Anfrage: Wassersensible Stadt und Kleingärten

Anfrage vom 8. Februar zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 28. Februar 2024

Aktuell wurde darüber berichtet, dass eine Reihe von Kleingartenvereinen durch die starken Niederschläge Ende des vergangenen Jahres in Mitleidenschaft gezogen wurden, da Wasser zum Teil nicht abfließen kann, da keine ausreichenden Grabensysteme zur Verfügung stehen.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der bisherigen Daten ist anzunehmen, dass die Wahrscheinlichkeit von Extremwettereignissen und damit auch die Wahrscheinlichkeit von temporären Hochwasserereignissen weiter zunimmt.

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:

  1. Wie viele Kleingartenanlagen in Leipzig befinden sich in potentiellen Überschwemmungsgebieten und in wie vielen Kleingartenanlagen trat das Problem mit überschwemmten Gärten und Wegen auf?
  2. Wie stuft die Stadt das Grabensystem, zur Entwässerung der Kleingärten ein und ist es zutreffend, dass etwa die Gartenanlage in Marienbrunn faktisch kein Entwässerungssystem mehr besitzt, da der entsprechende Graben verfüllt wurde?
  3. Welche Strategie verfolgt die Stadt in Abstimmung mit den Wasserwerken, den Kleingartenvereinen und den Verbänden die Kleingärten, um sie besser an den Klimawandel anzupassen, insbesondere in Bezug auf Starkregenereignisse?
  4. Welches Potential besitzen Kleingärten aus Sicht der Stadt, die Stadt insgesamt klimaresilienter zu machen und damit stärker an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen?

Antwort der Stadtverwaltung vom 26. Februar 2024

Frage 1: Wie viele Kleingartenanlagen in Leipzig befinden sich in potentiellen Überschwemmungsgebieten und in wie vielen Kleingartenanlagen trat das Problem mit überschwemmten Gärten und Wegen auf?

Überschwemmungsgebiete werden gemäß des Sächsischen Wassergesetzes von der unteren Wasserbehörde ausgewiesen. Dabei wird die Wahrscheinlichkeit eines Hochwassers mit einer Wiederkehrperiode von 100 Jahren zugrunde gelegt, was bedeutet, dass ein solches Ereignis statistisch etwa alle 100 Jahre zu erwarten ist. Dies ist ein statistischer Wert und es ist durchaus möglich, dass höhere Wasserstände auftreten oder Überschwemmungen in kürzeren Abständen erfolgen können.

Im Stadtgebiet Leipzig befinden sich 23 von insgesamt 272 Kleingartenanlagen entweder ganz oder zumindest teilweise in Überschwemmungsgebieten (Quelle Kleingartenkonzeption Leipzig, 30.03.2005). Dies betrifft hauptsächlich Kleingartenanlagen im nördlichen Rosental, die sich im Überschwemmungsgebiet der Parthe und Weißen Elster befinden, sowie Kleingartenanlagen in Leipzig-Mockau, die im Überschwemmungsgebiet der Parthe liegen.

Während des Hochwassers und der intensiven Regenperiode um den Jahreswechsel 2023/2024 wurden dem Fachbereich Gärten (Amt für Stadtgrün und Gewässer) drei Kleingartenanlagen gemeldet, in denen Vernässungen auf einzelnen Parzellen und Wegen aufgetreten sind. Diese betreffen die Kleingartenanlagen „Gartenfreunde Südost“, „Vorwärts“ und „Brandts Aue“.

Frage 2: Wie stuft die Stadt das Grabensystem, zur Entwässerung der Kleingärten ein und ist es zutreffend, dass etwa die Gartenanlage in Marienbrunn faktisch kein Entwässerungssystem mehr besitzt, da der entsprechende Graben verfüllt wurde?

Grabensysteme dienen der gezielten Entwässerung von Flächen und dem direkten Abfluss von Wasser in die Fließgewässer oder in die Kanalisation. Dieses schnelle Ableiten von Niederschlagswasser widerspricht den Zielen der wassersensiblen Stadt. Nach deren Prinzip ist ein Großteil der Niederschlagsmenge möglichst auf der Fläche zurückzuhalten, zu verdunsten oder zu versickern.

Das Verhältnis von Verdunstung, Versickerung und Abfluss soll sich dabei dem der natürlichen, standortabhängigen Wasserhaushaltsbilanz annähern. Kleingartenflächen sind zum Großteil unversiegelte Flächen und somit hauptsächlich potenzielle Verdunstungs- und Versickerungsflächen für Niederschlagswasser. Bestimmte Boden- und Topographieverhältnisse können einen höheren Anteil des Abflusses bedingen. In diesen Bereichen bedarf es entsprechender Grabensysteme.

Innerhalb der Gartenanlage in Marienbrunn – Kleingartenanlage „Gartenfreunde Südost“ – wurde die Flächenentwässerung ursprünglich über einen Zulaufgraben zum inzwischen nicht mehr vorhandenen Trenkengraben (heute Kanalisation) realisiert. Der bereits teilverfüllte Graben wurde 2020 vollständig verfüllt, weil diesem keine Entwässerungsfunktion mehr zugeordnet wurde. Es muss nun eine Lösung gefunden werden, welche die Funktionalität der Flächenentwässerung wiederherstellt und den Prinzipien der wassersensiblen Stadt entspricht. Auf Grund der aktuellen Situation wird derzeit geklärt, inwieweit die ca. 5 bis 7 betroffenen Kleingartenparzellen vor einer regelmäßigen Vernässung geschützt werden können. Die Ermöglichung einer kleingärtnerischen Nutzung in den betroffenen Parzellen wird angestrebt, bleibt jedoch der weiteren fachlichen Prüfung im Zuge einer Lösungsfindung vorbehalten.

Frage 3: Welche Strategie verfolgt die Stadt in Abstimmung mit den Wasserwerken, den Kleingartenvereinen und den Verbänden die Kleingärten, um sie besser an den Klimawandel anzupassen, insbesondere in Bezug auf Starkregenereignisse?

Um den vielfältigen Herausforderungen und Chancen der wassersensiblen Stadtentwicklung gerecht zu werden, hat sich das Lenkungsnetzwerk Wassersensible Stadt gegründet. Es versteht sich als Treiber der wassersensiblen Stadtentwicklung. Gründungspartner sind die Stadt Leipzig, der Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung (ZV WALL) sowie die Leipziger Wasserwerke. Das Lenkungsnetzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, gesamtstädtische Ziele und Strategien in enger Zusammenarbeit der Leipziger Wasserwerke, der Stadtverwaltung und des ZV WALL zu erarbeiten, integrierte Lösungen für Planungen und Umsetzungsvorhaben zu entwickeln und den Wissenstransfer zwischen allen Beteiligten sowie mit der Stadtgesellschaft zu fördern.

In der Vergangenheit wurden in den Kleingartenanlagen, die besonders stark von hohen Grundwasserständen und wiederkehrenden Überschwemmungen betroffen waren, in Abstimmung mit dem Kleingartenwesen individuelle Lösungen entwickelt und umgesetzt. Das diesbezüglich größte Projekt wurde in der Kleingartenanlage „Leipzig-Sellerhausen“ umgesetzt. In einem von dauerhaft hoch anstehendem Grundwasser und wiederkehrenden Überflutungen durch die Östliche Rietzschke betroffenen Bereich wurden insgesamt rund 100 Kleingartenparzellen zurückgebaut und eine multifunktionale Retentionsfläche angelegt. Die Umsetzung erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen dem Kleingartenverband, dem Kleingartenverein, den Leipziger Wasserwerken und der Stadt Leipzig. Ein weiteres Beispiel betrifft die Kleingartenanlage „Mockau-Mitte“, in der ebenfalls Gärten aufgrund von hohem Grundwasserstand und Überschwemmungen der Parthe zurückgebaut wurden.

Aktuell soll im Bereich des Gohliser Flurgrenzgrabens – Kleingartenanlage „Naturheilkunde Gohlis“ – die schadlose Ableitung von Wassermengen in der Kleingartenanlage durch Gewässerrenaturierungsmaßnahmen nach Wasserrahmenrichtlinie und die Anlage einer Retentionsfläche reduziert werden, um den Gewässerzustand des Gohliser Flurgrenzgrabens und den Hochwasserschutz für die Kleingartenpächter zu verbessern.  

Frage 4: Welches Potential besitzen Kleingärten aus Sicht der Stadt, die Stadt insgesamt klimaresilienter zu machen und damit stärker an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen?

Mit rund 1.200 ha haben die Leipziger Kleingartenanlagen einen sehr großen Anteil am Stadtgrün und bieten damit für unterschiedlichste Maßnahmen der Klimaanpassung im und am Rande des Siedlungsraums ein großes Flächenpotential.

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