Anfrage: Kommunale Wärmeplanung

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 22. Mai 2024

Vor dem Hintergrund der verabschiedeten Energieleitlinie (VII-DS-08573), der Beschlüsse der Stadt zum Ausstieg aus der Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf (VI-A-08196-NF-02), zur kommunalen Wärmeplanung (VII-A-02889) sowie der Anfrage „Solarausbau, Kohleausstieg und Energiewende – wo steht Leipzig?“ (VII-F-09609) von Januar 2024 und der Zusage für die Stadt Leipzig als Modellkommune von "100 klimaneutrale und smarte Städte“ für einen ambitionierten Klimaneutralitätspfad mit Unterstützung durch die Europäische Union stellen wir folgende Fragen zur Kommunalen Wärmeplanung (KWP) durch die Stadt Leipzig/Stadtwerke Leipzig/Netz Leipzig/LWB:

1. Potentielle Wärmequellen und Wärmemengen

a. Welche potentiellen Wärmequellen und zu welchen Wärmemengen flossen in die KWP ein?

b. Inwieweit wurde dabei u.a. auch die Wärme aus dem Heizkraftwerk Süd, die Abwärme aus dem Chemie-Standort Leuna, Abwasserwärme (z.B. Kläranlage Rosental), Solarthermie (u.a. Lausen), Fluss- und Seenthermie, berücksichtigt?

c. Inwieweit wurde der Anschluss von Stadtrandgebieten durch die Errichtung dezentraler Nahwärmenetze und die Nutzung im Register erfasster lokaler Wärmeemittenten (Prosumer-Ansatz, Quartierslösungen, Bildung eigener Energiegenossenschaften) berücksichtigt?

d. Welche Potenziale im Umland Leipzigs wurden berücksichtigt?

e. Wurde insbesondere angenommen, dass die Fernwärmeversorgung durch Verbrennung von Wasserstoff erfolgt? Wenn ja: Ab wann, zu welcher Menge und zu welchem Preis?

2. Der Antwort zur Anfrage VII-F-09609-AW-01 “Solarausbau, Kohleausstieg und Energiewende – wo steht Leipzig?“ entnehmen wir, dass für die Jahre 2024 und 2025 noch 40% der Wärmelieferung für Leipzig aus Lippendorf stammen sollen. Dabei handelt es sich nicht um eine Restwärmemenge – wie im Oktober 2019 beschlossen - sondern um einen substantiellen Beitrag zum Wärmemix. Wenn, wie zum Klimanotstandsbeschluss vorgesehen, nach 2025 keine Wärme aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf mehr bezogen werden soll (https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/TO020?TOLFDNR=1118385), stellt sich die Frage, wie die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses gewährleistet werden soll?

3. Welche Eingangsparameter flossen im „Wärme für Leipzig“ Meilenstein 2 „Szenarienentwicklung nach Wirtschaftlichkeit/Versorgungssicherheit und Klimawirkung“ ein (vorgesehen für Q1/2 2023, siehe Zeitplan waerme-fuer-leipzig.de): z.B. Eingangs- sowie zeitliche Entwicklung des Erdgas- sowie des Wasserstoffpreises?

4. Welche Kriterien für Klimaneutralität wurden der Wärmeplanung zugrunde gelegt und wie wurden die einzelnen Bewertungskriterien zur Variantenfindung gewichtet, z.B. Wirtschaftlichkeit, CO2-Emissionen, CO2-Preis usw.?

5. Zum Chemiestandort Leuna:

a. Worauf fußt die Annahme, dass der Chemiestandort Leuna seine Überschusswärme den Stadtwerken Leipzig langfristig zur Verfügung stellen will, anstatt diese selbst zu nutzen?

b. Wurde die zukünftige Entwicklung des Raffinerie-Geschäfts berücksichtigt und gibt es Alternativpläne im Fall einer nicht mehr verfügbaren Wärme aus dem Chemie-Standort Leuna?

c. Wie wird im Hinblick auf Strategie und CO2-Emissionen gewichtet, dass die Abwärme aus dem Chemiestandort/total energies aus fossilem Geschäft stammt?

 

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 22. Mai 2024

Vorbemerkung: Auf Grundlage des Stadtratsbeschlusses zur Vorlage VII-A-02889 hat die Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit den Leipziger Stadtwerken und der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft sowie einem beauftragten Generalunternehmen (siehe Vorlage VII-DS-07720) seit Anfang 2023 an der Erarbeitung des Wärmeplans gewirkt. Zum Zeitpunkt des Stadtratsbeschlusses bzw. zum Projektbeginn war noch nicht absehbar, dass mit dem Beschluss zum Wärmeplanungsgesetz eine bundesgesetzliche Rahmensetzung einschließlich der dort genannten Fristen existieren würde. Dem Auftrag des Stadtrates folgend, wurden die bis jetzt erarbeiteten Ergebnisse in einer Vorlage zusammengestellt. Diese soll demnächst dem Stadtrat und der Öffentlichkeit präsentiert werden, sodass die Antworten auf die hier vorgelegten Fragen einen Vorgriff darstellen. In der Vorlage werden weitere Erläuterungen enthalten sein, die die Antworten besser einordnen lassen. Der Fahrplan sieht vor, in den nächsten Monaten einen vollständigen und allen gesetzlichen Regelungen entsprechenden kommunalen Wärmeplan zu erarbeiten.

  1. Potentielle Wärmequellen und Wärmemengen
  1. Welche potentiellen Wärmequellen und zu welchen Wärmemengen flossen in die KWP ein?

Bislang wurden folgende Energieträger im Rahmen der Potenzialanalyse der Wärmeplanung untersucht:

  • Solarthermie
  • Flusswasser
  • Kanalwärme
  • Biomasse
  • Seethermie
  • Tiefengeothermie
  • Industrielle Abwärme
  • Luftwärme
  • Oberflächennahe Geothermie
  • Grundwasser- / Aquifernutzung
  • Saisonalspeicher

Da die Erstellung des Wärmeplans noch nicht abgeschlossen ist, werden ggf. noch

weitere Arten von klimaneutralen Wärmequellen ergebnisoffen untersucht.

  1. Inwieweit wurde dabei u.a. auch die Wärme aus dem Heizkraftwerk Süd, die Abwärme aus dem Chemie-Standort Leuna, Abwasserwärme (z.B. Kläranlage Rosental), Solarthermie (u.a. Lausen), Fluss- und Seenthermie, berücksichtigt?

Alle erwähnten Wärmequellen wurden als mögliche Wärmequellen untersucht und berücksichtigt.

Mit Ausnahme von Fluss‐ und Seethermie handelt es sich um geplante Bestandteile der zukünftigen Fernwärmeversorgung in Leipzig. Die Dekarbonisierung der Fernwärme wurde im Transformationsplan der Leipziger Stadtwerke erarbeitet. Gemäß Wärmeplanungsgesetz wurde dieser Plan in den kommunalen Wärmeplan eingebunden.

  1. Inwieweit wurde der Anschluss von Stadtrandgebieten durch die Errichtung dezentraler Nahwärmenetze und die Nutzung im Register erfasster lokaler Wärmeemittenten (Prosumer-Ansatz, Quartierslösungen, Bildung eigener Energiegenossenschaften) berücksichtigt?

Die Untersuchung von dezentralen Nahwärmenetzen ist Gegenstand der weiteren Betrachtungen in diesem Jahr. Im Verlauf dieser weiteren Konkretisierung der Wärmeplanung gilt es auch weitere Wärmequellen im Stadtgebiet zu identifizieren.

  1. Welche Potenziale im Umland Leipzigs wurden berücksichtigt?

Die systematische Untersuchung und Erhebung der Potenziale konzentrierte sich bislang auf die Potenziale auf Stadtgebiet. Für eine Nutzung der Potenziale im Fernwärmenetz ist aufgrund der notwendigen Anbindung eine Erschließung von breit untersuchten Potenzialen im Umland nur bei Vorhandensein großer Wärmequellen sinnvoll. Eine solche Quelle wurde im Chemiedreieck Leuna gefunden und wird im Rahmen des Projekts industrielle Abwärme West weiterverfolgt.

  1. Wurde insbesondere angenommen, dass die Fernwärmeversorgung durch Verbrennung von Wasserstoff erfolgt? Wenn ja: Ab wann, zu welcher Menge und zu welchem Preis?

Sobald eine Anbindung an ein Wasserstofftransportnetz und ein wirtschaftlicher Einsatz von Wasserstoff am Standort Süd darstellbar ist, soll das HKW Süd mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Für den Transformationspfad der Leipziger Stadtwerke wurde konservativ unterstellt, dass der vollständig kommerzielle Einsatz erst nach 2035 erfolgen kann. Für diesen Zeitpunkt erscheint nach heutigen Preissimulationen und gemäß den Projektionen für ein zukünftiges Wasserstofftransportnetz ein Wechsel von Erdgas auf Wasserstoff möglich. Für den Wechsel wurde unterstellt, dass die zukünftigen Gaspreise und CO2‐Kosten denen von Wasserstoff im Grundsatz entsprechen. Die abgeleiteten Prognosen zeigen, dass in allen betrachteten Szenarien zukünftig durch die Nutzung von Wasserstoff weniger als 10% der Heizwärme erzeugt werden kann. Sollte sich der Bau von Transportleitungen früher realisieren und die Marktsituation den Einsatz von Wasserstoff in der Wärmeerzeugung ermöglichen, wird diese Umstellung früher erfolgen können.

  1. Der Antwort zur Anfrage VII-F-09609-AW-01 “Solarausbau, Kohleausstieg und Energiewende – wo steht Leipzig?“ entnehmen wir, dass für die Jahre 2024 und 2025 noch 40% der Wärmelieferung für Leipzig aus Lippendorf stammen sollen. Dabei handelt es sich nicht um eine Restwärmemenge – wie im Oktober 2019 beschlossen - sondern um einen substantiellen Beitrag zum Wärmemix. Wenn, wie zum Klimanotstandsbeschluss vorgesehen, nach 2025 keine Wärme aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf mehr bezogen werden soll (https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/TO020?TOLFDNR=1118385), stellt sich die Frage, wie die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses gewährleistet werden soll?

Der Vertrag zur Lieferung von Wärme aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf endet zum 31.12.2025. Aktuell laufen die entsprechenden Vorbereitungen.

  1. Welche Eingangsparameter flossen im „Wärme für Leipzig“ Meilenstein 2 „Szenarienentwicklung nach Wirtschaftlichkeit/Versorgungssicherheit und Klimawirkung“ ein (vorgesehen für Q1/2 2023, siehe Zeitplan www.waerme-fuer-leipzig.de): z.B. Eingangs- sowie zeitliche Entwicklung des Erdgas- sowie des Wasserstoffpreises?

Da Erdgas nicht die Eignung hinsichtlich der Klimawirkung erfüllt, spielte die Entwicklung des Erdgaspreises keine Rolle in der Entwicklung eines Zielszenarios für das Jahr 2038. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Entwicklung des Wasserstoffpreises wird auf die Antwort zur Frage 1 e. verwiesen. Als Parameter wurden u.a. die Strompreisentwicklung und die Kostenentwicklung bei verschiedenen Technologien (Wärmepumpen etc.) berücksichtigt. Weitere Erläuterungen zur Szenarientwicklung und den gesetzten Prämissen enthält die Vorlage, die demnächst veröffentlicht wird.

  1. Welche Kriterien für Klimaneutralität wurden der Wärmeplanung zugrunde gelegt und wie wurden die einzelnen Bewertungskriterien zur Variantenfindung gewichtet, z.B. Wirtschaftlichkeit, CO2-Emissionen, CO2-Preis usw.?

Die Kriterien zur Klimaneutralität wurden gemäß den Regelungen des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) angewendet. Das Gesetz sieht vor, dass die Entscheidung für eine Wärmeversorgungsart anhand folgender Kriterien getroffen wird: Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit u. Klimawirkung

Für die Blockebene wurde die optimale Versorgungsart nach der Wirtschaftlichkeit bestimmt. Dabei wurden nur Technologien berücksichtigt, die hinsichtlich der Versorgungssicherheit und Klimawirkung (100 % erneuerbare Energien bis 2038) auf Gebäudeebene geeignet sind. Die Versorgungssicherheit und Klimawirkung wurde zudem auf Ebene der Gesamtstadt geprüft, um mögliche Potenzialeinschränkungen erkennen zu können.

  1. Zum Chemiestandort Leuna
  1. Worauf fußt die Annahme, dass der Chemiestandort Leuna seine Überschusswärme den Stadtwerken Leipzig langfristig zur Verfügung stellen will, anstatt diese selbst zu nutzen?

Es handelt sich hierbei nicht um eine Annahme, sondern eine vertragliche Verpflichtung, welche die TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland in Leuna gegenüber den Leipziger Stadtwerken eingegangen ist.

  1. Wurde die zukünftige Entwicklung des Raffinerie-Geschäfts berücksichtigt und gibt es Alternativpläne im Fall einer nicht mehr verfügbaren Wärme aus dem Chemie-Standort Leuna?

Die zukünftige Entwicklung des Raffineriegeschäfts wurde im Rahmen der Entscheidungsfindung umfangreich (auch mit externer Expertise) betrachtet und berücksichtigt. Im Rahmen der derzeitigen Weiterentwicklung der Erzeugungsstrategie wird auch das Besicherungskonzept aktualisiert, welches auch den Ausfall der Abwärme aus Leuna berücksichtigen wird. Parallel hierzu laufen Gespräche mit weiteren potenziellen Abwärmelieferanten in der Region.

  1. Wie wird im Hinblick auf Strategie und CO2-Emissionen gewichtet, dass die Abwärme aus dem Chemiestandort/total energies aus fossilem Geschäft stammt?

Gemäß Wärmeplanungsgesetz ist industrielle Abwärme anderen Erneuerbaren Energien als klimaneutrale Wärme gleichgestellt.

 

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