Anfrage: Wer sind wir Leipziger? Anfrage zur neuen Werbekampagne der LVV " Wir sind Leipziger"

Anfrage vom 3. Mai zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 18. Mai 2016

Die neue LVV-Kampagne „Wir sind Leipziger“ hat in der Bevölkerung sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Das zur Veröffentlichung der Kampagne publizierte Bürgermagazin „Leipziger Leben“ unter dem Titel „Über Mut und Übermut“ entwirft leider nur ein sehr einseitiges Bild der Leipziger Bevölkerung. Die Ziele, zu denen sich die Stadt Leipzig mit ihrer Unterzeichnung der Charta der Gleichstellung für Frau und Mann und der Charta der Vielfalt bekannt hat, werden mit dieser Kampagne konterkariert, obwohl alle Organe der Gesellschaft „im Rahmen des gesetzlich Zulässigen den kommunalpolitischen Zielstellungen der Stadt verpflichtet“ sind.

Wir fragen daher die Stadt Leipzig als alleinige Gesellschafterin der LVV:

  1. Welche Ziele verfolgt die LVV mit der neuen Werbekampagne „Wir sind Leipziger“?
  2. Welche Zielgruppen sollen mit der Werbekampagne „Wir sind Leipziger“ angesprochen werden?
  3. Welche weiteren Vorhaben oder Produkte z.B. Publikationen, Plakate, Werbespots sind im Rahmen der Kampagne „Wir sind Leipziger“ schon fertig gestellt, beauftragt oder geplant?
  4. Wie beurteilt die Stadt Leipzig die Werbekampagne „Wir sind Leipziger“ und die Ausgabe „Über Mut und Übermut“ des Bürgermagazins „Leipziger Leben“ im Bezug auf die Ziele, die sie sich mit der Charta der Gleichstellung und der Charta der Vielfalt gesetzt hat?
  5. Wie erklärt die LVV die offensichtliche Dissonanz zwischen den Inhalten des Bürgermagazin zum Kampagnenstart und ihrer Verpflichtung „im Rahmen des gesetzlich Zulässigen den kommunalpolitischen Zielstellungen“ zu dienen.

Antwort der Verwaltung (Auszug aus dem Verlaufsprotokoll der Ratsversammlung am 18. Mai 2016)

OBM Jung: Ich beantworte diese Anfrage selbst und bitte Kollegen Fabian, währenddessen meinen Platz einzunehmen.

Zur Frage 1. Ich verweise auf den Beschluss der Ratsversammlung vom 15.10.2008. Damals haben wir zum ersten Mal beschlossen, uns gemeinsam mit der LVV auf den Weg zu machen: weg von einer Finanzholding hin zu einer Managementholding. Seit diesem Zeitpunkt übt die Geschäftsführung der LVV eine einheitliche Leitung über die Gesamtholding aus. Am 25.01.2012 beschloss die Ratsversammlung die strategische Neuausrichtung und die Stärkung der Managementholding. Ich bin ausgesprochen glücklich, dass es im Jahr 2015 gelungen ist, mit dem  Ausrichtungsprojekt „LVV 2015“ Synergien zu identifizieren, die Steuerung konzernübergreifender Aufgaben weiter zu implementieren und im Zuge dieser Entwicklung die Zusammenarbeit zwischen Stadtwerken, Wasserwerken und Verkehrsbetrieben deutlich sichtbar zu verstärken. Das ist nicht nur eine Kampagne und eine Marketingaktion, sondern die Zusammenarbeit - ich glaube, da darf ich durchaus Details nennen - in der Synopse der Unternehmen bis hin zu den Synergien, die man heben will, ist ein deutlicher, ja fast ein Quantensprung im Verhältnis zur Situation 2008.
Es ist ein logischer und ein von allen damit befassten Gremien und der Mitarbeiterschaft grundsätzlich positiv angesehener Schritt, auch nach außen zu zeigen, dass die Unternehmen der LVV-Gruppe zusammengehören und ein wichtiger Impulsgeber für die Stadt sind. Die Unternehmensgruppe hat das, was sie verbindet, in den Mittelpunkt ihres neuen Erscheinungsbildes gestellt, nämlich Leipzig. Ich finde - das ist sicherlich eine Geschmacksfrage -, dieses „L“ ist so sichtbar in der Stadt und damit wunderbar zur Identifikation einladend, dass auch dies ein Marketingsprung ist. Es sind eben nicht zuletzt unsere Leipziger Unternehmen, die sich seit vielen Jahren in dieser pulsierenden und wachsendenStadt in der Daseinsvorsorge, aber auch weit darüber hinaus vielfältig engagieren.
Die Unternehmen wachsen unter der strategischen Führung der Managementholding weiter zusammen. Wir haben eine Reihe von Projekten auf den Weg gebracht. Gerade beschäftigen wir uns mit IT, mit Haushaltsrechnungen, mit den unterschiedlichen Möglichkeiten in den Stadtwerken, Effizienzen zu heben. So liegt es nahe, für einen gemeinsamen Außenauftritt eine unverkennbare Dachmarke zu entwickeln. Dabei können nach Angaben der LVV-Geschäftsführung zukünftig erstens Kommunikationskosten gespart werden. Ja, jetzt ist es eine deutliche Ausweitung. Man muss als große Holding investieren, um die Marke einzuführen und sie bekanntzumachen.

Dauerhaft will man pro Jahr 3 Millionen Euro sparen durch die Effizienzen, die man hebt. Natürlich geht es zweitens auch um die Kundenbindung. Es ist ein Versuch, die Leipzigerinnen und Leipziger von ihren eigenen Unternehmen zu überzeugen und Kunden für die Stadtwerke, aber insbesondere für die LVB zu gewinnen; bei den Wasserwerken ist die Kundengewinnung nicht ganz so schwer.

Zur Frage 2. Wenn die größte Unternehmensgruppe der Stadt ihr Erscheinungsbild ändert, dann muss sie mit einer Einführungskampagne dafür auch Aufmerksamkeit schaffen und informieren. Die Leipziger müssen wissen, was mit ihren kommunalen Unternehmen geschieht und was dort geschieht. Deswegen hat die Leipziger Gruppe im Januar 2016 mit einer Stadtbild- Kampagne die Einführung der neuen Marke angeschoben. Dabei zeigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gesicht für ihre Leipziger Unternehmen. Es waren in der Tat die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen, die auf den Plakaten zu sehen waren. Es handelt sich um eine zeitlich begrenzte Einführungskampagne der neuen gemeinsamen Marke. Natürlich ist die Zielgruppe die gesamte Bevölkerung in Leipzig und der Region, alle Bestandskunden und potenziellen Kunden. Der Slogan „Wir sind Leipziger“ ist daher keine Frage des Wohnorts oder des Geschlechts, sondern soll aus Sicht eines jeden Beschäftigten im LVV-Konzern seine Zugehörigkeit und Identifikation mit der Leipziger Gruppe ausdrücken. Entsprechend begegnet man in Leipzig vielfältig ähnlichen Bezeichnungen wie Leipziger Buchmesse, Leipziger Messe, Leipziger Neuseenland, Leipziger Schule usw. Darin fügen sich die Leipziger Verkehrsbetriebe, die Leipziger Wasserwerke und die Leipziger Stadtwerke nahtlos ein.

Zur Frage 3. Im Rahmen einer neuen Marke sind alle Kommunikationsmittel eines Unternehmens anzupassen. Dies ist bereits zu großen Teilen geschehen: Webauftritt, Kundenzeitschrift, Mitarbeiterzeitschriften, Geschäftspapiere, Werbemittel, Visitenkarten, Beschilderungen. Auch die Straßenbahnfahrerinnen und -fahrer bekommen neue Kleidung. Das Gesamtauftreten ist darauf ausgerichtet. Die Einführungskampagne zum neuen gemeinsamen Auftritt ist nach Auskunft der LVV nahezu abgeschlossen. Die neue Marke wird unter Beibehaltung des Slogans nunmehr weiter im regulären Geschäftsgang gefestigt.

Zur Frage 4 und damit zur Kernfrage, nämlich wie wir die Bildauswahl, die Texte, das Auftreten und insbesondere die Ausgabe „Über Mut und Übermut“ des neuen Bürgermagazins beurteilen.

- Meine Damen und Herren, ich stehe ohne Wenn und Aber zur Kampagne. Ich glaube, dass sie gut ist, dass sie vernünftig angelegt ist. Das Echo, was man aus der Bürgerschaft hört, ist sehr positiv. Das Bürgermagazin steht noch am Anfang; es ist eine Erstausgabe. Gefragt war, wie es sich mit der Charta der Gleichstellung und mit der Charta der Vielfalt verträgt. Um es vorweg zu sagen: Auch ich sehe hier durchaus noch Entwicklungsmöglichkeiten nach oben. Die Einführungskampagne ist gut gelaufen. Das neue Magazin hat meines Erachtens - ich schaue Frau Krefft an; wir haben schon einmal darüber gesprochen - keine großen Dissonanzen zur Charta der Vielfalt. Das eine oder andere Bildmotiv hätte man sich sicherlich anders gewünscht, aber einen Widerspruch kann ich nicht sehen. Ich finde es gut, dass die Chefredaktion aufseiten der LVV jetzt auch ganz deutlich die Anregungen aufnimmt und sie aufgreift. Ein Gespräch mit dem Gleichstellungsbeirat ist geplant, wie ich weiß. Im Ergebnis dessen werden sicherlich auch diese Anregungen einfließen. Die Weiterentwicklung des Magazins verspricht auf jeden Fall interessant zu werden.

Zur Frage 5. Darauf habe ich eben schon hingewiesen. Offenkundige Dissonanzen wird man sicherlich nicht finden, es sei denn, Sie nennen mir konkrete Beispiele mit den jeweiligen Seitenangaben. Die Vielfalt ist sehr wohl zu bemerken. Es geht darum, dass die Leipziger Stadtwerke, die Wasserwerke und die Verkehrsbetriebe maßgebliche Beiträge zur Erfüllung strategischer Ziele unterstützen, um im Wettbewerb zu bestehen, die internationale Bedeutung zu steigern und die soziale Stabilität aufrechtzuerhalten. Letztere fußt nicht zuletzt auf einer verlässlichen, hochwertigen und bürgernahen Versorgung. Bei der Umsetzung strategischer Ziele ist die Leipziger Gruppe ein wesentlicher Akteur. Ich kann mit Fug und Recht sagen: Ohne die LVV kann man Projekte wie „E-Mobility“ oder „Freies WLAN“ oder auch Umwelt- und Klimaziele - wir versuchen, die jetzigen Flotten gegen umweltfreundlichere Flotten auszutauschen - nicht angehen. Ich glaube schon, dass diese drei großen Unternehmen insbesondere auch den strategischenZielen der Stadt verpflichtet sind. Ich erinnere daran, dass sie sich in vielfältigen stadtgesellschaftlichen Bereichen engagieren: im Sport, in der Kultur, in der Bildung, im Sozialen, in Familie und Jugend. Ich erinnere an das Seifenkistenrennen, die Umwelttage, Classic Open, Lichtfest, Wasserfest, Neuseen Classics, Familienspielefest, Familienfreundlichkeitspreis und, und, und.

Die Inhalte der Erstausgabe des Magazins versuchen, den zuvor genannten Aspekten unter der Überschrift „Mut“ Rechnung zu tragen. Ja, wir sehen dort Startups, wir sehen dort stadtgesellschaftliche Netzwerke, wir sehen dort die junge Familie, das geht bis zum Wave-Gotik-Treffen. Man hätte sich auch noch andere Bereiche vorstellen können. Also: Ich sehe Herrn Viereckl dort hinten sitzen. Der Auftrag ist klar: Das Magazin wird weiterentwickelt. Wir werden uns die wesentlichen Themen anschauen müssen. Ich glaube aber, dass wir im Kern auf dem absolut richtigen Weg sind. Bei der Auswahl des einen oder anderen Bildes werden wir künftig die Vielfalt noch stärker beachten müssen. - Vielen Dank.

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