Anfrage: Schülerfahrkarte für späte Schüler und Schülerinnen?
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 12. April 2017
Am 28. Oktober 2015 thematisierte unsere Fraktion das Problem, dass ein Teil der Schülerinnen und Schüler in Leipzig von der Berechtigung, eine preisreduzierte Schülerkarte oder Schülermobil-Card zu nutzen, ausgeschlossen ist. Dabei handelt es sich um diejenigen jungen Erwachsenen, die entweder nach einer Auszeit nach dem Abbruch der Schule oder anschließend an eine Berufsausbildung einen höheren Schulabschluss erwerben wollen. Grund für die Schlechterstellung ist eine Regelung in §2 (2) der Satzung der Schülerbeförderung der Stadt Leipzig (Schülerbeförderungssatzung), wonach Schülerinnen und Schülern nur dann anspruchsberechtigt sind, sofern Sie eine berufsbildende Schule „im unmittelbar zeitlichen Anschluss an die allgemeinbildende Schule...“ besuchen. In der Folge müssen diese Schülerinnen und Schüler auf das deutlich teurere Azubi-Ticket ausweichen, obwohl davon auszugehen ist, dass die jungen Erwachsenen als späte Vollzeit-Schülerinnen und -Schüler in dieser Zeit kein eigenes Einkommen haben.
Da die Entscheidung eine weiterführende Schule und eventuell überhaupt einen Schulabschluss zu erwerben unterstützt werden muss, auch wenn diese etwas später kommt, sollte keine finanzielle Benachteiligung gegenüber den anderen Schülerinnen und Schülern, die einen unterbrechungsfreien Weg gehen, bedeuten.
In der Antwort zu unserer Anfrage wurde uns einerseits gesagt, dass die Stadt Leipzig nicht mehr nachvollziehen könne, warum der besagte Ausschlussgrund im Zuge der Änderung des Schulgesetzes 2001 und der damit verbundenen Anpassung der Schülerbeförderungssatzung aufgenommen wurde. Es wurde in diesem Zusammenhang zugesagt zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen eine SchülerCard oder SchülerMobil-Card künftig auch durch junge erwachsene Schüler erworben werden kann, die einen höheren Schulabschluss nach Abbruch der Schule und anschließender Auszeit oder im Anschluss an eine Berufsausbildung anstreben.
Wir fragen daher an:
- Welche Bemühungen wurden unternommen, die Diskriminierung dieser Gruppe von älteren Vollzeit-Schülerinnen und Schüler beim Anspruch einer SchülerCard bzw. SchülerMobil-Card zu beenden und eine Gleichstellung mit anderen Schülerinnen und Schülern zu erreichen?
- Warum konnte bis heute keine entsprechende Änderung in den Regelungen der Schülerbeförderungssatzung vorgenommen werden?
- Welche finanziellen Auswirkungen erwarten Stadt und LVB bei einer entsprechenden Änderung?
Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 17. Mai 2017
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian:
Zur Frage 1: Es gibt seit Jahren eine mit den Leipziger Verkehrsbetrieben abgestimmte Regelung, die es fast allen älteren Vollzeitschülerinnen und -schülern ermöglicht, eine SchülerCard bzw. Schüler- MobilCard zu erwerben. Diese Regelung sieht bei Bedarf eine Einzelfallprüfung durch das Amt für Jugend, Familie und Bildung vor. Schätzungsweise betrifft das 50 bis 120 Schüler pro Schuljahr.
Eine 2017 durchgeführte Abfrage in den Schulen hat ergeben, dass es über diese Einzelfallentscheidung hinaus keinen Bedarf bzw. keine Schüler gibt, die vom Erwerb einer Schülerfahrkarte ausgeschlossen werden, weil sie die Ausbildung nicht im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die allgemeinbildende Schule durchführen. Das Amt für Jugend, Familie und Bildung hat zum Schuljahr 2017/2018 alle berufsbildenden Schulen per Rundschreiben gebeten, dem Amt zum Schuljahresbeginn diejenigen älteren berufsschulpflichtigen Schüler zu melden, die nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule ihre Ausbildung unterbrochen haben und die eine Schülerfahrkarte benötigen. Jeweils sind der Name, die Gründe und der Zeitraum der Ausbildungsunterbrechung mitzuteilen. Über das Ergebnis der Einzelfallprüfung informiert das Amt die Schulen. Bei positiver Entscheidung erhält der Schüler von der Schulleitung eine Bescheinigung zum Erwerb einer SchülerCard bzw. einer SchülerMobilCard und kann damit dann eine Schülerfahrkarte bei der LVB erwerben.
Zur Frage 2. Eine Änderung der Schülerbeförderungssatzung wird durch die Stadt Leipzig nicht angestrebt. Die zusätzlich vorgenommenen Einzelfallprüfungen bzw. Genehmigungen stellen sicher, dass bei bestehender Berufsschulpflicht niemand, der einen Anspruch auf eine SchülerCard bzw. SchülerMobilCard anmeldet, benachteiligt wird.
Zur Frage 3. Es ist anzunehmen, dass eine entsprechende Satzungsänderung eine Erhöhung der Grundsockelfinanzierung aus dem Vertrag „Leipziger Modell zur Schülerbeförderung“ mit der LVB zur Folge hätte. Zur Höhe der Mehrkosten kann derzeit keine Aussage erfolgen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Schmidt.
Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Professor Fabian, vielen Dank für die Beantwortung. Sie haben ausgeführt, welcher Verwaltungsaufwand für die Einzelfallprüfungen erforderlich ist. Allerdings frage ich mich - vielleicht können Sie das aufklären -, ob es nicht mehr Sinn machen würde, für diese kleine Gruppe - Sie sagten, das seien maximal 120 Schülerinnen und Schüler - eine Satzungsänderung durchzuführen. Damit ließe sich einerseits die Lücke zwischen Schule und Ausbildung für die späten Schüler beseitigen und andererseits der Verwaltungsaufwand deutlich reduzieren.
Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Das alles muss man gegeneinander abwägen. Ich sage einmal so: Ich bin froh, dass wir einen gültigen Vertrag haben. Diesen würde ich erst einmal nicht anfassen wollen. Ich hatte ja auch gesagt, dass nicht abschätzbar ist, welche zusätzlichen Kosten dann auf uns zukommen. Ich schätze es so ein, dass der Verwaltungsaufwand dafür nicht riesig ist.