Anfrage: Maßnahmen des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK) (Anfrage 1207)

Anfrage vom 27. März 2015

Für die Region Leipzig wurde vor ca. zehn Jahren ein Wassertouristisches Nutzungskonzept (WTNK) erarbeitet Dieses Konzept ist weder genehmigt noch von einem demokratisch legitimierten Gremium beschlossen worden. Auf Grundlage dieses Papiers werden sehr zahlreiche Einzelmaßnahmen zur Beförderung des Gewässertourismus mit sehr weitreichenden Eingriffen und Wirkungen auf den Naturhaushalt ausgelöst. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung aus dem Jahr 2007 (2. Phase) ist inzwischen deutlich veraltet und genügt nicht den Anforderungen des novellierten Bundesnaturschutzgesetzes von 2010 und der rechtlichen Konkretisierung der FFH-Richtlinie.

Wir fragen daher an:

  1. Welche Maßnahmen wurden bereits auf Grundlage des WTNK ausgeführt und welche sind noch geplant? (Bitte die Maßnahmen einzeln aufzählen!)
  2. Was kosten diese Maßnahmen nach Einzelprojekten aufgeschlüsselt?
  3. Warum wurde keine Strategische Umweltprüfung für das gesamte Wassertouristische Nutzungskonzept angefertigt, welche auch die Auswirkungen der touristischen Gewässernutzung berücksichtigt?
  4. Welche Projekte und Zielstellungen auf Grundlage des WTNK  an Pleiße und Floßgraben wurden aus welchem rechtlichen Grund bisher aufgegeben bzw. zeitlich verschoben?
  5. Warum führen die neuen Ergebnisse des Natura 2000-Monitoring zum WTNK nicht zur Anpassung des WTNK an die rechtlichen Erfordernisse der §§ 34 und 44 Abs. 1 BNatSchG?


Antwort der Verwaltung aus der Ratsversammlung am 15. April 2015:

Zu den einführenden Sätzen der Anfrage:

Das Wassertouristische Nutzungskonzept (WT NK), beauftragt durch den Grünen Ring Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband Kommunales Forum Südraum Leipzig (ZV KF SL) und der LMBV 2005, wurde im Jahr 2007 mit der Natura 2000-Verträglichkeitsuntersuchung für ausgewählte Bereiche fertiggestellt. Der Prozess war sehr offen angelegt und alle anerkannten Naturschutzvereine, Sportvereine und einschlägigen Behörden in den Prozess involviert.

Nach Vorstellung und Annahme dieses Werkes durch Vertreter der Behörden und Institutionen im Leipziger Neuseenland wurde sich einerseits darauf verständigt, zur Umsetzung der Schlüsselmaßnahmen eine kommunale und behördliche Grenzen übergreifende Steuerungsgruppe zu gründen (arbeitsfähig seit 2007, Sprecher: Herr Landrat Dr. Gey, Geschäftsstelle: Landkreis Leipzig). Andererseits wurde festgelegt, die Ergebnisse in die einschlägigen Planungsgrundlagen einzuarbeiten. Dies erfolgte u. a. im geltenden Regionalplan 2008, in den Braunkohleplänen als Sanierungsrahmenpläne für die verschiedenen Tagebaubereiche und in den Flächennutzungs- und Landschaftsplänen der Kommunen, so auch in der Stadt Leipzig. Weiterhin flossen die Ergebnisse in das SEKo und in die Umsetzung des Integrierten Gewässerkonzeptes Leipzig ein.

Der Stadtrat von Leipzig wurde mit der DS Nr. IV/2742 in der Ratsversammlung am 17.12.2008 umfassend über das WT NK informiert.

Zu Frage 1 und 2:

Im Ergebnis des WT NK wurden acht Kurse entwickelt, zu deren Realisierung bauliche Maßnahmen notwendig waren bzw. sind. Sie wurden im WT NK tabellarisch erfasst und Umsetzungsstrategien sowie -zeiträume angegeben. Insgesamt wurden in der damaligen Konzeption über 900 Einzelmaßnahmen bewertet. Aufgrund dieser Komplexität und der zur Vorbereitung und Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit kann eine Zusammenstellung aller Einzelmaßnahmen nicht ohne weiteres erfolgen.

Hier eine Übersicht zum Realisierungsstand maßgeblicher bereits realisierter und geplanter Baumaßnahmen:

Baumaßnahme

Bauherr

Fertig-
stellung

Investition

 

Hafen Zöbigker

Stadt Leipzig/privates Engagement

seit 2000

nicht ermittelt

 

Heilige Brücke

Stadt Leipzig

2003

0,46 Mio. EUR

 

Entschlammung Floßgraben

Stadt Leipzig

2004

1,05 Mio. EUR

 

Entschlammung Floßgraben Markkleeberger Gebiet

LMBV/Stadt Markkleeberg

 

0,5 Mio. EUR

 

Offenlegung Elstermühlgraben, BA 1 inkl. Einstiegsstelle Naturkundemuseum

Stadt Leipzig

2004/2007

7,3 Mio. EUR

 

Schleuse Cospuden

Stadt Leipzig

2006

1,67 Mio. EUR

 

Kanupark Markkleeberg

Stadt Markkleeberg

2006

> 5 Mio. EUR

 

Brückenneubau S 46

LMBV/Straßenbauamt Leipzig

2009

0,68 Mio. EUR

 

Anleger an der Rennbahn

Stadt Leipzig

2009

0,05 Mio. EUR

 

Stadthafen Zwenkau einschließlich Erschließung Vorplatz

LMBV/Stadt Zwenkau

2009/2011

nicht bekannt

 

Außenmole Stadthafen Leipzig

Stadt Leipzig

2010

5,3 Mio. EUR

 

Beschilderung Kurs 1

Stadt Leipzig

2010

0,035 Mio. EUR

 

Probsteibrücke

LMBV/KF SL/Stadt Leipzig (VTA)

2011

0,494 Mio. EUR

 

Schreberbrücke

Stadt Leipzig

2011

0,8 Mio. EUR

 

Schleuse Connewitz

LMBV/Stadt Leipzig (ASG)

2011

3,0 Mio. EUR

 

Umtrageeinrichtung Teilungswehr Großzschocher

Stadt Leipzig

2012

0,152 Mio. EUR

 

Ausschilderung Nutzungsoptimierung Kurs 1

Stadt Leipzig

2013

0,060 Mio. EUR

 

Störmthaler Kanal inkl. Kanupark-Schleuse

LMBV/ZV KF SL

2013

5,2 Mio. EUR

 

Gewässerverbindung Karl-Heine-Kanal – Lindenauer Hafen

Stadt Leipzig

2015

10,0 Mio. EUR

 

Offenlegung Elstermühlgraben, BA 1

Stadt Leipzig

2007

7,3 Mio. EUR

 

Offenlegung Elstermühlgraben, BA 2

Stadt Leipzig

2010

5,3 Mio. EUR

 

Geplante Baumaßnahmen:

Störstellenbeseitigung Pleiße

LMBV/ZV KF SL

2015/2016

1,3 Mio. EUR

 

MARINA Leipzig-Lindenau

Stadt Leipzig/priv. Investoren

2017

2,7 Mio. EUR

 

Gewässerverbindung Lindenauer Hafen – Saale-Elster-Kanal/Brücke

Stadt Leipzig

ab 2018

8,5 Mio. EUR

 

Markkleeberger Wasserschlange einschl. Mönchereischleuse

LMBV/ZV KF SL

ab 2018

15 Mio. EUR

 

Harthkanal einschl. Harth-Schleuse

LMBV/ZV Neue Harth

2018

10Mio. EUR

 

Stadthafen Leipzig
Hafenbecken und Innenmole

Stadt Leipzig

2019

3,9 Mio. EUR

 

Offenlegung Elstermühlgraben, BA 3

Stadt Leipzig

2020

18,5 Mio EUR

 

Diverse Umtrageeinrichtungen, Anlege- und Einstiegsstellen

 

 

 

Für jede einzelne Maßnahme wurden und werden Genehmigungsverfahren nach Bau- und Wasserrecht, Planfeststellungsverfahren, Beschlüsse des Stadtrates etc. durchgeführt bzw. eingeholt.

Die Finanzierung erfolgt über Eigenmittel der Stadt Leipzig bzw. der Bauherren, diverse Fördermittel (§ 2 und 4 V. / VI. VA BKS, GA-Infra, FRW, SDP, Jessica, SUO, SEP, KStB etc.) sowie private Investoren.

Derzeit wird eine Vorlage zum Leipziger Neuseenland erarbeitet, welche u. a. die aktuellen Umsetzungsstände der Baumaßnahmen aufzeigt.

Zu Frage 3:

Die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) für Pläne oder Programme wurde mit der Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) im Juni 2005 rechtlich verankert.

Die Beauftragung zur Erarbeitung des WT NK (1. Phase) erfolgte im Herbst 2004. Der Bericht wurde im September 2005 vorgelegt. Zum Zeitpunkt der Beauftragung war die SUP noch nicht Bestandteil des UVPG.

Es war unabhängig von der rechtlichen Situation von Beginn an das Ziel, das WT NK umweltverträglich zu entwickeln. Dazu wurde zwischen den betriebsbedingten Wirkungen (Bootsverkehr) in ihrer Gesamtheit und den von jeder baulichen Maßnahme ausgehenden bau- und anlagebedingten Wirkungen differenziert.

Parallel zur Entwicklung des WT NK wurden die betriebsbedingten Wirkungen in ihrer Gesamtheit durch eine Natura 2000 - und gewässerökologische Verträglichkeitsuntersuchung bezogen auf die wesentlich betroffenen Schutzgüter (Tiere, Pflanzen, Wasser) und die Vereinbarkeit des WT NK mit den Zielen der EU-WRRL hin betrachtet.

Die bau- und anlagebedingten Wirkungen wurden bzw. werden dann bei jeder baulichen Einzelmaßnahme geprüft.

Sofern für die Einzelmaßnahmen eine UVP-Pflicht festgestellt wird, wird diese vorhabensbezogen durchgeführt (z  B. Schleuse Connewitz, Gewässerverbindung Markkleeberger See – Pleiße).

Bezüglich der Durchführung einer SUP ist zudem auf den geltenden Regionalplan Westsachsen 2008 hinzuweisen, in dem das WT NK mit seinen Kursen als behördenverbindliche Vorgabe zur Entwicklung des Raumes verankert ist. Im Rahmen der Gesamtfortschreibung des Regionalplans erfolgte eine SUP.

Zu Frage 4:

Bisher wurden keine Projekte und Zielstellungen des WT NK für den Bereich Pleiße und Floßgraben verschoben bzw. aufgegeben.

Zu Frage 5:

Zum WT NK wurde neben einem gewässerökologischen Monitoring (2011-2014) und einem Nutzungsmonitoring (2009-2011) ein naturschutzfachliches Monitoring (2011-2012) durchgeführt.

Das Monitoring zeigte für die Mehrzahl der kartierten Lebensraumtypen und Arten im Vergleich zur Ersterfassung 2005/2006 deutliche qualitative und quantitative Verbesserungen.

Beeinträchtigungen ergaben sich nur für wenige Arten an einzelnen Gewässerabschnitten.

Sofern die Ergebnisse dieses Monitorings Handlungsbedarf im Sinne des § 34 BNatSchG (Natura 2000-Verträglichkeit) bzw. des § 44 BNatSchG (Artenschutz) aufzeigten (neue oder verstärke Betroffenheit von geschützten Arten), wurden Maßnahmen ergriffen, um Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen zu vermeiden.

Als Beispiele sind hier die Reglementierung der Befahrung des Floßgrabens zum Schutz des Eisvogels sowie die Detailerfassung von Larval-Habitaten der Grünen Keiljungfer im Bereich der Pleiße zu nennen.

Beeinträchtigungen ergaben sich nur für wenige Arten an einzelnen Gewässerabschnitten.

Sofern die Ergebnisse dieses Monitorings Handlungsbedarf im Sinne des § 34 BNatSchG (Natura 2000-Verträglichkeit) bzw. des § 44 BNatSchG (Artenschutz) aufzeigten (neue oder verstärke Betroffenheit von geschützten Arten), wurden Maßnahmen ergriffen, um Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen zu vermeiden.

Als Beispiele sind hier die Reglementierung der Befahrung des Floßgrabens zum Schutz des Eisvogels sowie die Detailerfassung von Larval-Habitaten der Grünen Keiljungfer im Bereich der Pleiße zu nennen.

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