Anfrage: Wie geht es weiter mit dem Leipziger Klimaschutz?

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 19. Mai 2021

Leipzig hat 2019 den Klimanotstand ausgerufen und 2020 das Sofortmaßnahmenprogramm zum Leipziger Klimaschutz auf den Weg gebracht. Das sind zwei essentielle Startpunkte für mehr Klimaschutz in der Kommune. Das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, das die Umsetzung der im Sofortmaßnahmenprogramm aufgeführten Maßnahmen koordinieren und gewährleisten soll, ist zwar juristisch eingesetzt, aber personell noch immer nicht komplett ausgestattet.

Das letzte Leipziger Energie- und Klimaschutzprogramm galt von 2014 bis 2020. Das Ziel, die Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen bis 2020 auf 4,47 Tonnen pro Jahr zu begrenzen, konnte nicht erreicht werden. Laut letztem Umsetzungsbericht zur Europäischen Energie- und Klimaschutzkommune von 2018 wurden nur 26 der 105 Maßnahmen vollständig umgesetzt. Momentan gibt es noch keine Fortschreibung des Energie- und Klimaschutzprogramm bis 2030, obwohl das alte Energie- und Klimaschutzprogramm bereits abgelaufen ist. Das Energie- und Klimaschutzprogramm ist aber zentral für die Konkretisierung der Maßnahmen, die wir brauchen, um die gesetzten Ziele – Klimaneutralität 2035 in der Stadtverwaltung, möglichst bis 2040 in der Leipziger Strom- und Wärmeversorgung und spätestens 2050 in ganz Leipzig – zu erreichen.

Die Leipziger Klimagruppen haben in ihrem jüngsten Forderungspapier mehr Zielgenauigkeit beim Leipziger Klimaschutz gefordert. Um langfristige Ziele besser ansteuern zu können - schreiben sie - sollen spätestens alle 5 Jahre Zwischenziele definiert werden.

Das Bundesverfassungsgericht urteilte kürzlich, dass Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung keine ausreichenden Schutzvorkehrungen zum Klimawandel treffen und damit Klimaschutzmaßnahmen und Klimafolgen vor allem der jüngeren Generation angelastet werden. Das verbleibende CO2-Budget müsse fair zwischen den Generationen verteilt werden und Emissionen müssen deutlich schneller als bisher geplant gesenkt werden.

Wir fragen deshalb an:


1. Wann wird das Leipziger Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 vorliegen?
2. Wieso konnte das Leipziger Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 nicht rechtzeitig fertiggestellt werden? Welche Probleme hat es hierbei gegeben?
3. Wird die Forderung der Leipziger Klimagruppen aufgenommen, pariskonforme Zwischenziele für alle strategischen Zielsysteme im 5-Jahres-Rhythmus festzulegen?
4. Wann ist das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz vollzählig besetzt und vollumfänglich arbeitsfähig?
5. Welche Schlüsse zieht die Stadtverwaltung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2021 für die Klimaschutzambitionen in Leipzig?

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 19. Mai 2021

Zu 1.)

Die aktuelle Zeitplanung sieht vor, das Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (EKSP) dem Stadtrat im IV. Quartal 2021 zum Beschluss vorzulegen.

Die aktuelle Erarbeitung war wesentlich durch das Coronageschehen mitgeprägt. Geplante Beteiligungsformate in Präsenz konnten nicht stattfinden. Vor Beschlussfassung des EKSP werden als Beteiligungsformate noch Beratungen des Klimabeirates und eine weitere Klimakonferenz geplant. Außerdem ist aktuell eine erneute klimapolitische Stunde im Stadtrat in Vorbereitung. Als Ausgleich für die fehlenden Präsenzmöglichkeiten werden aktuell Workshops des Klimabeirates und einer erweiterten interessierten Öffentlichkeit angeboten. Zu den Themen Energie-. und Wärmewende, ÖPNV / Mobilität und Klimagerechte Quartiersentwicklung fanden bislang intensive fachliche Austausche statt, die auch Eingang in die Fortschreibung des EKSP finden werden.

Für die Einhaltung dieses Zeitplanes sind noch folgende weitereRahmenbedingungen zu beachten:

Zusätzlicher Zeitbedarf zur Erfüllung weiterer dringlicher Aufgaben, wie z. B. die laufende Re-Zertifizierung mit dem European Energy Award Gold, die Umsetzung des Sofortmaßnahmenprogramms 2020 und die Erarbeitung eines Konzeptes zur klimaneutralen Verwaltung bis 2035
Vorlage und Beschluss eines neuen Klimaschutzgesetzes durch den Bundestag mit angepassten Zielstellungen bis 2030 ff.

 

Zu 2.)

Durch den Beschluss zum Klimanotstand sind verschiedene Aufgaben, wie beispielsweise die Erarbeitung eines Sofortmaßnahmenprogramms, das gestiegene öffentliche Interesse nach transparenter Information und Beteiligung sowie die Anpassung der Dienstreiseregelung zur bisherigen Klimaschutzarbeit hinzugekommen.

Die Auswirkung des Pandemiegeschehens wurden ausführlich in Beantwortung der Frage 1 bereits dargestellt

Parallel zum Aufgabenzuwachs war und ist der schrittweise Aufbau zusätzlicher Personalressourcen zu bewältigen.

Zusätzlich sind im Ref. NEK 3 Stellen geschaffen worden. In den weiteren Fachämtern wurden 6 Stellen geschaffen. Der Prozess der Referatsneubildung, der Aufgabendefinition, der Ausschreibung und Stellenbesetzung ist noch immer nicht abgeschlossen.

Durch den Beschluss zum Sofortmaßnahmenprogramm 2020 wird der Handlungsspielraum im Doppelhaushalt 2021/2022 bereits umfänglich genutzt und die vorhandenen Kapazitäten werden entsprechend der Maßnahmenumsetzung priorisiert.

Gleichzeitig haben sich durch den Beschluss zum Klimanotstand die Rahmenbedingungen für das Energie- und Klimaschutzprogramm maßgeblich geändert, was eine Neujustierung des Programms und seines Erarbeitungsprozesses erforderte.

Abschließend musste hinsichtlich des extern gebunden Ingenieurbüros zur Erarbeitung des EKSP wesentlich mehr Zeit seitens des Referats NEK investiert werden.

Zu 3.)

Das Programm sieht bereits jetzt vor, Zwischenziele bis 2030 zu definieren, die sich aus dem Pariser Klimaabkommen und den aktualisierten Zielen der Bundesregierung ableiten lassen.

Die Stadt Leipzig wird aufgrund des Beschlusses des BVerfG auch Zielfestlegungen über 2030 hinaus vorsehen, die der Einhaltung des Pariser Abkommens dienen.

Hierbei werden auch die noch zu definierenden Ziele im angepassten Klimaschutzgesetz des Bundes berücksichtigt.

Zu 4.)

Die Leitungsposition des Referates wird zum 01.07.21 mit einer externen Bewerberin neu besetzt. Das Verfahren wurde bereits im Dez. 2020 abgeschlossen. Als Referatsleiterin wird zukünftig Frau Simone Ariane Pflaum fungieren. Sie hat u. a. aktuell die Leitung der Geschäftsstelle Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Hessen im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz inne.

Zudem finden aktuell bzw. in den nächsten Wochen in fast allen Ämtern des Kernteams Klimaschutz Bewerbungsgespräche mit potenziellen KlimaschutzmanagerInnen für das Kernteam statt.

Die Besetzung der zwei weiteren SachbearbeiterInnen im Referat soll ebenfalls zeitnah mit der Stellenveröffentlichung beginnen und befindet sich derzeit in der abschließenden verwaltungsinternen Abstimmung. Zum Teil musste der Haushaltsbeschluss des Stadtrates zum Doppelhaushalt 2021 / 2022 abgewartet werden.

Zu 5.)

Es wird erwartet, dass der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die bisherigen Klimaschutzaktivitäten der Stadt Leipzig erheblich befördert.

Aus der bisherigen Klimaschutzarbeit hat sich gezeigt, dass die Umsetzung kommunaler Zielstellungen nur durch die ambitionierte Unterstützung des Bundes als auch der Länder sowie der EU möglich ist.

Dies betrifft insbesondere folgende Rahmenbedingungen:

Herstellung der volkwirtschaftlichen Kostenwahrheit über ein angemessenes CO2-Preisniveau, sodass klimagerechte Optionen in der Regel auch die wirtschaftlichste Alternative darstellen
Erweiterung kommunaler Gestaltungsspielräume und Festsetzungsmöglichkeiten bei städtebaulichen Planungsvorhaben
Erhöhung der Sanierungsquote im Gebäudebestand über attraktivere finanzielle Anreize und perspektivische regulatorische Vorgaben (Festlegung von Sanierungszyklen mit energetischen Zielvorgaben auch im Bestand)
Vereinfachung von planungs- und energierechtlichen Rahmenbedingungen zur Errichtung großflächiger Solarthermieanlagen und anderer erneuerbarer Erzeugungseinheiten, um fossile Energieträger im Fernwärmesystem abzulösen
Spürbare Reduktion des MIV durch strategische Investitionen in den ÖPNV sowie eine sichere und durchgängige Radverkehrs- und Fußwegeinfrastruktur unter Anpassung der rechtlichen bzw. finanziellen Förderkulisse des Gemeindeverkehrsfinanzierungs- sowie des Regionalisierungsgesetzes

Es wird deutlich, dass sich der Ausstoß von Treibhausgasen nur im kohärenten Zusammenspiel aller politischen Entscheidungsebenen effektiv reduzieren lässt, um auch kommenden Generationen noch hinreichende Handlungs- und Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern.

Diese Forderungen wurden seitens der Stadt Leipzig bereits mehrfach, unter anderem über den Deutschen Städtetag, zum Ausdruck gebracht.

Gleichzeitig zieht die Stadt Leipzig den Schluss, dass die bisherigen Bemühungen richtig waren und nun ein noch ambitionierteres Vorgehen auf allen Ebenen und in allen Fachbereichen der Stadtverwaltung erforderlich wird.

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