Anfrage: Soziale Einrichtungen gefährdet - Zukunft in der wachsenden Stadt?

Seit 1993 besteht die Einrichtung „Haus am Park“ des Vereines zur sozialen Rehabilitation von Abhängigkeitserkrankten e. V. (VRA) in der Parkstadt Dösen. Der Verein betreut 50 mehrfach chronisch abhängigkeitserkrankte Menschen und nutzt dafür ein Gebäude im Gelände des ehemaligen städtischen Parkkrankenhauses Dösen.

Nach einem Eigentümerwechsel kommt das seit 2013 stockende B-Planverfahren zum Areal „Parkstadt Dösen“ nun wieder voran. Die neue Eigentümerin hat ihrerseits den Investitions-Schwerpunkt verändert und hatte dem VRA e.V. zum Februar 2018 gekündigt. Mit Unterstützung der Verwaltung und mit Rechtshilfe konnte aber ein derzeit noch zeitlich unbegrenzt aufschiebender Verbleib vereinbart werden. Obwohl das die Unsicherheit zeitlich etwas aufschiebt, ist die Situation zugleich ungeklärt, wie es für die Einrichtung weitergeht, wenn der Projektentwickler Parkresidenz GmbH sein Projekt umsetzt, also Wohnungen baut.

Die Einrichtung betreut schwer Abhängigkeitskranke und hat bisher fachlich begründet im Interesse der Kranken, einen Vor-Ort-Verbleib verhandelt, da den Kranken möglichst keine Neuorientierung in einem anderen Wohnumfeld zugemutet oder abverlangt werden sollte. Wichtig ist in jedem Fall, dass ein adäquater Ersatz gefunden wird, sofern der Vor-Ort-Verbleib der Einrichtung nicht realistisch ist.

Wir fragen an:

  1. Welche Möglichkeiten zum Verbleib unverzichtbarer sozialer Einrichtungen hat die Stadtverwaltung Leipzig im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens bei Konflikten mit privaten Eigentümerinteressen? Wie verhält sich diese Angelegenheit speziell beim VRA e.V. in der Parkstadt Dösen?
  2. Welche Alternativen kann die Stadt der Einrichtung anbieten und wann könnten diese zur Realisierung kommen?
  3. Wie ist die Finanzierung eines neuen Einrichtungsstandortes (Kauf einer Liegenschaft, Bau, Betrieb) zu realisieren?

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung:

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian:
Zur Frage 1.
In dem hier angenommenen Konfliktfall kann mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts kaum Einfluss genommen werden, da einerseits Festsetzungen im Bebauungsplan nur aus städtebaulichen Gründen und andererseits diese nur typologisch erfolgen können. Zur Umsetzung der auf das Wohnen im Gebiet ausgerichteten Entwicklungsziele ist auf der Grundlage des § 9 Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch die Festsetzung eines Allgemeinen Wohngebiets gemäß § 4 Baunutzungsverordnung beabsichtigt.
Die Baunutzungsverordnung regelt typologisch die Zulässigkeit der verschiedenen Nutzungen. Innerhalb dieses Gebietes, welches vorrangig dem Wohnen dient, sind auch Anlagen für soziale Zwecke regelzulässig. Eine Einschränkung dieser Regelzulässigkeit ist nicht beabsichtigt. Damit lägen die planungsrechtlichen Voraussetzungen vor, einen Verbleib der Einrichtung „Haus am Park“ im heutigen Gebäude bzw. im Gelände zu ermöglichen. Gleichzeitig ist damit aber auch das Instrumentarium des Bebauungsplans ausgereizt. Aufgrund der bereits in dieser Angelegenheit mit dem Projektentwickler geführten Abstimmungen wird aus Sicht des Stadtplanungsamtes  eingeschätzt, dass zum einen grundsätzlich und zum anderen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seitens des Projektentwicklers die Bereitschaft besteht, der Einrichtung „Haus am Park“ einen Verbleib im Gebiet zu ermöglichen. Seitens der Stadt könnten hierfür zusätzliche Anreize geschaffen werden, indem zum Beispiel der Anteil der im Segment des geförderten Wohnungsbaus nachzuweisenden Wohneinheiten um die Menge der in der Einrichtung „Haus am Park“ vorgehaltenen Wohneinheiten reduziert werden darf.
Die Stadt Leipzig bestätigt den Bedarf einer Einrichtung für chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke und unterstützt den Träger aktiv, den Betrieb der Einrichtung reibungslos fortbzw. gegebenenfalls an einem neuen Standort weiterzuführen. Dazu finden Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen, des Sächsischen Ministeriums für Soziales und Verbraucherschutz, der Stadt Leipzig, Gesundheitsamt und Sozialamt, des Landkreises Leipzig, Gesundheitsamt und Sozialamt, und des Trägers statt.

Zur Frage 2.
Bei der Suche nach einem geeigneten Ersatzgrundstück kann das Liegenschaftsamt unterstützen. Der Träger hat bereits beim Liegenschaftsamt einen Kaufantrag auf ein städtisches Grundstück mit Baurecht gestellt und einen Projektentwurf für die Nutzung eingereicht. Die Verwaltung wird prüfen, ob im Rahmen der Konzeptvergabe die entsprechenden Weichen gestellt werden können. Eine zeitliche Einschätzung für die Realisierung einer Alternativlösung kann derzeit nicht gegeben werden.

Zur Frage 3.
Der Kauf einer Liegenschaft für den Bau einer neuen Einrichtung kann nicht über Fördermittel finanziert werden. Er muss über den Träger realisiert werden. Die Finanzierung eines Neubaus muss vom Träger der Einrichtung über die Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur investiven Förderung von Einrichtungen, Diensten und Angeboten für Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2015 beantragt werden. Die Höhe der investiven Förderung beträgt bis zu 80 Prozent der Bau- und Ausstattungskosten, bei überregionalen Einrichtungen bis zu 90 Prozent der Bau- und Ausstattungskosten. Die Höhe der Förderung und die Verteilung der Anteile auf die Zuwendungsgeber werden im Einzelfall festgelegt. Die Einrichtung wird bisher sachsenweit belegt.
Das „Haus am Park“ ist ein vollstationäres Angebot für chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke, das über den Kommunalen Sozialverband Sachsen, der auch die Planungshoheit besitzt, gesteuert und finanziert wird.
Oberbürgermeister Jung: Gibt es dazu Nachfragen?

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Professor Fabian, das klang jetzt nicht danach, dass man da noch viel reißen kann. Inwieweit sehen Sie Möglichkeiten, sich als Sozial bürgermeister  dieser Stadt für den Verbleib dieser Einrichtung einzusetzen, sei es in Sachen Fördermittel oder Abwendung eines Standortwechsels? Ist Ihre Leidenschaft dafür geweckt?

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian: Leidenschaft, ja. Davon können Sie auf jeden Fall ausgehen; denn Menschen dieses Personenkreises liegen mir besonders am Herzen. Ich sehe das nicht ganz so negativ. Natürlich ist es so, dass es keine bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten gibt. Aber es gibt das Angebot, dass die dort vorgehaltenen Wohneinheiten gegebenenfalls auf denAnteil der Wohneinheiten im geförderten Wohnungsbau angerechnet werden können. Dazu müssten noch Gespräche geführt werden. Ansonsten: Der Träger der Einrichtung ist jetzt schon im Gespräch mit dem Liegenschaftsamt ein konkretes Grundstück betreffend. Dann werden wir weitersehen. Sie können auf jeden Fall sicher sein, dass wir alles tun, um das zu unterstützen; denn die Einrichtung wird benötigt, auch wenn sie nicht nur von Anwohnerinnen und Anwohnern der Stadt Leipzig genutzt wird. Der Bedarf ist auf jeden Fall da.

Zurück