Anfrage: Teilnahme an Pressekonferenzen der Stadt

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 13. Oktober 2021

Am 29.09.2021 fand in der Distillery die Vorstellung der Besetzung der Koordinationsstelle Nachtkultur statt. Ein Stadtrat, der sich ordentlich für die Pressekonferenz angemeldet hatte, wurde durch das Referat Kommunikation der Stadtverwaltung wieder ausgeladen mit dem Hinweis darauf, dass Stadtratsvertreter*innen nicht an Pressekonferenzen der Stadt teilnehmen können.

Bereits in der Vergangenheit wurden die Fraktionen, sofern sie durch Dritte Kenntnis geplanter Pressekonferenzen hatten, teils am Zutritt gehindert. Anfragen der Fraktionsgeschäftsstelle, wieso man zwar über Pressemitteilungen der Stadt informiert, über Einladungen zu Pressekonferenzen jedoch nicht, wurden derart beantwortet, dass sich solche ausschließlich an Pressevertreter und nicht an Vertreter*innen des Stadtrates richten würde. Eine Bitte um Aufnahme in den Verteiler wurde abgelehnt.

In der Folge erfahren die Fraktionen grundlegende Vorschläge und Entscheidungen des Oberbürgermeisters und seiner Verwaltung erst Tage später aus der Presse. Dabei geht es teilweise auch um die Umsetzung von Aufträgen, die der Stadtrat erteilt hat, andererseits aber auch um Angelegenheiten, über die der Stadtrat erst noch zu entscheiden hat. Als prominente Beispiele seien u.a. die Entwicklung des Stadionumfeldes und des Cottaweges, der Forstwirtschaftsplan, der Ausstiegspfad aus der Lippendorfer Fernwärme oder auch die Quartiersentwicklungen, wie u.a. am Eutritzscher Freiladebahnhof, zu nennen.

Entsprechende Unmutsbekundungen an dieser vom Oberbürgermeister legitimierten Praxis des Referates Kommunikation erfolgten in den vergangenen Jahren mehrfach, u.a. auch im Ältestenrat, ohne dass sich jedoch etwas änderte.

Unsere Fraktion empfindet die beschriebene Vorgehensweise als Missachtung des kommunalpolitischen Souveräns, des Stadtrates, und damit als offenbar mangelhaftes Demokratieverständnis.

Wir fragen Sie, Herr Oberbürgermeister, wie folgt an:

  1. Hat die Stadt bei ihren Pressekonferenzen etwas zu verbergen, dass Stadträt*innen nicht anwesend sein dürfen und die Information dazu nur aus der Presse bekommen?
  2. Nach welcher Maßgabe dürfen Vertreter*innen der Fraktionen des Leipziger Stadtrates nicht an offiziellen Pressekonferenzen der Stadt Leipzig teilnehmen und wie entscheidet die Stadt, welche Menschen an den Pressekonferenzen der Stadt teilnehmen können?
  3. Welche Motivation und welche Erwägungen liegen dieser Praxis des Referates Kommunikation zu Grunde?
  4. Dürfen Stadtratsvertreter*innen oder Vertreter*innen der Fraktionsgeschäftsstellen an Pressekonferenzen der Stadt teilnehmen, wenn sie als Pressevertreter akkreditiert sind oder ggf. selber im Sinne des Presserechts tätig sind?
  5. Wie und wann werden Sie diese Vorgehensweise ändern, um dem Stadtrat mit Transparenz im gesamten Prozess der Entscheidungsfindung und der Umsetzung von Ratsbeschlüssen zu begegnen?

 

 

Antwort des Oberbürgermeisters und Debatte in der Ratsversammlung am 13. Oktober 2021


Wir kommen zu einer Anfrage, die ich persönlich beantworte.

Zu Frage 1: nein.

Zu Frage 2 und 3: Pressekonferenzen richten sich an Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Diese werden auf Pressekonferenzen über die Entwicklungen in der Stadt, Entscheidungen des Stadtrats, Entscheidungen der Verwaltung oder Zielrichtungen des Oberbürgermeisters beziehungsweise der Beigeordneten informiert und haben die Möglichkeit, sich mit der Verwaltung auszutauschen und Fragen zu stellen.
Eine Pressekonferenz ist grundsätzlich nicht öffentlich. Grundlage bildet § 4 des Sächsischen Gesetzes über die Presse, der eine Informationspflicht gegenüber Vertreterinnen und Vertretern der Presse formuliert. Parallel haben Stadträtinnen und Stadträte in Bezug auf städtische Entscheidungen und Informationen natürlich deutlich weitergehende Rechte und Befugnisse als die Medien. Demzufolge haben Sie immer einen Informationsvorsprung. Eine Teilnahme verwehren werden wir aber nicht.

Frage 4: ja.

Zu Frage 5: Unsere Regelung ist rechtskonform, rechtlich geprüft und hat sich bewährt. Es besteht kein Grund zu einer Änderung.

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Vielen Dank. Ich höre heraus, dass wir also zukünftig an den Pressekonferenzen teilnehmen können. Im konkreten Fall war es ja so, dass die Teilnahme des Stadtratskollegen Kasek schriftlich untersagt war. Wir haben das zuvor schon einige Male erlebt und dann auch immer thematisiert, als Herr Elschner in seiner Funktion als Stadtrat an Pressekonferenzen teilnehmen wollte.
Ich will die Bedeutung noch einmal unterstreichen - und muss es als Frage formulieren: Teilen Sie die Auffassung, dass es gut ist, wenn Stadträtinnen und Stadträte an Pressekonferenzen teilnehmen und damit die Informationen, wie die Stadt es kommuniziert, aus erster Hand erfahren und nicht aus zweiter - nämlich aus der Presseberichterstattung, die sich durchaus unterscheiden kann, sich also ein eigenes Urteil bilden können?
Das zweite ist: Handelt es sich bei den Pressekonferenzen in den Inhalten nicht ganz häufig auch um Initiativen, die aus dem Stadtrat kommen? Insofern dürfte es auch ein erhöhtes Interesse des Stadtrates geben, zu wissen, wie sozusagen die Ergebnisse dann in der Umsetzung auch sind.

Oberbürgermeister Jung: Ein ganz offenes Wort: Ich werde sie nicht einladen, aber wir werden Ihnen die Teilnahme nicht verwehren. Ich halte es für zwingend, dass wir die Möglichkeit haben müssen, die Presse zu informieren, auch ohne dass Stadträtinnen und Stadträte anwesend sind, aber selbstverständlich werden wir Ihnen nicht die Tür versperren. Eine Einladung wird Ihnen nicht zugehen. Wenn das passiert ist, ist das nicht in Ordnung, aber ich stehe dazu, dass wir nicht einladen. - Herr Kasek.

Stadtrat Kasek (Bündnis 90/Die Grünen): Ich trage das ja tatsächlich mit. Im konkreten Fall war es so, dass ich Kenntnis genommen habe, dass eine Presskonferenz zur Vorstellung des Fachbeauftragten für Nachtkultur stattfindet. Das ist ein Thema, das auch den zuständigen Kulturausschuss mehrfach bewegt hat. Es gab auch Nachfragen, wann das passiert. Ich habe gesehen, dass es diese Vorstellung gibt, und habe daraufhin das Büro gebeten, mich ordnungsgemäß anzumelden, was auch passiert ist. Daraufhin habe ich, einen Tag vorher, aus dem Referat Kommunikation, eine schriftliche Mail bekommen, in der eindeutig steht, dass ich nicht kommen kann, weil die Teilnahme von Stadträten nicht vorgesehen ist und es deswegen für mich keine Möglichkeit gibt, daran teilzunehmen.
Mir geht es auch gar nicht darum, bei den Pressekonferenzen irgendwelche Fragen zu stellen. Das möchte ich gar nicht. Ich hätte es aber tatsächlich spannend gefunden, dabei zu sein, um einfach zuzuhören. Ich habe mich danach auch ein bisschen drüber aufgeregt. Das ist auch kritisiert worden, und zwar aus meiner Sicht völlig zu Recht. Diese Aufregung bei mir wäre wahrscheinlich nicht entstanden, wenn ich einfach still hätte danebensitzen und teilnehmen können.

Oberbürgermeister Jung: Um es kurz zu machen: Die schriftliche Verweigerung ist nicht in Ordnung. Aber wir wären auch manchmal gerne dabei, wenn Sie Pressekonferenzen machen.

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