Anfrage: Welchen Stellenwert hat der Gesundheitsschutz im Gesundheitsamt?

Anfrage vom 30. Januar 2019 zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 13. Februar 2019

Im Gesundheitsamt steht im Warteraum für die Einschulungsuntersuchungen seit Jahren ein großer Multifunktionskopierer. Dieser ist regelmäßig im Einsatz während Eltern mit ihren Kindern auf die Einschulungsuntersuchung warten und emitiert Feinstaub. In wie weit der
Inhalt von Tonerkartuschen Erbgut schädigend und Krebs erregend ist, ist derzeit Forschungsgegenstand und kann daher nicht ausgeschlossen werden.
Die Wartezeit in der Eltern und Kinder beträgt regelmäßig durchaus länger als eine Stunde. Währenddessen werden sie unfreiwillig dem Tonerstaub ausgesetzt.
Unsere Fraktion hatte auf diesen Missstand schon vor 3 Jahren hingewiesen und es hat sich nichts getan.
Daher fragen wir an:

  1. Gibt es Regelungen in der Stadtverwaltung bezüglich des Aufstellens von Großkopierern in den Arbeitsräumen von Mitarbeiter*innen um deren Gesundheitsschutz zu gewährleisten?
  2. Wenn ja, werden demnach Großkopierer außerhalb der Büros aufgestellt, um den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter*innen zu gewährleisten?
  3. Wenn ja, wieso werden dann Eltern mit kleinen Kindern diesem Gesundheitsrisiko ausgesetzt?


Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung:

Bürgermeister Hörning: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte vorab feststellen, dass der Gesundheitsschutz für die Stadt Leipzig sowohl gegenüber ihren Beschäftigten als auch gegenüber den uns besuchenden Bürgerinnen und Bürgern jedweden Alters eine hohe Bedeutung hat. Im Lichte der zentralen gesundheitspolitischen Herausforderungen der Stadt Leipzig will ich Folgendes ausführen:

In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass gegenwärtig im Rahmen von Forschungstätigkeiten ermittelt wird, ob und inwiefern der Staub von Tonern gesundheitsschädigend ist. - Eine Vielzahl von Veröffentlichungen lassen dazu aber den Schluss zu, dass von modernen Geräten - und solche kommen bei der Stadt Leipzig zum Einsatz - durch die
Emission von Tonerstaub im Rahmen des Druck- und Kopierbetriebes keine Gefahr ausgeht.

Vielmehr - so lautet das Ergebnis einer Veröffentlichung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, DGUV, aus dem Jahr 2015, Information 215-410, Bildschirm- und Büroarbeitsplätze, welche verwaltungsintern auch allen Bediensteten digital zugänglich ist - wurde in verschiedenen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen, dass in
normal belüfteten Büroarbeitsräumen eine gesundheitliche Gefährdung beim Umgang mit Laserdruckern als sehr unwahrscheinlich angesehen werden kann. Ebenfalls kommt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in ihrer aktuellen diesbezüglichen Publikation - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dokument
674028 aus dem Jahr 2015 - zu einem analogen Schluss: Die vorliegenden belastbaren Daten weisen darauf hin, dass gefährliche stoffliche Komponenten nur in sehr geringen Mengen emittiert werden. Weiter heißt es an gleicher Stelle: In der wissenschaftlichen Literatur veröffentlichte Erfahrungen beim Menschen belegen auch bisher keine stofflich bedingten Erkrankungen durch Emissionen aus Laserdruckern und Kopiergeräten.

Die Bundesanstalt erläutert in einem weiteren Merkblatt - Dokument 683026 aus dem Jahr 2017 -, dass emissionsarme Drucker grundsätzlich etwa am Umweltzeichen „Blauer Engel“ erkennbar sind. Die allgemeinen Richtlinien und Rahmenbedingungen zum Einsatz von Druckern und Kopiertechnik in der Stadt Leipzig sehen folgerichtig auch die entsprechende Zertifizierung mit dem „Blauen Engel“ als wesentliche Leistungsanforderung von  Multifunktionsgeräten und Druckern vor. Aus den genannten Richtlinien geht darüber hinaus hervor, dass die Geräte bei häufiger Nutzung in einem separaten Raum betrieben werden sollen. Vor dem Hintergrund der  wissenschaftlichen Erkenntnisse über die geringe Gefahr von Tonerstaub existiert indes keine strikte Vorgabe, die diesen separaten Betrieb vorschreibt. Gründe für die Präferenz zur räumlichen Sonderstellung können sich daher eher in der Vermeidung möglicher Störungen des Arbeitsablaufs, Geräusche, Personenverkehr sowie - auch dies
empfiehlt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung - in der ergonomisch wünschenswerten Unterbrechung der sonst vornehmlich sitzenden Tätigkeit finden. Wir befinden uns hier also in einem Abwägungsfeld zwischen verschiedenen Bereichen des Arbeitsschutzes.

Es kann folglich als Zwischenfazit konstatiert werden, dass im Einklang mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Aufstellung von Multifunktionsgeräten in der Stadt Leipzig zwar präferiert in gesonderten Räumen erfolgen soll, allerdings Gesundheitsschutzaspekte hierbei nicht im Vordergrund stehen und auch nicht stehen müssen. Entsprechende Informationen sind für alle Bediensteten der Stadt Leipzig verfügbar. Auch im städtischen Gesundheitsamt sind die Multifunktionsgeräte in der Regel in separaten Räumen positioniert. Dies ist jedoch leider nicht überall möglich, sodass in insgesamt drei Untersuchungsräumen des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes am Standort Friedrich-Ebert-Straße eine Aufstellung der Geräte abweichend vom Regelfall erfolgen muss. Die nachfolgend genannten Aufstellungsräume verfügen allesamt über Fenster, wodurch eine Belüftungsmöglichkeit jederzeit gegeben ist. Unter den objektbezogenen Gegebenheiten war insbesondere auch
aus brandschutztechnischen Erwägungen keine Aufstellung der Geräte auf dem Gang möglich. Es handelt sich um folgende Geräte, welche in den Jahren 2014 und 2015 installiert wurden: im Zimmer 309 der Gerätetyp TA 3560i, im Zimmer 410 der Gerätetyp TA 3560i und im Zimmer 509 der Gerätetyp TA 3555i. Sämtliche Geräte tragen das Umweltzeichen „Blauer Engel“ und werden von der TA Triumph-Adler GmbH, einem Unternehmen der Kyocera-Gruppe, vertrieben. Bei der Beschaffung der hier konkret aufgeführten Geräte wurde also im Einklang mit der städtischen Richtlinie darauf geachtet, dass diese über das Umweltzeichen „Blauer Engel“ verfügen. In den weiteren
Standorten des Gesundheitsamtes - auch dies sei hier erwähnt - sind indes keine Multifunktionsgeräte in Warteräumen positioniert. Ergänzend ist zu beachten, dass im Kinder- und Jugendärztlichen Dienst mit einem Bestellsystem gearbeitet wird, sodass lange Wartezeiten in der Regel vermieden werden und sich Kinder und Eltern
maximal 15 Minuten in Wartebereichen aufhalten. Wartezeiten von einer Stunde oder darüber hinaus sind eher die Ausnahme als der Regelfall. Auch sind die Beschäftigten, welche die Großkopierer in den Warteräumen nutzen, angehalten, während der Sprechzeiten des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes diese Geräte möglichst wenig zu nutzen und auf andere Geräte am Standort, wo kein Publikumsverkehr herrscht, auszuweichen. Auch hierbei ist im Übrigen der Zusammenhang mit der wachsenden Stadt zu sehen. Durch die steigende Einwohner- und Schülerzahl
waren schnell zusätzliche Kapazitäten für die Untersuchung zu schaffen. Als finales Fazit kann konstatiert werden, dass weder die Bediensteten der Stadt Leipzig noch die Besucherinnen und Besucher des Gesundheitsamtes
im Speziellen durch die Multifunktionsgeräte einer Gefahr ausgesetzt sind. Entsprechende Vorwürfe weist die Stadt Leipzig entschieden zurück.

Vielmehr kann auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Gefährdung als ausgeschlossen angesehen werden. Vor Ort im Gesundheitsamt sind ergänzende Maßnahmen ergriffen worden, die eine wie auch immer geartete Belastung von Besucherinnen und Besuchern reduzieren.

Oberbürgermeister Jung: Herr Volger.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Ich kündige schon an, dass es mir schwerfällt, ruhig zu bleiben. - Die doch sehr ausführliche Antwort auf unsere drei kurzen Fragen verwundert mich doch etwas. Mich hätte eher interessiert, ob es aus Sicht der Stadtverwaltung gerechtfertigt bzw. eine günstige Lösung ist, dass ein Großkopierer, von dem wie auch immer geartete Emissionen ausgehen, ob nun gesundheitsschädlich oder
nicht, nur etwa 1 Meter entfernt vom Kinderkopf steht. Ich war mit mehreren meiner Kinder vor Ort und kann Ihnen sagen: Der Spieltisch für die Kinder steht direkt neben diesem Großkopierer, und die Wartezeiten  überschreiten durchaus eine Viertelstunde, weil man bei mehreren Untersuchungen mehrfach rein und raus muss. Wie gedenken Sie, mit dem Problem zukünftig umzugehen?

Bürgermeister Hörning: Herr Volger, wir können, um es noch mal klar zu benennen, hier kein Problem feststellen. Wir erachten die Positionierung und den Einsatz dieser Kopierer für sachgerecht, und wir erachten jede Gefährdung als ausgeschlossen. Ganz ehrlich, im Lichte der gesundheitspolitischen Prioritäten und der Umweltgerechtigkeit,
die sich an vielen anderen Stellen im Lebensraum von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt stellen, wie Lärmeintrag, Schadstoffeintrag, sehen wir diese Frage, die Sie hier jetzt persönlich ansprechen, auch vor dem Hintergrund der hier getroffenen Gefährdungsbeurteilung nicht als prioritäres Handlungsfeld an.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Noch mal zum Verständnis: Für Sie ist es okay, dass die Kopierer nicht in den Räumen von erwachsenen Mitarbeitern stehen, in irgendeiner Ecke, in mehreren Metern Entfernung vom Arbeitsplatz, sondern für Sie ist es gerechtfertigt, dass die Kopierer in dem Warteraum, wo die Kleinkinder in 1 Meter Entfernung am Tisch sitzen und spielen, betrieben werden. Das war Ihre Aussage. Habe ich das richtig
verstanden?

Bürgermeister Hörning: Für uns ist es ein gefährdungsfrei aufgestelltes technisches Gerät. Das kann sich natürlich auch in einem Raum befinden, in dem sich Kinder aufhalten; ja. Von daher weiß ich nicht, was die Frage soll.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Meine Frage ist, ob es nicht besser wäre, den Kopierer an einem anderen Ort aufzustellen. Sie präferieren die Variante, das Gerät im Warteraum für Kleinkinder aufzustellen statt in einem anderen Raum.

Bürgermeister Hörning: Herr Volger, wir treffen Abwägungen auf Basis von wissenschaftlicher Empirie und nicht auf Basis von gefühlter Belastung.
-
Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Das war nicht meine Frage.

Bürgermeister Hörning: - Von daher ist es für uns die richtige Entscheidung.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Das ist die richtige Entscheidung für Sie?

Bürgermeister Hörning: Das ist die richtige Entscheidung für uns - im Lichte der Aufgaben, die sich der Stadt Leipzig stellen.

Stadtrat Volger (Bündnis 90/Die Grünen): Okay. Danke.

Oberbürgermeister Jung: Frau Hollick.

Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Sie haben sicher recht, Herr Hörning. Aber da Eltern Angst haben, kann man doch prüfen, ob es dort noch andere Möglichkeiten gibt. Das wäre für mich jetzt die richtige Antwort gewesen. Ich verstehe nicht, warum wir das hier lang und breit diskutieren müssen. Stattdessen könnten Sie das Problem gleich
angehen und sagen: Wenn das dort und dort so ist, prüfen wir, ob es noch eine andere Möglichkeit der Geräteaufstellung gibt. - Verstehen Sie, was ich meine? Sie haben recht: Wissenschaftlich ist es erwiesen. Aber Angst haben Eltern trotzdem.

Bürgermeister Hörning: Liebe Frau Hollick, uns erreichen auch Zuschriften von Eltern, die Angst haben vor Impfungen, die Angst haben vor Kondensstreifen am Himmel und anderen Dingen. Wir begegnen diesen Ängsten damit, dass wir auf Basis von bewährten wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Gefahrenabschätzung vornehmen und
diese entsprechend abwägen. Das ist unser Handeln als Verwaltung.

Stadträtin Hollick (DIE LINKE): Darauf muss ich jetzt doch noch was sagen. Wir schaffen überall dort, wo Eltern mal etwas zu erledigen haben, Spielgelegenheiten für Kinder. Das sollen Wohlfühloasen für Kinder sein. Wenn sie es nicht sind, müssen wir das ändern.

Bürgermeister Hörning: Ich glaube, der Worte sind genug gewechselt. - Vielen Dank

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