Anfrage: Leipziger Schulbaurichtlinie - Überarbeitung der Vorgaben zu den baulichen Standards für Objekte der Stadt Leipzig, Teil B-D: Schulen: Grundschulen, Oberschulen, Gymnasien
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 26. Februar 2020
Schulen sind Bildungsorte, sie wirken sich auf den Unterricht und die Lernatmosphäre aus. Unsere Schulen, insbesondere für die wir heute investieren, sollen 100 Jahre ihrem eigentlichen Zweck dienlich sein, sie sollen nachhaltig gebaut sein und sich funktional anpassen lassen.
Ein älterer Beschluss der Ratsversammlung von 2012 „Leipziger Schulbaurichtlinie für zeitgemäße Bildungsbauten“ (Antrag 301/12 Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) beinhaltete den Auftrag zur Erstellung einer Leipziger Schulbaurichtlinie, die angelehnt ist an die Empfehlungen der Montag Stiftung. Diese sollte beschreiben, was eine Schule zu einem Bildungsort macht: vielfältige Lern- und Erfahrungsräume, Barrierefreiheit, Raum für variable Arbeitsformen, zeitgemäße technische Ausstattung, kulturelles Lernen, gesunde Lernumgebung, eröffnet demokratisches Lernen, Vorbild im Umgang mit Umwelt und Technik, Öffnung der Schule zur Stadt – die Stadt öffnet sich zur Schule, Beteiligung der Nutzer*innen bei einem Schulneubau oder einem Schulumbau. Diese Anforderungen sollen insbesondere durch verschiedene moderne Organisationsmodelle wie Raum-in-Raum-Prinzip (Lernlandschaft/Lernbereiche), Clusterorganisation (Klassenfamilie, Lernhaus, Lerngruppen- oder Fachbereichscluster), Klassenraum plus umgesetzt werden.
Am 1. Februar 2018 beschloss die Ratsversammlung dann über die Planungsgrundlagen für Leipziger Schulgebäude. Da zeitgleich die Novellierung des sächsischen Schulgesetzes die Standards hinsichtlich der Raumanforderung für Kinder mit besonderem Förderbedarf definiert hat, war eine Überarbeitung der Standards schon beim Beschluss angezeigt. Im Umsetzungsbericht ist vermerkt, dass die geänderten Standards im 1. Quartal 2019 fertiggestellt werden sollen.
Mit dem dazu bestätigten Änderungsantrag wurde die Stadtverwaltung aufgefordert, sich gegenüber der Landesregierung für eine Überarbeitung der Sächsischen Schulbaurichtlinie von 1993 einzusetzen. Dazu gibt es bis heute keinen neuen Stand.
Wir fragen an:
- Inwiefern hat die Stadtverwaltung die 2018 bekannt gegebenen baulichen Standards für Schulen im Sinne des Sächsischen Schulgesetzes nochmals überarbeitet?
- Mit welchem Ergebnis hat die Stadt Leipzig bei der Landesregierung die Forderung der Überarbeitung der Sächsischen Schulbaurichtlinie gemäß Beschluss vom 1.2.2018 eingebracht?
- An welchen Schulen wurden jeweils Quartiersschul- und Campuslösungen umgesetzt?
- An welchen Schulen wurden bisher jeweils die genannten Organisationsmodelle Cluster, Klassenraum plus und Lernlandschaft umgesetzt?
- Bei welchen Schulbauprojekten wurden die späteren Nutzer*innen (außer Schulleitung) in Phase 0 beteiligt? Wurden ihnen die verschiedenen Raummodelle und deren Vorteile vorgestellt? Welche Ergebnisse brachte die Beteiligung hinsichtlich einer Offenheit für flexible Unterrichtsmöglichkeiten (alternativ zur Flurschule?)
- Gibt es Ergebnisse aus den beauftragten Evaluationen der inzwischen ans Netz gegangenen Schulneu-, Um- und Ausbauten, bzw. Nachverdichtungen seitens der Nutzer*innen? Wenn ja, wie bewerten die Nutzer*innen ihren Schulbau? Welche Rückschlüsse zieht die Verwaltung aus den Evaluationen, wie wirken diese sich auf die neuen Planungen aus?
- Wie bewertet die Stadtverwaltung Architektenentwürfe hinsichtlich der Raummodelle im Zusammenhang mit den Baukosten?
- Welche Einschränkungen bestehen seitens des Freistaats hinsichtlich der Förder- oder Genehmigungsfähigkeit der genannten modernen pädagogischen Organisationsmodelle?
Antwort der Verwaltung:
zu 1.
Die baulichen Standards werden derzeit federführend durch das Amt für Gebäudemanagement überarbeitet. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.
zu 2.
Der Prozess zur Erarbeitung landeseinheitlicher Raumprogrammempfehlungen wurde durch den Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) angestoßen und federführend durch diesen gesteuert. Letztmalig im Sommer 2019 fand eine durch den SSG organisierte Veranstaltung statt, an der auch die Stadt Leipzig teilgenommen hat. Die Teilnehmerzahl war insgesamt gering. Darüber hinaus findet sich das Thema auch im aktuellen Koalitionsvertrag wieder. Dort heißt es: "Die Schulbaukultur in Sachsen werden wir durch die Erarbeitung einer Schulbauleitlinie fördern."
zu 3.
Bei den in Bau befindlichen Maßnahmen Schulcampus Ihmelsstraße und Schulcampus Grünau werden Quartiersschul- und Campuslösungen umgesetzt. Eine weitere Campuslösung am Dösner Weg befindet sich derzeit in der Planung.
Darüber hinaus kann auch der Deutsch-Französischen Bildungscampus als positives Beispiel hervorgehoben werden.
zu 4.
Im Projekt Grundschule Arthur-Nagel-Straße wird das Konzept Cluster mit Freilernbereich umgesetzt. Jeder Jahrgangsstufe ist einer zentralen Zone (Marktplatz oder Freilernbereich) zugeordnet.
Anmerkung: Aus Gründen der Terminologien im Brandschutz wird im Projekt nicht vom "Cluster" gesprochen.
Weitere Schulbauten, bei denen die genannten Organisationsmodelle umgesetzt wurden bzw. werden:
Neubau Gerda-Taro-Gymnasium
Neubau Grundschule Gießerstraße 6 - Jahrgangscluster
Neubau Grundschule Gerichtsweg - Jahrgangscluster
Neubau Grundschule Thierschstraße - offene Lernlandschaft Bibliothek Foyer
In der Grundschule Elsbethstraße wird bereits seit mehreren Jahren ein übergreifendes Konzept mit übergreifender Nutzung der Räume/Flure umgesetzt.
zu 5.
Bei den geplanten Neubauvorhaben Arthur-Nagel-Str. und Gerichtsweg wurden Beteiligungen der Schulgemeinschaft während und vor dem Vergabeverfahren durchgeführt. Die Vorstellung der Möglichkeit von Clusterbildung etc. ist seit 2018 Bestandteil der durchgeführten Beteiligungen. Mögliche Alternativen zur Flurschule werden von den Schulgemeinschaften begrüßt, andere Fragestellungen waren in der Regel jedoch von größerem Interesse. Die sächsische Brandschutzordnung hat Clusterlösungen bislang schwer ermöglicht, dies hat die Umsetzung bislang eingeschränkt. Die genannten Projekte befinden sich noch in der frühen Planung, daher steht die Umsetzung der Cluster noch nicht fest.
Bei der Beteiligung der Schule am Auensee wurden Cluster ebenfalls thematisiert. Weitere Beteiligungen sind in Planung, bzw. werden in den nächsten Monaten stattfinden.
zu 6.
Derzeit wurde noch keine Schulbaumaßnahme auf Grundlage der Schulbaustandards fertiggestellt. Eine solche Befragung wird durchgeführt, sobald mindestens fünf nach Schulbaustandards errichtete Einrichtungen für mindestens 6 Monate im Betrieb sind. Das AfJFB wird dazu in Abstimmung mit der Geschäftsstelle Kinder- und Jugendbeteiligung und dem AGM einen Fragebogen entwickeln und die Ergebnisse der Umfrage in einer Informationsvorlage zusammenfassen.
Unabhängig davon ist eine Evaluation des Beteiligungsverfahrens für die im Dezember 2019 eröffnete Schule am Auensee durchzuführen. Die Sanierung stellt das erste fertiggestellte Bauvorhaben mit umfangreicher Beteiligung der Schulgemeinschaft in größerem Umfang dar.
zu 7.
Die Wahl des Schulmodells (Lernmodells) wie auch die Aufgabenstellung wird durch das AJFB festgelegt. Sie wird z.B. im Rahmen der Nutzerbeteiligung (Phase 0) mit den Schulen abgestimmt.
Im weiteren Verlauf ist im Rahmen der Planungsvergabe (VgV) die Bewertung von Raummodellen nicht allumfänglich möglich. Sofern es sich um Wettbewerb oder VgV mit Konzeptidee handelt und keine vorherige Aufgabenstellung hinsichtlich Clusterkonzept existiert, werden Parameter bestimmt, die hinsichtlich flexibler Raumnutzung, wie z.B. wirtschaftliche Raumtiefen/Flurbreiten, Anordnung von Fenstern etc. entscheidend sind.
Eine Evaluation der Mehrkosten wird seitens des AGM nicht als zielführend erachtet, da die Baukosten durch eine Vielzahl unterschiedlichster Faktoren beeinflusst werden. Zu gegebenem Zeitpunkt wird vielmehr eine Analyse der Flächeninanspruchnahme der unterschiedlichen Organisationsmodelle avisiert.
zu 8.
Im Rahmen der Förderung sind keine Einschränkungen bekannt. Fördermittel werden jedoch künftig meist pauschal anhand der Zügigkeit und Schulform ausgegeben. Es ist offen, ob die Baukosten für die neuen Organisationsmodelle über den Kosten einer "klassischen" Bauweise liegen und damit der Förderanteil relativ sinkt.
Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen (SächsBO) verbunden mit den Sonderbauvorschriften (SächsSchulBauR) sind seit Jahren im Wesentlichen unverändert. Die Nutzungseinheiten (ohne notwendigen Flur) bei Schulen sind auf 200 m² begrenzt. Die neuen modernen pädagogischen Organisationsmodelle erfordern i.d.R. größere Nutzungseinheiten (Kompartments) und liegen deshalb deutlich über dieser Größe von 200m².
Nur mit dem Instrument der Abweichung / Erleichterung und entsprechender Kompensation lassen sich im Einzelfall bestimmte planerische Wünsche umsetzen.