. Aus Sicht der Stadtverwaltung sollten die Erfahrungen anderer Städte, insbesondere hinsichtlich eines messtechnisch belegten Wirkungspotentials abgewartet werden.