Anfrage: Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes - Neue Gebäude und kein Personal?

Anfrage vom 4. September zur Beantwortung am 20. September 2017

Sachverhalt:
 
Die seit Jahren überfällige Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes befindet sich nach wie vor in Diskussion und soll in Kürze vom Stadtrat beschlossen werden. Während seit Jahren viel Geld in moderne Infrastruktur der Branddirektion investiert wird (Feuerwehrzentrum und zentraler Ausbildungsstandort Gerhard-Ellrodt-Straße sowie der kommende Neubau der Hauptfeuerwache), finden sich im Entwurf des Brandschutzbedarfsplanes keinerlei Aussagen, wie dieser in den kom-menden Jahren personell umgesetzt und dem demografischen Wandel gerecht werden soll. Nach wie vor sind zudem die offenen Fragen nach den Dienstzeiten und Überstundenregelungen nicht geklärt, mehrere hundert Klagen sind beim Arbeitsgericht anhängig.
 
Wir fragen daher an:
 
1.    Existiert eine Personalkonzeption für die 82 Funktionen des Brandschutzbedarfsplanes und wenn ja,

a.    wie ist diese ausgestaltet?
b.    Was sind die zentralen Aussagen?
c.    Warum finden sich dazu keine Aussagen im Brandschutzbedarfsplan?
d.    Welche Möglichkeiten der Einsichtnahme gibt es?


2.    Wieviele Feuerwehrleute gehen bei der Branddirektion Leipzig bis Ende 2020 in Ruhestand und wieviele werden gleichzeitig hier und anderswo als Ersatz ausgebildet?
 
3.    Wie soll ein mögliches Defizit unter 2.) zzgl. zusätzlich benötigter Stellen im Zusammenhang mit den zunehmenden Aufgaben der wachsenden Stadt ausgeglichen werden?
 
4.    Wieviele Auszubildende sollen im Feuerwehrzentrum in der Gerhard-Ellrodt-Straße in den nächsten Jahren bis 2025 die Ausbildungsjahrgänge durchlaufen, wieviele Ausbilder stehen dem entgegen und welches kapazitative Ausbildungspotenzial bietet der Ausbildungsstandort generell?
 
5.    Welche Auswirkungen hätten die vor Gericht anhängigen Klagen zahlreicher Feuerwehrleute gegen die Stadt Leipzig zu den Überstunden, sollten diese Erfolg haben und wie gedenkt die Stadt dieses drohende Problem zu lösen?
Dazu:

a.    Wieviele Überstunden sind streitig?
b.    Welche Kosten kämen im Falle einer finanziellen Abgeltung der streitigen Überstunden auf die Stadt Leipzig zu und wurden entsprechende Rücklagen gebildet?
c.    Wie gedenkt die Stadt die personelle Aufrechterhaltung der Branddirektion zu lösen, sollten die streitigen Überstunden nicht finanziell, sondern mit Freistellung abgegolten werden?

Antwort der Verwaltung:

1. Existiert eine Personalkonzeption für die 82 Funktionen des Stellenbedarfsplanes und wenn ja,

a) Wie ist diese ausgestaltet?

Entsprechend eines Funktionsbesetzungsplanes in der Berufsfeuerwehr werden täglich 82 Funktionen besetzt bzw. vorgehalten.
Der Stellenplan der Branddirektion umfasst 617,675 Stellen. Um die 82 Funktionen sicherzustellen, sind 393 Stellen für die Abteilung Einsatzdienst errechnet und im Stellenplan 2017/2018 ausgewiesen.

b) Was sind die zentralen Aussagen?

Die zentrale Aussage im Funktionsbesetzungsplan ist, welche Einsatzfunktionen (Wachschichtführer, Gruppenführer, Truppführer und Truppmänner) auf welchen Fahrzeugen und in welchen Feuerwachen der Berufsfeuerwehr täglich rund um die Uhr im Einsatzdienst vorzuhalten sind (z.B. für ein Hilfeleistungslöschfahrzeug: 1 Gruppenführer, 3 Truppführer und 2 Truppmänner, gesamt also 6 Funktionen).

c) Warum finden sich dazu keine Aussagen im Brandschutzbedarfsplan?

Die 82 Funktionsstellen wurden bereits in der 2. Fortschreibung des Brandschutz-bedarfsplanes 2010 bis 2015 definiert. Im Zuge der Erarbeitung der 3. Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes 2017 bis 2021 wurde die Anzahl der Funktionen überprüft und festgestellt, dass eine Erhöhung der Funktionen bei dem derzeitigen Einsatzaufkommen nicht angezeigt ist. Grundlage für diese Einschätzung ist die statistische Entwicklung der Einsätze. Dazu ist festzustellen, dass die Anzahl der Einätze im Jahr 2016 (6030 Einsätze) etwa auf das Niveau des Jahres 2014 (5902 Einsätze) gefallen war und nach Auswertung des ersten Halbjahres 2017 gegen Ende 2017 das Niveau des Jahres 2015 (ca. 6.700 Einsätze) erwarten lässt. Daraus folgt, dass die Anzahl von 82 Funktionen aus der 2. Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes 2010 bis 2015 weiter bestehen bleiben kann. Um das deutlich zum Ausdruck zu bringen, wurde in der 3. Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes der 5. Beschlussvorschlag zur Fortschreibung der 82 Funktionen aufgenommen.

d) Welche Möglichkeiten der Einsichtnahme gibt es?

Die Stellen sind im Stellenplan als Bestandteil des Haushaltsplanes 2017/2018 und der Funktionsbesetzungsplan ist in der 2. Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes 2010 bis 2015 einsehbar.

2. Wie viele Feuerwehrleute gehen bei der Branddirektion Leipzig bis Ende 2020 in Ruhestand und wie viele werden gleichzeitig hier und anderswo als Ersatz ausgebildet?

Mit Stand des kommenden Jahres werden bis Ende 2020 in der Branddirektion 38 "Feuerwehrleute" in den Ruhestand versetzt. (2018: 6, 2019: 17 und 2020: 15)
Die Ausbildung umfasst einen Zeitraum von 24 Monaten und findet an der Sächsischen Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule statt. Mit den sich derzeit in der Ausbildung befindlichen Anwärtern und den Lehrgangsplatzzusagen für die Zugänge ab 2020, die ihre Ausbildung im kommenden Jahr beginnen, werden den Abgängen 29 Zugänge gegenüberstehen. Das Delta von 9 Zugängen wird durch rechtzeitige Stellenausschreibung geschlossen.

3. Wie soll ein mögliches Defizit unter 2.) zzgl. zusätzlich benötigter Stellen im Zusammenhang mit den zunehmenden Aufgaben der wachsenden Stadt ausgeglichen werden?

Bis 2020 wird das Delta von 9 Stellen durch öffentliche Stellenausschreibung rechtzeitig geschlossen.
Mit der Fertigstellung des Feuerwehrtechnischen Zentrums im Jahr 2018 werden die räumlichen und technischen Möglichkeiten für eine Ausbildung hier in der Stadt Leipzig gegeben sein. Um jedoch die Ausbildung durchführen zu können, ist nach § 12 Absatz 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Ausbildung und Prüfung für den feuerwehrtechnischen Dienst eine Vereinbarung zwischen dem SMI und der Stadt Leipzig zur Durchführung des Einführungslehrganges notwendig. Der Bürgermeister und Beigeordnete des Dezernates III hat den Sächsischen Staatsminister des Innern dazu bereits angeschrieben. Eine Antwort aus dem Sächsischen Staatsministerium des Innern steht noch aus.

4. Wie viele Auszubildende sollen im Feuerwehrzentrum in der Gerhard-Ellrodt-Straße in den nächsten Jahren bis 2025 die Ausbildungsjahrgänge durchlaufen, wie viele Ausbilder stehen dem entgegen und welches kapazitative Ausbildungspotenzial bietet der Ausbildungsstandort generell?
Mit der Fertigstellung des Feuerwehrtechnischen Zentrums ist eine räumliche Kapazität von 16 Auszubildenden gegeben. Um die Abgänge ab dem Jahr 2021 ff. zu decken, ist ein Beginn der Ausbildung ab 2019 notwendig. Damit kann die Stadt Leipzig bis zum Jahr 2025 die Ausbildung der Sächsischen Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule mit bis zu 80 Plätzen am Standort unterstützen.
Die erforderlichen Stellen für "Ausbilder" (2 Stellen im gehobenen und 2 Stellen im mittleren Dienst) werden im Rahmen der Doppelhaushalts- und Stellenplanung berücksichtigt. Eine entsprechende Konzeption zur Vorbereitung auf die Verhandlungen über die Vereinbarung mit dem SMI befindet sich bereits im Arbeitsprozess. Stellen werden über externe Ausschreibung besetzt.

5. Welche Auswirkungen hätten die vor Gericht anhängigen Klagen zahlreicher Feuerwehrleute gegen die Stadt Leipzig zu den Überstunden, sollten diese Erfolg haben und wie gedenkt die Stadt dieses drohende Problem zu lösen?

a) Wie viele Überstunden sind streitig?

Insgesamt wurden 161 Klagen wegen Ausgleich von Mehrarbeit erhoben. Der Ausgleich von Mehrarbeit bezieht sich bei allen Klagen auf die über 48 Wochenarbeitsstunden hinaus geleistete Arbeitszeit. Bei einer Vielzahl von Klagen erstreckt sich der Ausgleichsanspruch auch auf die über 40 Wochenarbeitsstunden hinaus geleistete Arbeitszeit. Davon sind drei Pilotverfahren beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) anhängig. Das BVerwG hat darüber zu entscheiden, von welcher wöchentlichen Sollarbeitszeit auszugehen ist. Falls das BVerwG den Klagen stattgibt, würde sich abhängig von der festgestellten Sollarbeitszeit eine zu berücksichtigende Anzahl von Ausgleichsstunden ergeben.

b) Welche Kosten kämen im Falle einer finanziellen Abgeltung der streitigen Überstunden auf die Stadt Leipzig zu und wurden entsprechende Rücklagen gebildet?

Nach der Sächsischen Erschwerniszulagen- und Mehrarbeitsvergütungsverordnung (SächsEMAVO) beträgt der Ausgleich für eine Mehrarbeitsstunde für Beamte der Besoldungsgruppen A 4 bis A 8 13,79 Euro und für die Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 18,93 Euro. Die Stadtverwaltung Leipzig bildet hierfür entsprechende Rücklagen.

c) Wie gedenkt die Stadt die personelle Aufrechterhaltung der Branddirektion zu lösen, sollten die streitigen Überstunden nicht finanziell, sondern mit Freistellung abgegolten werden?

Das Gesetz sieht für den Ausgleich vorrangig einen Freizeitausgleich vor. Ist ein Freizeitausgleich nicht möglich, kommt auch ein finanzieller Ausgleich in Betracht. Wegen der erheblichen Anzahl der im Fall einer Verurteilung auszugleichenden Stunden, käme im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit der Berufsfeuerwehr kein Freizeitausgleich, sondern lediglich ein finanzieller Ausgleich in Betracht.

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