Anfrage: Rassistische und volksverhetzende Äußerungen sowie Drohungen bei der Sitzung des Stadtbezirksbeirat West

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 25. Juni 2025

Link zur Anfrage im Ratsinformationssystem

Bei der Sitzung des Stadtbezirksbeirat West am Montag, den 05.05.2025 kam es bei der Vorstellung der geplanten Gemeinschaftsunterkünfte in der Grünauer Allee 84 und Plovdiver Straße 52 zu tumultartigen Szenen. Anwesende berichten von offen zur Schau getragenem Hass in Form von rassistischen Äußerungen sowie einer aggressiven Stimmung aus den Reihen der Besucher*innen. Es wurden Parolen wie „Ausländer raus“ und „Venezolaner raus“ gebrüllt. Mitglieder des Stadtbezirksbeirats wurden zudem physisch bedrängt mit dem Ziel der Einschüchterung, es wurden Drohungen wie „wir werden dich jagen“ oder „wir werden Sie finden!“ ausgesprochen. Auch wurde von Teilnehmenden von einer der SBB Mitglieder die Adresse verlangt.

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

  1. Wie schätzt die Verwaltung die Geschehnisse der Sitzung des Stadtbezirksbeirats West am 05.05.2025 ein?
  2. Hatte die Stadtverwaltung ein Sicherheitskonzept vor dem Hintergrund der zur Diskussion stehenden Tagesordnungspunkte? Wenn ja, wie sah dieses aus und hat es aus Sicht der Verwaltung funktioniert?
  3. Welche Schritte unternimmt die Verwaltung, um ihre eigenen Mitarbeitenden wie auch Stadtbezirksbeirät*innen und unbeteiligte Besucher*innen vor verbalen und physischen Übergriffen zu schützen?
  4. Wurden die Stadtbezirksbeirät*innen und Mitarbeitenden der Verwaltung sowie die Moderatorin und Sicherheitsbeamt*innen vor der Sitzung gebrieft und sowohl inhaltlich als auch auf die eventuellen Gefahren und Geschehnisse vorbereitet? Wenn ja wie?
  5. Wie hat die Verwaltung auf die rassistischen Zwischenrufe und die Bedrohungen reagiert? Wurden strafrechtliche Konsequenzen angestoßen?
  6. Hält die Stadtverwaltung nach diesen Vorkommnissen weiterhin öffentliche Sitzungen der Stadtbezirksbeiräte für das richtige Forum, um Informationen zu geplanten Gemeinschaftsunterkünften öffentlich zu kommunizieren und diskutieren? Was wären alternative Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung?

 

Antwort vom 24. Juni 2025

  1. Wie schätzt die Verwaltung die Geschehnisse der Sitzung des Stadtbezirksbeirats West am 05.05.2025 ein?

Die Stadtverwaltung verurteilt die rassistischen Zwischenrufe, persönlichen Bedrohungen und Einschüchterungsversuche gegenüber Mitgliedern des Stadtbezirksbeirats, Verwaltungsmitarbeitenden sowie weiteren Anwesenden.

  1. Hatte die Stadtverwaltung ein Sicherheitskonzept vor dem Hintergrund der zur Diskussion stehenden Tagesordnungspunkte? Wenn ja, wie sah dieses aus und hat es aus Sicht der Verwaltung funktioniert?

Ja, es lag ein Sicherheitskonzept vor. Bei der Einbringung von Informationen zu Geflüchtetenunterkünften in den Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten erfolgt regelmäßig vorab eine Einschätzung zu den im konkreten Einzelfall zu ergreifenden Maßnahmen. Zu diesen Maßnahmen gehören:

  • Nutzung geeigneter Räumlichkeiten, falls der reguläre Sitzungsort nicht geeignet ist
  • Beauftragung und Briefing eines Sicherheitsdienstes
  • Information der Polizei sowie Abstimmungsgespräche
  • Information des Stadtordnungsdienstes
  • Verstärkte Sicherheitspräsenz vor Ort während der Veranstaltung
  • Beauftragung und Briefing einer externen Moderation

Diese Maßnahmen wurden auch für die Sitzung des Stadtbezirksbeirats West am 05.05.2025 ergriffen. Aus Sicht der Verwaltung hat das Sicherheitskonzept im großen und ganzen funktioniert.

  1. Welche Schritte unternimmt die Verwaltung, um ihre eigenen Mitarbeitenden wie auch Stadtbezirksbeirät/-innen und unbeteiligte Besucher/-innen vor verbalen und physischen Übergriffen zu schützen?

Die Verwaltung prüft, welche Maßnahmen aus den bisherigen Erfahrungen abzuleiten sind. Hierzu finden Gespräche mit allen beteiligten Akteuren statt. Folgende Maßnahmen zeichnen sich ab:

  • Intensivierung der Vorab-Bewertungen durch Polizei und Ordnungsamt zur Risikoeinschätzung und ggf. verstärkte Sicherheitspräsenz vor Ort
  • Bindung von Sicherheitsunternehmen, die über Erfahrungen in der Konfliktkommunikation verfügen
  • Sensibilisierung der Sicherheitskräfte zur frühzeitigen Ansprache von Störenden und ggf. Durchsetzung des Hausrechtes
  • Erfassung und Dokumentation strafbarer Zwischenrufe, Bedrohungen und Beleidigungen bereits während der Veranstaltung
  • Kommunikation, dass rassistische, volksverhetzende oder bedrohliche Äußerungen unmittelbar angesprochen, unterbunden und ggf. zur Anzeige gebracht werden. Personen, die durch entsprechende Äußerungen oder Verhalten den Ablauf der Veranstaltung oder die Sicherheit im Raum gefährden, können durch das Sicherheitspersonal unmittelbar des Raumes verwiesen werden.
  • Kommunikation, dass bei eskalierender Lage die Veranstaltung vorzeitig abgebrochen wird.
  1. Wurden die Stadtbezirksbeirät/-innen und Mitarbeitenden der Verwaltung sowie die Moderatorin und Sicherheitsbeamt/-innen vor der Sitzung gebrieft und sowohl inhaltlich als auch auf die eventuellen Gefahren und Geschehnisse vorbereitet? Wenn ja wie?

Ja. Vor der Sitzung erfolgten mehrere Abstimmungstermine zwischen den beteiligten Ämtern, der Polizei und der LWB. Dabei wurden neben den inhaltlichen Aspekten auch organisatorische und sicherheitsrelevante Fragen erörtert und abgestimmt.

  1. Wie hat die Verwaltung auf die rassistischen Zwischenrufe und die Bedrohungen reagiert? Wurden strafrechtliche Konsequenzen angestoßen?

Die Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung sowie die externe Moderation haben klar und unmittelbar die aus den Reihen des Publikums geäußerten menschenverachtenden Zwischenrufe verurteilt. Es wurde mehrfach appelliert, einen wertschätzenden Umgang zu wahren und die zu Veranstaltungsbeginn mitgeteilten Kommunikationsregeln einzuhalten. Die Stadtverwaltung hat keine Strafanzeige gestellt.

  1. Hält die Stadtverwaltung nach diesen Vorkommnissen weiterhin öffentliche Sitzungen der Stadtbezirksbeiräte für das richtige Forum, um Informationen zu geplanten Gemeinschaftsunterkünften öffentlich zu kommunizieren und diskutieren? Was wären alternative Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung?

Ja. Entsprechend dem Informations- und Kommunikationskonzept erfolgt die Information zu Standortentscheidungen für Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete in öffentlichen Sitzungen des Stadtbezirksbeirates bzw. des Ortschaftsrates. Zudem werden die Mitglieder des betreffenden Stadtbezirksbeirates bzw. Ortschaftsrates unmittelbar nach einer Standortentscheidung in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters informiert und die Entscheidung als Medieninformation und auf www.leipzig.de veröffentlicht. An diesem Konzept wird festgehalten.

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