Anfrage: Verkehrskonzept für Großveranstaltungen im Umfeld der Red Bull Arena und der Arena Leipzig

Anfrage vom 2. Juni 2016 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 22. Juni 2016

Falschparker, u. a. auf den Radfahrstreifen sind im Alltag ein ärgerliches und gefährliches Problem in Leipzig. Dieser Konflikt ist immerzu verstärkt erlebbar bei den verschiedenen Großveranstaltungen rund um das Stadion und die Arena. So sind bei Fußballspielen die Radfahrstreifen in der Marschnerstraße zugeparkt. Anwohner und Anwohnerinnen der Sport- und Kulturstätten im Waldstraßen- und Musikviertel erleben immer häufiger eine außerordentlich zugespitzte Parksituation in ihrem Wohnumfeld.

Oberbürgermeister Jung sagte beim Aufstieg von RB Leipzig in die 1. Liga gegenüber der Presse am 9. Mai 2016 aus: „Ich bin überzeugt, dass wir mit den vorhandenen Möglichkeiten plus Ausbau auf 55.000 ein sehr gutes Stadion haben. Ich glaube, innerstädtische Stadien sind ein Zukunftsmodell. Wenn ich ein Stadion außerhalb auf die grüne Wiese baue, kommen damit verbundene Effekte nur noch sehr gering in der Stadt an. Ich spreche von Gastronomie, Hotellerie, Dienstleistungen. Es ist auch eine Chance, Verkehr anders zu organisieren. Bei der WM war es selbstverständlich, zu Fuß vom Hauptbahnhof ins Stadion zu gehen. ...“
Frage LVZ: Ist die Belastung im Waldstraßenviertel zu groß? „Sie ist groß, ich verstehe die Sorgen. Wir arbeiten an einem deutlich besseren Verkehrskonzept gerade zum Schutz des Waldstraßenviertels. Aber ein Großkonzert belastet mehr als Fußball.“

Wir fragen an:

  1. Wie arbeiteten die Stadtverwaltung (u.a. Ordnungsamt ), Sport- und Konzertveranstalter mit der Polizei bisher zusammen, um den allgemeinen fließenden Verkehr ohne Beeinträchtigungen aufrecht zu erhalten? Werden Falschparker während den Veranstaltungen mit großem Besucheraufkommen, u.a. auf Radfahrstreifen von Polizei und Ordnungsamt geduldet oder sanktioniert?
  2. Was meinte der Oberbürgermeister, als er die zukünftige Nutzung und den Ausbau der Red Bull Arena erklärte und gleichzeitig dafür ein „deutlich besseres Verkehrskonzept“ ankündigte? Welche Veränderungen stellt er sich im Bezug auf dieses Verkehrskonzept vor? Wann wird dem Stadtrat eine entsprechende Verwaltungsvorlage vorgelegt?
  3. Welche konkreten Maßnahmen für ein attraktiveres ÖPNV-Angebot in Zusammenspiel mit den vorhandenen P&R-Plätzen am Stadtrand sind im Ausbau?
  4. Ist es seitens der Verwaltung vorstellbar, das Waldstraßenviertel vor dem Parkplatzsuchverkehr bei Veranstaltungen umfassend zu schützen, z. B. durch umfängliche Sperrungen sowie Anwohner- und Bewohnerparken?
  5. Wird die Stadt Leipzig den Stadtordnungsdienst bei den genannten Großveranstaltungen gezielt in den betroffenen Wohngebieten einsetzen, um die StVO umzusetzen? Ist für den  Stadtordnungsdienst dazu eine Erhöhung der Personalstellen über den bereits mit dem Verwaltungsstandpunkt VI-A-02158-VSP-01 angekündigten generellen Ausbau absehbar notwendig?

Die Antwort der Verwaltung:

Bürgermeisterin Dubrau: Meine Damen und Herren!
Zur Frage 1.
Im Vorfeld von Großveranstaltungen außerhalb des normalen Regelbetriebs der genannten Veranstaltungsstätten werden umfangreiche Vorabstimmungen mit dem Veranstalter und den beteiligten Institutionen vorgenommen. Das betrifft sowohl das jeweilige vom Veranstalter vorgelegte Sicherheitskonzept als auch die Organisation der verkehrlichen Belange. Je nach Veranstaltungskonzept - diese sind sehr unterschiedlich -, nach den zu erwartenden Zuschauerzahlen und nach dem Veranstaltungszeitpunkt müssen unterschiedliche Varianten der Verkehrsführung  ausgearbeitet werden, denen eine Prognose - mehr als eine Prognose haben wir nicht - der wahrscheinlichen Anreiseströme zugrunde liegen. Bei allen Bemühungen wird es auch in Zukunft nicht leistbar sein, dass Großveranstaltungen im innerstädtischen Bereich für den sonstigen fließenden und ruhenden Verkehr überhaupt nicht spürbar sind. - Ich glaube, das kann jeder nachvollziehen, der weiß, wie viele Menschen dorthin kommen. - Daher sind in der Vorbereitungsphase vorrangig Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung zu betrachten, zum Beispiel durch ein leistungsfähiges ÖPNV-Angebot mit Anbindung an leistungsfähige P+R-Plätze, durch attraktive Fuß- und Radwegeverbindungen und natürlich auch durch eine intensive
Öffentlichkeitsarbeit.Die kommunale Verkehrsüberwachung führt während der Fußballspiele von RB Leipzig und
bei Großveranstaltungen regelmäßig Sondereinsätze durch, um insbesondere auf das verbotswidrige Parken im Umfeld des Sportforums zu reagieren. Priorität hat dabei die Freihaltung der Flucht- und Rettungswege - da
wird auch schnell abgeschleppt - sowie für Fahrzeuge des ÖPNV. Darüber hinaus werden Falschparker, insbesondere in den Wohngebieten, auf Geh- und Radwegen sowie in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen etc., verwarnt. Die durchschnittliche Zahl der Anzeigen bei Fußballspielen liegt etwa bei 150 pro Spiel. Beim Konzert von AC/DC wurden zum Beispiel 600 Falschparker festgestellt, also eine sehr viel höhere Zahl. Die Polizei nimmt im Veranstaltungsfall die erforderlichen Maßnahmen zur operativen Verkehrsregelung vor.

Zur Frage 2.
In den von der Ratsversammlung beschlossenen Vorlagen 1312/12 und 211/14 - das „Nutzungskonzept für den öffentlichen Raum im Umfeld des Sportforums“ sowie der Beschluss zur Umsetzung und zum Planungsbeschluss für das „Nutzungskonzept im öffentlichen Raum im Umfeld des Sportforums“ - sind Maßnahmen enthalten, die im Umfeld des Sportforums die verkehrliche Situation für verschiedene Veranstaltungsgrößen und -arten unter
Berücksichtigung der heutigen Besucherkapazitäten in der Red Bull Arena, in der Arena Leipzig, auf der Festwiese und auf dem Kleinmessegelände berücksichtigt. Grundlage dafür ist das Verkehrskonzept, einschließlich
eines Stufenkonzeptes zur schrittweisen Umsetzung, das auch Bestandteil der Vorlage 211/14 ist. Für die von RB beabsichtigte Erweiterung der Besucherkapazitäten in der Red Bull Arena ist seitens RB Leipzig das eben
genannte Verkehrskonzept mit neuen Randbedingungen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.'

Zur Frage 3.
Ein Schwerpunkt im Verkehrskonzept ist die Stärkung des ÖPNV und die Ausstattung der bestehenden P+R-Plätze mit besseren Zuwegungen und Informationen, wie man von dort aus weiter in die Innenstadt kommt. Im Stufenprogramm sind hierzu verschiedene Maßnahmen enthalten, die bereits zum Teil umgesetzt sind bzw. in diesem Jahr noch umgesetzt werden. Damit der ÖPNV insbesondere bei der An- und Abreise leistungsfähiger wird und an den Knoten bevorrechtigt fahren kann, werden sogenannte Event-Programme geschaltet. Diese werden zum Teil bereits umgesetzt, zum Teil befinden sie sich noch in Vorbereitung. Bauliche Verbesserungen sind im Bereich der
Wendeschleife Feuerbachstraße geplant, um so das Beparken der Wendeschleife zu verhindern. Bauliche Verbesserungen wurden zudem in einem ersten Bauabschnitt auf dem P+R-Platz „Messe“ umgesetzt. Es ist beabsichtigt, zeitnah zum Umsetzungsstand der Vorlage 2101/14 zu informieren.

Zur Frage 4.
Die Maßnahmen aus dem eben genannten Stufenkonzept sind die Umsetzung von Bewohnerparken im Waldstraßenviertel und die Umsetzung einer Bewohnerschutzzone in Abhängigkeit von der Veranstaltungsgröße und -
art. Sowohl Bewohnerparken als auch Bewohnerschutzzone werden gegenwärtig vorbereitet und mit dem Bürgerverein Waldstraßenviertel abgestimmt. Es ist beabsichtigt, zeitnah eine Bürgerveranstaltung zu diesem Thema durchzuführen und eine Stadtratsvorlage dazu einzubringen.

Zur Frage 5.
Die Erforschung von Verkehrsverstößen obliegt nicht dem Stadtordnungsdienst, sondern der Abteilung
Verkehrsüberwachung, welche diese Aufgabe, wie in Frage 1 dargestellt, übernimmt. Bei Großveranstaltungen, die erhebliche Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehrsraum haben, kommt der Stadtordnungsdienst bei der Umsetzung von Verkehrskonzepten mit zum Einsatz. So werden umfängliche Kommunikationsleistungen erbracht, um Passanten Umleitungswege zu erläutern. Dabei haben die Vollzugsbediensteten keine Eingriffsrechte in den
fließenden Verkehr, etwa Anhalterechte für Fahrzeuge oder Möglichkeiten der Verkehrsregulierung. Solche Rechte stehen im Freistaat Sachsen nur dem Polizeivollzugsdienst zu. Im Großraum des Zentralstadions wurde der
Stadtordnungsdienst schwerpunktmäßig bei Veranstaltungen mit erhöhter Sicherheitslage und im engen Zusammenwirken mit dem Polizeivollzugsdienst zum Einsatz gebracht, so beim Confederation Cup 2005 und bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. In beiden Fällen wurde das Stadionumfeld großflächig für das Befahren durch Nichtanlieger gesperrt. Eine vergleichbare Lage ist bei Spielen der Ersten Bundesliga - so unsere Information - eher nicht zu erwarten. Ein Personalmehrbedarf für den Stadtordnungsdienst ist daher für eine solche Aufgabe nicht erkennbar. - Danke schön.

Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide, Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen):
Kann ich Ihre Ausführungen so zusammenfassen, dass es eigentlich kein deutlich verbessertes neues Verkehrskonzept gibt, sondern nur das alte Verkehrskonzept stärker umgesetzt wird? Habe ich das richtig verstanden?

Bürgermeisterin Dubrau: Wir sind derzeit dabei, das Verkehrskonzept tatsächlich umzusetzen. Das ist an einigen Stellen nochnicht passiert. Das wird nach einem Stufenplan erfolgen. Ich hatte gesagt: Wenn es durch die Erste Liga und insbesondere durch den Ausbau des Stadions neue Anforderungen gibt, muss dieses Verkehrskonzept überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden. So weit sind wir aber noch nicht.

Oberbürgermeister Jung: Herr Müller. Stadtrat Müller (SPD): Eine Frage, die sicherlich mehr in den Bereich von Herrn Rosenthal fällt. Frau Dubrau, Sie haben das Konzert von AC/DC angesprochen. Es dürfte allgemein bekannt sein, dass sich in der Goyastraße eine Kindertagesstätte befindet. Auch am Tag dieses Konzerts hatten Väter und Mütter die Absicht, ihre Kinder vom Kindergarten abzuholen, also: dort kurz parken, ihr Kind abholen, einsteigen, wegfahren. Ist es sehr bürgerfreundlich, wenn die Politessen angesichts dieser kurzen Parkzeit rucki, zucki
Knöllchen verteilen?

Bürgermeisterin Dubrau: Es geht dabei nicht um bürgerfreundlich, sondern dabei geht es um Straßenverkehrsrecht, und das ist einzuhalten.

Oberbürgermeister Jung: Frau Riekewald. Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sie sagten, die Bürgerbeteiligung werde zeitnah stattfinden. Die Frage ist: Was ist „zeitnah“? - Sie sprachen auch von einer Evaluierung des  Verkehrskonzeptes verbunden mit einer Vorlage. Ich habe akustisch nicht verstanden, wann.

Bürgermeisterin Dubrau: Beides nach der Sommerpause.

Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner. Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Oberbürgermeister! Frau Dubrau, Sie haben zur Vermeidung von Kfz-Verkehr bei Großveranstaltungen und zur Stärkung des ÖPNV ausführlich ausgeführt. Wie steht das im Einklang mit dem heutigen LVZ-Artikel „Leipzig will ein Parkhaus an der Red-Bull-Arena bauen“? Widerspricht sich das nicht vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit eines Verkehrskonzeptes?

Oberbürgermeister Jung: Klare Antwort: Nein. Es geht um die Anzahl der Stellplätze, die gefordert werden bei Weltmeisterschaftsspielen. Durch den Wegfall von Plätzen am Cottaweg gibt es in der Tat dort Stellplatzbedarf. Das heißt: Die Anzahl der Kfz-Stellplätze wird nicht erhöht, sondern entsprechend den internationalen Anforderungen für Weltmeisterschaften ausgebaut.

Herr Schlegel. Stadtrat Schlegel (DIE LINKE): Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Frau Dubrau, eine Nachfrage: Warum dauert das Einrichten des Bewohnerparkens so lange? Der Antrag zum Verkehrskonzept war 2010 gestellt und 2011 beschlossen worden. Zeitnah hatte damals ein Bürgerforum stattgefunden. Ich kann mich erinnern, dass es Leute gab, die eine Parkkarte für 30 Euro pro Jahr zu teuer fanden. Wann wird das jetzt umgesetzt?

Bürgermeisterin Dubrau: Ein solches Konzept muss natürlich auch juristisch sattelfest sein. Das ist bei Gebieten, die üblicherweise fast ausschließlich von Bewohnern genutzt werden, insofern relativ problematisch, weil für den Besucherparkverkehr Sonderbedingungen festgelegt werden müssen. - Das ist das eine. Das Zweite ist: Es haben schon diverse Gespräche mit dem dortigen Bürgerverein stattgefunden. Leider wird vonseiten der Bürgerschaft keine einhellige Meinung vertreten; es gibt sowohl Befürworter als auch Gegner. Aber ich habe geplant, nach der Sommerpause noch eine weitere Beteiligung durchzuführen. Danach würde ich Ihnen das gern zur Beschlussfassung vorlegen.

Oberbürgermeister Jung: Herr von der Heide. Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Entschuldigung, Herr Jung, Sie hatten jetzt gesagt, durch das Parkhaus würden keine zusätzlichen Parkmöglichkeiten entstehen. Wo
fallen sie denn weg? Am Cottaweg?

Oberbürgermeister Jung: Am Cottaweg.

Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Okay. Dieser Parkplatz würde aufgegeben werden zugunsten eines Parkhauses; alles klar.

Oberbürgermeister Jung: Nein. Bereits jetzt sind dort Parkplätze weggefallen, die aber im Rahmen der Zulassung für internationale Spiele zwingend erforderlich sind.

Stadtrat von der Heide (Bündnis 90/Die Grünen): Die waren geplant, aber nie da.Oberbürgermeister Jung: Durch den Bau des Vereinshauses, durch die Sportplatzsituation am Cottaweg, durch den Umbau des Kleinmessegeländes
sind dort Parkplätze weggefallen, die aber nachgewiesen werden müssen für Sportveranstaltungen. Wenn ich noch anfügen darf: Natürlich sind die Menschen dort jetzt belastet. Wenn wir die Situation im Waldstraßenviertel befrieden können durch eine Zone, die bei Fußballspielen nicht befahren werden darf, wird das - davon bin ich
überzeugt - zu einer deutlichen Verbesserung im Waldstraßenviertel führen; denn dann wird es keinen Durchfahrtverkehr im Waldstraßenviertel mehr geben.

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