Anfrage: Vergabe von Trägerschaften bei Kindertagesstätten
Anfrage vom 1. Juni zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 21. Juni 2017
In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche neue Kindertagesstätten gebaut und in Betrieb genommen. Für die jeweilige Trägerschaft der Einrichtung war es bis 2013 üblich, nach entsprechender Ausschreibung und Einreichung pädagogischer Konzepte interessierter Träger eine Findungskommission des Jugendhilfeausschusses mit der Vergabe zu betrauen. Trotz zahlreicher Neueröffnungen hat die Findungskommission seit etwa 2013 nicht mehr getagt.
Wir fragen daher an:
- Nach welchen Kriterien muss die Trägerschaft von neuen Kindertagesstätten vergeben werden?
- Welche Kindertagesstätten wurden zur Vergabe der Trägerschaft wie und wo öffentlich ausgeschrieben und wie erfolgte die Vergabe konkret? (Bitte für jede seit 2013 in Betrieb genommene Einrichtung aufschlüsseln!)
- Welche Kindertagesstätten wurden nicht zur Vergabe der Trägerschaft öffentlich ausgeschrieben und wie erfolgte die Vergabe konkret? (Bitte für jede seit 2013 in Betrieb genommene Einrichtung aufschlüsseln!)
- Welches Verfahren der Vergabe von Trägerschaften wird künftig angewandt, um eine rechtssichere und pädagogisch begründete Vergabe zu gewährleisten?
Antwort der Verwaltung vom 21. Juni 2017
Zu 1.:
Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat für die Erfüllung der Aufgaben des Achten Sozialgesetzbuches - mithin auch für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (§§ 22 ff. SGB VIII) - gem. § 79 Absatz 1 SGB VIII die Gesamtver-antwortung. Aus dieser Verantwortung leitet sich ab, Träger mit der Leistungserbringung zu beauftragen, die nach § 74 SGB VIII dazu geeignet sind. Nach § 74 Absatz 4 soll bei sonst gleich geeigneten Maßnahmen mehrerer Träger solchen der Vorzug gegeben werden, die stärker an den Interessen der Betroffenen orientiert sind und ihre Einflussnahme auf die Ausgestaltung der Maßnahme gewährleisten.
In der Geschäftsordnung der Findungskommission zur Vergabe von Leistungen in der Kinder- und Jugendhilfe in Leipzig sind unter Punkt 4.1 „Bewertung der Bewerbungen“ Kriterien für die Vergabe benannt. Dort heißt es:
„Nach Ausschreibungsschluss werden die Bewerbungen durch die zuständige Fachabteilung bewertet nach:
- Erfüllung der Ausschreibungskriterien
- Aussagen zur Erfahrung des Trägers und mit dem Träger (auch andere Leistungsbereiche)
- Prüfung des Kosten- und Finanzierungsplanes auf Schlüssigkeit und Verhältnismäßigkeit
- Benennung besonderer Schwerpunkte/Leistungen/Aussagen, die das Konzept bzw. die Leistung im Sinne von § 79 SGB VIII von anderen Anbietern abhebt
- Bedeutsamkeit für die strategische Weiterentwicklung der Jugendhilfe in der Stadt Leipzig
- Sonstige Anmerkungen“
Auf dieser Grundlage bearbeitet die Verwaltung einen Vergabevorschlag, der in der Findungskommission erörtert, bewertet und verabschiedet wird. Der Vergabevorschlag geht zur Entscheidung in den Stadtrat.
Ausschreibungskriterien sind:
- Motivation für die Bewerbung
- Aussagen zur Erziehungspartnerschaft und deren geplante methodische Umsetzung
- Aussagen zur Eingewöhnung der Kinder nach Neueröffnung
- Fachliche Schwerpunkte/Profile der Einrichtung
- Aussagen zur Förderung von Kindern mit Eingliederungshilfe
- Aussagen zu angewandten Qualitätsmanagementverfahren
- Aussagen zu angewandten Dokumentationsverfahren
- Aussagen zu Teambildungs- und Teamentwicklungsmaßnahmen speziell während der Startphase unter Einbeziehung der Familien
- Stärken der Trägerschaft/Synergien für Innovationen
- Aussagen zu möglichen Kooperationspartnern im Sozialraum der Einrichtung/ Sozialraumanalyse
- Aussagen zu Eigenmittelanteilen lt. § 17 SächsKitaG
- Auswertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Trägers auf Grundlage der Jahresabschlüsse zum Vorjahr
- Aussagen über geplante Öffnungs- und Schließzeiten
- Anbindung der Platzvergabe an das KIVAN
Zu 2:
Kita |
Wie und wo ausgeschrieben ? |
ITE Gustav-Freytag-Straße 25 |
Ausschreibung im Amtsblatt am 13.10.2010 Bewerbungsschluss: 08.12.2010 Findungskommission: 14.01.2011 SR-Beschluss: am 23.01.2013 |
ITE Linnéstraße 8 |
Ausschreibung im Amtsblatt am 21.07.2012 Bewerbungsschluss: 21.08.2012 Findungskommission: 12.10.2012 und 01.03.2013 SR-Beschluss: am 10.07.2013 |
ITE Kohlgartenstraße 9 |
Ausschreibung im Amtsblatt am 29.06.2013 Bewerbungsschluss: 06.08.2013 Findungskommission: 27.09.2013 SR-Beschluss: am 16.04.2014 |
ITE Kohlgartenstraße II, jetzt Lutherstraße 04 |
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ITE Bästleinstraße 4 |
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ITE Erich-Zeigner-Allee 64 |
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ITE Stahmelner Straße 28 |
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ITE Curiestraße (Alte Messe) |
Ausschreibung im Amtsblatt am 05.07.2014 Bewerbungsschluss: 05.08.2014 Findungskommission: 26.09.2014 SR-Beschluss: am 25.02.2015 |
ITE Lindenauer Hafen |
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ITE Elsterstraße 2 |
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ITE Kohlenstraße (Bayerischer Bahnhof) |
Frage 3 – Welche Kindertagesstätten wurden nicht zur Vergabe der Trägerschaft öffentlich ausgeschrieben und wie erfolgte die Vergabe konkret? (Bitte für jede seit 2013 in Betrieb genommene Einrichtung aufschlüsseln!)
Zu 3.:
Der Stadtrat hat 2007 beschlossen, dass in der Regel neue Kindertageseinrichtungen zur Betreibung ausgeschrieben werden. Ausnahmen hiervon werden in der Vorlage genannt, sind aber nicht abschließend. Die Gründe dafür warum eine neugebaute Kita nicht ausgeschrieben wurde, kann aufgrund fehlender Dokumentation heute nicht mehr vollumfänglich nachvollzogen werden (siehe Anlage).
Gründe dafür waren:
- Angebot von Kirchenland als Bauland geknüpft an die Bedingung der Betreibung durch einen kirchlichen Träger,
- Grundstückseigentum eines freien Trägers, der bei zur Verfügungstellung dessen die eigene Trägerschaft zur Bedingung erhebt,
- Investoren, die eine bestimmte Trägerschaft zur Bedingung machen, wenn das Bauland und die Investition als Kitastandort eingebracht werden sollen oder der Fall, dass
- Freie Träger der Jugendhilfe, im Ausschreibungsverfahren den Zuschlag bekommen habenhaben, das Projekt aber nicht zu Stande kommt und denen ein Ersatzstandort angeboten wird.
Zu 4.:
Das bisherige Verfahren wird beibehalten. Dem Amt für Jugend, Familie und Bildung liegen keine Kenntnisse vor, dass für diese Verfahrensweise Rechtsunsicherheit besteht. Das SGB VIII ist auf Fachlichkeit und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. In diesem Kontext werden die Leistungen der Jugendhilfe vergeben.