Anfrage: Keine Arbeitserlaubnis – trotz erfolgreicher Vermittlung durch das Jobcenter

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 14. Dezember 2016

Das Jobcenter Leipzig bemüht sich mit Projekten und in der Beratung darum Migranten, Asylsuchende und Geflüchtete in Arbeit zu integrieren. Mitunter wurden in der Vergangenheit auch Menschen aus sogenannten „sicheren Herkunftsländer“  mit eingebunden, die mit einer Duldung in Leipzig leben. Sie wurden in mehrere Praktika geschickt, um Arbeitserfahrung zu sammeln, sich in das deutsche Arbeitsleben zu integrieren und mit der Aussicht, dass bei guter Arbeit eine Übernahme in das Unternehmen möglich sei. Daneben wurden ihnen Stellenanzeigen, Jobangebote überreicht, mit der Aufforderung sich zu bewerben.

Nach erfolgreichem Praktikum oder Bewerbung mussten jedoch mehrere Betroffenen die Erfahrung machen, dass ihnen von der Ausländerbehörde keine Arbeitserlaubnis mit Hinweis auf die aktuelle Asylgesetzgebung erteilt wurde.

Wir fragen an:

1. Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Ausländerbehörde, bei der die Chancen auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis kommuniziert wurden?

2. Wie viele Personen mit Duldung haben im Jahr 2016 einen Antrag auf Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde Leipzig gestellt?

a) Wie viele Anträge davon wurden abgelehnt?
b) Mit welchen Begründungen wurden die Anträge abgelehnt?
c) In wie weit liegt die Entscheidung der Gestattung oder Ablehnung im Ermessen der Ausländerbehörde Leipzig?

3. Wie viele der betroffenen Personen, deren Anträge auf Arbeitserlaubnis abgelehnt wurden, bekamen im Vorfeld als „Kunden“ des Jobcenter Leipzig, Praktika, Maßnahmen zur Integration oder ähnliches vermittelt und wurden dazu aufgefordert, sich auf Stellenanzeigen zu bewerben?


Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 14. Dezember 2016

Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte! Vorweg: Personen, die dem in der Frage beschriebenen Status unterliegen, erhalten noch keine Leistungen der Grundsicherung vom Jobcenter. Damit erfolgt die Beratung und Vermittlung durch die Agentur für Arbeit und ist freiwillig.

Zur ersten Frage. Zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der zuständigen Behörden erfolgt ein regelmäßiger Austausch. Dabei werden grundsätzliche Fragestellungen und Einzelfälle besprochen. Der Dialog ist lösungsorientiert und wird aus unserer Sicht auch professionell durchgeführt.

Grundsätzlich können Ausländerinnen und Ausländer, die eine Duldung besitzen, gemäß § 32 Absatz 1 Beschäftigungsverordnung eine Zustim­mung zur Ausübung einer Beschäftigung erhalten, wenn sie sich drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Hierzu gibt es allerdings drei Ausnahmen entsprechend § 60a Absatz 6 Aufenthaltsgesetz, nach dem einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, keine Erwerbstätigkeit erlaubt werden darf. Diese Entscheidung obliegt der Ausländerbehörde, hier: der Stadt Leipzig. Diese liegt vor, wenn der Ausländer sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, oder wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei dem Ausländer aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können, oder wenn der Ausländer Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde. Liegen diese Voraussetzungen vor, darf keine Erlaubnis erteilt werden, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Zur zweiten Frage. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 492 Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gestellt. 323 Anträge wurden durch Personen gestellt, bei denen der Status der Duldung möglich ist. Unter den gestellten 323 Anträgen sind daher auch Personen zu finden, die sich noch im Asylverfahren befinden und im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind.

72 Anträge wurden abgelehnt. Die Aufnahme einer Beschäftigung von Personen mit Duldung nach einer Aufenthaltsdauer von drei Monaten kann nur abgelehnt werden, wenn die Agentur für Arbeit im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 32 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ihre Zustimmung versagt oder die Voraussetzungen des § 60a Absatz 6 erfüllt sind. Das heißt: Bei den 72 Anträgen, die abgelehnt wurden, lagen entweder eine Ablehnung der Agentur für Arbeit - für uns nicht nachprüfbar, weil eigene Prüfkriterien - oder aber eine Entscheidung der Ausländerbehörde entsprechend Aufenthaltsgesetz vor. Ein Ermessensspielraum ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 60a Absatz 6 Aufenthaltsgesetz nicht vorhanden. Das heißt: Liegen die Voraussetzungen vor, muss abgelehnt werden. Die Versagung der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit führt ebenfalls zwingend zur Ablehnung der beantragten Erlaubnis.

Zur dritten Frage. Eine Erfassung der angeforderten Daten erfolgt weder in der Bundesagentur noch in der Ausländerbehörde.

Stadträtin Cagalj Sejdi (Bündnis 90/Die Grünen): Vielen Dank. - Eine kurze Rückfrage dazu: Sie sagten, die Ausländerbehörde habe keinen Ermessensspielraum und es gebe sehr viele gesetzliche Vorgaben, wer eine Arbeitserlaubnis bekommen kann und wer nicht. Warum gibt es dann trotzdem Fälle, dass Menschen in Maßnahmen der Arbeitsagentur zu Praktika und Bewerbungen ermutigt werden, wenn der Gesetzgeber von vornherein klarstellt, dass sie gar keine Arbeitserlaubnis erhalten können? Das heißt doch, dass die Absprachen eben nicht hundertprozentig funktionieren.

Bürgermeister Rosenthal: Diese Frage habe ich heute auch der Ausländerbehörde gestellt. Sie kann sich das Verfahren vonseiten des Jobcenters oder der Arbeitsagentur nicht erklären. Aus Sicht der Ausländerbehörde ist das Verfahren klar. Sie hat auch mit solchen Fällen zu tun, ist aber nicht diejenige, die die Menschen ermuntert, über Praktika etc. sozusagen in Vorleistung zu gehen in der Hoffnung, eine Beschäftigungserlaubnis zu erhalten.

Stadträtin Cagalj Sejdi (Bündnis 90/Die Grünen): Ist das so zu verstehen, dass das Problem bei der Agentur für Arbeit liegt?

Bürgermeister Rosenthal: Ja.

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