Anfrage: Maßnahmen zur Vermeidung von Bade- und Schwimmunfällen in Leipziger Seen

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 4. September 2019

Aufgrund des Bevölkerungswachstums und der höheren Zahl an Hitzetagen gibt es eine zunehmende Nutzung der Seen im Stadtgebiet zum Baden und Schwimmen. Leider sind an den  Seen, die sich in Leipzig  sowie angrenzend zum Leipziger Stadtgebiet befinden, auch gehäufte Bade- und Schwimmunfälle mit Verletzungs- und Todesfolge zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Maßnahmen geeignet sind, um solche Vorfälle zu vermeiden. Dies betrifft insbesondere den Einsatz und die Finanzierung von Rettungsschwimmern.

Wir fragen an:

  1. An welchen Seen im Stadtgebiet Leipzig ereigneten sich seit 2014 Bade- und Schwimmunfälle mit Verletzungs- oder Todesfolge (Bitte angeben: See, Jahr, Geschlecht, Alter)?
  2. Welche Maßnahmen (z.B. Risikoanalyse der Leipziger Seen, Rettungswacht, Warnschilder, bedarfsgerechtes Angebot an Schwimmkursen) wurden von der Stadtverwaltung ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen als Seeanliegern ergriffen bzw. sind geplant, um Bade- und Schwimmunfälle mit Verletzungs- oder Todesfolge an Seen im Stadtgebiet Leipzig zu vermeiden?
  3. Warum setzt sich die Stadt Leipzig bislang nicht für eine Finanzierung bzw. den Einsatz von Rettungsschwimmern an  den Leipziger Badeseen ein?
  4. Wie schätzt die Stadt Leipzig die diesbezügliche Fachkräftesituation ein und welche personellen Maßnahmen haben die Leipziger Sportbäder selbst ergriffen, um darauf Einfluss zu nehmen?
  5. Welche Strände werden als prioritär für den möglichen Einsatz von Rettungsschwimmern eingestuft und welcher Aufwand, sowohl investiv (Rettungstürme), personell und finanziell wären dafür pro Saison notwendig?

Schriftliche Antwort der Verwaltung vom 13. September 2019

Grundsätzliche Rechtliche Einordnung der Zuständigkeit

Rechtsanwaltskanzlei Füßer & Kollegen, Stand Juli 2018:

„Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) sind die Wasserrettungsdienste Bestandteil des Rettungsdienstes. Träger des Rettungsdienstes sind gemäß § 3 Abs. 1 Sächsisches Rettungsdienstgesetz (SächsRDG) die Landkreise und kreisfreien Städte. Diese können allerdings nicht völlig frei darüber entscheiden, welche Rettungsdienstleistungen vorgehalten werden. Maßgeblich ist insoweit vielmehr der Landesrettungsdienstplan, der gemäß § 5 Abs. 1 SächsRDG vom SMI im Benehmen mit dem Landesbeirat für den Rettungsdienst und den Landkreisen sowie kreisfreien Städten aufgestellt wird. Beim Landesrettungsdienstplan handelt es sich jedoch lediglich um einen – noch ausfüllungsbedürftigen – Rahmenplan. Konkretisiert wird der Rahmenplan durch die Bereichspläne, die nach § 5 Abs. 3 SächsRDG wiederrum von den Trägern des Rettungsdienstes aufgestellt werden. Demnach wäre es der Stadt Leipzig sowie den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen grundsätzlich möglich, auch einen Wasserrettungsdienst vorzusehen. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 SächsRDG bedarf der Bereichsplan für den Rettungsdienst jedoch der Genehmigung durch die Landesdirektion Sachsen. Nur wenn diese Genehmigung erteilt wird, ist der Bereichsplan gültig und kann die Grundlage für die Ausschreibung entsprechender Rettungsdienstleistungen und somit für die Einrichtung eines Wasserrettungsdienstes bilden.“Einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom November 2017 folgend, sind Kommunen, die ein eintrittspflichtiges „Seebad“ mit „bädertypischen Einrichtungen“ wie Umkleiden, Rutschen, Sprungtürme oder Badeinseln betreiben, zur Vorhaltung eines Wasserrettungsdienstes verpflichtet und u. U. für Personenschäden an den dann als „Naturbädern“ definierten Gewässern haftbar. Diese Rechtsprechung hat z. B. am Ammersee dazu geführt, dass bestimmte Naturbäder aus Haftungsgründen entsprechend zurückgebaut wurden, kein Eintritt mehr verlangt wird aber auch kein Wasserrettungsdienst mehr vorgehalten wird. Auf der Homepage der Stadt Leipzig ist zur Gesamtthematik Rettungsdienst folgende Erläuterung abrufbar „Seit 1991 organisiert die kreisfreie Stadt Leipzig den Notfallrettungsdienst. Im Gegensatz zu anderen Gebieten im Freistaat Sachsen gibt es in Leipzig keinen Rettungszweckverband als Dachorganisation. Der Notfallrettungsdienst wird aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen der Stadt Leipzig und den Leistungserbringern durchgeführt. Dabei ist die Branddirektion für die Organisation des Rettungsdienstes und die Abrechnung der Leistungen gegenüber den Krankenkassen verantwortlich.“ (https://www.leipzig.de/buergerservice-und-verwaltung/sicherheit-und-ordnung/feuerwehr/rettungsdienst/)


Zu Frage 1:

Nach Aussagen des Gesundheitsamtes besteht gegenüber demselben keine Meldepflicht von Bade- und Schwimmunfällen, sodass hier kein Informationsstand vorliegt. Die Branddirektion Leipzig führt für den Rettungsdienst keine spezielle Statistik zu Badeunfällen bzw. Verletzungen. Eine Auswertung ist aufgrund des fehlenden Einsatzstichwortes deswegen nicht möglich. Die Wasserrettung führt in Leipzig keine Aufgaben nach § 2 Satz 2 SächsBRKG durch und ist daher nicht Bestandteil des Rettungsdienstes. Weiterhin sind die Mehrzahl der Badestrände nicht im Zuständigkeitsbereich der Stadt Leipzig, hier könnten die zuständigen Gebietskörperschaften auskunftsfähiger sein. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Wasserwacht, Landesverband Sachsen, hat in Eigeninitiative alle Ertrinkungsunfälle in Sachsen seit 2016 dokumentiert. Eine Unterscheidung nach Regionen ist jedoch nur für 2019 verfügbar. Im Leipziger Neuseenland gab es 2019, Stand 28.08., fünf Todesfälle an Gewässern (2 Kulkwitzer See (M, 27 bzw. M, 38 Jahre), 2 Markkleeberg See (W, 14 bzw. M, 21 J.), 1 Naturbad Nordost (M, 26 J.). Zu den übrigen Daten siehe: https://wasserwacht-sachsen.de/aktuelles/presse-service/statistik-ertrunkene/


Zu Frage 2:

Die angefragten Fachämter konnten diese Frage nicht beantworten.


Zu Frage 3.

Grundsätzlich könnte durch die Stadtverwaltung eine Prüfung erfolgen, Abschnitte bzw. Bereiche von öffentlichen Badeseen abzugrenzen, mit entsprechenden Umkleiden sowie WC-Anlagen auszustatten und eine Bade- und Schwimmaufsicht zu etablieren.


Zu Frage 4:

Die angefragten Fachämter konnten diese Frage nicht beantworten.

Stellungnahme der Sportbäder Leipzig GmbH:

„Die Sportbäder Leipzig GmbH beschäftigt insbesondere in der Freibadsaison zusätzliche Fachkräfte. Seit Mai 2019 kommen bis zu 10 Rettungsschwimmer in fünf Freibädern und dem Kinderfreibecken „Robbe“ zum Einsatz. Weitere, bis zu 50 geringfügig Beschäftigte, zum Teil ehemalige Mitarbeiter, die als Fachkräfte eine umfassende Ausbildung sowie einen jahrelangen Praxiseinsatz in den Leipziger Sportbädern hatten, stehen in der Sommersaison zur Verfügung. Wichtiges Anliegen der Sportbäder Leipzig GmbH ist es, jährlich mindestens zwei Lehrlinge in drei Jahren zu „Fachangestellten für Bäderbetriebe“ erfolgreich auszubilden, um sie anschließend bei den Leipziger Sportbädern weiter zu beschäftigen. Dennoch ist festzustellen, dass sich die Suche nach geeignetem Personal für die Sommersaison schwieriger als in Vorjahren erweist. Bereits im Januar muss mit der Mitarbeitersuche für die kommende Freibadsaison begonnen werden. Darüber hinaus ist anzuführen, dass die Sportbäder Leipzig GmbH seit ihrer Gründung im Jahr 2004 umfangreiche Kursangebote für alle Altersgruppen, vom Baby bis zum Senior, unterbreitet, die immer ausgebucht sind. Der Fokus liegt dabei auf den Schwimmkursen für Schwimmanfänger – sei es für Kinder oder für Erwachsene. Jedes Jahr finden fast 70 Kurse im Anfängerbereich mit ca. 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Zusätzlich bieten die Leipziger Sportbäder im Jahr noch etwa 40 weiterführende Schwimmkurse an, um bspw. die Sicherheit im Wasser zu erhöhen. Das Ziel dabei ist die erfolgreiche Prüfung zur Erreichung der Jugendschwimmabzeichen Bronze, Silber und Gold oder das Erlernen des Kraulschwimmens. Nicht zuletzt führen auch die übrigen Bewegungskurse im Wasser zu einer Steigerung der körperlichen Fitness und einem verbesserten Wassergefühl. Doch nicht nur die Kurse der Leipziger Sportbäder tragen dazu bei, dass möglichst viele Menschen mit dem Element Wasser in Kontakt kommen. Einer der größten Nutzer der Schwimmhallen ist das Schulschwimmzentrum. Der obligatorische Schwimmunterricht der 2. Klassen genießt bei der Vergabe von Wasserflächen die oberste Priorität. Breit aufgestellt sind zudem die Leipziger Schwimmvereine. Diese bieten allen Altersgruppen vielfältige Möglichkeiten, um das Schwimmen zu erlernen und die Fähigkeiten in der Sportart Schwimmen auszubauen. Nach der Schwimmausbildung wird für den Breiten- bis hin zum Leistungssport geworben. Eine weitere wichtige Aufgabe in der Stadt Leipzig übernehmen Wasserrettungsorganisationen, wie die Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuz und die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Diese trainieren in den Leipziger Schwimmhallen und bilden hier eigenen Nachwuchs aus, welcher dann wieder ein wichtiger Baustein zu Gewinnung zukünftiger Fachkräfte im Bäderbereich sind.

Weitere Maßnahmen der Sportbäder Leipzig GmbH sind jährliche Fortbildungen der Fachkräfte in der „Ersten Hilfe“ und „Herz-Lungen-Wiederbelebung“, um in Gefahrensituationen gezielt reagieren zu können.“

Stellungnahme der DRK Wasserwacht Leipzig-Stadt:

„Die Wasserwacht Leipzig-Stadt bildet jährlich ca. 200-300 Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer aus- und weiter, zudem bilden wir insbesondere junge Menschen im Schwimmen aus.“ Weiterführende Aussagen konnten von den angefragten Fachämtern der Stadt Leipzig zu dieser Frage nicht getätigt werden.


Zu Frage 5:

Im Rahmen des mit Antwort zu Frage 3 formulierten möglichen Prüfauftrages, sollte auch eine Bedarfsermittlung mit dem DRK Wasserwacht und dem DLRG sowie eine Kostenermittlung erfolgen.

Stellungnahme der Wasserwacht Leipzig-Stadt:

„Prioritär sind die stark frequentierten Badestellen am Cospudener See (insbesondere Nordstrand und "Hundestrand") sowie am Kulkwitzer See (dort ist im Bereich Campingplatz die DLRG Leipzig im Einsatz). Der personelle Aufwand beträgt an den kleinen Badestellen 2-3 Rettungsschwimmer und an den größeren Badestellen, wie z.B. Cospudener See 5-6 Rettungsschwimmer pro Tag. Je nach Variante der "Bewachung" fallen verschiedene Kosten an. 1. Möglichkeit: Pro Strand ein Wachcontainer mit Turm, Strom und fließend Wasser, dazu Rettungsmittel und ein Rettungsbrett

2. Möglichkeit: Pro Strand ein Wachcontainer mit Turm, Strom und fließend Wasser, dazu Rettungsmittel und ein Rettungsboot

3. Möglichkeit: Pro Strand ein festes Wachgebäude mit Bootsgarage, Strom und fließend Wasser, dazu Rettungsmittel und Rettungsboot

Am Beispiel bewachter Strand der Wasserwacht an der Schladitzer Bucht mit Container und Rettungsbrett sowie Strom fallen folgende Kosten an:

ca. 200-300 € Miete pro Monat für Container zzgl. Strom und Wasser
ca. 1500 € investiv für Ausstattung der Rettungswache sowie Materialkosten
ca. 1200 € investiv für Rettungsmittel und Rettungsbrett
ca. 100-200 €/Monat: Essen und Getränke für Einsatzkräfte
10 €/h pro Rettungsschwimmer Personalkosten (bei 8h pro Tag und 3 Rettungsschwimmern = 240 € pro Tag)
ca. 200-300 € Aufwandsentschädigung für Planung, Organisation und Rahmenplanungen durch die Wasserwacht
 
Eine genaue Kostenaufstellung der einzelnen Möglichkeiten ist aus unserer Sicht schwierig, dazu müssten vorab Gespräche bezüglich der Durchführung stattfinden.

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