Anfrage: Naturkundemuseum - Gegenwart und Zukunft
Anfrage vom 26. Oktober 2018 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 22. November 2018
Dass die Verwaltung nun Abstand davon nimmt, das Naturkundemuseum Leipzig in die Baumwollspinnerei umziehen zu lassen, ist nachvollziehbar, die Begründung, die diesbezüglich genannt wird, nicht.
Der Masterplan vom März 2013, erstellt von Dr. Susanne Meyer und Peter Gössel beschreibt detailliert und eindeutig alle Anforderungen für ein neues Naturkundemuseum, einschließlich der Kosten und zwar für den Standort Lortzingstraße, als auch für einen Umzug an alternative neue Standorte.
Wir fragen an:
- Welche Kriterien bezüglich
oDeckentragfähigkeit
oRaumhöhe
oTüren / Notausgänge / Fluchtwege, Eingangssituation für die Mietflächen des NKM
oAnordnung und Anzahl der erforderlichen Treppenhäuser
oDenkmalschutz
oZustand der Gebäudesubstanz
die zu der jetzigen Entscheidung geführt haben, sind jetzt neu, bzw. haben sich seit Mietvertragsunterzeichnung für Halle 7 geändert? - Wird der Mietvertrag mit der Baumwollspinnerei für die Flächen des NKM aufgehoben? Mit welchen Konsequenzen? Müssen Fördermittel zurückgezahlt werden?
- Die Baumaßnahmen für die 3 anderen Einrichtungen im Gebäude haben ja früher begonnen. Gab es nicht schon dabei Hinweise, die zu den späteren Erkenntnissen bezüglich der Bausubstanz geführt haben?
- Kann die Stadt Leipzig Regressforderungen gegen Vermieter, Projektsteuerer oder Ausführungsfirmen stellen?
- Wird weiterhin an der Zielstellung festgehalten ein bedeutsames und überregional wirksames NKM zu schaffen und von welchem Zeitplan bezüglich Standort und Realisierung wird jetzt ausgegangen?
Antwort der Verwaltung:
Frage 1:
o Deckentragfähigkeit
Die Deckentragfähigkeit wurde vom Bauherren, der Leipziger Baumwollspinnerei Verwal-tungsgesellschaft mbH, im Vorfeld der Baumaßnahme mit 3 bis 5 kN/m² angegeben und wäre in dieser Höhe mit Einschränkungen akzeptabel gewesen.´Durch die Entfernung des asbesthaltigen Fußbodenaufbaues und der für die Umsetzung des Museumskonzeptes notwendigen Deckendurchbrüche hat bzw. würde sich die Tragfähigkeit verringern. Die tatsächliche Tragfähigkeit ließe sich nur über eine aufwändige experimentelle Untersuchung feststellen, von der aus Kostengründen Abstand genommen worden ist.
o Raumhöhe
Die Raumhöhen der Geschosse waren zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Nutzungs-überlassungsvertrages selbstverständlich bekannt. Im Zuge der Vorplanung zeigte sich, dass ein notwendig einzubauender Technikfußboden und die Installationen für die Raumklimatisierungen an den Decken die nutzbare Raumhöhe weiter einschränken würden. Für große museale Inszenierungen sollten aufgrund der geringen Deckenhöhen Deckendurchbrüche her-gestellt werden. Diese Durchbrüche wären technisch möglich gewesen, hätten jedoch Fol-gemaßnahmen hinsichtlich Brandschutz, Entfluchtung und Statik erfordert, die mit hohen Kosten verbunden wären.
o Türen / Notausgänge / Fluchtwege, Eingangssituation für die Mietflächen des NKM
Im Zuge der Vorplanung zeigte sich, dass für die Fluchtwege große Flächen und weitere Treppenhäuser notwendig würden. Dies wäre mit weiteren zusätzlichen Kosten verbunden gewesen und hätte die eigentliche museal nutzbare Fläche weiter verringert. Der Anbau eines Anbaus mit einem zusätzlichen Treppenhaus an dem Giebel wäre denkmal-schutzrechtlich nicht genehmigungsfähig gewesen.
o Anordnung und Anzahl der erforderlichen Treppenhäuser
s.o.
o Denkmalschutz
Neben der o.g. Einschränkung zeigte sich im Zuge der Vorplanung, dass ein mehrgeschossi-ger Anbau am Giebel (als Entree für alle Nutzer) nicht genehmigungsfähig ist.
o Zustand der Gebäudesubstanz
Die o.g. Entfernung des asbesthaltigen Fußbodenaufbaues zeigte, dass sich die Stahlbeton-konstruktion in einem ungenügenden Zustand befindet und eine umfangreiche Stahlbetonsa-nierung notwendig ist bzw. für die Bereiche des Museums notwendig werden würde. Aufgrund des konstruktiven Zustandes kann das Gebäude auch nicht der geringsten bauordnungs-rechtlichen Feuerwiderstandsklasse F-30 zugeordnet werden. Notwendig ist die Klassifizie-rung F-90, wofür eine Sprinkleranlage eingebaut werden müsste bzw. für die Theaterbereiche eingebaut worden ist. Der Einbau einer Sprinkleranlage für das Naturkundemuseum muss aus konservatorischen Gründen abgelehnt werden.
zu Frage 2.
Es handelt sich bei dem Nutzungsüberlassungsvertrag nicht um einen „Mietvertrag“ , son-dern um einen Vertrag eigener Art. Es liegt kein Mietvertrag im Sinn der §§ 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, weil nicht die Zahlung einer „Miete“ an die Baumwollspinnerei Verwal-tungsgesellschaft mbH vereinbart worden ist, so wie es § 535 Abs. 2 BGB vorsieht. Vielmehr ist der Stadt Leipzig nach § 4 Ziffer 1. Satz 1 des Nutzungsüberlassungsvertrages die ent-geltfreie Nutzung, mit Ausnahme der Betriebs- und Nebenkosten, die die Zahlung einer sog. Managementgebühr einschließt (vgl. § 4 Ziff. 9 des Nutzungsüberlassungsvertrages), eingeräumt. Die Überlassung gegen Nutzungsentgelt geht auf den Einsatz von Städtebaufördermitteln zurück und ist auf 15 Jahre begrenzt. Wie in der sich im Verfahren befindenden Vorlage „Naturkundemuseum. Aufhebung Standort-beschluss“ ausgeführt, ist derzeit nicht beabsichtigt, diesen Vertrag aufzuheben, sondern gegebenenfalls an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Die Verwaltung befindet sich mit der Baumwollspinnerei Verwaltungsgesellschaft mbH in Verhandlungen. Für die ehemals für das NKM vorgesehenen Flächen wird eine förderunschädlichen Nachnutzung gesucht.
zu Frage 3.
Ja, bei den bereits stattgefundenen Baumaßnahmen hat es Erkenntnisse gegeben, ich ver-weise auf die Antworten zu Frage 1. Auch unter Beachtung dieser wurde vorgeschlagen, das Naturkundemuseum nicht in der Halle 7 der Baumwollspinnerei zu realisieren.
zu Frage 4.
Ob Regressforderungen gestellt werden, lässt sich derzeit nicht sagen. Bauherr der Maß-nahme ist die Baumwollspinnerei Verwaltungsgesellschaft mbH. Die Stadt ist allerdings pri-mär an einer gütlichen Fortsetzung und Anpassung des Vertragsverhältnisses mit der Baum-wollspinnerei Verwaltungsgesellschaft interessiert. Dies betrifft in erster Linie die Fertigstel-lung der Baumaßnahme kulturelle Gemeinbedarfseinrichtung Halle 7 im Interesse der zukünf-tigen Theaternutzung. Da die Stadt Leipzig im Übrigen nicht unmittelbar Bauherrin ist und in-sofern keine Verträge mit den Beteiligten Handwerksfirmen abgeschlossen hat, kommen ge-gen diese grundsätzlich keine vertraglichen Regressansprüche in Betracht.
zu Frage 5.
Selbstverständlich wird an diesem Ziel festgehalten. Die vorhandene Museumskonzeption entspricht diesem Anspruch und wird für einen alternativen Standort weiterentwickelt werden. Die Standortbetrachtung hat begonnen. Ich gehe davon aus, dass spätestens in 2020 ein konkreter Vorschlag zur weiteren Planung vorgeschlagen werden kann.