Anfrage: Stand einer erinnerungskulturellen digitalen Plattform

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. April 2024

Vorbemerkung:

Im November 2022 kamen rund 50 Leipziger Akteur*innen zu einem Workshop zum Thema Erinnerungskultur zusammen. Kernforderungen waren mehr Vernetzung untereinander und zeitgemäße Formate.

Im Ende 2023 beschlossenen Konzept Erinnerungskultur heißt es: "Im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung wird der Ausbau des Schwerpunkts Erinnerungskultur betont“ und weiter, dass die „Förderung von Digitalisierung und Gedenkstättenarbeit“ an zentraler Stelle steht. „Durch die darin vorgesehene kommunale Verantwortung der Kulturförderung gewinnt dieses Thema zusätzliche Relevanz für die Stadtpolitik in Leipzig." (vgl. S. 3)

Unsere Fraktion hat immer wieder darauf gepocht, Erinnerungsthemen gebündelt, z.B. auch in Form einer App aufzubereiten.

Im Haushalt 2023/24 konnten wir erwirken, dass für Erinnerungskultur 175.000 Euro in 2023 und 275.000 Euro in 2024 aus Kulturraumgeldern zur Verfügung gestellt werden.

Mit diesem Budget werden Maßnahmen zur Umsetzung des erinnerungspolitischen Konzepts mit den dazugehörigen Formaten sowie Maßnahmen zur Digitalisierung der Leipziger Erinnerungskultur finanziert.

Viele von uns eingebrachte und im Rat beschlossene Anträge bieten sich an, in digitaler Form aufbereitet zu werden, wie z.B. zu den Themen "Spur der Kohle" oder der Sporthistorischen Route. Außerdem bietet es sich an, bereits bestehende Formate in Kooperation mit den jeweiligen Trägern mit der entstehenden App der Stadt zu verknüpfen, wie zum Beispiel die App der Universität Leipzig zu 89. Fraglich ist auch, was mit den Apps „Leipzig `89“ und „Leipzig 1953“, die auf der Webseite der Gedenkstätte "Runde Ecke" angeboten werden, geschehen ist.

Deshalb fragen wir an:

1. Wie ist der Stand der Entwicklung der erinnerungskulturellen digitalen Maßnahmen der Stadt Leipzig?

2. Zu welchen Inhalten wurden bisher die Zuarbeiten begonnen, in welcher Weise und in Kooperation mit wem?

3. Ist vorgesehen, bestehende digitale Formate zu integrieren, wie beispielsweise die digitale Karte der Gedenkstätte für Zwangsarbeit, die bisher über 700 Orte von Zwangsarbeit in Leipzig aufzeigt sowie den dazugehörigen Audiowalk?

4. Wird es eine zentrale digitale Plattform für Leipzig 1989 geben, die auch die analogen Angebote mit den Gedenkstätten und digitalen Angeboten verknüpft? Welche Kenntnisse hat die Stadt darüber, was mit der einst mit Fördergeldern entwickelten App der Gedenkstätte "Runde Ecke" geschehen ist?

5. Ist das digitale Angebot der Stadt Leipzig im erinnerungspolitischen Bereich noch zeitgemäß?

Antwort vom 24. April 2024

Im Fachausschuss Kultur am 8.3. wurde im Zuge der Berichterstattung der Verwaltung zum Thema „Sachstand Budget Erinnerungskultur“ informiert, dass dezidiert zum Stand „Plattform“ Erinnerungskultur informiert wird. Diese Information wurde, wie zugesagt in der Sitzung am 19.04.2024 gegeben.

Inhalt:

In einem ersten Schritt soll für Desktopgeräte und Tablets eine Plattform entstehen, die mit den vier Rubriken „Aktuelles“, „Veranstaltungen“, „Themen und Touren“ sowie „Adressen“ umfassend zur Erinnerungskultur der Stadt Auskunft gibt.

Der Kern der Plattform sind kuratierte Inhalte, die als Themen journalistisch mit Bild-, Audio- und Filmmaterial aufbereitet sind und als Touren auf digitalen Karten dargestellt und erlebbar werden. Dabei kann man zwischen aktuellen Satellitenbildern und verschieden historischen Karten Leipzigs wechseln, um die Geschichte der Stadt in vielen Facetten entdecken und nachvollziehen zu können.

In einer Rubrik „Aktuelles“ soll die Arbeit verschiedener Akteurinnen und Akteure vorgestellt werden. Mit Platzhaltern wird auf die Themen und Inhalte neugierig gemacht. Kleine nachvollziehbare Kolumnen inspirieren zu einer Beteiligung.

Adressen aller Ansprechpartner alphabetisch sortiert, thematisch gruppiert und in den Touren auf den Karten dargestellt, runden das Angebot ab und sollen bei Interesse einen ersten Kontakt zum Verein, zur Stiftung oder zum Museum ermöglichen.

Vorteil der zentralen Plattform ist die Aufnahme von bereits vorhandenen und vielen neuen Themen, die nicht alle im Stadtraum umgesetzt werden können sowie die Vernetzung der Themen und Inhalte.

Nur digital umsetzbar ist die Vernetzung der Themen und Inhalte untereinander. Die Touren mit vielen Zugriffen können Entscheidungskriterium für physische Ankerpunkte im Stadtraum sein. Ein ebenso großer Vorzug ist der schnelle Kontakt zu den vielfältigen Interessensgruppen.

2. Zu welchen Inhalten wurden bisher die Zuarbeiten begonnen, in welcher Weise und in Kooperation mit wem?

Die Plattform verfolgt das Ziel - entsprechend des Konzepts Erinnerungskultur - Themen und Routen auf einer digitalen Plattform zugänglich zu machen. In einem Auswahlverfahren für drei Themen des Prototyps wurden kulturpolitische Aspekte und die Anzahl vorhandene Erinnerungsorte sowie die Datenlage städtischer Kultureinrichtungen geprüft (z. B. Denkmalverzeichnis des Kulturamts, Datenbank des Stadtgeschichtlichen Museums).

Folgende Themen wurden ausgewählt und sollen im Quartal II/2024 von Expertinnen und Experten bearbeitet werden.

1. Frauen- und Geschlechtergeschichten -> Konzept Erinnerungskultur: Epochenübergreifende neue Perspektiven für etablierte Schwerpunkte

2. Leipziger Freiräume in der DDR -> Konzept Erinnerungskultur: Etablierter Schwerpunkt sowie neue Perspektive: DDR-Geschichte, Demokratiegeschichte und soziale Bewegungen

3. Buch- und Literaturgeschichte Leipzig -> Konzept Erinnerungskultur: Etablierter Schwerpunkt / Dieses Thema hat einen starken Bezug zum Themenjahr 2025

und wird darüber hinaus in einem laufenden Ideenwettbewerb zu einer „Digitalen Bücherspur“ erarbeitet.

Weiterhin erfolg(t) ten Gespräche mit der LTM GmbH.

3. Ist vorgesehen, bestehende digitale Formate zu integrieren, wie beispielsweise die digitale Karte der Gedenkstätte für Zwangsarbeit, die bisher über 700 Orte von Zwangsarbeit in Leipzig aufzeigt sowie den dazugehörigen Audiowalk?

In der Pilotierung der Plattform werden zunächst Anwendungsfälle erarbeitet und aufgegriffen, die auf Datensätzen basieren, die in den städtischen Kultureinrichtungen liegen, um schneller in die Umsetzung gehen zu können.

Die Integration bestehender digitaler Anwendungsfälle und Projekte der Erinnerungskultur externer Dateneigner erfordert eine rechtliche Prüfung, die Einrichtung und Pflege von Datenbankschnittstellen und Vereinbarungen über Dateneignerschaften und Datenpflege.

Nach der Pilotierung wird eine schrittweise Prüfung und ggf. Integration von nicht-städtischen Angeboten in die Plattform Erinnerungskultur angestrebt.

4. Wird es eine zentrale digitale Plattform für Leipzig 1989 geben, die auch die analogen Angebote mit den Gedenkstätten und digitalen Angeboten verknüpft? Welche Kenntnisse hat die Stadt darüber, was mit der einst mit Fördergeldern entwickelten App der Gedenkstätte "Runde Ecke" geschehen ist?

Gegenwärtig erfolgt mit der Umsetzung des Ratsbeschlusses Lebendige Auseinandersetzung mit der Friedlichen Revolution (Vorlage: VII-A-01794-NF-02). Im Zuge der Ergebnisse, die Ende des III. Quartals vorliegen sollen, wird auch das Thema der diversen Internetauftritte zum Thema angesprochen und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Die App Leipzig ’89 wurde von der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ entwickelt und seit 2015 kostenlos angeboten. Sie stand bis 2023 in deutscher, englischer, italienischer, niederländischer und arabischer Sprache zur Verfügung.

Aufgrund der veralteten Software wurde die App 2023 aus den digitalen Stores von iOS und Android Store entfernt. Die App wird derzeit überarbeitet und soll im Herbst 2024 wieder zur Verfügung stehen. Die App wurde nicht mit Fördergeldern des Kulturamts entwickelt.

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