Anfrage: Transparenz bei externen Gutachten- und Beratungsdienstleistungen
Anfrage vom 6. März zur Beantwortung durch die Verwaltung in der Ratsversammlung am 12. April 2017
Mangelnde Personalkapazitäten und fehlendes Fachwissen sind häufige Gründe, weshalb von Stadtverwaltungen die Notwendigkeit zum Einsatz externer Beratung begründet wird. Gleichwohl gehören fachliche Expertisen und Untersuchungen zu den originären Aufgaben der Fachämter.
Dem Haushaltsplan 2017/2018 ist zu entnehmen, dass die Aufwendungen für Sachverständigen- und Gutachterdienstleistungen auf 8,8 Mill. EUR in 2017 (plus 0,3 Mill. EUR) und 8,7 Mill. EUR in 2018 (plus 0,2 Mill. EUR gegenüber 2016) steigen.
Aus Gründen der Haushaltstransparenz und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit fragen wir:
- Gibt es eine verwaltungsinterne Datenbank oder eine andere Art des Überblicks für externe Gutachten- und Beratungsdienstleistungen (z.B. Gutachten, Expertisen, Analysen, Prüfaufträge, Studien und Beratungen), also für Aufträge, die die Stadtverwaltung an externe Firmen, Kanzleien, Juristen und sonstige Berater vergibt? Wenn nein, warum nicht?
- Wie wird die Vermeidung von Doppelbeauftragungen abgeprüft? Sind Ämter angehalten zu begründen, weshalb sie externe Leistungen nicht selbst erbringen können? Welche Gründe werden ggf. angeben? Wenn dies nicht der Fall sein sollte, warum nicht?
- In welchem Umfang hat die Stadtverwaltung in den zurückliegenden fünf Jahren externe Gutachter und Berater (ohne Baugutachten) beauftragt? Bitte nennen Sie hierzu die Zahl der Aufträge, deren finanziellen Umfang und Grund für die Beauftragung, die Auftraggeber (Dezernate, Ämter, etc) sowie die jeweiligen Auftragnehmer unter Beachtung des Datenschutzes. (bitte schriftlich beantworten)
- Wie viele Gutachter- und Beratungsaufträge wurden in den letzten fünf Jahren ohne öffentliche Ausschreibung, das heißt beschränkt ausgeschrieben oder freihändig vergeben? Welche Gründe gab es dafür?
- Wie viele Gutachter- und Beraterleistungen wurden in den letzten fünf Jahren als sog. „Inhouse“- Aufträge an städtische Beteiligungen vergeben, die diese dann an Drittunternehmen weiterreichten?
Frage 3 bitte schriftlich beantworten
Antwort der Verwaltung:
Bürgermeister Hörning:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Vorab möchte ich darauf verweisen, dass wir zurzeit den Verwaltungsstandpunkt zu dem im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2017/2018 von der Fraktion Die Linke gestellten Antrag A 042, Reduzierung von Sachverständigen- und Gutachteraufwendungen, erarbeiten, sodass wir hier nur zu einem Teil der Fragen Stellung nehmen bzw. sie beantworten werden. Weitere Antworten werden Sie dem Verwaltungsstandpunkt zum generellen Haushaltsantrag „Reduzierung von Sachverständigen- und Gutachterleistungen“ entnehmen können.
Zur ersten Frage: Gibt es eine verwaltungsinterne Datenbank oder eine andere Art des Überblicks für externe Gutachter- und Beratungs-dienstleistungen? - Bisher gibt es kein ämterübergreifendes Register aller externen Gutachter- und Beratungsdienstleistungen, auch weil diese oft sehr kleinteilig und verteilt sind. Die Verwaltung ist im Prozess, unter Verantwortung der Stadtkämmerei eine Vertragsdatenbank einzurichten, in der eine Erfassung und Systemati-sierung aller kommunalen Verträge erfolgen wird. In diesem Kontext werden dann auch die Verträge mit Beratungsdienstleistungen abgerufen werden können.
Es existiert für die Vergabe von Gutachter- und Beratungsdienstleistungen in der Verwaltung ein transparentes und festgelegtes Verfahren. Die Verwaltung arbeitet nach der Dienstanweisung 10/2015, Regelung zur Vergabe freiberuflicher Leistungen, die keine Architekten- und Ingenieurleistungen sind. Nach dieser Dienstanweisung werden die jeweils zuständigen Fachausschüsse über die Beauftragung von Sachverständigenbe-ratungsleistungen und Gutachten über 25.000 Euro informiert. Der Verwaltungsausschuss entscheidet Vergaben über 25.000 Euro. Die Ratsversammlung entscheidet Vergaben über 50.000 Euro.
Zur zweiten Frage: Wie wird die Vermeidung von Doppelbeauftragungen abgeprüft? - Gemäß Produktplan der Verwaltung sind den Produkten klare Zuständigkeiten zugewiesen. Ausgehend von der Zuständigkeit für die unterschiedlichen Fachausgaben sind Doppelbeauftragungen für gleiche Aufgaben dem Grunde nach ausge-schlossen. Für alle Sachverständigen-, Beratungs- und Gutachteraufträge außerhalb der genannten Vergabebereiche über 25.000 Euro sind von den Fachämtern entsprechende Entscheidungsvorlagen zu erstellen. Darin ist auch zu begründen, warum die Leistungen von Externen erbracht werden sollen. Gründe hierfür sind zum Beispiel: Zu einzelnen Themen ist Spezialwissen erforderlich; die Erbringung der Leistungen durch Dritte ist wirtschaftlicher; zur Durchsetzung von Forderungen der Stadt gegenüber Dritten sind neutrale Gutachten notwendig; zeitnah stehen keine internen Ressourcen zur Verfügung; bei zeitlich befristeten Aufgaben von wenigen Wochen oder Monaten ist keine Stellenbesetzung möglich. Diese Beispiele für Gründe kennen Sie bereits aus den Ihnen im Verwaltungsausschuss und im Stadtrat vorliegenden Vorlagen zur Beauf-tragung von externen Gutachtern.
Die Fragen 3 bis 5 möchte ich summarisch beantworten, auch wieder mit dem Hinweis auf die noch ausstehende Erstellung des Verwaltungsstandpunkts zu den externen Gutachter- und Beraterleistungen. - Auf die Jahre 2011 bis 2013 entfielen etwa 35 Prozent des Finanzvolumens der Sachverständigen- und Gutachtermittel auf Aufträge in einer Größenordnung zwischen 25.000 und 50.000 Euro, unter Genehmigungsvorbehalt des Verwaltungsausschusses, und 50 Prozent des Finanzvolumens der Sachverständigen- und Gutachtermittel auf Aufträge in einer Größenordnung von über 50.000 Euro, unter Genehmigungsvorbehalt des Stadtrats.
Zu den Inhouse-Geschäften kann ich Ihnen zwei Beispiele nennen, wo die Lecos Drittunternehmen mit einbezogen hat: ein Beratungsvertrag in Zusammenhang mit der Einführung einer Personalmanagement-Software sowie ein Beratungs-vertrag in Zusammenhang mit der Einführung des Intranet. Die jeweiligen Ausführungsbe-schlüsse lagen Ihnen hier im Stadtrat vor, weil dies sehr großvolumige Vorhaben waren, bei denen sich die Lecos dritter Unternehmen bedient hat, um diese Vorhaben im Auftrag der Stadt zu erfüllen.
Für Nachfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Stadtrat Deissler (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Bürgermeister, Sie sagten, dass in der Kämmerei ein Register erstellt werden soll. Können Sie da-für einen Zeitrahmen nennen? Und: Wie stellen Sie sicher, dass die vergebenen Aufträge in den Gutachten auch abgearbeitet wurden, also das Gelieferte identisch ist mit der Beauftragung?
Bürgermeister Hörning: Wir wollen eine Vertragsdatenbank in der Kämmerei aufbauen. Zum Zeitablauf kann ich keine Auskunft geben. Vielleicht kann Kollege Bonew etwas dazu sagen. Ich will aber gleich sagen: In dieser Vertragsdatenbank wird nicht jeder einzelne Vertrag erfasst, den wir eingehen. Wir verfolgen da einen Priori-tätenansatz. Auch dazu kann Kollege Bonew noch einmal Stellung nehmen.
Zu Ihrer zweiten Frage. Wir sichern die Leistungserbringung bei Gutachterleistungen wie bei allen anderen Leistungen auch, nämlich indem wir prüfen, ob die Leistungen entsprechend der Leistungsbeschreibung auch geliefert wurden. Es ist Aufgabe des jeweiligen Fachamtes, das nachzuhalten und bei etwaiger Nichtleistung Nachbesserungen einzufordern bzw. Schadens-ersatz zu verlangen. Das ist gängige Praxis. Die Verantwortung dafür obliegt dem Fachamt. Es gibt keine Stelle, die dem jeweiligen Fachamt zentralistisch auf die Finger schaut und eine der Amtsleitung bzw. dem Dezernenten zugewiesene Aufgabe noch einmal kontrolliert. Das würden wir auch nicht als effizient ansehen.
Oberbürgermeister Jung: Herr Bonew zur Vertragsdatenbank.
Bürgermeister Bonew: Für die Einrichtung einer Vertragsdatenbank haben wir per Haushaltsbeschluss zwei Stellen zugewiesen bekommen. Wir werden jetzt das Projekt aufstellen. Mit Haushaltsbeschluss ist auch beschlossen worden, die Stellen zum 01.10.2017 einzurichten, sodass dieses Projekt ab Oktober zielgerichtet an den Start gehen kann. Wir bedienen uns hier der Vorarbeiten zum Projekt Umsatzsteuer, sodass schon sehr viele Daten vorliegen werden und die beiden Mitarbeiter, wenn sie da sind, nicht bei null anfangen müssen.