Anfrage: Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten

Anfrage vom 18. August 2017 zur Ratsversammlung am 20. September 2017

In einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von Oktober 2014 hieß es:

„Aufgrund eines Stadtratsbeschlusses aus dem Jahr 1995 unterhielt die Stadt Leipzig bis zum Jahr 2004 eine im Amt für Wohnungswesen eingerichtete Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten über Wohnräume. Die Schlichtungsstelle diente in erster Linie der gütlichen Einigung zwischen Mietern und Vermietern und richtete sich an Mieter und Vermieter der Stadt. Sie konnte bei Streitfragen wie bspw. Modernisierungsankündigungen, Duldungspflicht, Mieterhöhungen nach Modernisierungen, Mietminderungen, Betriebskostenabrechnungen und Betriebskostenerhöhungen auf Antrag unterstützend tätig werden. Die Schlichtungstermine bzw. die Verhandlung wurden vor einem Schlichtungsausschuss durchgeführt, welcher sich aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern zusammensetzte. Diese wurden durch die Mitglieder des Mietervereins Leipzig, des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins sowie die Stadt Leipzig gestellt. Vorsitzender des Schlichtungsausschusses war ein Jurist. Ergebnis der Schlichtungsverhandlung war die Unterbreitung eines Einigungsvorschlages, zu dessen abschließendem Erfolg die Zustimmung beider Seiten notwendig ist.
Die in den letzten Jahren deutlich steigenden Zuzüge und damit verbundene Wohnraumverknappung, Mieterhöhungen und zahlreichen Modernisierungen von Wohnraum, haben die Zahl von Mietstreitigkeiten merklich ansteigen lassen. Nicht selten werden nicht nur Zwischennutzungsinitiativen zur Räumung gezwungen, sondern auch Wohngemeinschaften sowie Mieter in vielen Fällen durch Modernisierungen und damit deutlich steigenden Mieten zum Umzug gezwungen. Dem wurde bereits im Falle der Elsterwerke in Schleußig mit Schlichtungsversuchen begegnet. Da dies bei weitem kein Einzelfall darstellt, sollte die Stadt Leipzig das damals sehr erfolgreiche und angesehene Modell der Schlichtungsstelle in angemessener und zeitgemäßer Form wiederbelegen und somit eine Mietern und Vermietern in Leipzig wieder eine dauerhaft vorhandene Vermittlungsmöglichkeit bieten.“

Am 17.06.2015 beauftragte der Stadtrat den Oberbürgermeister im Sinne des Alternativvorschlags der Verwaltung, mit dem Mieterverein Leipzig e.V., dem Haus und Grund Leipzig e.V., den Wohnungsgenossenschaften und der LWB in Verhandlung zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten für Wohnraum zur außergerichtlichen und gütlichen Einigung zwischen Mietern und Vermietern zu treten. Für allgemeine Mietstreitigkeiten sollte die Institution der Friedensrichter (Schiedsstellen) zudem stärker in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.

Als inhaltlichen, organisatorischen Umsetzungsvorschlag teilte die Verwaltung in einem Zwischenbericht am 1.12.2015 mit, dass das Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung ab 2016 zur Umsetzung wohnungspolitischer sowie städtebaulicher Zielstellungen eine stadtweit agierende Koordinierungsstelle des "Netzwerks Leipziger Freiheit - Beratung und Projekte für bezahlbares Wohnen" einsetzen will und dazu prüft, inwieweit die Moderationskompetenz der Koordinierungsstelle des Netzwerks Leipziger Freiheit für o.g. Anliegen genutzt werden kann.

Wir fragen an:

  1. Wann und mit welchem Ergebnis wurden die beauftragten Gespräche mit dem Mieterverein Leipzig e.V., dem Haus und Grund Leipzig e.V., den Wohnungsgenossenschaften und der LWB geführt und warum kam es daraufhin nicht zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle?
  2. Mit welchem Ergebnis hat die Verwaltung geprüft, die Moderationskompetenz der mittlerweile existierenden Koordinierungsstelle des Netzwerks Leipziger Freiheit für o. g. Anliegen zu nutzen und zu beauftragen?
  3. Wie hat sich aus Sicht der Stadtverwaltung seit 2015 der Bedarf an entsprechenden Schlichtungen bei Mietstreitigkeiten entwickelt?
  4. Mit welchen Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit hat die Verwaltung die Schiedsstellen auch mit dieser Aufgabe stärker in die öffentliche Wahrnehmung gebracht und wie haben sich seither die Fallzahlen allgemeiner Mietstreitigkeiten bei den Friedensrichtern entwickelt?
  5. Konnte das Anliegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mietstreitigkeiten zu schlichten, wie von der Verwaltung vorgeschlagen umgesetzt werden oder plant die Verwaltung hinsichtlich der aktuellen Bedarfe  nachzusteuern?


Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 20. September 2017

Es gibt in der Anfrage anscheinend ein Mißverständnis, denn der in ihrem Sachverhalt genannte und vom Stadtrat 2015 beschlossene Alternativvorschlag der Verwaltung zum damaligen Antrag der Fraktion, ist nicht richtig wiedergegeben:
es wurde nicht, wie hier angenommen, beschlossen, dass die Verwaltung mit den unterschiedlichen Akteuern in Verhandlung zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten treten sollte.
Der beschlossene Alternativvorschlag lautete vielmehr:
"Im Rahmen der Kooperation zur Umsetzung des Wohnungspolitischen Konzeptes mit den Wohnungsmarktakteuren sollen Standards für den Umgang mit Mietern bei baurechtlich relevanten Maßnahmen mit Konfliktpotenzial erarbeitet werden. Die Verwaltung prüft, in welchem Rahmen und Umgang Mediation bei einzelnen Konfliktfällen angeboten werden kann. Für allgemeine Mietstreitigkeiten soll die Institution der Friedensrichter (Schiedsstellen) stärker in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden."
Somit wurde keine Einrichtung oder Verhandlungen zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle zu allgemeinen Mietstreitigkeiten beschlossen, sondern Gespräche über Standards im Umgang mit Mietern bei baurechtlich relevanten Maßnahmen mit Konfliktpotenzial. In der Begründung des damaligen Alternativvorschlages wurde zudem eindeutig dargelegt, dass die Einrichtung einer Schlichtungsstelle als freiwillige Leistung der Stadt nicht befürwortet wird, da ein solcher Bedarf für zusätzliches städtisches Handeln – neben den Angeboten des Mietervereins und des Vereins Haus und Grund – nicht besteht.
Von daher wurde gemäß dem Beschluss in diesem Jahr ein Gespräch mit dem Mieterverein Leipzig e.V. geführt, um den Bedarf und ein angemessenes Format an Information, Beratung und Mediation bei Eigentümer-Mieter-Konflikten zu erörtern. Es zeigte sich, dass der ursprünglich angedachte Ansatz, allgemeine Standards für den Umgang der Konfliktparteien gemeinsam mit Vermieter- und Mieterseite zu entwickeln, nicht zielführend ist, da sich die Konfliktlagen im Einzelfall sehr unterscheiden. Vorrangig ist daher eine individuelle Fallberatung und -vermittlung.

Zu 2.)
Die Koordinierungsstelle des Netzwerks Leipzig Freiheit hat im Rahmen ihrer Beauftragung in zwei Fällen von Mieter-Eigentümer-Konflikten beim Verkauf bewohnter Mietshäuser die Konfliktparteien beraten und Mediationsgespräche geführt. Aus dem Beraterpool des Netzwerks Leipziger Freiheit wurde dazu auch ein Fachanwalt für Mietrecht einbezogen. Auch im Rahmen des Modellvorhabens "Eigentümeraktivierung im Leipziger Osten" wurde Beratung und Moderation zu Mietrechtsfragen, die im Zusammenhang mit anstehenden Sanierungen bzw. Verkauf auftraten, angeboten. Hierzu wurden mit mehreren Eigentümern und Mietergemeinschaften Beratungsgespräche und Informationsveranstaltungen durchgeführt sowie ein Info-Flyer für Mieter/Mieterinnen erstellt, der Kurzinformationen zu Mieterrechten sowie Kontaktdaten der Beratungs- und Anlaufstellen beinhaltet.

Zu 3.)
Der Bedarf an einer externen Mediation bei Eigentümer-Mieter-Konflikten wurde nur in Einzelfällen angezeigt bzw. in Anspruch genommen. Insgesamt wurde jedoch festgestellt, dass der Informationsbedarf zu mietrechtlichen Fragen, die im Zusammenhang mit anstehenden Sanierungen oder dem Verkauf stehen, auf Seiten der Mieter sehr hoch ist.

Zu 4.)
Die Öffentlichkeitsarbeit der Schiedsstellen erfolgt im Rahmen regelmäßiger Veröffentlichungen der Angebote im Amtsblatt sowie auf der Homepage der Stadt Leipzig. Des Weiteren werden von den Friedensrichter unregelmäßig Artikel im Amtsblatt veröffentlicht und auf die Arbeit hingewiesen. Bekanntmachung erfolgen auch durch Flyer. Die Stadt Leipzig ist zwar sachlich für die Schiedsstellen zuständig, die inhaltliche Arbeit ist jedoch dem Amtsgericht zugeordnet. Es liegen keine Information zu den Entwicklung der Fallzahlen bei allgemeinen Mietstreitigkeiten vor.

Zu 5.)
Die Stadt will ab 2018 das Angebot an Information und Kommunikation bezüglich baurechtlich relevanter Maßnahmen an Mietwohnraum wie Sanierung, Umwandlung und Verkauf ausweiten. Vorgesehen sind Informationsveranstaltungen in Kooperation mit dem Mieterverein und weiteren Akteuren sowie Angebote an Beratung und Mediation im Einzelfall. Für allgemeine Mietstreitigkeiten stehen wie bei anderen Streitigkeiten die Schlichtungsstellen zur Verfügung. Die Einrichtung weiterer Schlichtungsstellen würde keine Verbesserung für die streitigen Mietparteien bringen.

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