Anfrage: Lärm- und Feinstaubbelastung durch Busunternehmen in der Menckestrasse

Anfrage vom 13. April 2016 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 18. Mai 2016

Seit Jahren nutzen die in- und ausländischen Tourismusunternehmen für ihre Stadtrundfahrten auch die Menckestraße in Gohlis. Dort befindet sich das historische Schillerhaus - Anziehungspunkt vieler Touristen. Zum Teil fahren dort entlang Oldtimerbusse der Royal London Bus GmbH mit H-Kennzeichen, die nachweislich hohe Schadstoffe wie Kohlenmonoxid und feine Rußpartikel ausstoßen. Täglich fahren mehr als 60 Stadtrundfahrtbusse das Schillerhaus an und das an ca. 365 Tagen im Jahr. Vor allem an Wochenenden und Feiertagen passieren mehr als 80 Busse die Menckestraße.

Leipzig hat neben Stuttgart nicht nur eine  hohe Feinstaubbelastung, sondern auch eine hohe Lärmbelastung. Diese Belastung wird auch vor Ort in der Menckestraße durch den permanenten Lärm durch die Lautsprecherdurchsagen bis in die Abendstunden oder der laufenden Motoren vor dem Schillerhaus deutlich. Dies führt zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität der Anwohner*innen führt.

Deshalb fragen wir an:

  1. Warum werden Stadtrundfahrten in einer grünen Umweltzone auf Oldtimer-Bussen durchgeführt, deren Abgasbelastungen im Fahrbetrieb weit über den zulässigen Grenzwerten liegen?
  2. Die Dezibelgrenze der Lautsprecherdurchsagen und Busse mit laufenden Motoren wird regelmäßig in der Menckestraße überschritten. Warum werden die störenden Lautsprecheransagen (Live-Ansagen) der Busunternehmen nicht wenigstens geräuschärmer durchgeführt bzw. in den Abendstunden ausgesetzt? Eine Alternative wären z. B. Kopfhörer-Durchsagen.
  3. Leipzig erarbeitet gerade den Maßnahmenkatalog für den Touristischen Entwicklungsplan (TEP) bis zum 2. Quartal 2016. Fließen in diesen Maßnahmenkatalog auch entsprechende Maßnahmen für einen ökologisch-nachhaltigen Tourismus, u. a. mit Elektromobilität ein?
  4. Wurde bisher seitens der Stadt Leipzig eine Kontrollmessung in der Menckestraße bezüglich der Feinstaubbelastung des Lärms vorgenommen? Wenn nein, warum nicht?
  5. Ist hinsichtlich der Umsetzung des Lärmaktionsplans und des Luftreinhalteplans seitens des Umweltamtes eine Prüfung und gegebenenfalls Minderung der Belastungen der Anwohner*innen in der Menckestrasse geprüft worden?

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 18. mai 2016 (Auszug aus dem Verlaufsprotokoll)

Bürgermeister Rosenthal:
Zur ersten Frage. Historische Busse, sogenannte Oldtimer, sind über ein „H“-Kennzeichen befreit und können gemäß 35. Bundes-Immissionsschutzverordnung in die Umweltzone einfahren. Sogenannte Oldtimerbusse ohne „H“- Kennzeichen müssen natürlich über eine grüne Plakette verfügen.

Zur zweiten Frage. In der Menckestraße erfolgte wegen mehrerer Anzeigen jeweils eine rechtliche Prüfung, ob Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung oder das Ordnungswidrigkeitengesetz vorliegen. Es konnte kein ordnungswidriges Handeln festgestellt werden, auch nicht in Kenntnis des Sachverhalts in der Fragestellung.

Zur dritten Frage. Das in Abstimmung befindliche Maßnahmenkonzept des Touristischen Entwicklungsplans der Stadt berücksichtigt den Themenkomplex Nachhaltigkeit. Dabei sind umweltfreundliche Mobilitätskonzepte auch Kriterium für eine nachhaltige Ausrichtung einer Tourismusdestination. Insofern werden auch Maßnahmen - konkret diese Punkte - in dem neu entwickelten Maßnahmenkatalog aufgeführt werden.

Zur vierten Frage. Die Luftschadstoffbelastung in der Menckestraße wurde vom Amt für Umweltschutz auf Basis sehr konservativer Parameter berechnet. Es wurden dabei 100 schwere Nutzfahrzeuge täglich, darunter 90 Busse, und die Verkehrssituation Stop-and-go angenommen. Aus der Berechnung ergeben sich keine Überschreitungen der Grenzwerte für PM10, PM2,5 und NO2. Insofern ist auch keine Kontrollmessung erforderlich.

Zur fünften Frage. Die gemäß der 39. BImSchV zum Schutz der menschlichen Gesundheit maßgeblichen Immissionsgrenzwerte werden in der Menckestraße nicht überschritten, wie eben dargelegt. Insofern gibt es keinen Handlungsbedarf bei der Fortschreibung. Auch ist eine Überschreitung der Auslösewerte für Kfz-Verkehrslärm, für die im bestehenden Lärmaktionsplan ein sofortiger Handlungsbedarf festgelegt wurde, nicht gegeben.

Nachfrage Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Dann ist ja alles gut, Herr Rosenthal. Dann kann man ja zufrieden sein. Es gibt zwar seit Jahren Bürgerbeschwerden, aber die Stadtverwaltung sieht keinen Handlungsbedarf. - Gut. Das nehmen wir erst einmal so zur Kenntnis. Zu meiner Nachfrage. Da es diese Bürgerbeschwerden gibt, die auch Ihnen bekannt sein sollten: Ist es vorstellbar, dass dort ein Halteverbot eingerichtet werden kann? Oder anders gefragt: Gibt es Überlegungen seitens der Stadt, dort ein Halteverbot einzurichten? Dann wären es ja Ordnungswidrigkeiten, wenn die Busse dort ewig lange, bei laufendem Motor vor den Wohnhäusern stehen und die Leute ein- und aussteigen lassen.

Bürgermeister Rosenthal: Für die Halteverbotsthematik bin ich fachlich nicht zuständig, kann Ihnen aber versichern, dass Kollegin Dubrau und ich uns mit diesem Sachverhalt ausführlichst, hinlänglichst beschäftigt haben und dass wir beide gemeinsam auch den Anwohnern mehrfach schriftlich mitgeteilt haben, dass wirkeine Möglichkeiten sehen, straßenverkehrsrechtliche Änderungen vorzunehmen.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Okay. Das nehme ich auch so zur Kenntnis. - Sind Ihnen weitere Beschwerden aus anderen Gebieten in der Stadt bezüglich der roten Oldtimerbusse bekannt? Meiner Fraktion gehen regelmäßig dazu Informationen zu. Wie steht die Stadtverwaltung selbst zu diesen durchaus sehr viel Dreck und Lärm verursachenden Tourismusbussen?

Bürgermeister Rosenthal: Bei Oldtimerbussen haben wir natürlich wenig Handhabe.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Ich hatte gefragt, wie Sie dazu stehen. Dass Sie keine Handhabe haben, haben Sie jetzt schon ausreichend erläutert. Aber wie stehen Sie zum Schutz der Bürger, die sich immer wieder darüber beschweren?

Bürgermeister Rosenthal: Ich hatte schon erläutert, dass es eine Rechtslage gibt. Und die Rechtslage ist auch für eine öffentliche Verwaltung bindend.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Ja, gut. Aber diese Rechtslage kann man ja auch.

Bürgermeister Rosenthal: - Da ist es irrelevant, welche persönliche Haltung ich zu stinkenden Oldtimerbussen habe.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Aber auch zu einer Rechtslage kann die Stadtverwaltung eine positive oder negative Meinung haben. Man kann sie gutheißen und trotzdem versuchen, den Betroffenen zu helfen. Sind Sie mit der Rechtslage zufrieden? Ist für Sie damit quasi alles gut? Auch aus Klimaschutzgesichtspunkten ist die Gesetzeslage total toll und zufriedenstellend, ja?

Bürgermeister Rosenthal: Global gesprochen, nein. Auf den konkreten Sachverhalt reduziert, ich muss es so zur Kenntnis nehmen, nämlich dass uns keine anderen Regelungen an die Hand gegeben sind, hier Veränderungen vorzunehmen.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Danke auch.

Stadtrat Müller (SPD): Ich habe über 25 Jahre gegenüber dem Schillerhaus gewohnt und kenne es nun schon 68 Jahre meines Lebens. Seit 68 Jahren gibt es in der Menckestraße eine Gruppe von Menschen, die es ganz schlimm findet, wenn durch die Stadt Busse fahren. Geben Sie mir recht, dass es aufgrund der Verkehrslage in dieser schmalen Straße eine zufriedenstellende Lösung nicht geben kann? Die Busse fahren auch am Gohliser Schlösschen vorbei. Dort ist die Straße breit, da ist alles frei, da passiert nichts. Ich muss auch Herrn Volger widersprechen. Die Busse halten nicht, damit die Leute dort ein- und aussteigen können. Die Busse halten dort, die Leute gucken, und dann fahren die Busse weiter. Klar, das ist natürlich mit einer Lärmbelästigung durch Abrieb verbunden, und es kommt zu NOx- Emissionen, aber wir sind nun einmal eine touristische Stadt. Die einzige Alternative wäre, das Schillerhaus zu sprengen. Dann fahren die Busse dort nicht mehr durch.

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