Anfrage: Sachstand Raumordnungsverfahren "Kiessandtagebau Zitzschen/Großdalzig" und Klageverfahren

Anfrage vom 10. August zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 23. August 2017

Am 17. Juni 2015 beschloss die Ratsversammlung die Stellungnahme der Stadt Leipzig gegen die Abänderung des Rahmenbetriebsplans “Kiessandtagebau Zitzschen“ sowie durch einen Ergänzungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass im Fall einer Bewilligung des Antrages auf Änderung des Raumordnungsverfahrens durch das Oberbergamt die Einleitung einer Sammelklage gegen diese Entscheidung gemeinsam mit den umliegenden betroffenen Kommunen geprüft wird oder die Stadt Leipzig einer solchen Klage beitritt.
In der ablehnenden Stellungnahme brachte die Stadt Leipzig deutliche Vorbehalte zum Ausdruck aufgrund:

–    erheblicher Bedenken und Zweifel an Raumverträglichkeit des Vorhabens aufgrund von
–    Lärm- und Staubemissionen mit besonderem Schutzerfordernis der Firma ARS Altmann
–    Vorbelastung des Raumes mit anderen Tagebauen
–    Belastung des Straßennetzes
–    unwiederbringlicher Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche
–    besonderes Schutzerfordernis des Bodens  

Das Oberbergamt hat im vergangenen Jahr zwar die geplante Erweiterung des Kiesabbaus in Großdalzig abgelehnt, den weiteren Kiesabbau im Bereich Zitzschen jedoch genehmigt. Die Stadt Zwenkau klagt daher mittlerweile in zweiter Instanz gegen den Betriebsplan Trockenabbau gegen den Freistaat.

Wir fragen an:

  1. Wie ist der aktuelle Stand des Genehmigungsverfahrens zur Abänderung des Rahmenbetriebsplanes und welche Änderungen haben sich seit der dazugehörigen Stellungnahme der Stadt Leipzig ergeben?
  2. Welche Auswirkungen sind bei der derzeit beschiedenen Genehmigung auf die Region sowie auf das Gebiet der Stadt Leipzig, insbesondere auf Knautnaundorf, im Vergleich zu den in der ablehnenden Stellungnahme der Stadt Leipzig geschilderten Auswirkungen zu erwarten?
  3. Ist die Stadt im Sinne des Stadtratsbeschlusses der Klage der Stadt Zwenkau beigetreten oder hat eine Sammelklage eingeleitet?
  4. Welche Schritte hat die Stadt Leipzig hinsichtlich einer rechtlichen Anfechtung der Entscheidung des Sächsischen Oberbergamtes unternommen und welche werden noch folgen?

Antwort der Verwaltung:


Sachverhalt:

zu Frage 1:
Nachdem das Raumordnungsverfahren (ROV) 2015 mit einer raumordnerischen Beurteilung der Landesdirektion Sachsen beendet wurde, wäre der nächste Verfahrensschritt die Erarbeitung eines Rahmenbetriebsplans durch den Vorhabenträger, die Mitteldeutsche Baustoffe GmbH (MDB), sowie die Beantragung eines Planfeststellungsverfahrens durch die MDB bei dem hierfür verfahrensführendem Sächsischen Oberbergamt. Das Planfeststellungsverfahren ist bisher nicht eingeleitet worden. Insofern haben sich seit der Stellungnahme der Stadt Leipzig zum ROV „Kiessandtagebau Zitzschen / Großdalzig“ bisher nur Änderungen dergestalt ergeben, dass mit der raumordnerischen Beurteilung vom 17.11.2015 das o.g. ROV beendet ist.

zu Frage 2:
Vergleich der Auswirkungen der beschiedenen Genehmigung mit den in der Stellungnahme geschilderten Auswirkungen:

Derzeit beschiedene Genehmigung: Planfeststellungsbeschluss 2004, inkl. Änd. 2008 Geplante Abänderung Rahmenbetriebsplan/ Stellungnahme zum ROV 2015
23 Jahre Abbau inkl. Wiederverfüllung > Belastung durch Lärm- und Staubemissionen 40 Jahre Abbau > 17 Jahre längere Belastungen durch Abbau
Verlust landwirtschaftlicher Flächen während Abbau wie links
Größtenteils Wiederherstellung landwirtschaftl. Flächen nach Abbauende, allerdings in niederer Qualität Lediglich 25 % der Abbaufläche sollen wieder landwirtschaftlicher Nutzung zugeführt werden.
max. 40 LKW/h, dadurch Lärm- und Staubemissionen wie links, allerdings sind an anderer Stelle als Auswirkung lediglich 6 LKW/h tags und 8 LKW/h nachts angegeben
Gesamteingriff Landschaft: ca. 103 ha Gesamteingriff Landschaft: 174 ha
Trockenabbau mit Abtrag des Bodens bis zu einer Tiefe von ca. 5 – 7 m zusätzlich Nassabbau > Eingriff in Grundwasserleiter
große Vorbelastung des Raumes  wie links


zu Frage 3:
Nein. Die Stadt Zwenkau hat gegen den Hauptbetriebsplan, welcher auf dem Planfeststellungsbeschluss von 2004 beruht, Rechtsmittel eingelegt. Der o.g. Stadtratsbeschluss bezog sich allerdings auf „die Bewilligung des Antrags auf Abänderung des Raumordnungsverfahrens“, d.h. auf die vom Vorhabenträger geplante Erweiterung des Abbaufeldes um das Feld Großdalzig sowie die Erweiterung der Ausbeutung der Abbaufelder durch Nassabbau.

Hierzu liegt zwar seit 2015 (s.o.) die raumordnerische Beurteilung vor. Bei der raumordnerischen Beurteilung als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens handelt es sich allerdings um eine Entscheidung ohne unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Einzelnen. Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist von der Planfeststellungsbehörde im anschließenden Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen. Gemeinden haben keine Klagebefugnis gegen die Ergebnisse von Raumordnungsverfahren, sondern unter gewissen Umständen gegen den noch folgenden Planfeststellungsbeschluss als Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens. Die Stadt Leipzig wird sich daher im vom Sächsischen Oberbergamt zu führenden bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren zur Nassauskiesung im Feld Zitzschen im Rahmen der Beteiligung als Träger öffentlicher Belange einbringen und dann die Einlegung von Rechtsmitteln gegen einen etwaigen Planfeststellungsbeschluss prüfen.

Unabhängig vom o.g. andersgelagerten Stadtratsbeschluss ist für die Stadt Leipzig nach derzeitigem Kenntnisstand (detailliertere Informationen sind angefragt) nicht ersichtlich, auf welcher rechtlichen Grundlage die Stadt Zwenkau ihre Klage gegen den Hauptbetriebsplan führt.  Bei der Stadt Zwenkau ist eine Betroffenheit möglicherweise allein durch den quantitativ sehr viel größeren Eingriff des Vorhabens in das Gemeindegebiet im Vergleich zum Stadtgebiet Leipzig stärker gegeben.

Da Hauptbetriebspläne aus dem Rahmenbetriebsplan, welcher 2004 planfestgestellt wurde, entwickelt werden und gegenüber den Rahmenbetriebsplänen detailliertere Angaben u.a. zur Errichtung und Führung des Abbaubetriebs enthalten sowie auf einen sehr viel kürzeren Zeitraum ausgerichtet sind, ist der rechtliche Einwirkkreis von Hauptbetriebsplänen regelmäßig kleiner als der von Rahmenbetriebsplänen. Da gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss von 2004 inkl. der o.g. Änderungen von 2008 zudem keine wesentlichen Änderungen im Hauptbetriebsplan vorgenommen worden sind, erschließt sich keine Klagebegründbarkeit für die Stadt Leipzig gegen den Hauptbetriebsplan.

Die Stadt Leipzig trägt als Oberzentrum in ihrer Verantwortung für die Interessen der Bürger und der Region bei Stellungnahmen zu bergrechtlichen Zulassungsverfahren regelmäßig umfangreich Belange vor, welche allerdings nicht automatisch für die Stadt Leipzig als Träger öffentlicher Belange klagebegründend sind. Dies ist bei derartigen Stellungnahmen zu berücksichtigen.

zu Frage 4:  
Bisher keine (s. auch Ausführungen zu Frage 3). Die Stadt Leipzig wird sich im bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren zur Nassauskiesung im Feld Zitzschen-Großdalzig einbringen und dann die Einlegung von Rechtsmitteln gegen einen etwaigen Planfeststellungsbeschluss.

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