Anfrage: Umsetzung des Beschlusses "Dreck-weg-App für Smartphones"

Anfrage vom 6. März 2015:

Am 16. Juli 2014 beauftragte der Stadtrat auf einen Antrag des Ortschaftsrats Seehausen hin die Verwaltung, dass die Voraussetzungen und Auswirkungen für die Realisierung einer Dreck-weg-App, vorerst für die Betriebssysteme Android und Apple iOS, zur Meldung von Verschmutzungen und Störungen im Stadtgebiet bis zum 4. Quartal 2014 geprüft werden sollen. Bis heute liegt jedoch kein Prüfergebnis vor, stattdessen teilte die Stadtverwaltung mit, dass die Prüfung zu technischen und finanziellen Voraussetzungen bzw. Auswirkungen noch andauern und voraussichtlich bis Ende des 1. Quartals abgeschlossen sein würden.

Wir fragen daher an:

  1. Welche Gründe haben zu einer Verlängerung der Umsetzungsfrist über die zur Verfügung gestellten 6 Monate hinaus geführt?
  1. Welche Schritte hat die Verwaltung zur Prüfung der technischen Voraussetzungen und Auswirkungen konkret unternommen?
  1. Welche Schritte hat die Verwaltung zur Prüfung der finanziellen Voraussetzungen und Auswirkungen konkret unternommen?
  1. Ab wann wird die Stadt Leipzig ihren Bürgerinnen und Bürgern die Nutzung einer Dreck-weg-App ermöglichen können bzw. welche Gründe sprechen aus Sicht der Verwaltung gegen die Einführung einer bürgerfreundlichen Dreck-weg-App?


Die Antwort aus der Ratsversammlung vom 25. März:

Bürgermeister Rosenthal:
Herr Oberbürgermeister! Verehrte Damen und Herren Stadträte!

Zur ersten Frage:
Die Prüfung hat im Juni 2014 begonnen und dauert gegenwärtig noch an. Während des Prüfvorgangs stellte sich heraus, dass die Umsetzung des Auftrags eine komplexere Herangehensweise erfordert, als bisher angenommen. Es ist die technische, finanzielle und logistische Realisierung zu prüfen. Neben den zuständigen Fachämtern der Stadt werden erste Erfahrungen aus Dresden in die Prüfung mit einbezogen. Zudem wurden verschiedene Großstädte bezüglich der Nutzung einer solchen App angeschrieben. Hier muss derzeit noch der Rücklauf abgewartet werden. Ich bitte insofern um Verständnis, dass noch etwas Zeit für die Prüfung in Anspruch genommen wird.

Zur Frage 2:
Zur Prüfung der technischen Voraussetzung wurde im besagten Jahr 2014 das Hauptamt und die Firma Lecos einbezogen. Die Firma Lecos hat kein entsprechendes Produkt im Angebot. Eine Mitnutzung der App mit der Stadt Dresden wurde aufgrund technischer Probleme verworfen. Mittlerweile gibt es erste Vorstellungen, die technische Umsetzung über das WebGIS im Amt für Geoinformation und Bodenordnung zu realisieren.
Ich sage jetzt einmal verhalten: Das technische Thema ist nicht die Herausforderung.

Zur dritten Frage:
Gegenwärtig werden die voraussichtlichen Kosten innerhalb der Verwaltung für das Projekt ermittelt, und die Kosten entstehen aus Sicht der Verwaltung im Bereich technische Umsetzung. Hier sind die Kosten in den Positionen Investitionen, Pflege der Software und Betrieb zu erwarten. Im Bereich der praktischen Umsetzung, insbesondere bei der Stadtreinigung, werden auch aus meiner Sicht Personalkosten, Kosten für die eingesetzten Fahrzeuge und Kosten für die Abfallentsorgung zusätzlich anfallen, und im Bereich des Ordnungsamtes die Verursacherermittlung bei Ordnungswidrigkeiten-Verfahren, auch hier fallen Personalkosten, Fahrzeugkosten et cetera an. Da die Prüfung der genannten finanziellen Voraussetzung noch nicht abgeschlossen ist, kann ich insofern heute Ihnen noch keine konkreten Zahlen benennen.

Zur vierten Frage:
Derzeit spricht nichts gegen die technische Einführung einer solchen App. Ich sage aber auch gleich ganz deutlich dazu: Eine App ist nur so gut, wie tatsächlich das Hinterland in den zu beteiligenden Ämtern funktioniert.
Wer sich täglich mit unserer Stadt, mit den Herausforderungen der Stadtreinigung und des Ordnungsamtes in der Bewältigung aller offenen Probleme von Sauberkeit und Ordnung auseinandersetzt, weiß, dass eine App ein guter Eingang ist, aber am Ende die Logistik auch stimmen muss. Das ist die jetzige Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind.

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen):
Schönen Dank, Herr Rosenthal, für die Antwort. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass heute, wenn Sie Hinweise bekommen auf Stellen, wo etwas wegzuräumen ist, dem nicht nachgehen und auch Ordnungswidrigkeiten nicht so einleiten, wenn Sie erwarten, dass das dann mehr würde, Sie also mehr Arbeit haben. Das ist jetzt Ihre Hauptbegründung gewesen, wieso, wenn das Technische nicht das Vordergrundproblem ist, Sie die Umsetzung als gefährdet sehen.

Bürgermeister Rosenthal:
Wir haben jetzt mehrere Möglichkeiten des Eingangs. Das hatte ich in dem damaligen Verwaltungsstandpunkt schon formuliert, dass wir sowohl ein Abfalltelefon bei der Stadtreinigung haben als auch ein Ordnungstelefon beim Ordnungsamt, dass man sich auch jederzeit über das Mail-Thema an die entsprechenden Einheiten wenden kann. Im Rahmen unserer Kapazitäten arbeiten wir schon jetzt die Themen ab.
Die App - das ist unsere Erfahrung aus Dresden - bedeutet: Jemand nimmt ein Foto auf, ohne dass er dieses Foto möglicherweise tatsächlich mit den genauen Koordinaten bestückt, und schickt das an die Stadtreinigung beziehungsweise den Dienstleister. Man hat in Dresden vor allen Dingen festgestellt, dass sie einen unheimlichen Mehraufwand haben, um überhaupt mit dem Sachverhalt, der geschickt wird, ordnungsgemäß umgehen zu können. Hinzu kommt die gesamte Infrastruktur zur Beseitigung, wo derjenige, der diese App im Grunde genommen an die Verwaltung schickt, erwartet, dass relativ schnell und zügig dieser Missstand abgestellt wird.

Stadtrat Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen):
Herr Rosenthal, Sie haben gesagt, die technische Umsetzung sei nicht das Problem. Auch nach meiner Information gibt es genügend Firmen, auch Leipziger Firmen, die solche Apps schon entwickelt haben, die an sich nicht viel mehr darstellen als einen zusätzlichen Kommunikationsweg für Bürgerinnen und Bürger, um Dreckecken mitzuteilen. Sie haben jetzt gesagt: Technische Umsetzung, okay, das haben wir abgehandelt, das wäre kein Problem. Es kostet ein bisschen Geld, das einzukaufen bei einem Dienstleister, der so etwas anbietet und entwickelt hat, aber die technische Umsetzung, so haben Sie selbst gesagt, ist das geringste Problem.
Was ist dann das größere Problem? Die praktische Umsetzung oder die Verursacherermittlung?
Sind Sie zuversichtlich, dass wir am Ende so etwas bekommen?
Das ist ein Antrag vom Ortschaftsrat gewesen, der vom Stadtrat beschlossen wurde, daran möchte ich noch einmal erinnern.

Bürgermeister Rosenthal:
Ich glaube, dem Bürger, der die Dreck-weg-App nutzt, ist weniger an der Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten-Verfahrens gelegen, sondern mehr an der Abarbeitung des misslichen Zustands vor Ort. Das bedeutet zusätzlichen logistischen Aufwand, und darüber müssen wir reden, und das müssen wir gerade noch einmal untersetzen, um sozusagen Ihnen auch einen verwaltungsintern abgestimmten Vorschlag zu unterbreiten.

Stadtrat Geisler (SPD):
Herr Rosenthal, ich kann noch nicht ganz verstehen aus Ihrer Antwort, wo die Änderung in der Größenordnung ist. Sie rücken weder jetzt mit Blaulicht aus, wenn Ihnen jemand eine Mail schreibt oder anruft, noch werden Sie wahrscheinlich das nachher machen, wenn es diese App geben sollte. Wieso sprechen Sie von diesem großen Mehraufwand, von anderen Fahrzeugen, von neuen Fahrzeugen, von mehr Personal? Ich kann das nicht erkennen.

Bürgermeister Rosenthal:
Dann sind Sie - das will ich jetzt vorsichtig formulieren - möglicherweise meinen Ausführungen nicht ganz gefolgt, als ich gesagt habe, dass mit einer App natürlich eine Erwartungshaltung produziert wird, und, Frau Krefft, die Großstädte, die eine App eingeführt haben, die sind, wenn ich es einmal ganz vorsichtig formulieren darf, Land unter mit dem, was dort an Meldungen, an Informationen von Bürgern zu verschiedenen Sachverhalten kommt, die mit Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung in einer Großstadt zu tun haben, diesen Hinweisen entsprechend nachzugehen und diese abzuarbeiten.
Ich habe das sehr deutlich als Ordnungsdezernent hier auch formuliert. Wenn Sie mit offenen Augen durch unsere Grünanlagen in dieser Stadt gehen, sehen Sie die Herausforderungen. Wenn Sie wissen, dass der zweite Beschäftigungsmarkt für die Verwaltung fast komplett weggebrochen ist und wie wenige Maßnahmen da sind, was Blau-Gelbe Engel betrifft, was Grüne Engel betrifft, was Bürgerdienst LE betrifft, was Bürgerdienst LOS in den Ortsteilen betrifft, wenn Sie wissen, wie dort die Infrastrukturen derzeit aussehen, wissen Sie, mit welchen Herausforderungen wir zu kämpfen haben.
Insofern ist sicherlich ein neuer Eingang wünschenswert und vielleicht für die Bürger auch ein Produkt, sich mit uns noch mehr an der Stelle zu vernetzen, aber ich weise nur darauf hin, dass die Ist-Situation und der logistische Mehraufwand, der dort entsteht, auch bewältigt werden müssen. Diese Frage haben Sie mir gestellt, und ich habe es Ihnen jetzt so ehrlich beantwortet.

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