Anfrage: Notwendigkeit von zusätzlichen Personalkapazitäten zur fristgerechten Umsetzung des Beschlusses „Ausrufung Klimanotstand"

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 11. Dezember 2019

In der Ratsversammlung vom 30.10.2019 wurde hinsichtlich der Vorlage VI-A-07961 „Ausrufung Klimanotstand" beschlossen, den jährlichen Umsetzungsbericht 2018 „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune" zum Sachstand der Klimaschutzaktivitäten der Verwaltung, ihrer Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften noch vor der Sommerpause 2020 zusammen mit einem Sofortmaßnahmenprogramm und einer zukünftigen Prioritätenliste von Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele (u.a. unter Berücksichtigung des Flughafens Leipzig/Halle) vorzustellen.

Zudem soll die Klimaanpassungsstrategie der Stadt Leipzig weiterentwickelt sowie fortgeschrieben und im Rahmen des Umsetzungsberichtes dem Stadtrat zur Kenntnis vorgelegt werden.


Wir fragen den Oberbürgermeister:

  1. Wie ist die interne Personalplanung zur fristgerechten Erfüllung der oben aufgeführten Beschlusspunkte?
  2. Ist angesichts der im Zuge des ausgerufenen Klimanotstandes beauftragten Anpassung des Stellenplans der Klimaschutzleitstelle und der Entwicklung zu einem eigenen Referat für Themen der Nachhaltigkeit (u. a. Klimaschutz und Klimaanpassung) innerhalb der Stadt geplant, bereits im kommenden Jahr zusätzliche Personalstellen, ggf. verbunden mit der Notwendigkeit einer Nachtragshaushaltssatzung, einzurichten und schnellstmöglich zu besetzen, um eine zügige Bearbeitung der Arbeitsaufträge zu gewährleisten?
  3. Unter welchen Voraussetzungen wäre es möglich, ähnlich wie beim European Energy Award-Prozess geschehen, kurzfristig und übergangsweise Personalkapazitäten aus anderen Ämtern abzuziehen und als strategische Taskforce der Klimaschutzleitstelle zur Unterstützung zur Seite zu stellen?

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 11. Dezember 2019

Bürgermeister Hörning: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um die Nachfrage zum Umsetzungsstand Klimanotstand. Hier wurde zum The-ma der Personalplanung gefragt. Das bezieht sich ja auf den Beschlusspunkt neun Ihres Stadtratsbeschluss zum Klimanotstand, in dem der Oberbürgermeister beauftragt wird, zur Erfüllung der verschiedenen Aufgaben, die im Rahmen des Klimanotstands zu bearbeiten sind, den Stellenplan der Klimaschutzleitstelle anzupassen, zu einem eigenen Referat für Nachhaltigkeit Klimaschutz und Klimaanpassung innerhalb der Stadt Leipzig zu entwickeln und dem Stadtrat hierfür bis zum 31.03.2020 einen Vorschlag vorzulegen.

Diese Beschlussmechanik greift auch schon die grundsätzliche Ordnung in diesem Feld auf, nämlich, dass nach der Sächsischen Gemeindeordnung die Regelungsbefugnis über die innere Ordnung der Stadtverwaltung dem Oberbürgermeister übertragen ist, und die Stadtverwaltung natürlich im Lichte der Stadtratsbeschlüsse diese innere Ordnung entsprechend gestaltet.
Zu Frage eins, der internen Personalplanung, möchte ich wie folgt eingehen: Um die vielfältigen, sich aus dem Klimanotstand ergebenden Aufgaben zielführend angehen zu können, ist die aktuelle Personalausstattung der Klimaschutzleitstelle und dem bestehenden Energieteam des EEA-Prozesses - European Energy Award - oder anderer Verwaltungsbereiche zu erweitern. Befristete Stellenerweiterungen werden auch im Be-reich der zentralen Reisestelle notwendig sein. Darüber hinaus müssen entsprechende Ressour-cen für die Weiterentwicklung der Klimaschutzleitstelle bereitgestellt werden, um mittelfristig die Zuständigkeit für die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz effektiv bündeln zu können; beispielsweise in einem Referat, wie in dem Beschluss zum Klimanotstand vorgeschlagen. Der entsprechende Vorschlag hierzu wird Ihnen jedoch bis zum Ende des ersten Quartals nächsten Jahres zugehen. Bezüglich der konkreten Personalplanung kann ich sagen, dass die Personalplanung natürlich der organisatorischen Planung folgt, weil wir natürlich nicht schon über Menschen und Köpfe nachdenken, bevor wir uns über Aufgaben, Erledigung und Strukturen Gedanken gemacht haben.

Die Fragen zwei und drei möchte ich gerne zusammenhängend beantworten: Die oberste Priorität der städtischen Klimaschutzarbeit hat die Fortschreibung der bestehenden Energie- und Klimaschutzprogramme bis 2030, welches mithilfe externer Expertise am mittel- und langfristigen Zielrahmen des Klimanotstands ausgerichtet weden soll. Das neue Ziel ist die Klimaneutralität bis 2050. Dies erfordert insbesondere die Überarbeitung und Überprüfung von vielen städtischen Strategien, aber auch entsprechenden Plänen im Bereich der Beteiligungsunternehmen. Die Ausschreibung der ingenieurtechnischen Beratungsleistung ist bereits erstellt, sodass der Vergabeprozess nach Angebotsauswertung am städtischen Gremiengang dem städtischen Gremiengang folgen kann. Eine Beschlussfassung ist für Ende 2020 geplant, wobei die Eckpunkte des künftigen Energie- und Klimaschutzprogramms auf der 3. Leipziger Klimakonferenz präsentiert und zur Diskussion gestellt werden.

Für die Erarbeitung weitergehender Energiekonzepte, Szenarien für eine klimaneutrale Verwaltung, klimaneutrale Strom- und Wärmeversorgung der Stadt Leipzig etc. stehen derzeit nur in begrenztem Maße ausreichende Personalressourcen zur Verfügung, sodass diese bei der Weiterentwicklung der Klimaschutzleitstelle vorzusehen sind. Für die Weiterentwicklung ist es angedacht, einen Aufbaustab einzuberufen, welcher bis Ende März 2020 einen Vorschlag erarbeitet. Entsprechend des Vorschlags ist es denkbar, Stellen aus dem sogenannten Stellenpool ohne Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts - das war ja in Ihrer Frage auch mit angedeutet - einzurichten. Derzeit gehen wir von einem stufenweisen Aufbau aus, sodass einige Stellen unter Berücksichtigung der Personalgewinnung und möglicher Kündigungsfristen erst 2021 notwendig sind. Der Stellenplan 2021 wird derzeit entsprechend verwaltungsintern vorbereitet.

Oberbürgermeister Jung: Danke schön. Es gibt eine Nachfrage von Frau Kraft.

Stadträtin Kraft (Bündnis 90/Die Grünen): Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Es ist mir jetzt noch nicht ganz klar. Also ich verstehe, dass man erst einmal bis Ende Q1 das Konzept entwickeln will. Aber wenn wir jetzt erst einmal warten, bis dieses Konzept erstellt ist, um zusätzliche Stellen - wie Sie auch sagten - in der sehr begrenzten Personalsituation der Klimaschutzleitstelle aufzubauen, verlieren wir viel notwendige Zeit. Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger draußen, die oft auf die Straße gehen, fordern auch von uns, dass wir da jetzt schnell reagieren. Ich stehe in Kontakt mit der Klimaschutzleitstelle, und die haben sehr viel Arbeit im Moment. Ich glaube, es könnte dann notwendig sein, dass man kurzfristig Stellen noch schafft, bevor das Konzept besteht.
Zur dritten Frage, die Sie mit der zweiten Frage zusammen beantwortet haben, würde ich gerne wissen: Beim European-Energy-Award-Prozess ist man ja auch so vorgegangen, kurzfristig von anderen Abteilungen Personal hinzuziehen. Sie haben gerade den Personalpool angesprochen. Kann man denn da kurzfristig Personal hinzuziehen, um nicht wichtige Zeit zu verlieren?

Bürgermeister Hörning: Vielen Dank für die Frage. Erst einmal ist es schön zu hören, dass Sie im direkten Kontakt mit einzelnen Verwaltungsmitarbeitern stehen, die Ihnen ihre Aufgaben entsprechend darlegen. Unsere Verantwortung ist es hier, für die Gesamtverwaltung die Aufgabenerfüllung zu erledigen; auch für die Aufgabenbereiche der Verwaltung, wo entsprechende Gesprächskontakte zu Stadträten nicht bestehen.
Ich möchte aber trotzdem natürlich auf Ihre Frage eingehen, Frau Kraft. Es ist in der Tat richtig: Dieses Thema genießt Priorität. Es wird aber nicht nur in der Klimaschutzleitstelle bearbeitet. Ich habe es erwähnt: Es findet seinen Niederschlag zum Beispiel in Fachplanungen von einzelnen Ämtern; eines Tiefbauamtes, aber auch einer IT-Fachplanung, einer Personalplanung, einer Gebäudepla-nung. Es findet seinen Niederschlag auch - da schaue ich auf unsere Besucherränge - in den Bereichen des Stadtkonzerns. Dort geht es um die Anpassung von Wirtschafts- und entsprechenden Fachplänen. Überall dort muss natürlich jetzt die Beschlusslage des Stadtrats zum Klimanotstand - ich denke, das kann der Kollege Rosenthal auch nur bestätigen - jetzt mitgedacht werden, und zwar im Sinne des Klimanotstands. Und das muss auch in der Anpassung der dort verantworteten Fachplanung für Gebäude, Verkehrsmittel, Personal, TT-Ausstattung usw. mitgedacht werden. Das erfordert eventuell keine direkte Aufstockung in der Klimaschutzleitstelle, sondern das erfordert neues Denken und Anpassen in diesen Fachplanungen. Von daher habe ich Ihnen nicht gesagt, dass wir dort nichts tun.
Es ist wichtig, dass wir nicht die Qualität von integrierter Klimaschutzpolitik daran bemessen, wie viele Stellen wir in einer Zentralstelle geschaffen haben, sondern dass wir durch eine Stärkung dieser Klimaschutzleitstelle das integriert betrachten können. Das habe ich Ihnen gesagt: Dazu werden wir Ihnen einen Vorschlag bis zum Ende des ersten Quartals im Zusammenspiel mit den de-zentralen Verantwortungen in den Beteiligungsunternehmen, in den Fachämtern und in der stra-tegischen Steuerung im Geschäftsbereich unterbreiten. Das wird natürlich auch Ressourcenmehrungen und entsprechende Arbeitskapazitäten und Kompetenzen brauchen, die extern eingekauft werden. Ich hatte das zum Thema der ingenieurtechnischen Beratungsleistung im Bereich der Klimaneutralität vorgetragen, es kann aber auch andere Einkäufe oder die interne Bereitstellung von Kapazitäten erfordern.

Oberbürgermeister Jung: Frau Krefft.

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Hörning, mir missfällt dieser Zungenschlag, den sie anfänglich bei der Beantwortung der Nachfrage hier eingebracht haben. Ich darf darauf hinweisen, dass Frau Kraft Mitglied des Fachausschusses Umwelt und Ordnung ist. Ich will es als Frage formulieren: Ist es denn so, dass Mitarbeitende der Stadtverwaltung in einem Kokon leben, in dem sie unantastbar und unerreichbar für die Stadt sind, oder kann es doch sein, dass man gelegentlich die Arbeitsbelastung - oder auch man-gelnde Arbeitsbelastung - in dem einen oder an-deren Bereichen als Bürgerin dieser Stadt, als Stadträtin oder eben als Fachausschussmitglied mitbekommt? Vielleicht auch weil die Mitarbeitenden unter Umständen auch im Fachausschuss darüber berichten, wie der Arbeitsumfang ist, den sie zu bewerkstelligen haben? Wir hören es gelegentlich auch, wenn wir Anfragen stellen - wenn wir zu viele Anfragen stellen -, dass darauf hinge-wiesen wird, dass das im Arbeitsumfang nicht abgebildet werden kann. Es wird um Aufschub gebeten. Alle diese Aussagen kommen hier immer wieder vor. Ich finde in diesem Sinne, dass es ansteht, dass Sie sich für diesen Zungenschlag entschuldigen.

Oberbürgermeister Jung: Frau Kraft, bitte.

Stadträtin Kraft (Bündnis 90/Die Grünen): Vielen Dank. Ich schätze sehr Ihr konzeptionelles Vorgehen, Herr Hörning, aber ich habe wirklich große Bedenken, dass wir die Punkte aus dem Klimanotstand - nämlich Umsetzungsbericht, integriert darin die Prioritätenliste, das Sofortmaßnahmeprogramm und eine Klimaanpassungsstrategie - bis Sommer schaffen, wenn Sie erst einmal auf die Erarbeitung des Personalkonzeptes warten und nicht schon jetzt reagieren, indem Sie hier Personal aufbauen, um diese Punkte zu bearbeiten.

Bürgermeister Hörning: Ich kann vielleicht versuchen, Sie einmal zu spiegeln, Frau Kraft. Es wird nichts abgewartet. Ich kann im Gegenteil sagen: Ich bin jetzt seit vier Jahren in der Verwaltung, und ich glaube, es gibt wenige Beschlüsse, die eine solche Aktivität und interne Befassung ausgelöst haben wie dieser Beschluss zum Klimanotstand. - Ja, und das ist auch gut so. Von daher bitte ich, in diesem Kontext meine Ausführungen - und das sind nicht nur meine, sondern die habe ich mit meinen Kollegen entsprechend abgestimmt - zu betrachten. Hier wartet niemand irgendwelche Festlegungen ab. Ich kann Ihnen aber auch nur sagen: Wir werden niemanden einstellen, bevor wir Ihnen nicht einen Vorschlag gemacht haben, wie wir im Rahmen der Organisationshoheit der Verwaltung hier auch mit Dingen umgehen. Das kann ich Ihnen auch sagen. Denn alles andere wäre vom Steuerzahler nicht zu ver-antworten.
Ansonsten kann ich sagen: Ich wohne dem Fachausschuss Umwelt und Ordnung nicht bei, Frau Krefft, von daher kann ich jetzt nicht genau sagen, was dort wie gesagt wurde. Ich habe keinen Zungenschlag intendiert. Sie haben das vielleicht so wahrgenommen, aber ich kann dem, was ich gesagt habe, nichts hinzufügen. - Vielen Dank.

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