Anfrage: Teilhabe und Diskriminierung von Migrant*innen auf dem Wohnungsmarkt

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 21. April 2021

Aufgrund des Bevölkerungswachstums und der damit gestiegenen Nachfrage nach Wohnraum, haben Menschen mit geringem Einkommen und darunter insbesondere viele Migrant*innen zunehmend Probleme, bezahlbaren und passenden Wohnraum zu finden. Neben finanziellen Hürden sehen sich Migrant*innen oft auch mit offener oder verdeckter Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt konfrontiert. Dem Gesamtkonzept zur Integration von Migrant*innen zufolge sollen Maßnahmen wie der soziale Wohnungsbau sowie Unterstützungsangebote wie Soziale Wohnhilfen und die Kontaktstelle Wohnen zur Teilhabe von Migrant*innen auf dem Wohnungsmarkt beitragen. Darüber hinaus könnte "ein öffentliches Bekenntnis zu für alle offenen Vergabeverfahren und die Aufklärung über diskriminierende Strukturen und Verhaltensweisen einen Beitrag zur Zurückdrängung von Ungleichbehandlung auf dem Wohnungsmarkt leisten. Dort, wo die Stadtverwaltung in wohnungsmarktbezogenen Gremien beteiligt ist, kann sie das Thema Diskriminierung aufgreifen, um Maßnahmen für einen chancengerechten Zugang zu Wohnraum auf den Weg zu bringen. Neben Diskriminierungsaspekten scheint auch eine Aufklärung der privaten Vermieter über wohnbezogene ALG II Leistungen erforderlich (Gesamtkonzept, S. 47)." Zwei Jahre nach Beschluss des Gesamtkonzepts ist von Interesse, wie die Ziele und Maßnahmen umgesetzt werden und wie mit spezifischen Problemlagen umgegangen wird. Wir fragen daher an:

1) Welche Daten liegen der Stadt sowohl zu Teilhabe und Diskriminierung von Migrant*innen auf dem Wohnungsmarkt vor bzw. werden durch sie erhoben (z.B. durch Testing-Verfahren)?
2) Auf welche Weise werden die Zielsetzungen und Maßnahmen des Gesamtkonzepts zur Integration von Migrant*innen sowie weitere Stadtratsbeschlüsse (Beschluss für unabhängige Beschwerdestellen in kommunalen Unternehmen wie der LWB) für Teilhabe und gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt umgesetzt und welche sind geplant?
3) Welche Möglichkeiten und Hilfestellungen bei der Wohnungssuche gibt es für Bewerber*innen ohne Schufa-Auskunft und Vorvermieterauskunft?
4) Welche Möglichkeiten und Hilfestellungen bei der Wohnungssuche gibt es für Bewerber*innen, die durch die Wohnungsnotfallhilfe vermittelt wurden?

Antwort vom 21. April 2021

Frage 1: Welche Daten liegen der Stadt sowohl zu Teilhabe und Diskriminierung von Migrant*innen auf dem Wohnungsmarkt vor bzw. werden durch sie erhoben (z.B. durch Testing-Verfahren)?

 

Statistische Angaben zur Wohnsituation, Miethöhe, Mietbelastung von Migrantinnen und Migranten liegen der Stadtverwaltung nicht vor, da diese Bevölkerungsgruppe in der Kommunalen Bürgerumfrage unterrepräsentiert ist. Die Migrantenbefragung von November 2020 greift die genannten Aspekte auf, ebenso die Frage nach Diskriminierung bei der Wohnungssuche. Derzeit werden die Befragungsdaten im Amt für Statistik und Wahlen ausgewertet und anschließend veröffentlicht.

 

Zum Jahresende 2020 lebten 69.719 Migrantinnen und Migranten in Leipzig. Das entspricht einem Anteil von 16 % an der Gesamtbevölkerung. Migrantinnen und Migranten leben in allen Leipziger Ortsteilen, wobei ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung zwischen 3,2 % in Baalsdorf und 42,4 % in Volkmarsdorf stark differiert.

 

Der überwiegende Anteil der Migrantinnen und Migranten versorgt sich selbständig auf dem Wohnungsmarkt mit Wohnraum, ein kleiner Anteil lebt in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete.

 

Frage 2: Auf welche Weise werden die Zielsetzungen und Maßnahmen des Gesamtkonzepts zur Integration von Migrant*innen sowie weitere Stadtratsbeschlüsse (Beschluss für unabhängige Beschwerdestellen in kommunalen Unternehmen wie der LWB) für Teilhabe und gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt umgesetzt und welche sind geplant?

 

Im Gesamtkonzept zur Integration von Migrantinnen und Migranten in Leipzig wurden zwei Maßnahmen zur Umsetzung des Ratsbeschlusses VI-A-04523 aufgenommen:

 

Im Willkommenszentrum der Stadt Leipzig werden regelmäßig Informationsveranstaltungen durchgeführt, die Mieter/-innen mit Migrationshintergrund über ihre Rechte und Pflichten bei der Wohnungsanmietung sowie über Beratungs- und Unterstützungsangebote im Bereich Wohnen aufklären. Weitere Veranstaltungen als Online-Format sind in Planung und werden mit Sprachmittlung durchgeführt.

 

Des Weiteren ist geplant auf die Wohnungsunternehmen zuzugehen und die Durchführung von Schulungen der Mitarbeiter/-innen in Wohnungsunternehmen anzubieten. Hier kann zum Beispiel über gängige Missverständnisse aufgeklärt werden, wenn aufgrund vermeintlicher aufenthaltsrechtlicher Probleme Wohnungsvergaben zuungunsten der Mietinteressent/-innen mit Migrationshintergrund getroffen werden.

 

Der in der Frage genannte Beschluss zur Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen wurde am 25.02.2021 in der Ratsversammlung gefasst. Ein Fahrplan zur Umsetzung wird im Rahmen der Erstellung des Antidiskriminierungskonzeptes erarbeitet.

 

Darüber hinaus wurden, entsprechend der Zielsetzung des Gesamtkonzeptes zur Integration von Migrantinnen und Migranten in Leipzig, im Quartiersmanagement Leipziger Osten sowie Grünau interkulturelle Kompetenzen aufgebaut. Im Rahmen des Projektes "Neue Arbeit im Quartier" werden Menschen mit Migrationshintergrund bei der Suche von Ausbildung und Beschäftigung sowie bei der Wohnungssuche unterstützt, indem sie an die für sie passenden Beratungsstellen vermittelt werden.

 

Im Leipziger Osten hat sich das Akteursnetzwerk Wohnen mit Unterstützung des Amtes für Wohnungsbau und Stadterneuerung sowie des Quartiersmanagements gebildet. Das Netzwerk engagiert sich gegen die Benachteiligung von Migrantinnen und Migranten am Wohnungsmarkt.

 

In Paunsdorf arbeitet die Koordinierungsstelle Migration/Integration unter Leitung des Sozialamtes in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung sowie dem Quartiersmanagement. Die Koordinierungsstelle leistet Unterstützung bei Fragen zum Wohnen.

 

Auch die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) unterstützt die im Gesamtkonzept für Migration und Integration genannten Zielsetzungen u.a. durch Weiterbildung ihrer Mitarbeiter/-innen, Beratungsangeboten für Mietinteressentinnen und Mietinteressente mit Migrationshintergrund, durch die Initiierung von Hof- und Mieterfesten, sowie durch Beiträge im Kundenmagazin Wohnzeit.

 

Hinsichtlich der Vermittlung von Wohnungen an Geflüchtete unterstützt die LWB die Stadt Leipzig über die Bereitstellung von Gewährleistungswohnungen und über den direkten Abschluss von Mietverträgen. Darüber hinaus erfolgt eine Zusammenarbeit mit dem Sozialamt gemäß Wohnungsnotfallhilfekonzept der Stadt Leipzig.

 

Bei unlösbar scheinenden Konflikten zwischen Mietparteien bietet die LWB den Service der Vermittlung durch ihre Ombudsstelle an. Zudem besteht die Möglichkeit, einen externen Ombudsmann als unparteiischen Schiedsrichter um Hilfe zu bitten, dessen Kontaktdaten auf der Internetseite der LWB angegeben sind.

 

Frage 3: Welche Möglichkeiten und Hilfestellungen bei der Wohnungssuche gibt es für Bewerber*innen ohne Schufa-Auskunft und Vorvermieterauskunft?

 

Hilfestellung und Unterstützung bei der Wohnungssuche erhalten Haushalte, insbesondere einkommensschwache Haushalte, die aus eigenen Kräften keine Wohnung am Wohnungsmarkt finden. Dieses Angebot gilt für alle Haushalte unabhängig vom Vorliegen eines Migrationshintergrundes.

Das Sachgebiet Wohnraumversorgung des Sozialamtes unterstützt wohnungssuchende Haushalte vorrangig durch die Vermittlung von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen. Darüber hinaus gibt es weitere Maßnahmen zur Wohnraumversorgung, die sich weitestgehend auf eine Kooperation mit der LWB beziehen. Das ist zum Beispiel das Vermittlungsersuchen, wodurch der LWB wohnungssuchende Haushalte benannt werden und diese dann – mit dem Ziel der Anmietung einer Wohnung – durch die LWB kontaktiert werden.

Insbesondere Maßnahmen der Wohnraumversorgung zielen auf Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt ab. Durch geeignete Unterstützung, wie die Vermittlung eines ambulant betreuten Wohnens nach §§ 67 ff. SGB XII, gelingt es, dass auch Haushalte mit negativer Schufa-Auskunft oder einer schlechten Miethistorie einen Mietvertrag abschließen können.

Frage 4: Welche Möglichkeiten und Hilfestellungen bei der Wohnungssuche gibt es für Bewerber*innen, die durch die Wohnungsnotfallhilfe vermittelt wurden?

 

Das Sachgebiet Wohnraumversorgung des Sozialamtes unterstützt bei der Wohnungssuche. Haushalte mit weiterem Unterstützungsbedarf auch nach erfolgreicher Anmietung einer Wohnung – können an Hilfen angebunden werden. Der Bedarf wird im Einzelfall festgestellt. Der Haushalt kann ggf. durch den Sozialdienst der Wohnungsnotfallhilfe in spezialisierte Hilfeangebote wie Sucht- oder Schuldnerberatung vermittelt werden.

Die Hilfen sind in der Regel begleitend und für einen befristeten Zeitraum angelegt. Sie sichern dabei häufig die Stabilität des Haushalts in den ersten Monaten nach Anmietung. Leistungen, die z. B. nach §§ 67 ff SGB XII vermittelt werden, haben komplexe Hilfeansätze. Die Ziele können u. a., neben der Sicherung der Wohnung, der Bewältigung einer Drogensucht und/oder Schuldnerberatung auch Arbeitsmarktintegration umfassen.

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