Anfrage: Recycling und Wiederverwendung von Baustoffen

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 09. Februar 2022

Der Bausektor trägt zu einem großen Teil zum Abfallaufkommen bei. Das Recycling und die Wiederverwendung von Baustoffen können einen wichtigen Beitrag leisten, um Ressourcen zu schonen sowie Abfall und Transporte zu reduzieren. Dazu zählt etwa der selektive Rückbau von öffentlichen Gebäuden zur Wiederverwendung und zum Recycling von Baumaterialien sowie der Einsatz von ressourcenschonenden Recyclingbaustoffen nicht nur im Hochbau, sondern z.B. auch beim Neubau von Radwegen und im Straßenbau. Dadurch kann ein Beitrag geleistet werden, um mit dem Einsatz von ressourcenschonenden und klimaschonenden Baustoffen insbesondere bei Hochbaumaßnahmen die Emissionen schädlicher Klimagase um mehr als 60 Prozent zu senken. Die öffentliche Hand kann und sollte dabei eine Vorbildrolle einnehmen. Am 1. Dezember 2021 trat in Berlin eine Verwaltungsvorschrift in Kraft, die die Wiederverwendung und das Recycling von Baustoffen beim Rückbau öffentlicher Gebäude verbindlich vorschreibt. Bei öffentlichen Hochbauvorhaben müssen außerdem künftig ausschließlich nachwachsende Baustoffe und gütegesicherte Recyclingbaustoffe eingesetzt werden. Damit nimmt das Land Berlin bundesweit eine Vorbildfunktion ein. Von Interesse ist, inwiefern in Leipzig bei kommunalen Bauvorhaben (Hoch- und Tiefbau), aber auch insgesamt auf das Recycling und die Wiederverwendung von Baustoffen gesetzt wird.

Wir fragen daher:

  1. Inwiefern und in welchem Umfang setzen die Stadt Leipzig und ihre Eigenbetriebe bei eigenen Bauvorhaben wiederverwendete Baustoffe und gütegesicherte Recyclingbaustoffe ein (Bitte eingehen auf entsprechende Vorgaben in Ausschreibungen, Menge und Anteil wiederverwendeter Materialien und Recyclingbaustoffe in den letzten beiden Jahren und Vergleich zu Baustoffen ohne Recyclinganteil bzw. Wiederverwendung)?
  2. Wie schätzt die Verwaltung die derzeitige Praxis und die bestehenden Strukturen der in Leipzig tätigen Abfall-, Recycling- und Bauwirtschaft hinsichtlich des Recyclings und der Wiederverwendung von Baustoffen ein?
  3. Welche Voraussetzungen sind aus Sicht der Verwaltung notwendig, um den Einsatz wiederverwendeter und gütegesicherter recycelter Baustoffe sowie die Wiederverwendung und das Recycling von Baustoffen beim Rückbau öffentlicher Gebäude in Leipzig verbindlich vorzuschreiben?
  4. Durch welche Maßnahmen (z.B. Beratung von Bauherren, Förderung von Firmen der Abfall-, Recycling- und Bauwirtschaft) unterstützt die Stadt Leipzig das Recycling und die Wiederverwendung von Baustoffen jenseits kommunaler Bauvorhaben?

 

Antwort vom 04. Februar 2022

  1. Inwiefern und in welchem Umfang setzen die Stadt Leipzig und ihre Eigenbetriebe bei eigenen Bauvorhaben wiederverwendete Baustoffe und gütegesicherte Recyclingbaustoffe ein (Bitte eingehen auf entsprechende Vorgaben in Ausschreibungen, Menge und Anteil wiederverwendeter Materialien und Recyclingbaustoffe in den letzten beiden Jahren und Vergleich zu Baustoffen ohne Recyclinganteil bzw. Wiederverwendung)?

Bei Maßnahmen der Stadt Leipzig und ihrer Eigenbetriebe kommen wiederverwendete Baustoffe und gütegesicherte Recyclingbaustoffe zum Einsatz. Die Angabe einer konkreten Menge in den letzten beiden Jahren bzw. des Anteils im Vergleich zu Baustoffen ohne Recyclinganteil bzw. Wiederverwendung ist nicht möglich.

Bei den Maßnahmen an Freianlagen des ASG und den Straßen-, Brücken und Tiefbaumaßnahmen des VTA werden anfallende Materialien besonders häufig innerhalb der Baumaßnahme wiedereingebaut und teils sogar zur späteren Wiederverwendung eingelagert. Im ASG beträgt der Anteil je nach Art der Baumaßnahme durchaus bis zu 80 Prozent.

I.d.R. erfolgt die Prüfung des Einsatzes wiederverwendeter Baustoffe und gütegesicherter Recyclingbaustoffe im Zuge der Planung und LV-Erstellung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte. Eine generelle Vorgabe in den Ausschreibungen der Stadt Leipzig und ihrer Eigenbetriebe gibt es nicht.

Zum Schutz der natürlichen Ressourcen sind Bauherren und Bauwerksplaner aufgerufen, den Einsatz von Recyclingbaustoffen durch materialneutrale Ausschreibungen oder solche, in denen Recyclingbaustoffe gefordert werden, zu fördern. Bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand im Freistaat Sachsen kommt ein Ausschluss von Recyclingmaterial oder –produkten nur ausnahmsweise in Betracht und ist nachvollziehbar zu begründen (siehe § 10 Satz 4 SächsKrWBodSchG).

Neben den Vorgaben in den Ausschreibungen ergeben sich Anforderungen zur Wiederverwendung/ Recycling aus weiterführenden städtischen Instrumentarien wie den Baustandards für Schulen, Kitas und Sporthallen oder auch der Energieleitlinie. Im Entwurf der Überarbeitung der Energieleitlinie heißt es: "Grundsätzlich ist die Recyclingfähigkeit aller Bauteile zu gewährleisten."

  1. Wie schätzt die Verwaltung die derzeitige Praxis und die bestehenden Strukturen der in Leipzig tätigen Abfall-, Recycling- und Bauwirtschaft hinsichtlich des Recyclings und der Wiederverwendung von Baustoffen ein?

Die im Raum Leipzig tätige Bauindustrie kann auf ein Netz von Anbietern zurückgreifen, die Sekundärrohstoffe anbieten beziehungsweise verarbeiten.

So nehmen z.B. die Asphaltmischwerke ausgebauten Asphalt als Frasgut an und ver-arbeiten ihn zu neuem Asphaltmischgut. Bezogen auf die im Stadtgebiet Leipzig befindlichen gewerblichen Asphaltmischanlagen wird eingeschätzt, dass in Abhängigkeit vom jeweiligen Wiederverwendungszweck ca. 10 – 40 % Ausbauasphalt (Abfall) nach der Aufbereitung für die Herstellung von Asphaltmischgut (Produkt) verwendet wird.

In gewerblichen Bauschuttrecyclinganlagen werden Ausbauasphalt sowie Beton- und Ziegelbruch von Baustellen aus dem Stadtgebiet Leipzig angeliefert, aufbereitet und wiederverwendet. Der Beton- und Ziegelbruch ist in der Regel nach Aufbereitung in die entsprechende Gesteinskörnung für die Herstellung von Frostschutzschichten bestimmt. Die hergestellten Baustoffe werden vorwiegend für öffentliche Straßenbauprojekte verwendet. Eine genaue prozentuale Angabe ist jedoch nicht möglich, da die Betreiber der Anlagen über eine konjunkturabhängige Nachfrage nach den aufbereiteten Materialien berichten.

Innerhalb von sogenannten Bodenbörsen werden auf Baustellen ausgehobene Boden-massen erfasst und bedarfsgerecht an andere Baustellen angeboten.

Die in Leipzig tätige Abfall-, Recycling- und Bauwirtschaft muss ebenso wie die Stadt Leipzig u.a. die Vorgaben des Sächsisches Kreislaufwirtschafts- und Bodenschutzgesetz, der Gewerbeabfallverordnung, die Abfallrechtlichen Rahmenbedingungen im Freistaat Sachsen/ Recyclingerlass bzw. die zum 1. August 2023 in Kraft tretende bundeseinheitliche Mantelverordnung berücksichtigen.

 

  1. Welche Voraussetzungen sind aus Sicht der Verwaltung notwendig, um den Einsatz wiederverwendeter und gütegesicherter recycelter Baustoffe sowie die beim Rückbau öffentlicher Gebäude in Leipzig verbindlich vorzuschreiben?

An erster Stelle sei darauf hingewiesen, dass Erzeuger und Besitzer von Bau- und Abbruchabfällen die Abfallfraktionen schon jetzt vorrangig der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen haben (KrWG, § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 4).

Der Einsatz von wiederverwendeten und gütegesicherten recycelten Baustoffen wird i.d.R. mit der Ausschreibung ermöglicht.

Beim Bau wiederverwendet werden vor allem Bauschutt/Betonrecycling als Auffüllungen unter Gebäuden und befestigten Wegen sowie wiederverwendungsfähiger Mutterboden. Da diese Materialien z.T. kostengünstiger sind als Neumaterialien, werden diese im Rahmen der Vergabeverfahren durch die ausführenden Firmen wenn möglich schon eingepreist. Einschränkungen ergeben sich z.B. hinsichtlich der Freianlagen von Schulen und Kitas. Hier müssen für die obersten 35 cm komplett schadstofffreies, zertifiziertes Material verwendet werden. Dies ist im Regelfall nur mit Neumaterial zu gewährleisten. Eine weitere Verwendung von wiedereinzubauenden Stoffen (Ziegel, Fenster, Türen etc.) ist in der Praxis nur schwer erzielbar.

Sofern Baustoffrecyclingmaterial verwendet werden soll, ist der Recyclingerlass zu beachten. Das Baustoffrecyclingmaterial muss vor der weiteren Verwendung (bautechnische Nutzung) von einem anerkannten Institut mittels repräsentativer Probenahme analysiert werden. Dies ist auch der Fall, wenn ein Wiedereinbau am Anfallort vorgesehen ist.

Die umwelttechnischen Anforderungen sind abhängig von der Einbauweise, dem Einbauort und dem jeweiligen Verwendungszweck. Sie werden im Recyclingerlass näher definiert. Es wird darauf hingewiesen, dass Bauschutt im Regelfall lediglich für Betriebszwecke (z. B. Baustraßen) oder in technischen Bauwerken verwendet werden kann.

Zur Erfüllung der Anforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KrWG (keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt) müssen Recyclingbaustoffe die in Kapitel 5 Tabelle 1 des Recyclingerlasses genannten Zuordnungswerte W 1.1 zuverlässig einhalten, ordnungsgemäß deklariert sein (der Anwendungsbereich ist genau zu bestimmen) und gütegesichert sein. Die Sicherung der Qualität der Recyclingbaustoffe nach diesem Erlass ist durch ein behördlich anerkanntes Gütesicherungssystem zu gewährleisten. Die behördliche Anerkennung kann durch das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) oder durch ein anderes Bundesland erfolgen. Im letzteren Fall ist eine Bestätigung durch das LfULG vor der Aufnahme der Tätigkeit im Freistaat Sachsen erforderlich. Die örtlich zuständige Abfallbehörde kann für ihren Zuständigkeitsbereich ebenfalls Gütesicherungssysteme anerkennen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es in Sachsen bislang kein durch das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) behördlich anerkanntes bzw. bestätigtes Gütesicherungssystem. „Insofern sollten auch alle in Sachsen aufbereiteten Recyclingbaustoffe derzeit dem Abfallrecht unterliegen.“ [S. 3, Anschreiben Recyclingerlass C43-8601/1/3].

  1. Durch welche Maßnahmen (z.B. Beratung von Bauherren, Förderung von Firmen der Abfall-, Recycling- und Bauwirtschaft) unterstützt die Stadt Leipzig das Recycling und die Wiederverwendung von Baustoffen jenseits kommunaler Bauvorhaben?

Insbesondere bei Baufirmen, welche in der grünen Infrastruktur im Auftrag der Stadt tätig sind ist eine hohe Verantwortung in Bezug auf Umwelt, Nachhaltigkeit, Ressourcenschutz in Verbindung mit sozialen Aspekten zu verzeichnen. Dazu beigetragen hat eine zu diesen Aspekten hervorzuhebende gute Verbandsarbeit. Dies spiegelt sich u.a. auch darin wider, dass in Bauberatungen von beiden Seiten (AG / AN) diese Thematik thematisiert und Einsatzmöglichkeiten für recycelte Baustoffe geschaffen werden.

Informationen zur Entsorgung von Bau- und Abbruchabfällen gemäß der GewAbfV werden vom SMEKUL zur Verfügung gestellt. https://www.wertstoffe.sachsen.de/download/smul.2019_merkblatt_bauabfaelle_a4_201119.pdf.

Zurück