Anfrage: Fällmaßnahmen auf der Fläche zwischen Windmühlenstraße und Brüderstraße

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. Februar 2021

 

Am 20.1. und 21.1. wurden auf der Grünfläche (kleine Parkanlage) zwischen Windmühlenstraße und Brüderstraße Bäume und Sträucher gerodet.

Die Fläche liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 392 „Wilhelm-Leuschner-Platz“, der Bebauungsplan soll erst im März durch einen Ratsbeschluss zur Auslegung in die Öffentlichkeitsbeteiligung.

 

  1. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden die Bäume gefällt?

Laut Artenschutzrechtlichem Fachbeitrag (planland 2018) zum Bebauungsplan befinden sich im Bereich zwischen Brüderstraße und Windmühlenstraßen, in dem am 20. und 21.Januar die Fällungsarbeiten erfolgt sind, 9 Gehölze mit Höhlen und Spalten und damit mit Fortpflanzungs- und Ruhestätten für Fledermäuse und europäisch geschützte Vogelarten. Außerdem sind 500 qm wertvolle Hecken und Sträucher als Fortpflanzungsstätten für Heckenbrüter verloren gegangen. In diesem Bereich wurden im Rahmen der Kartierungen zum ASB außerdem zahlreichen Gebüsch- und Baumbrüter festgestellt. Es ist sicher davon auszugehen, dass Fortpflanzungs- und Ruhestätten zerstört wurden, da Reviere dauerhaft verloren gehen.

  1. Wann und von wem wurde die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durch die Behörde durchgeführt? Gibt es hierzu eine Aktenlage? Wurde eine artenschutzrechtliche Genehmigung erteilt?
  2. Welche Maßnahmen (Vermeidung und CEF-Maßnahmen – vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen) wurden im Zuge der Genehmigung beauflagt? Wie wurden die Maßnahmen umgesetzt?
  3. Wie wurden die artenschutzrechtlichen Belange während der Fällung berücksichtigt? (Kontrolle durch eine fachkundige Person erforderlich – auch im ASB so festgelegt)

Es handelt sich laut Landschaftsplan bei dieser Grünfläche um eine Parkanlage. Eine Bebauung nach § 34 BauGB ist demnach ausgeschlossen, da es sich bei der geplanten Bebauung um eine drastische Nutzungsintensivierung gegenüber der Bestandsnutzung handelt und in diesem Bereich durch das Bauvorhaben die Obergrenze des § 17 Abs. 1 BauNVO überschritten wird. Von der Ausgleichspflicht befreit ist nur die Überplanung des Gebietes, soweit der neue Plan nicht zusätzliche bzw. weitergehende Eingriffe zulässt (in De Witt 2015). Demzufolge ist die Eingriffsregelung anzuwenden.

 

  1. Wie und auf Grundlage welcher Prüfunterlage/Fachplan wurde die Eingriffsregelung beim Eingriff in den Vegetationsbestand berücksichtigt?

 

Falls von einem Vorhaben nach § 34 BauGB ausgegangen wurde, kann für Beeinträchtigungen von Arten ohne zulässigen Eingriff nach § 15 BNatSchG die Beschränkung auf die europäischen Vogelarten und Anhang IV-Arten nach FFH-RL nicht in Anspruch genommen werden.
Es gelten die Schädigungs-, Tötungs- und Störungstatbestände für alle besonders geschützten Arten.

  1. Wie wurde diesem Sachverhalt Rechnung getragen?

Es sind insgesamt 165 der 191 Gehölze auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz laut Umweltbericht nach Baumschutzsatzung geschützt. Darunter auch einige der am 20./21.1. gefällten Bäume.

  1. Wie wurde die Baumschutzsatzung berücksichtigt?

Wie ist es zu erklären, dass ein Kaufvertrag mit dem Land Sachsen für den Standort des Instituts für Länderkunde die „gehölzfreie“ Übergabe des Grundstückes vorsieht, obwohl der Ausgang des Bebauungsplanverfahrens offen ist, die Auslegung noch nicht beschlossen ist, zum Auslegungsbeschluss Änderungsanträge vorliegen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Abwägung noch nicht durchgeführt und der Bebauungsplan nicht beschlossen ist?

8. Wie ist es zu erklären, dass ein Kaufvertrag mit dem Land Sachsen für den Standort des Instituts für Länderkunde die „gehölzfreie“ Übergabe des Grundstückes vorsieht, obwohl der Ausgang des Bebauungsplanverfahrens offen ist, die Auslegung noch nicht beschlossen ist, zum Auslegungsbeschluss Änderungsanträge vorliegen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Abwägung noch nicht durchgeführt und der Bebauungsplan nicht beschlossen ist?

Antwort vom 24. Februar 2021

1. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden die Bäume gefällt?

Das Amt für Stadtgrün und Gewässer hat am 19. November 2020 eine Fällgenehmigung und am 18. Dezember 2020 eine Änderungsgenehmigung auf der Grundlage der Baumschutzsatzung erteilt. Die Genehmigung wurde vom zukünftigen Grundstückseigentümer zum Zwecke von bauvorbereitenden Maßnahmen beantragt.

2. Wann und von wem wurde die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durch die Behörde durchgeführt? Gibt es hierzu eine Aktenlage? Wurde eine artenschutzrechtliche Genehmigung erteilt?

Ein Antrag gemäß § 67 BNatSchG auf Befreiung von artenschutzrechtlichen Schutzvorschriften wurde nicht gestellt. Dementsprechend wurde keine artenschutzrechtliche Genehmigung erteilt bzw. gibt es beim Amt für Umweltschutz, Sachgebiet Naturschutzbehörde, hierzu keine Aktenlage.

Im Übrigen wird zum Sachverhalt auf die naturschutzfachlichen Aussagen im Entwurf des Bebauungsplanes "VII-DS-00208 Bebauungsplan Nr. 392 "Wilhelm-Leuschner-Platz"; Stadtbezirk Mitte, Ortsteil Zentrum-Süd; Billigungs- und Auslegungsbeschluss" hingewiesen, insbesondere auf die im Artenschutzbeitrag formulierten Auffassung, dass ein Ausweichen, der weit verbreiteten, störungsunempfindlichen und ungefährdeten sogenannten Allerweltsvogelarten bei aktiver Unterstützung durch die festgesetzten Steuerungs- und Ausgleichsmaßnahmen in Lebensräume im Umfeld möglich ist.

3. Welche Maßnahmen (Vermeidung und CEF-Maßnahmen – vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen) wurden im Zuge der Genehmigung beauflagt? Wie wurden die Maßnahmen umgesetzt?

Gemäß der Fällgenehmigungen müssen an anderer Stelle 157 Ersatzpflanzungen im Wert von 128.195 Euro vorgenommen werden. Nach Auskunft des Freistaates Sachsen werden nach der Bebauung des Grundstückes an Ort und Stelle eine intensive Dachbegrünung vorgenommen und auf den verbleibenden Freiflächen so viel wie möglich neue Bäume gepflanzt.

4. Wie wurden die artenschutzrechtlichen Belange während der Fällung berücksichtigt? (Kontrolle durch eine fachkundige Person erforderlich – auch im ASB so festgelegt)

Mit der Fällung der Bäume und Sträucher wurde eine anerkannte und autorisierte Gartenbaufirma beauftragt. Von einer ordnungsgemäßen Ausführung der Arbeiten ist auszugehen.

5. Wie und auf Grundlage welcher Prüfunterlagen/Fachplan wurde die Eingriffsregelung beim Eingriff in den Vegetationsbestand berücksichtigt?

Eine Beteiligung des Amtes für Umweltschutz, Sachgebiet Naturschutzbehörde, gemäß §§ 14 ff. BNatSchG bzw. §§ 9 ff. SächsNatSchG ist nicht erfolgt.

6. Wie wurde diesem Sachverhalt Rechnung getragen?

Im Rahmen des Änderungsbescheides vom 18.12.2020 zur Fällgenehmigung muss ein Baum erhalten werden. Bei dem Baum handelt es sich um einen gesetzlich geschützten Biotop vom Typ „höhlenreicher Einzelbaum“.

7. Wie wurde die Baumschutzsatzung berücksichtigt?

Die Fällgenehmigung wurde gemäß Baumschutzsatzung erteilt.

8. Wie ist es zu erklären, dass ein Kaufvertrag mit dem Land Sachsen für den Standort des Institutes für Länderkunde die „gehölzfreie“ Übergabe des Grundstückes vorsieht, obwohl der Ausgang des Bebauungsplanverfahrens offen ist, die Auslegung noch nicht beschlossen ist, zum Auslegungsbeschluss Änderungsanträge vorliegen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Abwägung noch nicht durchgeführt und der Bebauungsplan nicht beschlossen ist?

Das Grundstück zwischen Windmühlenstraße und Brüderstraße befindet sich bauplanungsrechtlich im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Davon ausgehend ist eine Bebauung in geschlossener Bauweise und mit einer Gebäudehöhe von 19 bis 25 m bereits heute rechtlich möglich. Nach dem Willen der Leipziger Ratsversammlung soll das Grundstück auch weiterhin ein Baugrundstück bleiben, dies wurde mit Beschluss der städtebaulichen Masterplanung bestätigt (Beschluss Nr. VI-DS-03653-NF-01). Dies wird auch im Bebauungsplanentwurf für den B-Plan zum Wilhelm-Leuschner-Platz berücksichtigt werden.

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