Anfrage: Vor- und Nachlassarchiv der „Leipziger Schule“ und der „Neuen Leipziger Schule“

Anfrage zur Beantwortung durch die Verwaltung in der Ratsversammlung am 24. August 2016

Leipzig spielt eine herausragende Rolle, für das Erbe der bildenden Kunst.
Als Hauptvertreter der „Leipziger Schule“ gelten Werner Tübke (1929-2004), Wolfgang Mattheuer (1927-2004) und Bernhard Heisig (1925-2011). Alle drei studierten in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst und schufen eine ganz eigene Bildsprache, die dann als „Leipziger Schule“ bekannt wurde.

Als Vorreiter und Vorreiterinnen dieser Schule gelten u.a. Elisabeth Voigt und Max Schwimmer. Sie vereint verschiedene Stilformen und eine bewusste Analyse der gesellschaftlichen Veränderungen in der ehemaligen DDR. Ihr Verhältnis zur ehemaligen politischen Führung der DDR war ambivalent. Einerseits wurden ihre Absolventen und Absolventinnen hofiert und andererseits angefeindet, weil sie oftmals die Formsprache des von der Partei vorgegebenen Sozialistischen Realismus in den 1970er und 1980er Jahren verlassen haben.

Inzwischen sind die drei wichtigsten Protagonisten und Protagonistinnen der Leipziger Schule verstorben und haben der Nachwelt ein umfassendes künstlerisches Erbe hinterlassen, das einzig mit der „Tübke –Villa“ in Gohlis einen würdigen, kommunal geförderten Ort für Archiv und Galerie gefunden hat. Neben diesen drei herausragenden und international bekannten Protagonisten und Protagonistinnen gab es auch eine große Anzahl weiterer Künstler und Künstlerinnen, die mit dieser besonderen Formensprache arbeiteten und dem Zeitgeist der „Leipziger Schule“ entsprachen.
Schüler und Schülerinnen der 2. Generation wie Arno Rink, Frank Ruddigkeit, Petra Flemming und Günther Thiele verdienten künftig ebenfalls einen offiziellen Ort zur Betreuung und Präsentation ihrer Arbeiten.
Bisher gibt es in Leipzig keinen Ort, wo die Arbeiten und die Dokumente der Künstler und Künstlerinnen zusammengeführt, aufbewahrt und wissenschaftlich bearbeitet werden.

Wir fragen deshalb an:

  1. Wie, in welcher Form und mit welchen Partnern und Partnerinnen soll dieses bedeutende künstlerische Erbe der Stadt Leipzig erhalten bleiben?

  2. Mit welchen Künstlern und Künstlerinnen, Museen, Sammlern, Institutionen und Kunstwissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen ist die Stadt Leipzig dazu im Gespräch?

  3. In welcher Form wird das Anliegen im zukünftigen Kulturentwicklungsplan berücksichtigt werden?

Antwort der Verwaltung:

Ich freue mich über die Fragen, muss aber bevor ich auf sie eingehe anmerken, dass das Thema sehr komplex ist und hier nicht umfassend behandelt und erläutert werden kann. Ich werde dem Fachausschuss Kultur vorschlagen, es in nächster Zeit auf die Tagesordnung zu setzen und mit Gästen zu vertiefen.

Zu Frage 1:
Das bildkünstlerischen Erbe von in Leipzig tätigen oder mit Leipzig im Zusammenhang stehenden Künstlerinnen und Künstlern zu bewahren, ist laufender Auftrag des Museums der bildenden Künste.

Es gehört zum Kerngedanken eines kommunalen Museums, die künstlerischen Traditionen der eigenen Stadt zu sammeln, zu bewahren, zu erforschen und auszustellen. Das Museum der bildenden Künste Leipzig verfügt über einen großen und qualitativ hochwertigen Bestand an Malerei der “Leipziger Schule” verschiedener Generationen, die es immer wieder in Ausstellungen und in der ständigen Sammlung präsentiert. Das Museum ist bestrebt, diesen Bestand kontinuierlich zu erweitern.

Da die Kapazitäten für die Aufnahme von Vor- und Nachlässen im Museum jedoch räumlich begrenzt sind, kann die Aufgabe nur partnerschaftlich gelingen.

Verlässlicher Partner bei der Bewahrung von Hauptwerken Leipziger  Künstlerinnen und Künstler ist die Sparkasse Leipzig, die mittlerweile eine bedeutende Sammlung  besitzt und die sich mit den Aktivitäten der Kunsthalle, die weit über das Präsentieren hinausgehen, große Verdienste erworben hat. Die Sparkasse bietet unter dem Begriff „Generationenmanagement“ in drei Bereichen z. B. Beratung bei der Gründung von Stiftungen an.
So sind die sechs in den vergangenen 25 Jahren in Leipzig gegründeten Künstlerstiftungen (Isolde Hamm, Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer, Günther Horlbeck, Irmgard Horlbeck-Kappler, Evelyn Richter) unerlässliche Aktivitäten zur Bewahrung bildkünstlerischer Werke. Die Tübke Stiftung und die  Evelyn Richter Stiftung sind eng mit dem Museum der bildenden Künste verbunden. Werke Evelyn Richters (Fotografin) werden aktuell im Museum gezeigt.
Als wichtige Partner und Akteure können auch der Bund bildender Künstler Leipzig und der Landesverband bildende Kunst angesehen werden. Nachdem die institutionelle Förderung des BBKL zweckgebunden aufgestockt werden konnte und er auch Unterstützung durch seinen Förderverein erhält, unterhält der Verband ein, wenn auch kleines, Nachlassarchiv in einem Raum, den das Werkstattmuseum für Druckkunst zur Verfügung stellt.
Der Landesverband bildende Kunst hat sich des Themas ebenfalls angenommen und beteiligt sich intensiv an der Planung und Realisierung eines sächsischen Kunstarchivs. Er widmete außerdem im Jahr 2016 sein Jahresmagazin dem Thema.

Mit einem Vortrag unterstützte 2015 der Beigeordnete für Kultur, Herr Faber, die Initiative aus Politik, Kultur und Wirtschaft, im Tapetenwerk Leipzig einen Ort für KünstlerInnennachlässe aufzubauen. 

Zu Frage 2:
Leipzig bietet eine ungewöhnlich hohe dichte an bildenden Künstlerinnen und Künstlern. Viele machen sich Gedanken über das Fortleben ihres eigenen Werkes und damit ein Stück weit auch das Bewahren sowohl einer vergangenen Kultur, zugleich aber auch ihres aktuellen Kunstschaffens. Es ist deshalb jetzt der richtige Zeitpunkt, an dem sich die Stadt, kulturellen Institutionen und Partner über die Sichtung, die Bewertung und Bewahrung gemeinsam Gedanken machen müssen.

Dabei muss fein differenziert werden, denn nicht alles kann aufbewahrt werden, nicht alles muss in ein Archiv oder ein Museum gelangen, sondern eine Auswahl von wirklich wichtigen, historisch bedeutsamen Werken sollte der Nachwelt erhalten bleiben. Aus diesem Grund möchte ich jetzt hier keine einzelnen Namen nennen, da das irrtümlich als Wertung ausgelegt werden könnte. Auch zum Thema Kriterien für die Auswahl kann man sich Anregung, Hilfe und Unterstützung von zahlreichen in der gesamten Bundesrepublik bereits bestehenden Vor- und Nachlassaktivitäten holen. Dazu könnte im Fachausschuss Kultur ein Überblick gegeben werden.

Zu Frage 3:
Mir liegt im Entwurf das Museumskonzept 2020 als Teilentwicklungskonzept des Kulturentwicklungsplanes vor. Es wird überarbeitet und es ist eine gute Anregung, das Thema Künstlernachlässe darin aufzunehmen.

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